zurück 1.7.1893, Samstag ID: 189307015

Brief Bruckners an Emil Fink [nicht Vinzenz Emil Fink] in Linz: [Text der ersten Seite:]
»Edler Fink! 
    In Folge meiner gefährlichen Krankheit darf ich nach Vollendung meines Werkes [Helgoland] nichts componiren. 
    Als meine allerbeste Fest-Cantate empfehle ich meinen neuen Psalm (Chor mit gr. Orchester.) bei Eberle in Wien verlegt [150. Psalm]. 
    In Dresden wurde er zu einem großen Feste neulich 2mal aufgeführt; der Erfolg außerordentlich. Auch in Berlin etc. wird dieß bald stattfinden.« Hofft im Sommer in Linz seinen Freund Dr. E. zu besuchen und auch Fink zu sehen (*).

 

Artikel der Linzer Tages-Post Nr. 148 auf S. 4 über den Familienabend des »Frohsinn« am letzten Samstag [24.6.1893, recte 28.6.1893], bei dem der »Der Deutsche Gesang« [Das Deutsche Lied, WAB 63] aufgeführt wurde:
"     (Liedertafel "Frohsinn".) Der schöne Sommerabend vereinigte am Samstag eine ungemein zahlreiche Gesellschaft, den besten Kreisen der Stadt angehörig, im städtischen Volksgarten, [... Regimentsmusik unter Kpm. Rezek ...] Von den Männerchören erregte der mit Blechharmonie begleitete Chor "Der deutsche Gesang", von unserem berühmten Landsmann A. Bruckner, das größte Interesse. Die Schwierigkeiten Bruckner'scher Chöre sind bekannt und nur ein geschulter, über treffsichere Sänger verfügender Gesangverein darf es wagen, Bruckners Werke zu Gehör zu bringen: "Der deutsche Gesang" ist eine Composition voll Wucht und Kraft, worin es saust, schallt und schmettert, denn jedes Wort des prächtigen Textes ist mit ehernem Griffel vertont; dieser Chor bedarf aber auch eines gewaltigen Stimmenmaterials, um zum vollendeten Ausdrucke zu kommen. Die Liedertafel, an solche schwierige Aufgaben gewöhnt, brachte auch diesen Bruckner'schen Chor zur besten Geltung, wenn auch nicht geleugnet werden kann, dass "Der deutsche Gesang" eine noch stärkere Besetzung der Stimmen vertragen hätte. Uebrigens wurde derselbe nicht zum letztenmale gesungen und unterliegt es keinem Zweifel, dass in einem geschlossenem Raume die Wirkung bei der gleichen Stimmenzahl eine noch bessere sein wird als im Freien. Mit großer Feinheit wurde der Chor "Waldeinsamkeit" von Storch vorgetragen, [... Chor Floderers mit Edlbacher als Tenorsolisten ... Text von Milbecks Ansprache (letztes Konzert der Regimentskapelle) ... Ehrung Floderers, Lob für Arnleitner (Dirigent der gemischten Chöre) ... Ende gegen Mitternacht ...]" (**).

Von diesem Abend berichtet auch die Linzer Zeitung auf S. 790:
„     * (Liedertafel „Frohsinn“ in Linz.) Ein ungemein zahlreiches, auserlesenes Publicum hatte sich am Mittwoch den 28. d. im städtischen Volksgarten eingefunden, um an dem von der Liedertafel „Frohsinn“ veranstalteten Familienabende theilzunehmen. Die verschiedensten Umstände hatten sich vereinigt, um diesen Abend zu einem recht schönen zu gestalten: Ein sorgfältig gewähltes gesangliches Programm, die Theilnahme des Damenchores an dem Concerte, ein nicht minder vorzügliches Programm der Musikkapelle des 14. Infanterie=Regiment, die Gunst der Witterung, die uns einen herrlichen Sommerabend bescherte und nicht wenig dazu beitrug, dass der Besuch des Concertes ein so zahlreicher wurde, und die den Aufenthalt im Freien zu einem so angenehmen machte, daß das Publicum selbst nach Absolvirung des Programmes der Liedertafel noch längere Zeit versammelt blieb. [… über die einzelnen Nummern, Leitung: Chormeister -Stellvertreter Arnleitner …] Mit gespanntem Interesse erwartete man den Männerchor mit Begleitung von Blechinstrumenten „Der deutsche Gesang“ von unserem genialen Landsmanne Dr. Anton Bruckner. Obwohl dieser höchste schwierige Chor eigentlich für einen Massenchor berechnet und geeignet ist, so gelang es der stattlichen Anzahl von Sängern unter der sicheren Leitung des Herrn Chormeisters Floderer dennoch, den Chor zur vollen Geltung zu bringen, zu welchem Erfolge auch die richtige Art der Begleitung sehr erheblich beitrug. Den Schluß der gesanglichen Vorträge bildete der Liedercyklus „Landsknechtslieder“ von Wilhelm Floderer. [… Tenorsolist: Max Edlbacher …]. Wie schon eingangs erwähnt wurde, hatte auch Herr Kapellmeister Rezek, der verdienstvolle Leiter der Regimentsmusik, für ein gediegenes Programm Sorge getragen, [… Verabschiedung der Kapelle … Ansprache von Vorstand Stadtrat Milbeck …]. So nahm der letzte Familienabend der Liedertafel einen in mehrfacher Beziehung sehr denkwürdigen Verlauf und wird gewiß allen Theilnehmern lange in der Erinnerung haften.“ [keine Signatur] (***).

[Zur Datierung siehe die Anmerkung]
Die Aufführung der 7. Symphonie am 6.6.1893 wird von August Güssbacher in seinem Leipziger Musikbrief im New Yorker Musical Courier besprochen:
"     [...] The Bruckner symphony, 7, E Major, filled the first part of the program of the Liszt Verein, and also tested the endurance of the audience, the performance of that work requiring about 1 hour and 10 minutes. Mr. Paur conducted and the interpretation this pretentious composition received was wonderful, considering his material (the orchestra of the 134th regiment at best can only be ranked as second class), In this work, as well as in the closing number, Liszt's symphonic poem 'Tasso.' the precision of attack and accuracy in obedience to the conductor's interpretation, showed the best drilling of all the orchestra concerts heard here this season. [...]" (°).
 


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189307015, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189307015
letzte Änderung: Feb 13, 2024, 9:09