zurück 13.4.1884, Ostersonntag ID: 188404135

Bruckner spielt Orgel beim Hochamt im Prager Dom. Marschner holt Bruckner von der Mittagseinladung bei Skraup ab (*).
Robert Marschner berichtet, daß neben Skroup auch der Organist des Stiftes Strahow und Josef Förster sich Bruckner anschlossen. [am 13.4.?] Nach dem Mittagessen bei Skroup gehen Marschners und Bruckner in das Bierrestaurant »U Snellu« (*a).

[Wann genau? recte 9.4.1884?] Übernahme der von Wilhelm Sauer erbauten Orgel im Rudolphinum. Beim Konzert ist auch Dr. Langer aus Leipzig anwesend. Es spielen Förster, Sauer, Bruckner und Feix aus Reichenberg (**).

Die Linzer Zeitung zitiert auf S. 403 aus dem Bericht der Deutschen Zeitung [8.4.1884] über das Quintett [am 5.4.1884]:
   »* (Musikalisches.) Ueber eine neue Composition unseres Landsmannes, Prof. A. Bruckner, schreibt der Musikreferent der „Deutschen Zeitung”: „Den bedeutendsten musikalischen Eindruck der verflossenen Woche verdankten wir, seltsam genug, keiner öffentlichen, sondern einer (Samstag im Bösendorfer=Saale veranstalteten) Privataufführung [...] Es war dies unseres Anton Bruckner's F-dur-Quintett, vom Publicum mit stürmischem Beifall aufgenommen. [... identisch mit dem Text vom 8.4.1884 ...] Dieses Adagio wirkt ungefähr so, als wäre es ein erst jetzt in Beethoven's Nachlaß vorgefundenes, aus der letzten Zeit des Meisters stammendes und von dessen vollster Inspiration beseeltes Stück. Das ist wohl das höchste Lob, das über die Composition eines lebenden Künstlers gesagt werden kann, und wir scheuen uns nicht, es auszusprechen.”« (***).

Der Rezensent der Wiener Sonntags-Post (signiert "Raro.") erwähnt bezüglich des Quintett-Adagios [5.4.1884] einen Ausspruch Robert Schumanns:
    "Der Vortragsabend des akademischen Gesangsvereines entzieht entzieht sich seines intimeren Charakters wegen einer detaillirten Besprechung. An demselben interessirte uns hauptsächlich das F-dur-Streichquintett von Anton Bruckner. Trotzdem es nicht besonders gut aufgeführt wurde, übte es doch mächtigen Eindruck aus und erzielte unbeschreiblichen echten Beifall. Bruckner gehört unstreitig zu den genialsten Componisten der Neuzeit; daß er hier in Wien, der Stadt des Cliquewesens und der Protection, lebt, ist sein, sowie vieler Anderer Hinderniß des Emporkommens. Dieses Quintett, in dem - nach unserem Gefühl und überdies nach erstmaligen Anhören - nur das Finale ganz aus der Art fällt, mag manche Conservative zum Bekreuzigen nöthen [sic!]: aber da ist kein starrer Formalismus, sondern echt pulsirendes Musikleben, die Themata sind von Fleisch und Blut, nicht akademische Puppen. Wie reizend ist gleich das Triolen=Thema des ersten Satzes, der Humor im zweiten, der an den Uebermuth der Lehrbuben in den "Meistersingern" lebhaft gemahnt. Die Perle des Werkes ist das Adagio (in Gesdur) mit seiner sinnigen breiten Gesangsmelodie und voll Wohllaut; da fällt uns unwillkürlich ein Ausspruch Schumann's ein. Bei Besprechung einer Sonate schrieb er einmal: "Am Adagio werden die jetzigen Componisten immer scheitern, so lange sie welche, wie Mozart und Haydn, schreiben wollen. Warum denn rückwärts componiren? Wem die Perrücke gut steht, der mag sich eine aufsetzen; aber streicht nur die fliegende Jugendlocke nicht weg, wenn sie auch etwas wild über die Stirn hereinfällt. Also Locken, Sonatenschreiber, und keine falschen!" Und gerade am Adagio ist Bruckner nicht gescheitert, weil er wahrlich nicht "rückwärts componiren" kann! Also nur weg mit den Perrücken! Ein schöneres Wort von der Jugendlocke ist selten gesprochen worden. Dasselbe wäre nicht allein auf Bruckner, sondern auch auf alle geistesverwandte [sic!] Tonkünstler anzuwenden. Wir fürchten jedoch sehr, daß es in Wien genug Derjenigen gibt, die solche wild hereinfallenden Locken - gleich mit der Scheere ganz abschneiden wollen. Doch Bangemachen gilt nicht, sowie das famose "Rückwärtscomponiren"!        Raro." (°).

Die Neue Freie Presse Nr. 7051 meldet auf S. 6, dass der Partiturerstdruck des Streichquintetts erschienen ist: "Neue Musikalien. (Bericht der kaiserlich=königlichen Hof=Musikalienhandlung Albert J. Gutmann, Wien.) Brahms, Op. 90, Dritte Symphonie (F-dur), für zwei Claviere; Bruckner, Streichquintett (F-dur), Partitur; Brüll, [...] Literatur: Oesterlein, Entwurf zu einem Richard=Wagner=Museum (mit vier Bildern in Lichtdruck)." (°°).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188404135, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188404135
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11