Das Fremdenblatt Nr. 97 schreibt auf S. 6 über eine Aufführung der 4. Symphonie [22.1.1888], zu der Josef Schalk ein überschwängliches Programm verfaßt habe:
»Verschollene Konzerte.
Eigentlich ist jedes Konzert, welches stattgefunden, ein verschollenes Konzert; es ist in alle Lüfte gegangen und nichts ist davon zurückgeblieben, als ein guter oder schlechter Eindruck im Gemüthe der Hörer, der gleichfalls mit der Zeit verschwebt. [... über das Konzert mit Wagners C-Dur-Symphonie ...] Uebrigens gab es unter den Hörern nicht Wenige, die auch diesen Wagner in Windeln bewunderten.
Gleichfalls eine "Musik=Aufführung" hat Anton Bruckner veranstaltet, der bekanntlich ein frommer Wagner=Gläubiger ist. Aufgeführt wurde Bruckner's vierte Symphonie, von ihm die romantische genannt. Er hat sie nach der ersten Wiener Aufführung leise überarbeitet und ihr mehr Logik und Halt gegeben. Neben hochstrebenden Gedanken, kühnen Uebergängen und mystischen Anwandlungen findet man ganze Nester voll zwitschender Gemüthlichkeit in dieser Symphonie. Es ist der Oberösterreicher, der "Linzer Bua", der sich von Herzen Luft macht in dem lustigen Scherzo. Josef Schalk hat zu Bruckner's Symphonie ein überschwängliches Programm verfaßt, worin vom "Innewerden des Unendlichen und Ewigen" und von anderen blauen Dingen die Rede ist. Da gefällt uns Bruckner's eigenes Programm viel besser. In einer Gesellschaft von Freunden wurde er aufgefordert, das Programm seiner Symphonie zu entwickeln, was er denn mit jener Mischung von Ernst und Schalkhaftigkeit, die in seinem Wesen liegt, auch sofort that. "Im ersten Satz," sagte Bruckner, "wird von der Linzer Stadtkirche das neue Jahr angeblasen. Im zweiten will ein verliebter Bursch fensterln geh'n, wird aber von dem Mädchen nicht eingelassen. Der dritte stellt eine Hasenjagd vor, und im vierten - ja da weiß ich selbst nicht mehr, was ich dabei gedacht habe ..." Ist das nicht allerliebst, ein naives Bekenntniß und zugleich eine Satire? In Bruckner's Worten, wie in seinen Werken liegt Genialität. [... über Konzerte der Philharmoniker, des Singvereins, Sophie Menters und andere Klavierabende ...]« [Signatur in der Kopie nicht erkennbar, vermutlich auf S. 7] (*).
Der Tagesbote aus Mähren und Schlesien Nr. 81 bringt auf S. 12 [eigentlich S. 6?] ein Inserat zum Konzert in Brünn am 13.4.1888 (mit dem »Te deum«):
"Freitag den 13. April, 7 1/2 Uhr Abends
findet im [/] städt. Redoutensaale [/] das II. diesjährige ordentliche [/] CONCERT [/] des [/] Brünner Musikvereins [/] unter gefälliger Mitwirkung der Opernsängerin [/] Frl. Sophie Kollar [/] vom hiesigen Stadttheater [/] und unter Leitung des artistischen Directors Herrn Otto Kitzler [/] statt.
Programm:
1. Anton Bruckner: Te Deum, für Chor, Soli und Orchester (neu).
Sopran im Soloquartett: Fräulein Sophie Kollar.
[... Haydn, Arie aus der "Schöpfung" ... Beethoven, 7. Sinfonie ... über den Kartenverkauf... ]
Die Generalprobe findet am Donnerstag den 12. April Abends 5 Uhr statt und kostet der Eintritt per Person 40 kr. [...]." (**).
Klavieraufführung des 1. und 3. Satzes der 4. Symphonie [nicht in einer Übertragung für 2 Klaviere durch Josef Schalk! vgl. 10.4.1888] durch Josef Schalk (Scherzo) und Ferdinand Löwe (1. Satz) im 2. Vortragsabend des Linzer Wagner-Vereins im landschaftlichen Redoutensaal in Linz (***).
Unter den Mitwirkenden sind außerdem die Herren Poscher, A. Horzeyschy, Fr. Ruckensteiner, Theodor Schmidt und Gartenauer und Frau Schmidt-Allizar (°).
Zitierhinweis:
Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188804075, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188804075letzte Änderung: Dez 02, 2024, 23:23