zurück 1.7.1892, Freitag ID: 189207015

Nach vorangegangenen Verhandlungen mit dem Verleger Josef Eberle und dessen Schwiegersohn Josef Stritzko (*) erhält Bruckner einen Kostenvoranschlag für den Druck der 1. Symphonie. Bruckner möge den Vertrag unterschreiben und durch Oberleithner zurücksenden oder bei sich abholen lassen (**).

Max Dietz berichtet in der Allgemeinen Kunst-Chronik Nr. 14 auf S. 337f über die Aufführung der 4. Symphonie [am 15.6.1892]:
"              Ausstellungskonzerte.
      Am Ausstellungsplatz hat zunächst das Konzert des Wiener akademischen Wagner-Vereines eines größeren Zulaufs sich erfreut. Anfang und Ende desselben waren dem Bayreuther Meister gewidmet. [...] Dazwischen bekam man das humoristisch angehauchte Gaudeamus igitur von Franz Liszt und Anton Bruckner's romantische Symphonie in Es zu hören. Selbstverständlich hatten sich, wie immer bei ähnlichen Gelegenheiten, die Getreuen des ehemaligen Stiftsorganisten von St. Florian eingefunden, um seine an kühnen und gewagten Zügen reiche Tonschöpfung endlos zu bejubeln. Die Symphonie ist trotz ihrer verfänglichen Benennung sicherer gefügt als manch andere dieses gerne bizarren Eingebungen folgenden, nur zu häufig schrullenhaften Meisters. Den Siedepunkt erreichten die stürmischen Ovationen, als Frau Fürstin Pauline Metternich dem Jubelgreis einen riesigen Lorbeerkranz in die zitternde Hand drückte. Kapellmeister Schalk hat ein nettes Pröbchen von gedächtniskünstlerischer Fertigkeit geliefert, indem er die überschwierige Partitur auswendig dirigirte. [... über Hugo Wolfs "Das Fest auf Solhaug" ... Symphonie von Cowen ... Amsterdamer A Capella-Chor unter Daniel de Lange "meisterhaft" ... Signatur auf S. 338:] Dr. Max Dietz."(***).


Eine Kurzkritik zu diesem Konzert erscheint auch in der "Lyra" XV, Nr. 19 (415) auf S. 165 [= S. 3]:
"     Der akademische Wagnerverein erzielte am 16. Juni [sic] in der Tonhalle im Prater mit seinem 1. Ausstelllungsconcerte unter Professor Schalks Leitung einen guten Erfolg und viel Beifall. Von den neuen Nummern sind zu nennen Liszts geist- und kunstvolle Humoreske über das „Gaudeamus” und Hugo Wolfs Musik zu dem Ibsen=Drama „Das Fest von Solhaug”. Den Haupterfolg machte A. Bruckners „Romantische Symphonie Nr. 4” (Es-dur) dieses fantasievolle Werk. Es wurde trefflich geleitet und gediegen gespielt, und Meister Bruckner wurde wiederholt hervorgestürmt, mit einem festlichen Orchestertusch und einem Kranze geehrt; ein zweiter Kranz wurde auch dem Dirigenten Prof. Schalk zu theil." (°).

Das Deutsche Volksblatt Nr. 1254 meldet die erfolgreiche Aufführung des »Te deum« am 26.5.1892 in Cincinnati:
"        Anton Bruckner's "Tedeum" in Amerika.
     Meister Bruckner's Werke treten allmälig die Reise um den Erdball an. Europa wird ihnen zu klein und schon suchen sie sich Bewunderer und Verehrer im fernen Amerika. So fand am 26. Mai eine glänzende Aufführung des "Tedeums" in Cincinatti [sic] statt. Bei dem Concerte, das vom Musikdirector Thomas geleitet wurde, wirkte die imposante Zahl von 125 Musikern und 800 Sängern mit und fand das gigantische Werk eine stürmisch begeisterte Aufnahme. In einem angesehenen amerikanischen Blatte lesen wir darüber unter Anderem: "Bruckner's "Tedeum" ist ein Werk von so ungewöhnlichem Charakter, daß man darüber fast ein Buch schreiben könnte. Von der ersten bis letzten Note zeigt der Componist eine geradezu titanische Kraft der Phantasie und von seltener Originalität." Derselbe Kritiker hebt dann noch den großartigen Aufbau und die außerordentlich packende Wirkung hervor. – –
     Angesichts des gesteigerten Interesses, das dies Concert des Wagner=Vereines und die noch bevorstehenden Aufführungen der Bruckner'schen Symphonien den herrlichen Schöpfungen des Meisters erweckt haben, machen wir darauf aufmerksam, daß treffliche Clavierarrangements der 3., 4., 7. und 8. Symphonie (zu vier Händen) von ausgezeichneten Bearbeitern bereits erschienen sind, und daß die Herausgabe einer vierhändigen Bearbeitung der 1. Symphonie bevorsteht. Die 3. Symphonie erschien im Verlage von Rättig (Wallnerstraße), die 4. und 7. bei A. J. Gutmann und die 8. im Verlage von Haslinger (Tuchlauben). Wir können alle diese Bearbeitungen den Freunden der Werke zum Studium wärmstens empfehlen." (°°).

