zurück 4.12.1894, Dienstag ID: 189412045

Besprechung der 2. Symphonie, signiert »dr. h. p.« (Paumgartner), in der Wiener Abendpost Nr. 278 (Wiener Zeitung) auf S. 1f:
"                           Concerte.
                                   III.*)
[Fußnote: *) Siehe "Wiener Abendpost" Nr. 274 und 275.]
     Wir haben bereits des tiefen Eindruckes gedacht, welchen die zweite Symphonie in C-moll von Anton Bruckner bei ihrer ersten Aufführung im zweiten philharmonischen Concerte hervorgerufen hat. Es mögen andere Symphonien Bruckners, wie insbesondere die siebente in E-dur, vielleicht einen noch höheren und kühneren Flug nehmen, die zweite in C-moll scheint uns aber den gemüthsinnigsten Ton unter allen Bruckner'schen Symphonien anzuschlagen
     Gleich das Hauptmotiv des ersten Satzes führt uns in diese edle innerliche Stimmung auf das glücklichste ein, das innig schöne Gesangsthema der Celli (beinahe klingt dasselbe an die einleitende Cantilene des Fagot [sic] vor Wolframs Sang "War's Zauber, war es reine Macht" an) hält die Stimmung fest. Eine prächtige Episode des ersten Satzes ist das kühn in dem ganzen Chore der Streich=Instrumente gegen ein syncopirtes Thema der Holzbläser aufwärts drängende Unisono, welches zu einem reizvollen neuen, zuerst von der Oboe gesungenen Thema leitet. Wunderschön ist der zweite Satz, ein tiefinniges und klangreizendes Andante. Etwas so Edles, so Gemüthsinnerliches wie der Hauptsatz desselben ist nach Beethoven selten mehr gesungen worden. Von gewaltiger unmittelbarer Wirkung ist das trotzige Scherzo mit seinen  kriegerischen, zum Kampfe rufenden Trompeten und seinem lieblich, ländlerartig wiegenden und schmeichelnden Trio. Der letzte Satz mit seiner kraftvollen Finalsteigerung ist der würdige Beschluß der Symphonie. Daß das Publicum den Componisten ungezählte Male auf das Podium herausgejubelt hat, wurde ebenso wie die ausgezeichnete Aufführung der Symphonie unter Hans Richters unvergleichlicher Leitung von uns bereits berichtet. Für den leider in letzterer Zeit kränkelnden Tondichter war die Aufführung und Aufnahme seines schönen Werkes eine ruhmreiche Huldigung, welche ihm Orchester und Publicum dargebracht haben.
     Der zweite Kammermusik=Abend des Rosé'schen Quartetts [... über dieses Konzert und den Liederabend von Eugen Gura (ohne die üblichen störenden Klavier- und Violin-Solovorträge!) ...].
                                    dr. h. p." (*)
 
und des Konzerts vom 29.11.1894 [6. Symphonie] in der Deutschen Zeitung Nr. 8238 auf S. 1f (signiert »x-y«) - Löwe sei zu Recht als Dirigent der 7. Symphonie bei der Bruckner-Feier des Wagner-Vereins [am 21.12.1894] vorgesehen (**).
Die Deutsche Zeitung Nr. 8238 weist auf S. 2 auch auf die Bruckner-Feier am 21.12.1894 hin:
"     (Musikabend des Wagner=Vereines.) Wegen plötzlicher Erkrankung des Herrn Schalk (der sich glücklicherweise schon auf dem Wege der Besserung befindet) und Absage der Frau v. Ehrenstein mußte das ursprünglich festgesetzte Programm des oben genannten Musikabends vielfach verändert werden. [...]. Einen Höhepunkt des Abends bildete der wundervolle erste Satz aus Bruckner's in weiteren Kreisen noch ganz unbekannter sechster Symphonie (A-dur), von Professor F. Löwe wahrhaft congenial am Clavier vorgetragen. Mit dieser bewunderungswürdigen Interpretation eines der interessantesten, aber auch schwerst verständlichen Orchestersätze hat Professor Löwe das von Meister Bruckner selbst in ihn gesetzte Vertrauen, welches ihn zum Dirigenten der gewaltigen siebenten Symphonie bei der demnächst stattfindenden Bruckner=Feier des Vereines bestimmt, glänzend gerechtfertigt. Mehrere Bruchstücke aus Spontini's classischer Oper "Die Vestalin", deren Chorpartien in Vertretung des Herrn Schalk sehr wacker Herr F. Foll dirigirte, beschlossen den genußreichen Abend.            x + y.
     (Bruckner=Feier des akademischen Wagner=Vereines.) Die ursprünglich für Mitte October geplante Feier der siebenzigsten Wiederkehr des Geburtstages Meister Anton Bruckner's seitens des Wagner=Vereines wurde nun für den 21. December bestimmt. Es kommen bei dieser Gelegenheit im Großen Musikvereinssaale zwei der allerbedeutendsten Werke des Meisters, nämlich das "Tedeum", dirigirt von Professor J. Schalk, und die siebente Symphonie in E-dur, auf besonderen Wunsch Bruckner's von Professor Löwe dirigirt, zur Aufführung. Es wurde für letztere ein eigenes Orchester zusammengestellt, in welchen [sic] der Bläserpart (darunter die berühmten Tuben der Symphonie) durchwegs von Künstlern der Philharmonischen Gesellschaft besorgt wird. Zur Aufführung des "Tedeum" wurde der Vereinschor durch Mitglieder des "Schubertbundes" verstärkt." (***).

