zurück 1.3.1888, Donnerstag ID: 188803015

Besprechung des Wagner-Verein-Konzerts mit dem Kyrie der f-moll-Messe [am 18.2.1888] in der Wiener Zeitung Nr. 50, Wiener Abendpost S. 1f, signiert "dr. h. p." [Hans Paumgartner]:
"             Concerte.
                      
II.
     Herr Gustav Walter veranstaltete einen zweiten Liederabend [...].     Im dritten internen Musikabende des Wiener akademischen Wagner=Vereines war des Interessanten und Bedeutenden genug. [... die Damen Frl. Forster, Ullrich-Linde und Parger, Ferdinand Jäger, Ferdinand Löwe ...]. Der chorische Theil des Programmes brachte das herrliche Kyrie aus Bruckners F-moll-Messe, den Liszt'schen Schnitterchor [... Beethoven ...]. Sämmtliche Chornummern wurden ausgezeichnet vom Vereinschore unter der vorzüglichen Leitung des Dirigenten Herrn Joseph Schalk gesungen.
     [... weitere Konzerte ...].     dr. h. p." (*).

Vom selben Konzert berichtet auch die Musikalische Rundschau Nr. 16 auf S. 165:
     "Von Wien (Erster interner Musikabend des Wiener akademischen Wagner-Vereines)
     [...] Herr Prof. Josef Schalk [...] that sich rühmlich hervor in Anton Bruckner's weihevollem Kyrie aus der f-moll-Messe, [...]" (**).
Notiz über die Aufführung der 7. Symphonie in Mannheim [20.10.1887] auf S. 168:
    "Kleine Mittheilungen und Berichte
    (Mannheim) In den in Mannheim unter der Leitung des I. Hof-Capellmeisters Emil Paur von October bis Februar stattgehabten fünf Akademieconcerten des Hoftheaterorchesters wurden folgende Werke zur erstmaligen Aufführung gebracht: [...] Bruckner, Symphonie Nr. 7 [...]" (***),
und auf S. 172 weist ein Inserat auf die bei Wetzler erschienenen Kirchenchöre »Antiphon« [»Tota pulchra es«] und »Ave Maria« [WAB 6] hin:
"Verlag von
Em. Wetzler (Jul. Engelmann) in Wien.
Ant. Bruckner,
Zwei Kirchenchöre.
Nr. 1. "Antiphon" f. gemischt. Chor u. Orgel. Part. u Stimmen Mk. 1.25.
   „  2. "Ave Maria" für Sopran, Alt I/II, Tenor I/II und Bass I/II. Part. und Stimmen Mk. 1.-." (°).

Im Musikalischen Wochenblatt Nr. 10 erscheint auf S. 116f ein Artikel Theodor Helms »Musikbrief Wien« über das Konzert vom 22.1.1888 (mit 4. Symphonie und »Te deum«):
                          "Wien.
               (Schluss.)
     Unter den Gesangsvirtuosinnen [... über Lieder- und Klavierabende, das großartige Wagner-Konzert des Wagner-Vereins ...] Das Wagner-Concert am 29. Januar war mit Rücksicht auf die ungünstige Faschingszeit ganz gut besucht, geradezu überfüllt das eine Woche zuvor veranstaltete Bruckner-Concert. Eigentlich eine Feier des Triumphes für den greisen Tondichter, welcher von einer gehässigen Clique in Wien nach wie vor als nicht existirend betrachtet wird: in der "Neuen freien Presse" z. B. stand kein Sterbenswörtchen über das Bruckner-Concert, obgleich dasselbe einen geradezu sensationellen Erfolg hatte und zu den am stärksten Applaudirenden unsere kunstsinnige Kronprinzessin Stephanie gehörte, die dem ihr bisher gänzlich unbekannten Componisten ausdrücklich zu seinem Triumphe gratuliren liess.
     Das Programm des Bruckner-Concertes bot, wie schon erwähnt, nur zwei Werke des Tondichters, aber zu den interessantesten und bedeutendsten gehörige: [... über die Symphonie ... es ist hinzuzufügen], dass die zweite Aufführung der Symphonie auf uns weit packender und zum Theil auch überzeugender wirkte. [...] Wie schon im Jahre 1881, erschien uns auch diesmal die Coda, der letzte Anhang des Finales, als die Krone der ganzen Symphonie; nicht recht aus dem Vorangegangenen motivirt, gehört dieser Schluss an und für sich zu dem Erhabensten der modernen Musik.
     Nur ist diese Erhabenheit viel weniger eine symphonistische, als eine dramatische, wieder drängt sich uns die bereits vor sieben Jahren geschilderte Vorstellung auf: dass bei dem letzten Takt der Bruckner'schen Esdur-Symphonie der Vorhang über eine der grossartigsten Tragödien niedergehen könnte, ein Eindruck, welchen Viele auch vom Adagio der siebenten, der E dur-Symphonie des Componisten, empfangen zu haben behaupteten.
    Bruckner's "Te Deum" hat schon bei der ersten Aufführung in einem Gesellschaftconcerte des Jahres 1886 aus manchem das Schaffen des Künstlers bisher heftig anfeindenden Saulus einen begeisterten Paulus gemacht. Professor Anton Door sprach damals das geflügelte Wort: "Das ist der deutsche Berlioz, nur dass ihm auch musikalisch immer Etwas einfällt." [... das Te Deum sei fester, weniger schweifend als die Symphonien ... schwungvolle Schlußfuge ... glückliche formelle Gestaltung ... unverständlich sei Riemanns Bemerkung in seinem Musiklexikon:] Den Tongebilden Bruckner's fehle die - Seele. Dass man Bruckner'scher Musik mitunter, ja nur zu oft die Logik, das künstlerische Maass absprechen könne, ist leider vollkommen richtig, aber die Seele, die Empfindung? [... in diesem Punkt stimme er nicht mit Riemann überein, mit dem er sich sonst bei vielen Komponisten verstehe], in der Hauptsache auch über Brahms: mit Einem Wort, über fast alle Tonmeister, die er in seinem Lexikon so treffend individuell charakterisirt.
      Dr. Theodor Helm." (°°).

Kalendernotiz Bruckners: »1.3. Fr Kath für März 7 fl« (°°°).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188803015, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188803015
letzte Änderung: Dez 22, 2023, 9:09