Die Internationale Musik- und Instrumenten-Zeitung Nr. 5 kündigt die Aufführung des »Germanenzugs« für den 3.7.1892 an:
"PROGRAMM UND LIEDERTEXTE | zum | VIII. BUNDESFEST in KREMS | am | Sonntag den 3. Juli 1892 | unter Mitwirkung der Musik-Kapelle des k. u. k. Infanterie-Regimentes Freiherr von Hess Nr. 49, der Kremser Veteranen-Kapelle und der St. Pöltener Stadt-Kapelle. | Chordirigenten: die Herren Bundes-Chormeister Eduard Kremser und Heinrich Cubasch. | Beginn der Musik-Vorträge um 4 Uhr, der Gesangs-Vorträge um 5 Uhr.
[... 4. Einzelvortrag des Wiener Männergesangvereins ...]
          5. "Germanenzug."
     Gesammt-Chor mit Orchesterbegleitung von Anton Bruckner.
Soli: "Wiener Männer-Gesang-Verein" und Männer-Gesang-Verein "Schubertbund".
Dirigent: Herr Bundes-Chormeister Eduard Kremser.
[   kompletter Text ...]
          Dr. August Silberstein
     6. Ermunterung. | Gesammt-Chor von Max von Weinzierl. | Dirigent: Herr Bundes-Chormeister . [...]" (°°°).

Bruckner findet sich auf S. 133 erwähnt in einem Artikel Josef Stolzings im Juli-Heft der Zeitschrift "Der Kyffhäuser", S. 131 - 133 (regulär am 1.7.1892, diesmal verspätet erschienen, da die erste Auflage beschlagnahmt worden war):
"Modernes Kunstjudenthum in Wien.
     Als ich vor einiger Zeit meinem Unmuthe über die Verjudung der Kunst in Wien allzu lebhaften Ausdruck gab, sagte ein mir sonst sehr lieber alter Freund zu mir beruhigend: "Worüber ereifern Sie sich denn so? – Es ist richtig, daß die Juden sich der deutschen Kunst bemächtigt, oder richtiger liebevoll angenommen haben, aber gereicht es nicht derselben zum Heile? [... "Der deutsche Künstler ist dem eigentlichen Volksgeiste nie nahe gekommen" ...]
     [... u. a. über die Sondersituation Wiens, die Opern Goldmarks, Spott über Goldschmidt, das jüdische Virtuosentum, jüdische Schauspieler, Vernachlässigung der deutschen Kunst an der Hofoper, Kommerz wichtiger als Kunst, Einfluss der Presse, Geistlosigkeit des Publikums ...]
     [zwischen dem deutschen Volk und der Kunst steht das Kunstjudentum ... ] Außerdem sorgt die Presse dafür, daß ihre Recensionen die deutsche Kunst in erbärmlichster Weise oft beschimpfen und dem Philister weismachen, Wagner's Musik sei langweilig, Bruckner schreibe lauter verrücktes Zeug, Lißt's Compositionen seine reine Stümpereien u. s. w.
     [... Richard Wagner über die Presse ... an der jüdischen Krankheit leide die Kunst; Widerstand gegen die Modekunst nötig ...] der deutsche Volkscharakter, der deutsche Geist sind in Gefahr! Mit dem Untergange der deutschen Kunst in Wien und dann in Oesterreich überhaupt ist auch das deutsche Volk verloren, denn Kunst und Volksthum sind untrennbar verbunden. Sowie wir in politischer Hinsicht nur ein Princip kennen dürfen, um deutsch zu bleiben, das nationale, so auch in der Kunst: "Dem modernen Kunstjudenthum die gewaltige deutsche Kunst entgegen zu stellen! Josef Stolzing." (#).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189207015, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189207015
letzte Änderung: Mai 01, 2023, 8:08