zurück 11.3.1885, Mittwoch ID: 188503115

Eckstein begleitet Bruckner in das Atelier Kaulbachs. Bruckner ist mit dem Bild [IKO 19] (*) nicht einverstanden [Nase zu groß]. Am Mittagessen in Kaulbachs Wohnung nehmen auch Stieler u.a. teil. Bruckner spielt aus der 7. Symphonie und dem »Te deum« (**).

Brief Fiedlers an Hildebrand:
     "Liebster Adolf! [... über seine Reisepläne, erst nach der Johannespassion am 21.3.1885 ...]  Hier ists wieder recht rauh geworden; gestern früh lag Schnee. - Gestern war hier die Symphonie von Bruckner mit colossalem Erfolg. Ich kann mir nicht helfen, mir machte sie trotz Herzogenbergs und Ethel [Smyth] einen sehr bedeuteten [so bei 1190/240 und 1191/261] Eindruck; ich hätte was drum gegeben, wenn Du hier gewesen wärst; übrigens war sie unter Levis Direction gegen Leipzig kaum wiederzuerkennen. Bruckner selbst ist hier und ein unglaubliches Original; ich war gestern noch bis spät in der Nacht mit ihm und vielen Musikern in der Allotria zusammen; morgen Mittag ißt er bei uns. Ich bin wieder ganz Musikgenosse" ..." (***).

Levi setzt statt des »Trompeters von Säckingen« in der Münchner Oper Bruckner zuliebe Wagners »Walküre« auf das Programm. Bruckner und Eckstein sitzen neben Levi im Orchestergraben (°). Der Aufführung wohnen u.a. Prinzessin Amalie und (°a) Josef Schalk bei. Danach läßt Levi für Bruckner dreimal die Trauermusik aus dem Adagio der 7. Symphonie spielen.

Kritik in der »Presse« Nr. 69 auf S. 11 zum Konzert vom 22.2.1885 (»Mitternacht« [WAB 80]):
      » - Unter den vielen Concerten, welche die letzten Wochen gebracht, mag noch des einen nachträglich gedacht werden, das sich durch sein interessantes Programm günstig bemerkbar machte. Es ist dies das Concert des Akademischen Gesangvereins, das im großen Musikvereinssaale unter Weinwurm's Leitung abgehalten wurde und dem Verein und dessen Dirigenten für die vorzügliche Durchführung den lebhaftesten Beifall eintrug. [...] [Heubergers Chor] erscheint im Ganzen aber doch etwas gesucht. Fast das gleiche ließe sich von dem Eingangschor "Um Mitternacht" von Bruckner sagen. [... Lob für die Solisten ...]« [keine Signatur] (°°).

(°°°) Das Konzert vom 8.3.1885 (Aufführung des Quintetts in Linz) wird von der Linzer Zeitung auf S. 260 besprochen:
           »Concert Hellmesberger.
    Man wird es begreiflich finden, wenn wir bei Besprechung des am Sonntag stattgefundenen Concertes "Hellmesberger und Söhne" über die Köpfe der Quartettisten hinweg uns sofort Anton Bruckner zuwenden, aus dessen F-dur=Quintett drei Sätze - leider nur drei - in vollendeter Weise gespielt wurden. [... die Symphonien in Linz wohl auch zukünftig ein »Buch mit sieben Siegeln« ... das Quintett hat gefallen, am meisten das Adagio, der erste Satz ähnele der schweifenden Phantasie eines Organisten, der abrupt schließen müsse ... kurze Bemerkungen zu den anderen Stücken ...] Daß Herr Director Hellmesberger von dem zahlreich anwesenden Publicum mit lautestem Beifalle ausgezeichnet wurde, brauchen wir wohl kaum zu erwähnen. K.« [? Kopie am Rand unvollständig] (°°°).

(#) Kritik der Linzer Tages-Post Nr. 57 auf S. 4:
           »Concert Hellmesberger.
    [signiert Δ (Symbol »gleichseitiges Dreieck« oder Delta)] Eine Production so hervorragender Künstler, wie sie das Quartett Hellmesberger bekanntlich in sich vereinigt, ist für Linz stets ein musikalisches Ereignis [... über Mozart ...]
     Auf Bruckners Quintett in F-dur, von welchem uns leider der letzte Satz vorenthalten wurde, war das Interesse des Publicums lebhaft gespannt. [... im Inland habe sich Bruckner noch nicht durchsetzen können ... anspruchsvolle Werke würden nur durch eine ausgezeichnete Wiedergabe wie der diesmaligen genießbar ... über Bruckners Eigenarten, seine Meisterschaft und sein Ideenreichtum ... Adagio als zweiter Satz gespielt ...] Dieser Theil des Quintetts steht den schönsten Adagios Beethovens unserer Meinung nach ebenbürtig zur Seite.
    Die Zuhörerschaft brachte, wie erwähnt, der Composition das wärmste Interesse entgegen und gab ihrem Wohlgefallen durch lauten Beifall nach jedem Satze Ausdruck.
     [... exzellenter Cellist ... das Publikum verlangte eine Tarantella] stürmisch zu [sic] Wiederholung, welchem Verlangen Herr Hellmesberger auch Folge leistete.«
[keine Namenssignatur] (#).

(##) Kritik zum Quintett im Linzer Volksblatt Nr. 57 auf S. 3:
    » - Das Concert Hellmesberger, das am verflossenen Sonntag abends im hiesigen Redoutensaale gehalten wurde, war von einem äußerst zahlreichen und sehr distinguirten Publicum besucht. Der hiebei gebotene Genuß war aber auch eines solchen Besuches werth. [... über Mozart, den großartigen Cellisten, den Knaben Winternitz ...] Die künstlerische Perle des ganzen Concertes war indessen die letzte Nummer: Anton Bruckner's Quintett und in diesem selber wieder das Adagio. [... am Ende des Abends habe der Hörer jedoch nicht mehr die geistige Spannkraft zur vollen Würdigung eines so erhabenen Kunstwerks, Lob für Hellmesberger ...]; wir glauben, Linz habe am verflossenen Sonntag hinlänglich bewiesen, daß es die Ehre eines solchen Besuches zu schätzen wisse.« [keine Signatur] (##).

Die Münchner Neuesten Nachrichten melden in einer kurzen Notiz den gestrigen Erfolg der 7. Symphonie (###).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188503115, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188503115
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11