zurück 11.10.1893, Mittwoch ID: 189310115

Datumstempel der Firma Eberle auf einem Klavierauszug von »Helgoland«, den Hynais Ferdinand Foll widmete (*).

Die Linzer Zeitung berichtet auf S. 1235, auf Mitteilungen der Wiener Presse (Wiener Abendpost [9.10.1893], Vaterland [9.10.], Fremdenblatt [9.10.], Wiener Allgemeine Zeitung [10.10.1893], Neues Wiener Tagblatt) sich stützend, von der Aufführung von »Helgoland« am 8.10.1893:
„       Linzer und Kronlands=Nachrichten.
                           
Linz, 10. October.
[…]
     * (Dr. Anton Bruckners „Helgoland“.) Unser Landsmann Dr. Anton Bruckner hat den [sic] „Wiener Männergesangverein“ zu dessen 50jährigen Jubiläum eine Composition gewidmet, und zwar den Chor mit Orchesterbegleitung „Helgoland“ der bei dem Festconcerte des genannten Vereines am 8. d. zum erstenmale zur Aufführung gelangte. Wir haben schon gestern den großen Erfolg vermelden können, den diese Composition Bruckners erzielte; heute liegen uns die Urtheile mehrerer Wiener Blätter vor, von denen wir nachstehend einige verzeichnen. So äußert sich Dr. Hans Paumgarten [sic] in der „Wiener Abendpost“ 9.10.1893] . „. . . Außerdem gelangten von Chorwerken größeren Stiles (mit Orchester) noch ‚Phöbos Apollon‘ von Friedrich Gernsheim, ‚Helgoland‘ von Anton Bruckner und ‚Leonidas‘ von Max Bruch zur Aufführung. Aus diesen drei Werken ragt hoch der Bruckner'sche Chor heraus. Es ist eine mächtige dramatische Gestaltungskraft, eine große Kunst, zu stimmen und zu steigern in diesem Werke, so daß der überwältigende Eindruck desselben auf das Publicum – dasselbe rief mit stürmischem Beifalle wiederholt den Componisten hervor – wohl zu begreifen ist.“ – Der Referent des Vaterland“ [9.10.1893] bespricht zuerst die Compositionen von Gernsheim und Bruch, die trotz einzelner Schönheiten außer Stande seien, einen tieferen Eindruck zu machen, und fährt dann fort: „Wesentlich anders gestaltete sich die Aufnahme des Bruckner'schen Chores ‚Helgoland‘. Obwohl das Werk nicht sehr geschickt als sechste Nummer eingereiht war und mit der verminderten Aufnahmsfähigkeit des stark ermüdeten Publicums zu rechnen hatte, brach am Schlusse des Chores ein Sturm von Beifall los, und Bruckner mußte zum Danke inmitten der Sänger auf dem Podium erscheinen. Das Werk ist ein echtes Stück Bruckner'scher Kunst, genial und großartig in der Anlage, unerschöpflich in seinem Ideengehalte, überwältigend in der Verwendung der Kunstmittel. Das ungemein schwierige Werk wurde mit sichtlicher Begeisterung und bewundernswerter Sicherheit gesungen. Auch das Orchester löste seine nicht minder schwierige Aufgabe glänzend.“ – Im „Fremdenblatt“ [9-10.1893] lesen wir: „Der Widmungschor Anton Bruckners, die Composition eines altsächsischen Kriegsliedes auf Helgoland von August Silberstein, ist so ganz reckenhaft gedacht. Da werden die Sänger zu hühenhaften Kriegern; Donner und Blitz, Sturm und Wetter, Schwerter= und Schilderklang tobt in der Musik, Wagners ‚Nibelungen‘ sind harmlose Zwerge neben diesen Recken. Ob wohl ein zweiter Männerchor das Wunder zu vollbringen, diesen Chor zu bewältigen vermag? Anton Bruckner erschien mit tiefen Verbeugungen auf dem Podium nach dem Beifallssturme, der diesem musikalischen Orkane folgte; wer traute diesem ehrwürdigen Greise mit dem Senekakopfe [sic] diese Wildheit zu!“ – Die Wiener Allg. Ztg.“ [10.10.1893] schreibt! [sic] Den Mittelpunkt des Interesses bildete Bruckners ‚Helgoland‘, ein überaus lebendiges und farbenvolles Tonstück, das in jeder Wendung unverkennbar die Meisterhand des genialen Musikers aufweist. Der Eindruck des Werkes war mächtig; der Beifall spontan und rauschend.“ – Schließlich erwähnen wir noch die Aeußerung des Referenten des „Neuen Wiener Tagblatt“ [9.10.1893], derselbe bemerkt: „Nun folgte die groß angelegte Composition des Silberstein'schen Gedichtes ‚Helgoland‘. Die Dichtung schildert, wie die Römer dereinst Helgoland erobern wollten, wie die Bewohner der Rothen Insel sich zum Gebet zusammenscharten um die Gefahr abzuwenden, und wie dann ein brausender Sturm die feindlichen Schiffe verschlang. Die Composition hebt in großen Zügen an, das [sic] kräftig aufgebaute Cantus entspricht vollkommen den Intentionen des Dichters. Im Mittelsatz verliert sich der Componist einigermaßen in modulatorische Spitzfindigkeiten, und zum Schlusse spielt er sogar mit einem kleinen fugierten Satze. Dadurch wird die künstlerische Architektonik des Ganzen ein wenig beeinträchtigt. Nichtsdestoweniger wurde auch in diesem seinem neuesten Opus Anton Bruckner als der Contrapunktist geehrt und gefeiert.“ “ (**).

Die Neue Freie Presse Nr. 10466 meldet auf S. 8, daß "Helgoland" bei Doblinger im Verlag erschienen ist:
   " – Im Verlage der Musikalien=Handlung L. Doblinger (B. Herzmansky), Wien, erschienen soeben folgende Novitäten aus dem fünfzigjährigen Jubiläums=Feier des Wiener Männergesang=Vereins: Anton Bruckner, „Helgoland”, für Männerchor mit Orchester= oder Clavierbegleitung; Georg Valker, „Morgenständchen” für Männerchor." (***).

Der Berliner Börsen-Courier weist auf die Aufführung der 3. Symphonie am 16.10.1893 hin (°).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189310115, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189310115
letzte Änderung: Nov 06, 2023, 13:13