Das Deutsche Volksblatt Nr. 2128 teilt auf S. 9 mit, daß die Wiener Philharmoniker nach dem Bruckner-Festkonzert [21.10.1894 gemeint] auch ihre Mitwirkung bei der Trauerfeier für Anton Rubinstein abgesagt haben:
"    – Mit Bezug auf die am 1. d. M. erschienene Notiz, derzufolge unter der Mitwirkung des k. k. Hofopern=Ochesters am 22. d. M. eine von der Wiener Singakademie veranstaltete Trauerfeier zum Andenken an Anton Rubinstein stattfinden wird, erklären die Mitglieder des k. k. Hofopern=Orchesters, daß dieselben zu diesem Concerte gar keine Einladung erhalten haben, und im Hinblick darauf, daß dieselben das vor Kurzem von Seite des Wiener Akademischen Wagner=Vereines zu Ehren Anton Bruckner's geplante Festconcert wegen Ueberbürdung auszuführen außer Stande waren, aus gleichem Grunde die Mitwirkung in diesem Concerte ablehnen würden." (°).

Diese Meldung erscheint auch im "Vaterland" Nr. 333 auf S. 10 (= Beiblatt, S. II):
"    – Mit Bezug auf die am 1. d. M. erschienene Notiz, der zu Folge unter der Mitwirkung des k. k. Hofopern=Ochesters am 22. d. M. eine von der Wiener Sing=Akademie veranstaltete Trauerfeier zum Andenken an Anton Rubinstein stattfinden wird, erklären die Mitglieder des k. k. Hofopern=Orchesters, daß dieselben zu diesem Concerte gar keine Einladung erhalten haben, und im Hinblicke darauf, daß dieselben das vor Kurzem von Seite des Wiener Akademischen Wagner=Vereines zu Ehren Anton Bruckner's geplante Festconcert wegen Ueberbürdung auszuführen außer Stande waren, aus gleichem Grunde die Mitwirkung in diesem Concerte ablehnen würden." (°a).

»Die Presse« Nr. 333 bringt auf S. 11 ebenfalls die Rechtfertigung des Orchesters für die Absagen:
"    – Mit Bezug auf die am 1. d. erschienene Notiz, der zufolge unter der Mitwirkung des k. k. Hofopernochesters am 22. d. eine von der Wiener Singakademie veranstaltete Trauerfeier zum Andenken an Anton Rubinstein stattfinden wird, erklären die Mitglieder des k. k. Hofopernorchesters, daß dieselben zu diesem Concerte gar keine Einladung erhalten haben und in Hinblick darauf, daß dieselben das vor Kurzem von Seite des Wiener akademischen Wagner=Vereins zu Ehren Anton Bruckner's geplante Festconcert wegen Ueberbürdung auszuführen außer Stande waren, aus gleichem Grunde die Mitwirkung in diesem Concerte ablehnen würden." (°°).

Darüber ist auch in der Neuen Freien Presse Nr. 10878 auf S. 6 zu lesen:
"    – Mit Bezug auf die am 1. d. M. erschienene Notiz, derzufolge unter der Mitwirkung des Hofopern=Ochesters am 22. d. M. eine von der Wiener Sing=Akademie veranstaltete Trauerfeier zum Andenken an Anton Rubinstein stattfinden wird, erklären die Mitglieder des Hofopern=Orchesters, daß dieselben zu diesem Concerte gar keine Einladung erhalten haben, und im Hinblick darauf, daß dieselben das vor Kurzem von Seite des Wiener Akademischen Wagner=Vereines zu Ehren Anton Bruckner's geplante Festconcert wegen Ueberbürdung auszuführen außer Stande waren, aus gleichem Grunde die Mitwirkung in diesem Concerte ablehnen würden." (°°°).

Erneuter Hinweis auf das Konzert vom 21.12.1894 im Neuen Wiener Journal Nr. 401 auf S. 10:
"     Musikvereins-Säle.
               Repertoir:

Dienstag, 4.: [...]
Freitag, 21.: Bruckner-Conc. (WagnerV.) gr. S.
Samstag, 22.: [... bis 30.12.1894 ...]" (#).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189412045, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189412045
letzte Änderung: Mai 14, 2024, 8:08