zurück 19.11.1881, Samstag ID: 188111195

(*) Kritik Theodor Helms über das Quintett in den »Wiener Signalen«, 4. Jg., Nr. 38, S. 305f:
»Concerte. [...] Noch wollen wir wegen des interessanten Programmes den letzten "Internen Musikabend" des Akademischen Wagner=Vereines nicht unerwähnt lassen, [...] Keineswegs die genußreichste, aber unbedingt die interessanteste Nummer des Abends bildeten aber unstreitig drei Sätze aus einem neuen (Manuskript=)Quintett für Streichinstrumente von Ant. Bruckner in F-dur. Die Novität wurde von dem tüchtigen Primgeiger Herrn J. Winkler mit vier Dilettanten executirt, ein Ensemble, welches den ganz außerordentlichen technischen Schwierigkeiten dieses oft bis zum Abentheuerlichen gewagt polyphonen Tonsatzes kaum entsprach und daher gewisse Härten und Schärfen als förmliche Mißklänge erscheinen ließ, was bei der Aufführung durch ein Musterquartett von durchwegs erprobten Fachmännern wohl hätte vermieden werden können. [... sieht seine Meinung bestätigt, daß Bruckner bei besserer Formbeherrschung der »Mann der Zeit« wäre ...] Jedenfalls darf ein Componist, der das drangvoll=überschwengliche Adagio des F-dur-Quintettes geschrieben, von den zeitgenössischen Fachgenossen nicht mehr vornehm ignorirt werden. Dr. Theodor Helm.« (*).

(**) Bericht in der Konstitutionellen Vorstadtzeitung (Österreichischen Volkszeitung) Nr. 319 auf S. 4:
»Musik. Anton Bruckner, unser großer Orgelspieler und Contrapunktist, führte vorgestern bei einem "internen Abend" des Wagnervereins sein neues Streich-Quintett in F-dur vor. Es ist ein höchst originelles Werk, dessen Bekanntschaft uns leider nur in zu unvollendeter Weise vermittelt wurde, als daß wir nach diesem einmaligen Hören dasselbe vollständig hätten erfassen können. Von den drei aufgeführten Sätzen ist der erste (Allegro) der bedeutendste, das Scherzo der klarste und originellste, das Adagio der längste; leider büßt gerade dieser seelenvolle, warmempfundene Satz durch ungebührliche Ausdehnung einen Theil der Wirkung ein. Das Finale war nicht aufgeführt worden; wir vermuthen, daß das Studium den jungen Kräften zu viel Schwierigkeiten gemacht hätte, und sind überzeugt, daß Hellmesberger, aber auch nur Dieser, dem Werke vollkommen gerecht werden könnte. Die tiefernste Arbeit eines hochbedeutenden und vielverkannten Tonkünstlers verdiente sicherlich würdig aufgeführt zu werden.« [keine Signatur] (**).

(***) Besprechung im Neuen Wiener Tagblatt Nr. 319 auf S. 5:
   »* Der vorgestern im Saale Bösendorfer stattgehabte interne Abend des akademischen Wagner=Vereins nahm einen sehr glücklichen Verlauf und das reichhaltige Programm verschaffte dem Auditorium eine Fülle künstlerischer Genüsse. Den "lärmendsten", wenn auch nicht unbestrittensten Erfolg hatte jedenfalls Prof. Bruckner mit seinem neuen Streich=Quintett in F-dur. Erster und dritter Satz enthalten eine Reihe geistreicher Kombinationen und modulatorischer Ueberraschungen, das Scherzo dagegen gefällt sich allzusehr in forcirten Wendungen und grotesker Bizarrerie. Die enorm schwierige Komposition wurde übrigens vollendet gespielt. [...] Der Saal war übervoll, die Stimmung überaus angeregt.« [keine Signatur] (***).

Die Presse Nr. 319 berichtet auf S. 13 ebenfalls von diesem Konzert:
     " - Der Wiener akademische Wagner=Verein hatte gestern im Bösendorfer=Saale einen internen Abend, den letzten in diesem Jahre, veranstaltet. [...] Ein großes Interesse erregten drei Sätze aus dem "Streichquintett" in F-dur von Professor Bruckner. Dieselben zeugen von einem hervorragenden schöpferischen Talante und waren des großartigen Beifalls würdig, der ihnen zu Theil wurde. [...]" [keine Signatur] (°).

Brief von Ferdinand Moser (derzeit in Wien) an Dechant Philipp Mayr mit Bemerkungen zum Orgelspiel am 15.11.1881:
"     [...] Am Leopoldifest war ich in Klosterneuburg, wo ich mit dem Nuntius [Kardinal Serafino Vannutelli] viel verkehrte u abends pr Stiftswagen mit dem Prediger Landsteiner, Doblhummer u Ruf [Karl Landsteiner, Gregor Doblhammer] nach Wien expedirt wurde. Der consensus populi war riesig, aber eigentlich nur eine Hetze u unser Florianitag doch viel auferbäulicher; eine Haydnsche Messe wurde gegeigt u das Orgelspiel Bruckners, mehr eine Zwickerey, wurde nicht  belobt. Am Mittwoch [... Baronin Eiselsberg, Alfred Arneth, Coelestin Josef Ganglbauer, Papst Leo XIII., über politische Ereignisse, Bitte an Breselmayr, Gruß an Traumihler ...]." (°°).

 


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188111195, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188111195
letzte Änderung: Mär 19, 2023, 22:22