zurück 7.12.1896, Montag ID: 189612075

Schreiben von Emil Fink an Theodor Altwirth:
     Bittet um den Partezettel Bruckners für den ehemaligen Linzer Statthalter Dr. Weber [vgl. 13.12.1896] (*).

Das Deutsche Volksblatt Nr. 2849 berichtet auf S. 4 vom Musikabend des Wagner-Vereins [am 21.11.1896], bei dem Teile der e-Moll-Messe aufgeführt wurden:
"                  Concerte.
     Denjenigen Kunstkräften und Künstlervereinigungen, die das Andenken des verblichenen großen Meisters Bruckner durch eine Gedächtnisfeier ehrten, habe sich vor Kurzem auch der um die Förderung Bruckner'schen Ruhmes hochverdiente "Akademische Wagner=Verein" und das "Erste Wiener Volks=Quartett" angeschlossen.
     Mit einem von Herrn C. Hynais verfaßten und auf der Orgel trefflich ausgeführten Präludium, in welchem Hauptthemen aus Bruckner's Tonschöpfungen kunstvolle Verwendung fanden, eröffnete der Wagner=Verein seinen internen, sehr stark besuchten Abend. Das stimmungsvolle Vorspiel diente als Einleitung für Bruchstücke aus Bruckner's E-moll=Messe (Nr. 2), welche hier ihre überhaupt erste Vorführung erfuhren. Bei der seltenen Kühnheit des Vocalsatzes, den ganz ungewöhnliche Modulationen, heikle Einsätze, die ein längeres Verweilen in höchster Tonlage für die Sänger ungemein schwierig gestalten, kann dem Vereinschor und dessen artistischem Leiter, Herrn Professor Schalk, die Anerkennung für ihre hingebungsvolle Mühe nicht versagt werden, wenn auch nicht Alles so zusammenstimmte, wie man gewünscht hätte. Der Einduck, den das große Werk übte, konnte demnach wohl kein überwältigender sein; man gewann jedoch die Ueberzeugung, daß sich Bruckner's Meisterschaft auch hier in genialer Weise bethätigt hat. Es wäre höchst erfreulich, wenn der Chor der Wagner=Vereines die ganze Messe recht bald zur Aufführung bringen würde. – [... das weitere Programm (erwähnt: M. Herold, Ellen Gulbranson, Ferdinand Foll) ...].
     Herrn Duesberg und seinem Quartett gebührt das Verdienst, zuerst nach Bruckner's Hinscheiden, dessen originelles Streichquartett [sic] in F-dur aufgeführt zu haben. Unter Mithilfe des Herrn R. Mittermüller, der die zweite Viola voll Verständnis und Empfundung spielte, gelangte die schwierige Tondichtung, auf deren Reproduction diesmal ganz besonderer Fleiß aufgewandt wurde, zu sehr guter Geltung. Jeder Satz, namentlich aber das meisterhafte Adagio fand die aufmerksamsten und dankbarsten Hörer. Den übrigen Theil der Vortragsordnung bildete [... erwähnt: Victor Bause, Anna Lehnert, Nathalie Duesberg, Herr Barthlmé ...].                                      H." (**).

Die Grazer Tagespost Nr. 338 bespricht im Abendblatt das gestrige Konzert (mit dem Chor »Träumen und Wachen«):
"   Concert des Deutschen akademischen Gesangvereines.
     Das erste dießjährige Mitgliederconcert, welches der Deutsche akademische Gesangverein unter der Leitung seines Sangmeisters Herrn Victor Zack gestern Abends im Stefanien=Saale veranstaltete, erfreute sich, wie immer, eines außerordentlich zahlreichen Besuches. [... sorgsam studiert, lebenswerte Intonation ...]. Anton Bruckner's bedeutungsvolle Vertonung der gedankentiefen Dichtung Grillparzer's "Träumen und Wachen" weist durch ihre harmonische und modulatorische Kühnheit die Eigenart des großen verewigten Meisters auf. Die Sänger entsprachen den ungemeinen Schwierigkeiten, welche der Componist den ausführenden Stimmen zumuthet, in überraschender Weise. Von eigenthümlicher, geheimnißvoller Wirkung sind an einer Stelle die leeren Quinten der begleitenden Bässe. Besten Erfolg erzielte das von dem Vereinsmitglied Herrn Hans Caponi gesungene, vom Brummchore begleitete Tenorsolo in dieser Composition. [... weitere Chöre, Sololieder mit Ida Jakesch (u. a. Hugo Wolf) und Hans Copony ...].    Franz Petrich." (***).

