zurück 1.12.1896, Dienstag ID: 189612015

Kritik zum Konzert des Wagner-Vereins am 21.11.1896 in der Deutschen Kunst- und Musik-Zeitung Nr. 23 auf S. 290:
"     Der Wagnerverein hatte die erste Abtheilung seines dritten Musik=Abends, der am 21. November stattfand, dem Andenken Anton Bruckner's gewidmet, dessen Tonmuse in diesem Vereine ja stets die reichste und freudigste Förderung und Anerkennung fand; gehören doch u. a. die Herren J. Schalk und F. Löwe zu den eifrigsten und verständnisvollsten Jüngern Bruckner's, die für die Verbreitung der Bruckner'schen Werke ihr ganzes Können eingesetzt haben. Nach einem etwas lang ausgesponnenen Orgelpräludium des Herrn C. Hynais, in das er Bruckner'sche und Wagner'sche Motive verwebte, kamen das Kyrie und Agnus aus der achtstimmigen Messe Nr. 2 in E-moll zur ersten Ausführung, ungemein schwierige Sätze, die der gemischte Chor mit großer Präcision durchführte. In der Melodie von ziemlich herbem und strengen [sic] Reiz, sind sie im contrapunktischen Aufbau nach den Altitalienern und Niederländern gebildet, ohne jedoch bei aller Kunst und Schönheit der Stimmenführung die einheitliche, ich möchte sagen in unendlicher Melodie sich fortbewegende Geschlossenheit des Palestrina=Satzes ganz zu erreichen. War also der erste Theil des Programmes einem ruhmvoll weiterlebenden Todten geweiht, so beherrschte den weiteren Abend ein heuer in Bayreuth neu aufgegangener glänzender Gesangsstern, die Primadonna Frau Ellen Gulbranson, die bei den Festspielen mit großem Gelingen die Brünnhilde darstellte. [...]. Das übrige Programm füllten der junge Violinist Herr M. Herold mit soliden Vorträgen (Ciaccona von Vitali und Elegie von Liszt), der Chor mit dem hübschen Abendlied von Haydn.           O. v. Kapff." (*).

Aufführung des »Germanenzug« im 1. Konzert der Innsbrucker Liedertafel. Violinsolist an diesem Abend ist Konzertmeister Edelmann (**a).
Weitere Mitwirkende: Tenor Auer und die Spörrsche Kapelle und Leitung Spörrs (**b).

"Die Lyra" XX, Nr. 5 (520) berichtet auf S. 6 [= S. 56] vom Plan der Leo-Gesellschaft, ein Bruckner-Denkmal zu errichten:
"           Aus der musikalischen Welt.
[...]
     Bruckner=Denkmale. Die Abtheilung für Kunst und Literatur der Leo=Gesellschaft in Wien hat beschlossen, Bruckner durch Errichtung eines Denkmales zu ehren. – In Steyr wird zum Andenken Bruckner's die Herstellung eines Bruckner=Glasgemälde=Fensters in der Stadtpfarrkirche bei der Orgel geplant." (***).

Auf derselben Seite wird das Konzert vom 8.11.1896 mit der 4. Symphonie besprochen:
"     Olmütz (Mähren). Das im Redoutensaale am 8./11. abgehaltene 174. Concert des Musikvereines erfreute sich eines sehr zahlreichen Besuches. Dasselbe bot in allen Theilen außerordentliche Vorführungen, zu denen wir den Musikverein und seinen Dirigenten, Herrn Musikdirector Wladimir Labler, der stets bestrebt ist, der kunstsinnigen Bevölkerung das Beste zu bieten, aufrichtig beglückwünschen können. Meister Bruckner's "Vierte Symphonie" errang einen großartigen Erfolg. Die Besucher des Concertes haben durch wiederholten stürmischen Beifall gezeigt, daß sie dieselbe zu würdigen wissen; allerdings mag auch ein Theil der Zustimmung auf Rechnung der musterhaften Leitung und der Aufführung zu setzen sein. Dem wackeren Orchester gebührt vollstes Lob. [... Mendelssohn (Carl Lafite), Grieg ...]." [keine Signatur] (°).

Auf Seite 9 (59) Besprechung des Konzerts vom 7.11.1896, signiert "V. B.":
"     Prag. Am 7 /11. eröffnete der wackere Universitäts=Gesangverein "Liedertafel der deutschen Studenten in Prag" in vielversprechender Weise die Reihe der diesjährigen "Winteraufführungen". Der erste Theil der reichhaltigen Vortragsordnung war dem Andenken des jüngst dahingeschiedenen Meisters Anton Bruckner gewidmet. Nach dem "Schottischen Bardenchor" von Silcher war es der Genius Bruckner's selbst, der uns in dessen herrlichem "Germanenzuge"  mit heiligem Ernste näher trat. Uns Pragern war bis jetzt leider nur selten Gelegenheit geboten, mit dem Geiste der Bruckner'schen Muse näher bekannt zu werden. Die Tonsprache des "Germanenzuges" ist bei weitem nicht so abseits gelegen, als man nach den geläufig gewordenen Urtheilen einer gewissen Presse leicht anzunehmen geneigt wäre. Nach einem gediegenen Vortrage des "Trauermarsches" aus der Götterdämmerung für Orchester, beschloß eine auffällig auf den Effect gearbeitete Hymne von Bruch: "Friede den Schlummernden" die erste Abtheilung. [... weitere Werke (eines von J. U. C. Trinks dirigiert) ...], während die Leitung der übrigen Chöre in den bewährten Händen des Chormeisters, Herrn Lector Hans Schneider, lag. Was nun die technische Durchführung der Gesangsvorträge anbelangt, so konnte eine gewisse Unausgeglichenheit der Stimmen nicht übersehen werden, welcher Umstand jedoch auf die neue Zusammensetzung des Männerchores zu Beginn des Studienjahres zurückzuführen sein dürfte.     V. B." (°°).

In einem Artikel Theodor Helms in der Österreichischen Musik- und Theaterzeitung Nr. 7, S. 8f,  wird auf S. 9 auch Bruckner erwähnt:
"        Dreissig Jahre Wiener Musikleben.
                        (1866 - 1896)
    Erinnerungen eines Musikkritikers.
                 Von Dr. Theodor Helm.
[... über das Musikjahr 1867 - 1868, zuletzt über eine Symphonie Volkmanns, deren Finale dem letzten Satz von Tschaikowskys Serenade op. 48 auffallend ähnele ...] Auf besagte Aehnlichkeit weist auch der in orchestraler Literatur sehr belesene (leider nur unserem Bruckner gegenüber unglaublich beschränkte!) Leipziger Musikgelehrte Dr. H. Kretzschmar in seinem „Führer durch den Concertsaal” ausdrücklich hin.    (Fortsetzung folgt.)" (°°°).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189612015, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189612015
letzte Änderung: Feb 14, 2024, 22:22