zurück 21.12.1896, Montag ID: 189612215

Hinweis auf die Aufführung des »Te deum« am 30.12.1896 in den Münchner Musikalischen Nachrichten (*).

In einer Besprechung eines Konzerts des Steiermärkischen Musikvereins wird in der Grazer Tagespost Nr. 352 bedauert, daß kein Werk Bruckners berücksichtigt wurde:
"Orchester=Concert des Steiermärkischen Musikvereines.     Im zweiten dießjährigen Orchester=Concerte des Steiermärkiscen Musikvereines, welches gestern unter der Leitung des artistischen Directors Herrn Erich W. Degner stattfand, gelangten [... Werke von Beethoven, Schumann, Tschaikowsky und Mozart ...] zur Aufführung. [... besonders ausführlich über Beethovens Siebte ...]. Es soll bei dieser Gelegenheit nicht untersucht werden, ob es nicht bei dem gestrigen Anlasse angezeigt gewesen wäre, zur Erinnerung an den jüngst erfolgten Hingang des großen österreichischen Tondichters und Symphonikers Anton Bruckner eine seiner Symphonien aufzuführen. Der Verein brachte ja im Verlaufe der letztverflossenen Jahre vier symphonische Werke Bruckner's mit tiefgehender Wirkung und bedeutendem Erfolge zur Ausfürung. Die Wiederaufführung einer der beiden letztgespielten, von Herrn Degner einstudirten Bruckner'schen Symphonien hätte meines Erachtens keine unüberwindlichen Schwierigkeiten und nennenswerthen Kosten verursacht. Oder sollten sich auch hier, nach dem durchaus nicht nachahmenswerthen Beispiele der Residenz, rückschrittliche Einflüsse gewisser Auch=Symphoniker und Bruckner=Nekrologisten traurigen Angedenkens aus jüngster Zeit geltend zu machen versuchen? Im Vereine mit meinen gesinnungsverwandten kritischen Collegen würde ich im Ernstfalle solchen immerhin möglichen Strömungen gegenüber energisch Stellung nehmen!        Franz Petrich." (**).

Kritik, signiert »C. W.«, zur Aufführung des »Te Deum« in Brünn [am 19.12.1896] im Tagesboten aus Mähren und Schlesien Nr. 294 (Morgenblatt) auf S. 3:
"      Kunst- und Theaternachrichten.     C. W. (Concert.) Der Brünner Musikverein hat vorgestern Samstag abends im großen Festsaale der Deutsche Hauses das vierte und letzte diesjährige Concert abgehalten. [… Schumann, Dvorak ...].     Mit Anton Bruckner’s "Te Deum" fand das Concert seinen Abschluss. Das kirchliche Werk gelangte zum Gedächtnis an den am 11. October d. J. verstorbenen Componisten zur Aufführung. Es wurde übrigens vom Musikverein schon vor acht Jahren zu Gehör gebracht. Das gewaltige, in der Harmoniefülle noch durch die Orgel verstärkte Tonstück machte auch diesmal erhebenden Eindruck. Nur hatten die Soprane mit der ungemein hohen Stimmlage zu kämpfen. Den Chordamen sei die vollste Anerkennung ausgesprochen, besonders auch in der Richtung, daß sie die reine Intonation bewahrten. Die Damen Beatrix Friedländer, Aurelie Koch, die Herren Oplustil und Schmuttermayer führten die Soloquartette mit bestem Wollen aus. Es sind recht schwierige Aufgaben, welche die Sänger ausführten; das »Wie« wollen wir nicht näher besprechen. Die Orgel wurde von Herrn Hofmeier trefflich gemeistert. Wacker hielt sich auch das Orchester unter der anfeuernden Leitung des Directors Otto Kitzler, welcher für den lebhaften Beifall wiederholt zu danken hatte. Der Saal war gefüllt." (***).

