Das Linzer Volksblatt Nr. 23 veröffentlicht auf S. 2 einen Artikel der Linzer Zeitung [27.1.1893], der wiederum mit "Steyr, 24.1.1893" datiert ist:
" – Episoden aus Dr. Bruckners Leben. Man schreibt der "Linzer Ztg." aus Steyr, 24. d.: Seit dem Jahre 1875 verbringt unser so vielseits geschätzter Landsmann und Componist den Sommer in der Stadt Steyr. Hier hat er eine kleine Gesellschaft, in welcher er in seiner originellen Art und Weise Geschichtchen aus seinem Leben zum besten gibt, die imstande sind, die Gesellschaft stundenlang zu fesseln. Ich will nicht zurückgreifen auf Erlebnisse aus der Zeit, da er als wohlbestallter Schulgehilfe in Windhaag bei Freistadt um 24 fl. pro Jahr wirkte und nebstbei bei eventuellen Hochzeiten um einen "Zwanziger" aufspielte, sondern einige aus letzterer [sic] Zeit wiedergeben: R. Wagner hatte einen Friseur namens Schnappauf. Einst besuchte Bruckner – es war nach den Triumphen, welche er mit seiner VII. Symphonie geerntet – Bayreuth und traf den Haarkünstler. Nach beiderseitiger Begrüßung platzte dieser heraus: "Ist also doch wahr worden, das der todte Meister sagte!" "Nun, was sagte er?" entgegnete Bruckner. Hierauf ersterer: "Der Meister meinte immer, daß Sie noch der Welt was erzählen werden." "So, das hat der Wagner gesagt? Sehen Sie, wann ich Sie jetzt nicht treffe, erfahre ich dies mein Lebtag nicht." – Als Bruckner beim Organistenwettspiel in England weilte, war alles über ihn, beziehungsweise seine Art, die Orgel zu behandeln, entzückt. Eine Lady ließ ihm sagen, er möge englisch lernen, damit sie mit ihm, falls er wiederkommt, reden kann. Doch Bruckner darauf zum Dolmetsch: "Sagen Sie der Lady, sie möge deutsch lernen, wann sie mit mir reden will." – Ueber den Effect der VII. Symphonie brachte das "Berliner Tageblatt" einen mit Geist geschriebenen Aufsatz, in welchem unter anderen die Bemerkung stand, daß, während andere Tonkünstler Lorbeeren ernteten, Bruckner G'selchts und Knödel aß und weitercomponierte. Bruckner las den Artikel und sprach: "Schön geschrieben, aber von dem G'selchten und den Knödeln die G'schicht könnte wegbleiben. Was braucht jeder Mensch zu wissen, was ich gern esse!" Solche Schnurren folgen eine der anderen, wenn Meister Bruckner gut aufgelegt ist. Es sei bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam gemacht, daß Bruckner mütterlicherseits aus Steyr stammt, da die Wiege seiner Mutter in dem Hause Nr. 24 am Stadtplatz (das jetzige Café Landsiedl) stand."
Zitierhinweis:
Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189301285, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189301285letzte Änderung: Dez 11, 2024, 7:07