zurück 1.4.1892, Freitag ID: 189204015

Besprechung des Konzerts vom 27.3.1892 (mit dem »Ave Maria« [WAB 6]) im Illustrierten Wiener Extrablatt Nr. 92 auf S. 7, signiert "k. st." [Königstein]:
"           Concerte.
[..] 
     Am Sonntag Mittags producirte sich der Akademische Gesangverein mit einem Programme in drei Abtheilungen. Die erste, von dem trefflichen Chormeister des Vereines, Herrn Raoul Mader, dirigirte, enthielt fünf Chöre: [... Beethoven, Schubert/Heuberger, Richard Wagner ...], ein formschönes, achtstimmiges "Ave Maria" für gemischten Chor von Ant. Bruckner und Ed. Grieg's seltsam anmuthende "Landkennung", [... über die zwei anderen Programmabschnitte ... und weitere Konzerte ...]     k. st." (*).

Das Wiener Tagblatt Nr. 92 veröffentlicht auf S. 6 einen Brief Hans Richters, in dem Bruckner erwähnt wird:
"            Ein Brief Hans Richter's. 
     Von dem Dirigenten der Philharmonischen Konzerte, Herrn Hofkapellmeister Hans Richter, erhalten wir nachfolgende Zuschrift über einige Bemerkungen, die in unserer letzten Kritik der Philharmonischen Konzerte enthalten waren.
     Geehrter Herr Redakteur!
[...]
In dem am 21. d. M. erschienenen Referate über das VII. Philharmonische Konzert, welches den sehr geehrten Herrn Musikreferenten Rich. Heuberger zum Verfasser hat, sind so irrthümliche Meinungen ausgesprochen, daß ich [...] mich [...] zu einer Richtigstellung derselben und gleichzeitigen Zurückweisung einer Schuld verpflichtet fühle, welche irrthümlicherweise den Mitgliedern zugemuthet wird.
[... die Solisten seien immer in der Wahl ihres Solostückes frei, Pirani habe ich für seine Venezianischen Szenen entschieden ...]
     Ein Irrthum wäre es, zu glauben, daß während der 17 Jahre, als ich die Ehre habe, Dirigent der Philharmonischen Konzerte zu sein, Werke von Brahms, Bruckner, Dvorzak [sic], Fuchs, Goldmark durch Abstimmung abgelehnt wurden, weil ich Werke dieser Meister überhaupt zu keiner Abstimmung gelangen lasse. [... ein Ablehnung bewahre zudem schwächere Werke vor einer Blamage ... die Novitätenprobe hätten einen eminenten Nutzen und würden beibehalten ...]
Hans Richter, | Dirigent der Philharmonischen Konzerte".

Direkt anschließend eine Stellungnahme Heubergers:
      Die Philharmoniker hätten den mittelmäßigen Pianisten Pirani gar nicht einladen sollen ... Richters Behauptung gelte nur für die letzten Jahre, und Brahms nicht der Abstimmung durch das Orchester auszusetzen, sei ein Verdienst Dessoffs - Richter selbst habe Mühe gehabt, dessen erste Symphonie durchzusetzen ... "Würden die Mitglieder des Orchesters "über den Werth eines wirklich bedeutenden Werkes" immer im Klaren sein, so ginge Manches ohne Demission und ohne Mühe ab. Symphonien von Bruckner wurden meistens abgelehnt, bis endlich 1881 Hans Richter die vierte (romantische) Symphonie aufführte. [... Goldmark, Robert Fuchs, Tschaikowsky und Richard Strauss als weitere Beispiele ...] Wäre der Usus - wie Herr Richter behauptet - so gut, daß man ihn gar nicht besser machen kann, so wäre dieser berühmte Dirigent nie in die Lage gekommen, das Gewicht seiner bedeutenden Persönlichkeit zu Gunsten eines Werkes in die Wagschale werfen zu müssen. [...] Zum Schlusse gebe ich dem lebhaften Wunsche Ausdruck, Herr Richter möge den Versuch wagen, an Stelle des sehr anfechtbaren Usus der Novitätenproben einen anderen Modus zu setzen; er wäre vermöge seiner Fähigkeiten, Kenntnisse und Autorität der Mann dazu.
          Richard Heuberger." (**).

[zur Datierung: Auf der letzten Seite (S. 88) ist vermerkt "Der "Kyffhäuser" erscheint am 1. jeden Monats."]
Im April-Heft der in Wien erscheinenden Zeitschrift "Der Kyffhäuser" wird in einem Artikel Göllerichs (S. 79 - 81) auf S. 81 kurz auch Bruckner erwähnt:
"          Eine neue deutsche Oper.
     ("Heilmar, der Narr" von Wilhelm Kienzl.)

