zurück 14.1.1894, Sonntag ID: 189401145

Die für diesen Tag geplante Aufführung der 2. Symphonie im 5. Philharmonischen Konzert unter Hans Richter wurde auf Bruckners Wunsch verschoben [siehe 25.11.1894] (*).
Tatsächlich kamen Werke von Cherubini, Liszt (Orpheus), Raff und Beethoven (7. Sinfonie) zur Aufführung (*a).

Die französische Zeitschrift »Monde artiste« meldet, daß Bruckner zu den Aufführungen der 7. Symphonie, des »Te deum« und des Quintetts nach Berlin gekommen sei (**).

Artikel »Bruckner in Berlin« (ausführliche Besprechung der Konzerte vom 6.1.1894 und 8.1.1894) in der Steyrer Zeitung Nr. 4 auf S. 4:
"                 Tagesneuigkeiten.
[...]
     Bruckner in Berlin. Wie erwähnt, wurde am 6. d. M. im Berliner Opernhause, beim sechsten Symphonie=Abende unter Dr. Muck's Leitung, die 7. Symphonie (E-dur) unseres berühmten Landsmannes Dr. Anton Bruckner aufgeführt, die zuvor erst einmal in Berlin, bei einem Concerte des Professor Klindworth, zur Aufführung gelangt war. Ueber diese nunmehrige Aufführung der 7. Bruckner'schen Symphonie in Berlin schreibt der Referent des dortigen "B.=C." [Otto Eichberg, Börsen-Courier 7.1.1894] unter anderm folgendes: "Es ist heute im wesentlichen nur festzustellen, daß die Symphonie diesmal in den prächigen Farben, die ihr die königliche Kapelle lieh, womöglich noch bedeutsameren Eindruck machte als früher. Die Schwäche dieses Componisten, die nicht verhehlt werden soll, besteht öfter in nicht genügend organischer Zusammenfassung der verschiedenen Themen und Motive – und sie macht sich bei der E-dur-Symphonie besonders im letzen [sic] Satze geltend, der nur aus diesem Grunde an Werth gegen die drei ersten zurücksteht; aber dieser Fehler wird reichlich aufgehoben durch die, man kann sagen berauschend schönen Themen, durch das alle Sätze durchglühende, heiße und heilige Feuer und durch die wundervoll klingende Instrumentation. Wer hat nach Beethoven noch Symphonien geschrieb mit so herrlichen Themen, wie das erste des ersten, oder die beiden des zweiten Satzes oder wie auch die des Scherzos? Brahms, dessen stylreine Meisterschaft sich vor Allem in der Arbeit bewährt, gewiß nicht. Und auch sonst niemand. Freilich und das ist auch ein Fehler Bruckners, daß er häufig vor lauter schönen Einfällen gar kein Ende finden kann, wie z. B. beim Adagio, dessen prächtiger Hymnus am Ende des letzten [sic] Satzes sich so kolossal aufbaut, daß seine Höhe und Breite ins Unermeßliche wächst und dem dann noch noch eine lange Coda folgt, die, ungeachtet aller hübschen Sachen, die in ihr stecken, doch nur abschwächend wirkenkann. Trotz allem aber ist dieser zweite Satz, und ebensosehr der dritte, das Scherzo, von geradezu elementarer Gewalt und Größe. Die Aufnahme des Werkes durch das Publicum war eine im ganzen sehr freundliche, wenn auch keineswegs eine der Bedeutung der Compositon angemessene, was ja bekanntlich fast niemals vorkommt. Der anwesende Componist wurde nach dem Scherzo und am Schlusse gerufen und dankte das erstemal von seiner Loge, das anderemal vom Podium aus." – Am Sonntag den 7. d. M. wurde im zweiten Concerte des Philharmonischen Chors in Berlin u. A. auch Bruckners Tedeum aufgeführt. Der obenerwähnte Referent schreibt hierüber: "Das Bruckner'sche Tedeum ist hier vor zwei Jahren bei Gelegenheit des Tonkünstler=Musikfestes, bereits zur Aufführung gekommen. Es wirkte diesmal wie früher durch die machtvolle Kraft der großen Begeisterung, mit der der Componist sich den Text zu eigen machte, besonders in den Chorstellen. Von der Größe der Auffassung oder von dem Schwunge der Phantasie, der Bruckners zu eigen ist, bekommt man in diesem Tedeum den deutlchstrebn Begriff. Das sehr zahlreich erschienen Publicum zeigte sich sehr dankbar. Den Löwenantheil an Beifall trug Herr Bruckner davon. Er mußte unter dem Jubel der Anwesenden auf das Podium, die Damen luden ihm einen großen Lorbeerkranz auf, und das Orchester brachte ihm einen Tusch." " (***).

Kritik zum »Te deum« in Berlin am 8.1.1894 im Neuigkeits-Weltblatt Nr. 10 auf S. 5:
"     Aus Berlin wird uns vom 10. d. geschrieben: Meister Anton Bruckner, der zur Zeit hier weilt, hat in dem jüngst abgehaltenen Konzerte der hiesigen Philharmonie mit der Aufführung seines "Tedeums" einen großen Triumph erzielt. Der greise Komponist wurde mit Beifall überschüttet und bei seinem Erscheinen mit einem riesigen Lorbeerkranze und einem Tusch von Seite der Philharmonischen Kapelle geehrt." (°).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189401145, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189401145
letzte Änderung: Mai 08, 2024, 7:07