zurück 20.10.1896, Dienstag ID: 189610205

A. Geschehenes (Ereignisse)

In Bruckners Wohnung werden die Siegel von zwei Wandschränken und einer Kiste entfernt. Dr. Theodor Reisch, Dr. Heinrich Zeißberg, Dr. Franz Xaver Wöber, Josef Schalk und Ferdinand Löwe (ebenfalls anwesend: Victor Czerny) sichten Bruckners Nachlaß an Manuskripten, Abschriften und Drucken (*).

[?] Brahms spricht mit Heuberger über dessen Bruckner-Feuilleton [vom 13.10.1896] (**).

In der Versammlung der Vöcklabrucker Liedertafel beantragt Johann Rauch, zum Andenken an Bruckner am Hartmannschen Haus eine Gedenktafel anzubringen (***).

Bei einer Versammlung der österreichischen Orgelbauer spricht Brauner einen Nachruf auf Bruckner (°).

B. Geschriebenes

Notiz über die am 13.10.1896 erfolgte Kundmachung von Bruckners Testament und des Kodizill im Verlassenschaftsakt (°°).

C. Gedrucktes (Zeitungsartikel in alphabetischer Reihung)

Artikel im Deutschen Volksblatt Nr. 2801 auf S. 7 über Bruckners Testament:
"     * [Das Testament Anton Bruckner's.] Zu Universalerben hat der verstorbene Anton Bruckner seinen Bruder Herrn Ignaz Bruckner und seine Schwester Frau Rosalia Hueber ernannt. Seiner langjährigen Wirthschafterin Kathi bestimmte er 700 Gulden. Die Manuscripte hinterließ der Verstorbene der Hofbibliothek. In dem Testamente spricht übrigens Anton Bruckner den Wunsch aus, daß seine Erben größerer Tantièmen sich erfreuen mögen, als es ihm vergönnt war. Nicht uninteressant ist der Wunsch des Verblichenen, mit welchem er ein Leichenbegängnis erster Classe verlangte und speciell einen Metallsarg. Schon bei Lebzeiten, heißt es im Testamente, habe sich Bruckner vom Stifte St. Florian die Erlaubnis erbeten, dort unter der großen Orgel gebettet zu werden." (zd1).

Dillinger's Reisezeitung Nr. 30 auf S. 9:
"     Anton Bruckner, unser ausgezeichneter Componist, ist am 11. d. M. in seiner, ihm vom Kaiser im Belvedere eingeräumten Wohnung gestorben und wurde am 14. unter Theilnahme aller derer, die in Wien zur Kunst in Beziehung stehen, zu Grabe getragen. Bruckner war Lector und Ehrendoctor der Wiener Universität die Alma mater hat ihm auch das letzte Geleite gegeben." (zd2).

Artikel im Fremdenblatt (zf1).

Druck eines Portraits Bruckners [IKO 93] im Grazer Extrablatt Nr. 288 auf S. 1 mit kurzem Nachruf:
„      Anton Bruckner.
[Bruckner-Portrait (IKO 93)]
[weiter hinten, auf einer rechten, ungeraden Seite:]
„        Zu unserem Bilde.
     Ueber dem Sarge eines in der Geschichte der Tonkunst mit goldenen Lettern verzeichneten Oesdterreichers wurde erst jüngst die Gruft geschlossen. In der Stiftskirche zu St. Florian in Oberösterreich hat Anton Bruckner, der berühmte Meister des Orgelspieles und große Componist, die letzte Ruhestätte.
     Die deutsche Kunst hat Großes an seinem Genius verloren. Erst jetzt, da er dahin ist, wird seine weittragende Bedeutung für die Musikentwicklung ganz klar werden, denn leider gehörte auch er zu jenen großen Geistern unseres Vaterlandes, welche die zweifelhafte Ehre genießen, die sprichwörtliche Geschichte von des Künstlers Erdenwallen zu illustrieren.“ (zg1).

Das Linzer Volksblatt Nr. 242 macht auf S. 4 auf den morgigen Seelengottesdienst im Alten Dom aufmerksam:
"    – Seelengottesdienst für † Dr. Bruckner. Am Mittwoch findet um 10 Uhr vormittags im alten Dome ein Seelengottesdienst für Professor Doctor Anton Bruckner statt, welcher von 1856 bis 1867 [sic] an der hiesigen Domkirche die Stelle eines Domorganisten innehatte." (zl1).

Die Linzer Zeitung berichtet auf S. 1155 vom Ennser Männergesangverein »Concordia«, dessen Vorstand Straberger am 16.10.1896 Bruckner mit einem Nachruf geehrt habe: 
„     Tagesneuigkeiten.
                   