Im zweiten ordentlichen Konzert des Brünner Männergesangvereins unter Otto Kitzler wird u.a. auch der »Germanenzug« aufgeführt. Als Solistin bei einer Tannhäuser-Arie wirkt die Sopranistin Leopoldine Ullmann mit, die zusammen mit dem Bariton Talpa das Solo in einem Chorwerk Kremsers übernimmt, und als Organist Andreas Hofmeier (°).

Im Feuilleton-Artikel der Wiener Neuesten Nachrichten Nr. 109, S. 1 - 3, wird Bruckner [und IKO 55] auf S. 2 erwähnt:
"                    Künstlerhaus.
     Wir wissen nicht, wer jenem dünnen Wässerlein, welches den Purkersdorfer Deutschwald mit der Donau verbindet, zuerst den stolzen Namen Fluß verliehen hat. [... die Lage des Künstlerhauses an der Wien: ein schlechtes Omen? ... Dornröschenschlaf ... jetzige Ausstellung ein Notbehelf bis zur nächsten "Internationale" ...] – Und was ist denn eigentlich zu sehen?
     Zunächst Tilgner. Das ist allerdings Etwas, [... und vielleicht der Grund für den guten Besuch ... 222 Arbeiten (österreichischer, Wiener Stil) ... auch Emil Schindler † hat keine Schule gemacht ...]. Vor Tilgner fällt uns sofort die Ausnahme in's Auge. Tilgner ist Jemand. Seine Büsten – von welchen, außer der Wolter, Anton Bruckner und Gangolf Kaiser, in der vorliegenden Sammlung insbesondere der Greisenkopf Kaiser Ferdinand's als ein Cabinetsstück feinster Charakteristik hervortritt – sind thatsächlich ein Stück Natur, gesehen durch ein Temperament. [... wienerisch ...]. Aber so bedeutend, ja groß Victor Tilgner als Porträtist gewesen, so unzulänglich erscheint uns sein Wirken auf monumentalem Gebiete. [... Goethe, Mozart, Werndl, Graf Sullivan ...].
     [... andere Bildhauer, Aquarelle, Zeichnungen etc. ... über Brozik ...] so wollen wir lieber noch den Hynais in Kauf nehmen. Die drei kleinen Bildchen, die von ihm zu sehen sind, haben uns mehr gesagt, als Brožik's Colossalgemälde.    E. M. Steininger." (°°).

Aufführung des "Germanenzug" bei der Gründungsliedertafel des Wiener Sängerbundes im Theresiensaale des "Englischen Hofes" unter der Leitung von Cubasch oder J. Piber. Mitwirkende des Konzerts: Frl. Kattnigg (Sopran), Franz Lustig (Harmonium), Dr. Anton Matosch (Dialektvortrag), Homolka, Dolenz, Uskoreit, Pannigl und Notthaft (°°°).

Ankündigung des morgigen Konzerts (mit "Christus factus est" und "Virga jesse floruit") in den Münchner Neusten Nachrichten Nr. 570 auf S. 2:
"Theater und Musik.
     *  Kirchenkonzert.
In dem am Dienstag den 8. Dezember, 5 Uhr Abends, in der Lukaskirche (Mariannenplatz) stattfindenden Konzerte wird der Porges'sche Chorverein zwei Kirchengesänge von Anton Bruckner (neu), [... Liszt, Cornelius, Hugo Wolf, Alexander Ritter, Draeseke ... Orgelvorträge von Herrn Reidl ... Kartenverkauf ...].  Die Kirche ist geheizt und elektrisch beleuchtet." (#).

 


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189612075, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189612075
letzte Änderung: Sep 12, 2023, 18:18