zurück 24.4.1893, Montag ID: 189304245

Bruckner nimmt seine Universitätsvorlesungen (bis Juli) wieder auf (*).

Von der Philosophischen Fakultät hatten sich Max Graf (#) und Leo Lemport (Eintrag wurde wieder gestrichen) inskribiert (**), von der juristischen Fakultät Max Graf [derselbe?] (Eintrag wieder gestrichen) und Wilhelm Loebell (dto.) (**a).

Die Linzer Montagspost Nr. 11 berichtet auf S. 5, daß Bruckner zum Ehrenmitglied der Gesellschaft der Musikfreunde [in Steyr, am 18.4.1893] ernannt worden ist:
„     Tagesneuigkeiten.
                   
Linz, 24. April 1893.
[…]
     Anton Bruckner. Die Gesellschaft der Musikfreunde ernannte unseren berühmten Landsmann zum Ehrenmitglied. Bruckner wird, wie alljährlich, auch heuer die Pfingstfeiertage in St. Florian zubringen und daselbst anläßlich des Hochamtes und auch an einem Nachmittage die große Orgel spielen. Jedenfalls wird dies viele Linzer zu einer Kunstwallfahrt nach St. Florian bewegen. Wir werden unseren Lesern die Zeit, zu welcher diese Orgelconcerte stattfinden werden, noch näher mittheilen.“ (***).

Die Montags-Revue Nr. 17 bringt auf S. 1f ein Feuilleton »Concerte« (signiert »X.«), in dem auch die Aufführung der f-Moll-Messe [am 23.3.1893] besprochen wird:
„         Concerte.
     
Wien hat seine längste und ausgiebigste Concertperiode hinter sich: sie hat gerade eineinhalb Jahre gedauert, weil ja der letzte Sommer in Folge der zahllosen musikalischen Darbietungen der Ausstellung den musikfrommen Charakter dieser Jahreszeit gänzlich verloren hatte. [… über die Überfülle des Angebots, auch gegen Saisonende …]. So gab es denn in kurzer Frist Aufführungen der sechsten und neunten Symphonie von Beethoven, der H-moll-Messe von Bach, der F-moll-Messe von Bruckner, und eine Unzahl kleinerer Veranstaltungen, welche alle von dem Streben ihrer Unternehmer zeugen, der Saison einen glanzvollen Abschluß zu geben. In hohem Maße ist dies den Philharmonikern gelungen. [… über deren Konzerte und das Gesellschaftskonzert (herbe Kritik an Gericke) …]. Eine sehr verdienstliche That war die erste Concert=Aufführung der großen F-moll=Messe von Anton Bruckner durch den akademischen Wagner=Verein. Wenn in irgend einer Richtung Bruckner’s Schaffen unangefochten bleibt, so ist es auf jener der Kirchenmusik; Bruckner zählt auf diesem Gebiete zu den wenigen führenden Geistern, welche der immer mehr überhand nehmenden Schablone kräftig entgegenarbeiten und zeigen, daß Liturgie und Kunst heute wie ehedem Berührungspunkte haben. Seine F-moll=Messe ist wohl unter dem Eindrucke der Missa solemnis Beethoven’s entstanden; sie steht diesem erhabensten Werke der Musica sacra nach Inhalt und Form näher, als irgend eine Composition der neueren Zeit. Das gigantische Hinausragen der musikalischen Arbeit über den liturgischen Rahmen eignet die Messe wohl nur ausnahmsweise für gottesdienstliche Zwecke. Die geniale Erfindungsprobe Bruckner’s aber stempelt das Werk zu den bedeutendsten seiner Gattung. Die Concert=Aufführung der Messe hätte auch in einem früheren Zeitpunkte gewiß die erwartete Zugkraft und Wirkung geübt. Es dürfte übrigens schon im nächsten Winter unter günstigeren äußeren Umständen eine Wiederholung der Aufführung zu Stande kommen. Der verstärkte Wagnervereinschor und die verstärkte Strauß=Capelle thaten diesmal ihr Möglichstes, um dem schwierigen Werke zu einer würdigen Wiedergabe zu verhelfen. Von den Solisten sind Frl. Chotek (Sopran) mit Anerkennung, Herr Walter mit Auszeichnung zu nennen. Um das Studium und die Leitung der Aufführung hat sich Herr Franz Schalk [sic] sehr verdient gemacht. [… über weitere Konzerte … Signatur auf S. 3:] x.
(°).

Im Brünner Tagesboten Nr. 93 erscheint auf S. 3 eine mit "C. W." signierte Besprechung des Konzertes vom 21.4.1893 mit der 4. Symphonie:
     "C. W. (Concert des Musikvereines.)
      […] Die vierte (romantische) Symphonie in Es-dur von Anton Bruckner beschloß den Concertabend. Es ist ein gewaltiges Tonwerk, welches, was die formale Arbeit betrifft, den Musikern großes Interesse gewähren kann. Wir hatten diesmal die Partitur nicht zur Verfügung, glauben aber, daß Manches besseren Eindruck beim Lesen als beim Anhören macht. Schon bei Ankündigung der Symphonie wurde auf den Einfluß Wagner’s hingewiesen. Welcher moderne Tondichter könnte sich diesem auch entziehen? Gleich im ersten Satze wird man, wie bei dem Geigentremolo in höchsten Lagen an den Abendstern im »Tannhäuser« und an »Lohengrin« erinnert. Die Posaunen führen dann einen Walkürenritt aus, doch bringt Bruckner auch ganz eigenartige Harmonien, welche das Ohr fesseln. Am besten gefiel uns das Andante mit ausdrucksvoller Melodie, von den Celli und Bratschen begonnen, von der Holz- und Blechharmonie weiter ausgeführt. Der letzte Satz ermüdet durch das wechselnde Zeitmaß. Musikdirector Kitzler hat sich um das Werk seines Schülers warm angenommen, das Orchester spielte mit voller Hingebung, mit Lust und Feuer. Nach den ersten zwei Sätzen war auch der Beifall stürmisch und es hatte Herr Kitzler wiederholt zu danken, auch die Mitwirkenden erhoben sich von ihren Sitzen; später trat bei den Zuhörern Ermüdung ein. Der Festsaal des Deutschen Hauses war gut besucht." (°°).

Kurznotiz zu den Kompositionen für den Wiener Männergesangverein ["Helgoland"] in "Het vaderland" Nr. 96 ('s-Gravenhage) auf. S. 6:
"     Brahms, Rubinstein, Bruckner en Goldmark schrijven werken voor het gouden feest van het Wiener Männergesangverein (Brahms een Ode)."  (°°°).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189304245, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189304245
letzte Änderung: Nov 24, 2023, 9:09