Linz, 19. October.
[…]
    * Enns, 18. October. (Ehrung Bruckners.) In der Freitag den 16. d. stattgehabten Zusammenkunft des Ennser Männergesangvereines „Concordia“ widmete der Vorstand, Herr Notar Straberger, dem verstorbenen Tondichter Bruckner einen ehrenden Nachruf und forderte die Versammelten auf, sich zum Zeichen der Trauer von den Sitzen zu erheben. Die „Concordia“ war auch bei der Leichenfeier Bruckners in St. Florian durch eine ziemlich starke Deputation vertreten.“ (zl2).

Der Text von Bruckners Testament wird im Neuen Wiener Tagblatt Nr. 289 auf S. 7 veröffentlicht (zn1).

The Northfield News Nr. 42/930 [gedruckt: "41:-930"] (Vermont) bringen auf S. 3 in der 1. Spalte eine Kurzmeldung:
"          SEVEN DAYS' NEWS
From All Over the Country.–Condensed for Busy Readers.

[...]
          TUESDAY OCT. 13.
     [...] —Albert S. Noyes of Newton, Mass., dropped dead at Boston—Herr Bruckner, the celebrated musical composer, died at Vienna—Thousands of people made homeless in Siberia by great floods occurring there— [...]" (zn2).

Das Rieder Wochenblatt verbindet auf S. 3 die Meldung, daß Bruckner am 12.10.1896 [sic] verstorben ist, mit einem ausführlichen Nachruf:
"   Nachrichten aus Oberösterreich.
[...]
     Professor Bruckner †. Der Hoforganist und Lector für Harmonielehre und Contrapunct an der Wiener Universität, Dr. Anton Bruckner, ist am 12. October in seiner Wohnung im Belvedere, die ihm durch die Munificenz Sr. Majestät des Kaisers eingeräumt worden war, nach langem und schweren [sic] Leiden im 72. Lebensjahre verstorben. Anton Bruckner wurde am 4. September 1824 zu Ansfelden (Oberösterreich) geboren, erhielt seinen ersten Musikunterricht als Sängerknabe im Stifte St. Florian und bildete sich dann, während er an verschiedenen Stellen als Schulgehilfe fungierte, auf autodidaktischem Wege zu einem so tüchtigen Componisten und Organisten aus, dass er im Jahre 1855 die Stelle eines Domorganisten in Linz annehmen konnte.  Auf wiederholten von hier aus unternommenen Reisen nach Wien fand er Gelegenheit, unter Leitung Simon Sechter's noch gründlichere Contrapunktstudien zu machen, und 1868 wurde er als dessen Nachfolger im Amte des Hofkapellorganisten nach Wien berufen, hauptsächlich auf Veranlassung Herbeck's, der seine Bedeutung inzwischen erkannt hatte. Neben der erwähnten Stellung übernahm er in der Folge noch die eines Lehrers für Orgelspiel und Composition am Wiener Conservatorium, und wurde 1875 auch zum Lector für Musik an der Universität ernannt. Unter seinen Compositionen sind die geistlichen Chorwerke (mehrere Messen, ein Tedeum und anderes) hervorzuheben, besonders aber seine sieben Symphonien, deren einige in den Achtziger=Jahren solchen Erfolg hatten, das sein Name nun endlich in den weitesten Kreisen bekannt wurde. Am Mittwoch fand das Leichenbegängnis, welches laut Beschlusses des Wiener Stadtrathes auf Kosten des Gemeinderathes veranstaltet wurde, statt. Nach der feierlichen Einsegnung in der Karlskirche wurde die Leiche sofort zum Westbahnhof gebracht und nach St. Florian bei Linz überführt, woselbst dieselbe einer letztwilligen Anordnung des Verblichenen zufolge, in der dortigen Stiftskirche nach nochmaliger feierlicher Einsegnung in der Gruft, und zwar unterhalb der berühmten Orgel, welche Bruckner einstens spielte, beigesetzt wurde. Beim Einzug der Leiche in die Stiftskirche wurde die oberwähnte Orgel gespielt." (zr1).

Das "Rotterdamsch nieuwsblad" Nr. 5706 (Rotterdam) bringt auf S. 6 eine Bruckner-Anekdote:
"   *** Anton Bruckner, de kortelings overleden componist, was eens op audiëntie bij keizer Frans Jozef om voor een decoratie te bedanken. De keizer was zeer vriendelijk. — Heelt u nog een verlangen ? vroeg ten slotte Frans Jozef.
     — Of ik er een heb! zegt Bruckner in den Weener tongval.
     — Nu, zeg op!
     — Als Uwe majesteit met Hansliok, die me in de Neue Freie Presse zoo toetakelt, eens een hartig woordje wilde spreken, „i bitt' Ihne gar scheen!" (zr2).

