zurück 31.7.1890, Donnerstag ID: 189007315

In Ischl Hochzeit der Kaisertochter Erzherzogin Marie Valerie mit Erzherzog Franz Salvator. Bruckner verwendet in seiner Orgelimprovisation die Themen des Händelschen »Halleluja« und des Kaiserlieds.
    Sein Spiel hören u.a. Bischof Doppelbauer (*), der zusammen mit Laurenz Mayer die Trauung vornahm (*a), Hofkaplan Cecconi und Pfr. Weinmayr (*c), Prinzessin Amélie (*b), 
weitere Trauungsgäste - die Erzherzoge Ludwig Victor, Karl Ludwig, Franz Ferdinand, Wilhelm, Heinrich, Sigismund, Josef, Josef August, Ladislaus Philipp, Ernst, Karl Salvator und Albrecht Salvator, die Erzherzoginnen Maria Theresia, Clotilde, Maria Dorothea, Marie Immaculata, Carolina und Elisabeth Marie, Freiherr von Wimpffen, Kronprinzessin Stephanie, Graf Taaffe, Prinz Leopold und Prinzessin Gisela von Bayern, die Prinzessinnen Elisabeth und Augusta, die Prinzen Georg und Conrad von Bayern, Herzog Adolf von Nassau, Herzog Karl Theodor, die Herzoginnen Maria Josefa und Amalia in Bayern, Herzog von Cumberland, Prinzessin Mary von Hannover, Herzogin Maria Theresia von Württemberg, Herzog Robert von W. und Herzogin Isabella von Württemberg, weitere Adelsangehörige (*c) - und vermutlich weitere Hochzeitsgäste (z.B. Freiherr von Perfall) (*d) 
und wohl auch Löwe, Nikisch und Josef Schalk (**).
    Nach der Messe wird Bruckner dem Herzog von Hannover vorgestellt (***).

Bei der Festtafel spricht der Kaiser über das Orgelspiel und mit Hohenlohe über Bruckners Bedeutung als Symphoniker, was er von München her [Amalie] wisse; eine Symphonie sei ihm gewidmet. Der Bruder des Kaisers, Ludwig Viktor, will sich für Bruckner einsetzen (°).
    Der Kaiser ermuntert Bruckner, reichlich zu essen (°°).
    Bruckners Neffe Theodor Hueber, der von Mayfeld Urlaub erhalten hatte, erlangt durch Bruckners Vermittlung Zutritt zum Festsaal (°°°).

Bruckner erhält 100 Dukaten Honorar (a).

Brief von J. N. Fuchs an den Orchesterdiener Josef Stiegler:
     Ein Japaner, Dr. Shohé Tanaka, wolle am Samstag [2.8.1890] ein neues Instrument »Enharmonium« vorführen. Stiegler möge bei Hans Richter, Bachrich, Baumgärtel und Czermak anfragen, ob Interesse an dieser Vorführung bestehe. Er, Fuchs, sei nachmittags bei Winkelmann in Mauer (b).

In einem mit »J. C.« [vermutlich: Josef Czerny] signierten Feuilleton des Deutschen Volksblatts Nr. 566; S. 1-3, wird auf S. 3 Bruckner erwähnt:
   "Franz Liszt's "Symphonische Dichtungen". [... zuletzt über die Dante-Symphonie am 23.3.1890, antisemitisches Zitat aus der Kritik eines Freundes [Göllerich?] ...] Ein Blick auf den größten Theil des Publikums der philharmonischen Concerte klärt freilich den Staunenden darüber auf; denn so lange eben die Bundeslade in der heiligen Gralsburg deutscher Musik thront, können wir wohl kaum eine gebührende Pflege Liszt'scher Schöpfungen, ebensowenig wie derjenigen des größten lebenden Meisters der Symphonie, Anton Bruckner's, erwarten. Wagner's Kunst hat gesiegt, hoffen wir am Todestage Liszt's, daß auch die Zeit seines, wie Bruckner's, Triumphes nicht gar ferne ist. Nochmals, wir wollen hoffen!        J. C." (c).

[recte vermutlich 2.8.1890] Im Bericht des Welser Anzeigers Nr. 31, S. 3, über die Vermählungsfeier in Ischl wird auch Bruckner genannt (d).

