zurück 18.10.1924, Samstag ID: 192410185

Aufführung der f-Moll-Messe durch die Berliner Philharmoniker und den Chor der Staatlichen akademischen Hochschule für Musik [vor 1921: Philharmonischer Chor] unter Siegfried Ochs in Berlin [vermutlich nochmals in der Hochschule für Musik]. Als Mitwirkende sind Lilly Dreyfuß und Alfred Wilde (Gesang) und Fritz Kleiner (Orgel) verzeichnet. Außerdem kommt "Wanderers Sturmlied" von Richard Strauss zur Aufführung (*).

Danach erscheint eine Rezension im 8 Uhr-Abendblatt:
     "[...] Professor Siegfried Ochs, der vor mehreren Jahren schon sich um die erste Aufführung [14.1.1915] dieser Partitur in Deutschland verdient gemacht hat, bringt sie nun zum zweiten Male [recte: viertenmal]. Weitaus den meisten Berliner Musikfreunden ist aber diese fast sechzig Jahre alte Messe völlig neu, und ihnen dürfte die Bekanntschaft mit Bruckners dritter Messe zu einem wahrhaftigen Erlebnis, zu einer Feierstunde tiefer Andacht geworden sein." (**).

 
Die Wiener Stimmen Nr. 241 machen auf S. 2 auf die morgige Kirchenmusik aufmerksam (***).
 
Das Neue Wiener Journal Nr. 11105 kündigt auf S. 9 die Aufführung eines Bruckner-Werkes beim Roßauer Männergesangverein am 19.101924 an (°).
 
Die Westliche Post Nr. 292 (St. Louis, Missouri) weist auf S. 5 auf den morgigen Festgottesdienst hin:
"          Bruckners Messe in D=moll.
Meisterwerk kirchlicher Tonkunst erfährt morgen seine Erstaufführung in St. Louus.[sic]
Wird anläßlich des 75-jährigen Gemeindejubiläums in der Hl. Dreifaltigkeits-Kirche gesungen.
     Anläßlich des 75-jährigen Jubiläums der Hl. Dreifaltigkeits-Gemeinde, das am morgigen Sonntag, den 19. Oktober, stattfindet, wird der Kirchenchor beim feierlichen Pontifikalamt Anton Bruckner's D-moll-Messe für Soli, Chor und Orchester zur Aufführung bringen. Das ist insofern bemerkenswert, als diese reife Schöpfung des Brucknerschen Genius in St. Louis zum ersten Male vor die Oeffentlichkeit gebracht wird. Dieser Umstand gibt mir Veranlassung zu einigen erläuternden Bemerkungen über Bruckner und sein Werk.
     Die D-moll-Messe ist ein Frühwerk, ja sogar das erste größeren Umfangs, mit dem Bruckner an die Oeffentlichkeit trat, aber deshalb beileibe kein Jugendwerk; denn Bruckner war bereits ein gereifter Mann von 40 Jahren, als seine eigentliche Schaffensperiode begann, und so ist diese erste Frucht seiner schöpferischen Kraft nicht als der tastende Versuch eines Jugendlichen zu bewerten, sondern als das Ergebnis eines jahrzehntelangen Ringens um die Meisterschaft.
     Das Geburtsjahr der D-moll-Messe ist 1864. Hier schuf er, was dei [sic] glühende Seele ihn schaffen ließ, mit dem starken Empfinden seines tiefgläubigen Herzens. Jede Note kündet tiefinnerstes Erleben. Eine geniale Künstlerseele quillt hier in Tönen über, die den Hörer mit der gleichen Wucht ergreifen, mit der sie seiner Brust entströmten.     Schon die Widmung am Kopfe des Werkes atmet den Geist, der den Schöpfer desselben beherrschtr; Omnia ad majorem Dei gloriam–Alles zur größeren Ehre Gottes. [... über den Gehalt der Musik, den Aufbau der Messe, ausführliche Beschreibung ...].
     So bildet die D-moll-Messe ein einheitliches Gefüge von ergreifender Wirkung, innerstes Erleben einer zum Höchsten strebenden Künstlerseele. Beethoven war die mächtigste Stimme der Freiheit in einer Zeit der Unfreiheit, Bruckner war die einsame Stimme des Glaubens in einer Zeit des Unglaubens.
     Die Messe wird von dem gemischten Chor der Dreifaltigkeits-Gemeinde unter Mitwirkung eines Teiles des St. Louiser Symphonie-Orchesters gesungen. Die Solopartien liegen in den Händen von Frl. Blaeser (Sopran), Frau Hardt (Alto), Herrn Westhus (Tenor) und Herrn Rohan (Baß). An der Orgel: Kaspar Theissen.
                                     Jac. Kremer." (°°).
 
Nicht ganz so ausführlich fällt die Ankündigung im St. Louis Globe-Democrat Nr. 152 auf S. 1 aus:
"   CHURCH TO CELEBRATE 75TH ANNIVERSARY
Holy Trinity Congregation to Hear Archbishop Say High Mass.
     Holy Trinity Church, Fourteenth and Mallinckrodt streets, will observe the seventy-fifth anniversary of its founding tomorrow morning at 10 o'clock, when Archbishop Glennon will celebrate pontifical high mass, during which Anton Bruckner's D-minor Mass with soli, chorus and orchestra is to be performed for the first time in St. Louis.
     The music is under the direction of Jacob Kremer, organist and choir master, who will have for his assistants Miss Bleaser [sic], soprano; Mrs. Hardt, alto, and Mersrs. Westhus and Rohan, respectively tenor and bass. Kaspar Theissen is to be at the organ. A selected orchestra of seventeen members of the St. Louis Symphony will also take part.
     According to Director Kremer, Bruckner's Mass is one of the composer's earlier works and the first with which he came before a larger public. He was born in Upper Austria in 1824 and died in Vienna in 1896. He became the chief contemporary organist of his day and to him is due a better understanding of Richard Wagner's works in South Germany.
     He composed nine symphonies, the fourth bearing the title, "Romantic." The D-minor-Mass falls into the period of Bruckner's best creative power. Its dedication bears the legend: "Omnia ad majorem dei glorian" (all to the greater glory of God). The choral parts of the work are described as surcharged with deepest religious feeling and these will be sung by the large and well-trained mixed chorus of the Holy Trinity Congregation." (°°°).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 192410185, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-192410185
letzte Änderung: Apr 21, 2023, 10:10