Artikel Göllerichs in der Linzer Tages-Post auf S. 1:
"                     Anton Bruckner.
     Zu den immer noch nicht überwundenen Vorurtheilen der Zeitgenossenschaft des Genies zählt die Sucht, jedes Eigengeartetsein unter das Maß des bisher Gewohnten, schon Erlebten beugen zu wollen. In dieser Kurzsichtigkeit wurzeln alle Leiden des Großen, welche dasselbe in dem sorglich bewachten Gebiete althergebrachter Kleinlichkeit zu erdulden hat.
     Keiner hat diese Leiden herber empfunden, keiner ist ihnen hilfloser offengestanden als Anton Bruckner, der weltfremde Gast im Erdenbezirke speculativer Absicht. Aus lauterstem Herzensbedürfnisse, aus überströmender Schaffenslust sang er, wie er musst' — und wie er musst', so konnt' er's! — Ein nie erlöschendes Verlangen nach Erhebung, nach Reinheit — schied ihn vom Getriebe ringsumher. Immer einsamer erklomm er Stufe um Stufe zum Lichte der Unsterblichkeit. Bei jedem Schritte suchte er liebevoll Genossen. Was er fühlte, was er sah, wollte er anderen mittheilen, sie des Segens theilhaftig werden lassen, der ihm aus seiner Anschauung des Ewigen entquoll. Er konnte es nicht begreifen, auf dem Wege, der ihm so klar vorgezeichnet schien, nicht verstanden zu werden, allein gelassen zu sein; doch nimmer erlosch ihm das Hoffen, Gleichgesinnten zu begegnen. Wie oft meinte er, solche gefunden zu haben, um beim nächsten Tritte auf der Bahn des Wagens erkennen zu müssen, dass auch sie ihm nicht zu folgen vermochten. Wehmuth erfüllte ihn darob, aber er stand nicht stille. Da traf den unbeirrt Weiterschreitenden der Schmerz offener und versteckter Verfolgung. Und weinend konnte er es nicht fassen, dort, wo er beglücken wollte, verhöhnt zu werden.
     In solchen Augenblicken unsäglichen Herzleides flüchtete der große Einsame zur Religion, zur Kirche, die seiner innigen Frömmigkeit einzig sicheren Halt bot, und seiner Seele entströmte dann ein Gebet voll solcher Inbrunst, dass es nur natürlich erschien, wenn die kalte Welt des Alltags auch diesem Empfinden theilnahmslos gegenüberstand.
     So schuf der Weltfremde bis zum Greisenalter Monumentalwerke tiefster Innerlichkeit, ohne dass die Welt draußen darum wusste, ohne dass er selber sich von der eigentlichen Bedeutung seines Schaffens volle Rechenschaft geben konnte. Stumm vollendete er Partitur um Partitur und genoss selten des Nutzens der Selbstkritik, weil er ja seine Werke fast nie und wenn, nur beiläufig erklingen hörte. Da erblühte ihm, von dem Augenblicke an, da er, einem tiefen Herzensdrange folgend, als Lehrer zur Jugend goldene Worte sprechen konnte, in den Herzen dieser Jugend endlich am Lebensabende volles Gefühlsverstehen und, diesem Verstehen entsprießend, innige, ja schwärmerische Liebe. In dieser Liebe aber erwuchsen dem alten Meister erhebende Beweise einer edlen Volksthümlichkeit, die seine letzten Jahre gerade an der Stätte seiner bittersten Erfahrungen mild verklärte. — —
     Die Erscheinung Anton Bruckners steht in der Musikgeschichte aber nicht nur der äußeren Schicksale wegen ohne Vergleich da. Sein einsames Walten, seine trotzig ringende, elementare Kraft gebaren Kunstereignisse, welche bestimmt sind, die nach Beethovens Tode auf symphonischem Gebiete vielfach zum Bewusstsein gelangte und durch die symphonischen Werke der nachfolgenden Romantiker nicht gänzlich ausgefüllte Lücke vollgiltig auszufüllen. Die musikgeschichtliche Stellung Bruckners ist nach Beethoven eine ähnliche, wie die Beethovens nach Mozart. Er hat die Beethoven'sche Symphonieform im wesentlichen beibehalten, aber dieselbe mit neuen Mitteln wesentlich verbreitert und ausgebaut und damit den Ausspruch R. Wagners erfüllt, der angesichts der zunehmenden Hinwendung der Instrumentalmusik zur Poesie in der „symphonischen Dichtung" ausrief, der rechte „zweite Beethoven" hätte sich mit der alten Symphonieform schon noch zu helfen gewusst. Bruckner ist dieser von Wagner ersehnte „zweite Beethoven" und die verschiedenen löblichen Auch=Symphoniker, die ihm selbst am offenen Grabe noch die Bedeutung eines Symphonikers abzusprechen für angezeigt hielten, werden hieran nichts ändern können. Diesbezüglich sei hier nur kurz auf die Adagios und Scherzi Bruckners hingewiesen, denen eben nur die gleichartigen Beethoven'schen Sätze zu vergleichen bleiben. Auf die merkwürdigen Ecksätze der Bruckner'schen Symphonie näher einzugehen, fehlt hier leider der Raum. Bruckner war in unserer „–ianer Zeit" den Wagnerianern und Lisztianern zu „alt", weil er sich ergebens erlaubte, die dem Tanz entsprungene, also ewig=giltig bleibende Symphonieform, welche diese Parteien durch vollkommene Formlosigkeit manchmal allerdings glücklichst überwunden zu haben glaubten, beizubehalten. Den Brahmsianern indes schien Bruckner wieder zu „neu„ — denn ihre Keuschheit sah mit Schrecken die sogenannten Wagner‘schen „Mittel" auf die „Form" angewandt, auf die sie doch ausschließlich durch respectable Erfindungslosigkeit so behaglich assecuriert waren. Ihnen allen diene die Erwägung zur Beruhigung, dass die „Mittel" jederzeit entsprechend sich ändern, und dass es sicherlich nicht die Aufgabe des fortschreitenden Genies ist, witkliche Errungenschaften der Zeit über Bord zu werfen.
     Bruckner wäre auch ohne Wagner der große Meister geworden, als den ihn die Nachwelt verehren wird. Bürgen hiefür sind seine ersten Werke, welche die neuen Bahnen zu einer Zeit ganz selbständig beschritten zeigen, wo Bruckner vom eigentlichen Wagner überhaupt nichts kannte. Die zeitgenössische „Gesellschaft für Talentlosigkeit" (um ein Wort Wagners zu gebrauchen) hat Bruckner gütigst bloß gestattet, ein ausgezeichneter Contrapunktiker sein zu dürfen und seine titanenhaften Werke einzig aus dieser contrapunktischen Vortrefflichkeit erklärt. So lange es nicht gelingt, durch contrapunktische Finessen einen musikalischen Erfinder von gottgeborenen Melodien zu fabricieren, ist leider diese Erklärungsweise des Genies, das freilich tüchtig arbeiten muss, um seine Phantasie ungehemmt entfesseln zu erlernen, unbrauchbar. Das herrliche Requiem aus dem Jahre 1847, welches in der Floriauer Stiftskirche zur Todtenfeier Bruckners erklungen und vor seinen Studien bei Sechter componiert ist, würde der theoretischen Erklärung Bruckners zudem die letzte Hoffnung rauben, eine schöpferische Vollkraft wie diese durch bloße Regeln erklären zu wollen.
     In Bruckner ist die letzte urschöpferische Vollkraft in der Musik der großen Epoche Wagner=Liszt zu Grabe getragen und neben ihr erscheinen in Betracht des eigentlichen Erschaffungs=Vermögens des Genies die andern, glänzenden Namen noch lebender Zeitgenossen als Talent, so sehr diese Talente an geistigem Raffinement und musikalischer Secession den harmlosen Bruckner auch übertreffen. Die Kirchenwerke Bruckners bilden mit denen Liszts, und auf anderem stilistischen Gebiete als diese, die Culmination des religiösen Schaffens unserer Tage. Ihre Bedeutung steht nicht unter der der Symphonien. Wie sein phänomenales Orgelspiel, dem einzigen Zeugnis seiner Schöpferkraft, welchem sich die Welt bei Lebzeiten einstimmig in Bewunderung gebeugt hat, auf den Meister der Meister, den großen Einsiedler J. S. Bach zurückweist, so knüpft auch sein kirchliches Schaffen, wie es in seinen unsterblichen Messen unserer Zeit allerdings etwas „unpopulär“ entgegenschallt, an den Urrmeister durchgeistigter und verinnerlichter Polyphonie an. — Eine so geartete Individualität wie Bruckner musste unsern Zeitläuften als vollkommenes Phänomen erscheinen. Unverrückbar den Blick nach oben gewandt, schritt sie durch alle Anfechtungen, — ein ergreifendes Beispiel unentwegter Unschuld. Wer seinem Menschenbilde nahetreten durfte und durch seine äußeren Formen den Grund seiner Wesenheit erblickte, wird des Geschiedenen immerdar nur in tiefster Rührung und dankbar gedenken!
                                      August Göllerich." (zt1).