"Die Presse" Nr. 209 berichtet auf S. 1f von den heutigen Ereignissen:
"Die Vermälung der Erzherzogin Marie Valerie.
     (Telegramme unseres Special=Berichterstatters.)
                         Ischl, 31. Juli.
     Ischl, 31. Juli. in einem leichten Nebelschleier [... Kapitel: Das Straßenbild. In der kaiserlichen Villa. Die Fahrt zur Kirche. ...]
               Die Trauung.
     [... über die Kleider ... Einzug ...]
     Die hehren Klänge der Orgel, die Bruckner's Meisterhand dem schönen Instrumente entlockte, mit welchen der Hof bei seinem Eintritt in die Kirche empfangen worden war, verhallten allmälig und tiefe Stille trat ein. [... Ausstattung der Kirche ... Zeremonie ... der Pontificant] blieb dann mit der Geistlichkeit stehen, während der Hof unter den abermaligen Klängen der Orgel die Kirche verließ. Hoforganist Bruckner improvisirte einen ungemein wirkungsvollen Schlußsatz, in den er die Volkshymne einfügte. [... Auszug ... Das Dejeuner. ... Berichte aus anderen Ortschaften ...]" (e).

Fast so ausführlich auch der Bericht in der Neuen Freien Presse Nr. 9316 auf S. 2 des Abendblatts:
"Die Vermälung der Erzherzogin Marie Valerie.
    
(Telegramm der "Neuen Freien Presse".)
                         Ischl, 31. Juli.
     Wol noch nie ist die Vermälung einer Kaiserstochter mit weniger Prunk und Gepränge gefeiert worden [...]
     Das gegen Eintrittskarten in die Kirche eingelassene Publicum bestand zumeist aus Damen in eleganten Toiletten. [... Auflistung der Anwesenden ...]
     Auf der Orgel erbrauste die Kaiserfuge, von Professor Bruckner gespielt, als der Brautzug sich aufstellte. [... Zeremonie ...] Die Hochrufe des draußen versammelten Publicums drangen bis ins Innere der Kirche und übertönten die Klänge der Orgel, auf der Bruckner das Thema der Volkshymne variirte und zuletzt in das Hallelujah Händel's überging. [...]." (f).

Ebenfalls umfangreich berichtet das Neue Wiener Abendblatt Nr. 209 auf S. 1f [= Neues Wiener Tagblatt]:
     "Die Hochzeitsfeier in Ischl.
     (Telegramme unseres Spezial=Berichterstatters.)
                         Am Morgen.
     So zeitlich am Morgen wie heute ist es in Ischl, wo die Sommerfrischler spät schlafen zu gehen pflegen, noch niemals lebendig gewesen. [...] Während der Zug in die Kirche trat, spielte der Hoforganist Professor Bruckner, der auf besonderen Wunsch der Erzherzogin=Braut hieherberufen wurde, die von ihm komponirte Kaiserfuge. [... Zeremonie ...] Das Kaiserpaar erhob sich nun und verließ mit den übrigen Mitgliedern der kaiserlichen Familie unter Orgelklängen die Kirche. [...]" (g).

Sehr ausführlich informiert auch die Wiener Abendpost Nr. 175 auf S. 1f (= Wiener Zeitung):
"Die Vermählungsfeier in Ischl.
                     Wien, 31. Juli.
     Die gesammte Bevölkerung der österreichisch=ungarischen Monarchie blickt heute mit Liebe und inniger Verehrung nach dem herrlichen oberösterreichischen Alpen=Kurorte [...]
      [...] Ihre Majestäten so wie die durchlauchtigsten Eltern des Bräutigams begaben Sich unter Glockengeläute so wie unter den Klängen der Orgel zu den auf der Evangeliumseite hergerichteten Plätzen. [... Kleidung ... Zeremonie ... Auszug aus der Kirche ...]
     Ischl, 31. Juli. Während die Allerhöchsten und höchsten Herrschaften die Kirche verließen, ertönten wieder Orgelklänge. Der Hoforganist Bruckner executirte in ergreifender Weise ein fugirtes Thema mit eingeflochtenen Variationen der Volkshymne. [...]" (h).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189007315, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189007315
letzte Änderung: Feb 27, 2024, 9:09