zurück 31.3.1896, Dienstag ID: 189603315

Im »Wiener Musikbrief« des Pester Lloyds Nr. 78 auf S. 5f (= 1. Beilage) bespricht Theodor Helm das Konzert [vom 23.3.1896] mit dem »Te Deum« und die Aufführung des Quintetts (am 27.3.1896):
"                   Feuilleton.
          Wiener Musikbrief.

[... Grieg ...] – Dankkonzerte der Laibacher Slovenen. – [...]
     Außer der sensationellen Goldmark=Première im Hof=Operntheater haben uns die letzten vierzehn Tage auch eine Menge interessanter Eindrücke in den Konzertsälen gebracht. [... kompletter Text bei www.anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=pel&datum=18960331&seite=5 ... über Edvard Griegs Konzert am 24.3.1896 ...]
     Eingerahmt war das große Grieg=Konzert im musikalischen Spielplan der Woche durch zwei Produktionen des bedeutendsten slovenischen Gesangvereins "Glasbena matica" aus Laibach, [... über den Wohltätigkeits- und Dankeszweck des Konzerts ... Konkurrenzsituation zur deutschen Philharmonischen Gesellschaft in Laibach ... erstes Konzert war schwach besucht ... M. Hubad dirigirte Volkslieder, Fibich etc. ...] Zuletzt kam in das slovenische Nationalkonzert wie hereingeschneit das große Tedeum unseres Wiener Altmeisters Anton Bruckner! Man denke sich diese hehre, hochkirchlichen Klänge nach dem lateinischen Ritualtext gesungen in nationaler Bauerntracht: paßt das nicht wie die Faust auf's Auge? Die »Glasbena matica« und ihr strebsamer Dirigent wollten offenbar zeigen, daß sie auch den großartigsten Kunstaufgaben gewachsen seien und das begleitende philharmonische Orchester täuschte auch der Wiedergabe den Schein des Großartigen, glänzend Gelungenen auf. Aber um Tonsätze, wie die gewaltige, enorm schwiereige Schlußfuge des Bruckner'schen "Tedeum" ganz im Sinne des Komponisten herauszubringen, dazu gehören doch andere Chorkräfte, als die des Laibacher slovenischen Musikvereins.
     Daß der Aufführung (an welcher solistisch sehr liebenswürdig die Wiener Sopranistin Frl. Sophie Chotek, weniger stylvoll die Mitglieder des Prager czechischen Landestheaters, der Tenorist Lasek und der Bassist Kliment, sich betheiligten) zahlreiche Proben vorausgegangen sein mußten, war nicht zu verkennen und sprach überdies aus der Direktionsweise des Herrn Hubad nicht nur strenge Gewissenhaftigkeit, sondern auch eine aufrichtige Verehrung des Genius Bruckner's. Insofern hatte diese Aufführung des Tedeums selbst ihre Vorzüge vor der in einem der heurigen Gesellschafts=Konzerte gebotenen, welcher seitens des dortigen Dirigenten der volle Glaube an die Sache zu fehlen schien. [... über die weiteren Programmpunkte, den von V. Kutschera gesprochenen Prolog und das zweite Konzert (Dvoraks "Geisterbraut") ... über weitere Konzerte, einen Kammermusikabend des Rosé-Quartetts mit Reinecke und einem mustergültigen Schubert-Quintett ...] Und eben eine solche Musteraufführung fand Bruckner's großes F-dur=Quintett in der vorgestern von dem "Böhmischen Streichquartett" unter Zuziehung eines fünften Prager Genossen (des Herrn Rychlik) gegebenen letzten außerordentlichen Soirée. Nie ist uns der kunstvolle kontrapunktische Bau dieses zugleich so melodienreiches Werkes imponirender erschienen und wollte der Beifallssturm nach dem seraphisch verklärten Adagio (einem der schönsten Tonsätze, die Bruckner geschrieben) gar nicht enden. ...]
                                       Dr. Theodor Helm." (*).

Die Neue Freie Presse Nr. 11352 erwähnt in ihrem Bericht (signiert "R.") Bruckner nur ganz kurz:
"                          Concerte.
   
 Man hat bis vor Kurzem nur wenig von krainerischer Tonkunst gehört. [... über den Chor ... Tenöre zu schwach, ihre Stimmen zu unreif ... gute Chordisziplin, ausgewogener Klang ...] Das Programm des Concertes - wir sprechen von der ersten der beiden großen Aufführungen - hatte Herr Hubad in der deutlichen Absicht zusammengestellt, seinen Chor den verschiedenartigsten Aufgaben gegenüber zu zeigen. Von Bruckner's ketzerfleischduftendem Tedeum und Fibich's "Frühlings=Romanze" an [... über Volkslieder, Madrigale ...] waren die unterschiedlichsten Zeiten und Stylarten vertreten. [... ausführlich über das Madrigal von Jacobus Gallus ... über Griegs Konzert und weitere Konzerte ...]       R." (**).

»Die Presse« Nr. 90 meldet auf S. 6, daß in Monte Carlo die 7. Symphonie aufgeführt worden ist:
»    * Im 16. classischen Concerte in Monte=Carlo wurde vor einigen Tagen Anton Bruckner's siebente Symphonie mit großem Beifall aufgeführt.« (***).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189603315, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189603315
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11