Auf Seite 3 wird [mit sehr kritischen Untertönen] mitgeteilt, daß der oberösterreichische Landesausschuß statt eines Kranzes auf Bruckners Sarg 25 fl. für den Linzer Dombau spenden werde. Anschließend wird das Testament angesprochen:
"    (Professor Dr. Anton Bruckner und sein dankbares Vaterland.) Man schreibt uns: "Der oberösterreichische Landesausschuss hat beschlossen, statt eines Kranzes auf den Sarg des Verstorbenen (Bruckner) einen Betrag von 25 fl. für den hiesigen (Linzer) Dombau zu widmen." Also berichten die Zeitungen. [... scheinbar viel für eine Totenehrung ...]. Wir aber, die wir die epochale Bedeutung Bruckners kennen, die wir stolz darauf sind, denselben einen Sohn unseres an großen Männern nicht überreichen, schönen Heimatlandes zu nennen, wir sind entrüstet, nicht minder über die ärmliche Knauserei, die bei diesem Anlasse entwickelt wurde, als insbesondere auch über die Form, in der diese Ehrung der Manen Bruckners stattfand. [... zwar könnten die Mittel für die "Mode-Kranzspenden" besser für wohltätige Zwecke eingesetzt werden ...], doch glauben wir, dass unser schönes Heimatland seine berühmten Männer anders zu ehren hätte als durch die Widmung eines ganz lächerlich kleinen Betrages zu einem Millionen fordernden Bauwerke. [... dagegen: Großzügigkeit der Stadt Wien und vieler Körperschaften ... Mangel an Zartgefühl ... es ist zu hoffen], dass das Sprüchlein zuschanden werde: "Nemo propheta in patria!"
     (Bruckners Testament.) Zu Universalerben hat der verstorbene Anton Bruckner seinen Bruder Ignaz Bruckner und seine Schwester Rosalia Hueber bestimmt. Seiner langjährigen Wirtschafterin Kathi vermachte er 700 Gulden. Die Manuscripte hinterließ der Verstorbene der Hofbibliothek. In dem Testamente sprach übrigens Anton Bruckner den Wunsch aus, dass seine Erben größerer Tantièmen sich erfreuen mögen, als es ihm vergönnt war. Nicht uninteressant ist der Wunsch des Verblichenen, in welchem er ein Leichenbegängnis erster Classe verlangte und speciell einen Metallsarg. Schon bei Lebzeiten, heißt es im Testamente, habe sich Bruckner vom Stifte St. Florian die Erlaubnis erbeten, dort unter der großen Orgel gebettet zu werden." (zt2).