Im Grazer Tagblatt Nr. 352 (Abendausgabe) stellt auf S. 1 Friedrich von Hausegger Überlegungen zum Phänomen des Künstlerruhms posthum und zu Lebzeiten an:
"Zweites Concert des Steierm. Musikvereines.
     "Und doch bewegt sie sich!" Von jeher hat man im Kunstleben dem Alten, Anerkannten gegenüber das Schaffen der Zeitgenossen unterschätzt. Nicht anders ist es heute. [...]
     [... rasche Entwicklungen, v. a.  im Sog Richard Wagners ...]. Auch die Gegenwart und jüngste Vergangenheit erheben Anspruch auf Beachtung und finden dieselbe nunmehr in wachsendem Maße, [...], so stoßen wir auf  bedeutende Namen, welche erst heute ihre Würdigung finden, so Berlioz, Lißt; anderen begegnen wir, welche sich noch immer nicht eingebürgert haben, wenngleich der Wert ihres Schaffens erkannt und ihnen auch die Legitimation bereits zutheil geworden ist, welche Kunstgrößen der Tod zu bringen pflegt. Ich nenne Bruckner, Tschaikowsky, Alexander Ritter. Von noch Lebenden und Strebenden sei der mit jugendlichem Muthe neue Bahnen betretende Richard Strauß genannt [...].
    [... Herausforderung für die Programmplanung ... ein moderner Anspruch wurde im letzten Konzert nicht eingelöst ... Lob für Beethovens Siebente ...]. Mit hinreißendem Feuer wurde insbesondere der letzte Satz gebracht.
                                                      Dr. Fr. v. Hausegger." (°).

Besprechung des Konzerts vom 16.12.1896 (mit dem 2. Satz der 3. Symphonie) im Salzburger Volksblatt Nr. 291 auf S. 1f, signiert "E. S.":
"                 Aus dem Concertsaal.
     Wollte Jemand an dem letzten Mozarteums-Konzerte durchaus nörgeln, so könnte er kaum etwas anderes sagen, als daß es zu lang gewesen sei. [... drei Stunden im Theater vertretbar, im Konzert zwei ...]
     [... Lob für Josef Pembaur jun. mit Mozart ...Liszts Franziskuslegende "nur von geringem Werthe" ... ].
     Dafür entschädigte uns das mit viel Geschmack und feiner Nuanzirung gespielte "Impromptu" von Schuhmann [sic]. Rauschender, wohlverdienter Beifall lohnte die wahrhaft schönen Leistungen des jungen Künstlers.
     Zum Gedächtnisse an Meister Bruckner wurde das "Adagio" seiner, Richard Wagner gewidmeten 3. Symphonie gebracht. In diesem scheinbar so formlosen Adagio vereinigt Bruckner den ganzen Bildungsschatz der durch Wagner angebahnten neuen Richtung, um seiner Komposition den tiefsten Gehalt, seiner Instrumentation die reichste Fülle und Kraft zu verleihen. Es geht ein großer Zug durch alle Brucknerischen Kompositionen! Die Musik war bei ihm eng verbunden mit seinem eigenen Lebensschicksale, mit Glaube, Hoffnung und Liebe. Das, wie ein frommes "Agnus Dei" klingende Hauptthema, das wilde Aufbäumen des Orchesters im Nebensatze und der ruhig und selig ausklingende Schluß werden allen andächtig Lauschenden in Erinnerung bleiben. Die Aufführung dieses von immensen Schwierigkeiten strotzenden Werkes war seitens des unter Dir. Hummels genialer Führung stehenden Orchesters eine sehr würdige und weihevolle und entfesselte einen wahren Beifallsparoxismus.
     Zum guten Schlusse kam die "Eroica". Bis in das kleinste Detail vortrefflich einstudirt, [... Dank für das Konzert, das] eine stattliche Reihe von unvergänglichen musikalischen Schönheiten vorführte, die bei allen ernsten Freunden klassischer Musik, Freude und Genugthuung erregte!     E. S." (°°).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189612215, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189612215
letzte Änderung: Aug 24, 2023, 12:12