        Erste Aufführung am Hoftheater in München, 8. März.
     Vor zehn Jahren noch bewitzelt, ist Wagner's Kunst = und Lebenswerk heute plötzlich so modern geworden [... über die Nachäfferei, Talentlosigkeit etc. ... Kienzl als das Gegenbeispiel eines "Eigenen" ... über das Werk (Text, Musik) und den zu wünschenden Erfolg ...]
     [... Plädoyer für Johann Strauß als (deutscher!) Opernkomponist ...] Sein ganzes musikalisches Können, welches ihn heute als genußfreudigen Erdensohn neben Anton Bruckner, dem großen Fremdling auf Erden, zum größten lebenden Musiker erhebt, mußte also statt es zu fördern, übersehen und in Gefahr heimischen Gelingens nach einem ausländischen Retter gespäht werden. Den ersah man nun in Massenet, einem nur geistreichen Pariser, [... die Intendanten suchen im Ausland, obwohl deutsche Werke so nahe lägen ... Eindruck der "Productions=Dürre" deutscher Musiker entsteht so ...]
     O du beklagenswerther deutscher Componist, der Du nur und noch deutsch bist! Schere Dich nicht um Kritik – componire ruhig weiter, lasse immerhin Deine Schwingen walten, bleibe Dir treu, wie Heilmar!    August Göllerich." (***).

Auf S. 88 wird das Konzert vom 27.3.1892 besprochen (signiert "-s."):
"              Von deutschen Hochschulen.
[...]
      Concert des Wiener akademischen Gesangvereines in Wien. Das diesjährige Concert des Wiener akademischen Gesangvereines fand Sonntag, den 27. März, Mittags im großen Musikvereinssaale statt. [... glückliche Programmzusammenstellung, mit Orchester ein finanzielles Wagnis, aber ausverkauft ...]
     [... erste Abteilung mit Werken der "ersten Meister" (Beethoven, Schubert, Richard Wagner ...]; Bruckner "Ave Maria", wie es im Programme hieß: achtstimmiger, in Wirklichkeit aber neun= und zehnstimmiger gemischter Chor von unvergleichlicher Klangwirkung. Endlich unseres nordischen Meisters Grieg "Landkennung" [... Mitwirkende: Franz Neidl, Henriette Standthartner, Schittenhelm ... Lob für die Werke Zichys (vgl. Puchsteins Verriss vom 29.3.1892!) und Raoul Mader ...]. Daß über die mitwirkenden Solisten, sowie über das Hofopern=Orchester nur das Beste zu sagen ist, ist selbstverständlich.        -s." (°).

"Die Lyra" Nr. 13 (409) kündigt auf S. 5 (117) das Konzert vom 24.7.1892 an:
"          Jeschken-Isergau-Sängerbund.
          Liebwerthe Sangesbrüder! (Bundesamtlich).
     Die gefertigte Bundeszeitung erlaubt sich [... Versammlung 3.4.1892 in Reichenberg, TOPs: u. a. Gründungsfest am 24. Juli ...] Zur Aufführung wird folgende Vortragsordnung vorgeschlagen: 1. Abtheilung: 1. Orchesternummer [... 2. - 5. ...] 2. Abtheilung: [... 1. - 3. ...] 4. "Germanenzug", Männerchor mit Soloquartett und Harmoniebegleitung von Anton Bruckner. 5. Orchesternummer [... Probenvorbereitung, Gesamtleitung J. Schmidt ...].
          Reichenberg, 16. März 1892.
         Anton Krause                     Jos. Vitzau [Bitzau?]
     Bundesschriftführer.           Bundesobmann." (°°).

Die Neue Freie Presse Nr. 9915 berichtet auf S. 2 des Abendblatts (signiert "-n-") von der heutigen [sic] Eröffnung der Kunstausstellung [mit der Bruckner-Büste IKO 55]:
     "Eröffnung der Jahresausstellung im Künstlerhause.
                                                         Wien, 1. April.
     Bei prächtigem Frühlingswettter und weit lebhafterer Theilnahme des Publicums als in den Vorjahren hat heute Vormittags die Eröffnung der XXI. Jahresausstellung im Künstlerhause durch den Kaiser stattgefunden. [...Prominenz, Julius Payers Bild "Nie zurück" von der Nordpol-Expedition, über 1000 Nummern, bedeutende Gemälde, Porträts ...]
     Auch in der plastischen Abtheilung finden wir eine ganze Reihe von bemerkenswerthen Porträts, so neben der durch monumentale Auffassung ausgezeichneten Büste Ibsen's von Helmer jene des Componisten Bruckner von Tilgner und von der Gräfin Taaffe von Kassin [... etc., Genrebilder, Stilleben, Plastiken ...]         -n- " (°°°).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189204015, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189204015
letzte Änderung: Feb 21, 2023, 11:11