zurück 14.1.1893, Samstag ID: 189301145

Brief Bruckners an Levi:
    Für den 3.2.1893 bitte er um die Wagner gewidmete 3. Symphonie, die bei Rättig verlegt sei, aber in der vom Kaiser finanzierten neuen Fassung. Gesundheitlich gehe ihm etwas besser. Von Konservatorium und Hofmusikkapelle sei er befreit, auch von den Kränkungen durch H. [Hellmesberger]. Keine Kontakte mehr mit Wagner-Verein, Josef Schalk und Löwe. Bisher größter Triumph der Philharmoniker bei der 8. Symphonie. Hans Richter pfeife immer Motive daraus. Wenn das Hanslick erfährt! (*).

Im Deutschen Volksblatt Nr. 1449 erscheint auf S. 1-3 ein Feuilleton von Camillo Horn, in dem Bruckner erwähnt wird:
»               Aus dem Concertsaal.
            Compositions=Concert J. Reiter.
     Wochen hindurch prangte an den Weiner'schen Ankündigungssäulen die Anzeige, daß Herr Josef Reiter am 12. Januar im großen Musikvereinssaale ein Compositions=Concert veranstalten werde. Die Riesenbuchstaben, in welchen der Name ausgeprägt erschien, gaben der Vermuthung Raum, daß es wohl ein Künstler ersten Ranges sein müsse, der mit seinen Werken auch vor das große Publikum treten wolle. [... Oberösterreicher und Lehrer, aber auch Komponist ... früher Kunstwart beim Neuen Richard-Wagner-Verein (Spitzname "Reiterei", analog der Wiener Akademische Wagner-Verein "Wolfsschlucht") ... Spott über die Werbekampagne der Ostdeutschen Rundschau [Zitate aus einem Artikel von Max Morold] unsterbliche] Kundgebung des deutschen Genius, vor der wir nun andächtig eine Weile stillestehen wollen: Josef Reiter . . "
     Nach alledem bleibt es wohl fraglich, ob noch eine entsprechende Lobesbezeichnung für unsere wirklichen Meister übrig bleibt, und es berührt ganz sonderbar, daß Herrn Reiter ellenlange Berichte gewidmet wurden, während Bruckner, der vielleicht doch noch ein Größerer als Herr Reiter ist, sammt seiner gewaltigen achten Symphonie mit wenigen Zeilen abgethan wurde [vgl. 25.12.1892].
     Der publicistischen Agitation reihte sich die persönliche an [... Beispiele dafür ... größtenteils sehr abfällig zu den Kompositionen (mit Hinweisen auf kompositorisches Ungeschick, satztechnische Fehler, mangelhafte Textbehandlung) ... zum Konzertablauf (Absage Jägers, stattdessen Herr Appel, außerdem die Schwester Marie Reiter, Streichquartett mit Duesberg) ...]. Das claviermäßig geschriebene, aber durchaus nicht klangschöne Werk, dem Bruckner vielleicht als Vorbild dienen sollte, muß als besonders schwache Leistung Reiter's bezeichnet werden.
     [... auch für die minderwertigen Werke gab es "stürmischen Beifall" ... Reiter spielte auf der Orgel noch Liszt (B-A-C-H) ...]Ueber den Erfolg seines Concertes wird Herr Reiter gewiß Ursache haben, sich zu freuen. Wie nämlich verlautet, soll das Erträgnis ein ganz bedeutendes gewesen sein.
                                          Camillo Horn.« (**).
[siehe die Anmerkung]


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189301145, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189301145
letzte Änderung: Feb 11, 2023, 23:23