Das Wiener Tagblatt Nr. 289 teilt auf S. 4 eine Anekdote »Der Kaiser und Anton Bruckner« mit
„     * (Der Kaiser und Anton Bruckner.) Im „Berl. Tgbl.“ wird eine Reminiszenz an den verstorbenen Komponisten Anton Bruckner erzählt, die sich, so unwahrscheinlich sie mit Bezug auf jeden Anderen klingen würde, die naive Harmlosigkeit des weltentrückten Künstlers zu markant charakterisirt, um nicht für wahr gehalten werden zu können. Anton Bruckner – so wird da erzählt – war in Audienz bei Kaiser Franz Josef, um sich für eine Ordensauszeichnung zu bedanken. Der Kaiser war sehr liebenswürdig mit dem Komponisten. "Haben sie noch irgend einen Wunsch?" fragte der Kaiser schließlich. – "I hätt' schon!" sagte Bruckner verle gen und stockte wieder. – "Nun, bitte! Nur heraus mit der Sprache." – "Wann Euer Majestät mit dem Hanslick, der mich in der Neien Freien Pressen so verputzt, a kräft'ges Wörterl reden wollten, i bitt’ Ihne gar scheen!“  (zw1).

The Waterbury Record (Vermont) Nr. 32-968 bringt auf S. 3 in der 4. Spalte eine Kurzmeldung:
"          THE WEEK'S NEWS.
[...]
          TUESDAY OCT. 13.
     [...] —Albert S. Noyes of Newton, Mass., dropped dead at Boston—Herr Bruckner, the celebrated musical composer, died at Vienna—Thousands of people made homeless in Siberia by great floods occurring there— [...]" (zw2).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189610205, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189610205
letzte Änderung: Dez 01, 2023, 23:23