zurück Anfang Juli 1907 ID: 190707006

Bruckner-Meldungen in Heft 19 der »Musik« VI:

Karl Grunsky berichtet vom 8. Stuttgarter Musikfest:
   »... Der zweite Abend [26.5.1907] stand unter dem Zeichen Bachs und Bruckners. Von Bach die 80. Kantate: Ein feste Burg, von Bruckner Neunte Symphonie und Tedeum. Dazwischen das Violinkonzert von Brahms und Liszts Präludien. Etwas zuviel des Guten für Einen Abend (*). ... Pohlig [leitete] mit meisterhafter Sicherheit und hinreissendem Feuer. ... Die eigentlichen Ereignisse und Erlebnisse des Festes verdanken wir dem zweiten Abend: Bach und Bruckner. Kantate, neunte Symphonie und Tedeum hatten bedeutenden Erfolg, den bedeutendsten die Neunte Symphonie, die vom Orchester (107 Mitwirkende) höchst plastisch und ausdrucksvoll gespielt wurde; Pohlig erntete stürmische Huldigungen. Das Solistenquartett bestand aus Frau Bopp-Glaser (Stuttgart), die alles, auch Bach, auswendig sang, Frau von Kraus-Osborne, die gleich im »Messias« aller Herzen gewann, Herrn Senius (Petersburg), einem stimmkräftigen und intelligenten Tenoristen, und Dr. Felix von Kraus, in dem sich stimmliche, gesangliche, seelische, geistige Qualitäten zu einer Ausnahmeerscheinung verbinden.« (**).

Karl Eschmann schreibt über das Jubiläums-Musikfest in Mannheim 31.5. bis 4.6.1907:
   »Das zweite Konzert [1.6.1901? bei 39/249 »28.5.1907«] dirigierte Ferdinand Löwe aus Wien, noch ein Schüler Bruckners, mit dessen Achter Symphonie (in c-moll) der Dirigent einen riesigen Erfolg erzielte. Er verstand es, die Themen meisterlich aus dem Orchester aufsteigen zu lassen; Scherzo und Andante [sic] wurden herrlich wiedergegeben, und die beiden Ecksätze imponierten durch Klarheit bei aller Wucht der Polyphonie. [Es folgten das Doppelkonzert von Brahms und Beethovens 5. Sinfonie!] (***).
Gustav Altmann berichtet vom 2. Elsass-Lothringischen Musikfest in Straßburg: [Über den dritten Abend mit der 4. Symphonie unter Mottl (3.6.1907)]
   »Die Brucknerschwärmerei, wie sie heute manchenorts Mode geworden ist, vermag ich nicht zu teilen. Das formelle, kontrapunktische Geschick des Wiener Organisten vollständig zugegeben: sein thematischer Inhalt und seine musikalische Logik im höheren Sinne stehen nicht auf der Höhe, die wahrhaft zu fesseln und zu interessieren weiss, und verraten - ich wenigstens kann mich dieses Gefühls nicht erwehren - die niedere Stufe allgemeiner Bildung, die eine Persönlichkeit erst über das Niveau des Durchschnitts heraushebt, und die durch rein technische Vorzüge nie aufgewogen werden kann. So wirkt für mich das Adagio jener Symphonie, deren »Romantik« ich zudem durchaus nicht empfinden kann, schlechterdings langweilig - seine breite Geschwätzigkeit, seine schleppende, alle Augenblicke abreissende Erfindung, und auch das Finale, wo seine Manier des Nebeneinander- statt Ineinander-Komponierens ebenfalls krass hervortritt, ermüdet auf die Dauer. Es ist meines Erachtens nicht Undank oder Verständnislosigkeit, die Bruckner nicht recht hat aufkommen lassen, sondern das berechtigte Gefühl, dass er trotz unzweifelhaft vielfach recht schöner Ideen und vor allem trefflicher Behandlung des Orchesters inhaltlich nicht genügend Hochstehendes bietet und den Vergleich mit der in der Beschränkung weisen Grösse eines Brahms nicht aushält. ... Es tut mir leid, es sagen zu müssen, aber ich müsste lügen, wenn ich behaupten wollte, von Felix Mottl, den ich früher so oft genossen und bewundert (in Karlsruhe und Bayreuth), diesmal einen persönlichen Eindruck davongetragen zu haben.« (°).

Eduard Trapp berichtet von der 8. Tagung des Schweizerischen Tonkünstlervereins am 2,/3.6.1907 in Luzern: [Über das 3. Konzert in der Hofkirche mit dem Basler Organisten A. Hamm u.a.]
   »auf die Doppelfuge Kloses [Bruckner nicht erwähnt], wohl eines der bedeutendsten schweizerischen Tonsetzer, darf man sogar weiteste Kreise mit Nachdruck aufmerksam machen, denn hier haben wir es mit einem gewaltigen Werke zu tun, das in seiner prächtigen harmonischen und kontrapunktischen Arbeit den Hörer unbedingt fesseln muss, zumal wenn sich der Komponist zu einigen Kürzungen versteht.« (°°).

Max Puttmann schreibt über die Konzertsaison in Erfurt:
   »Das zweite Konzerts [des Erfurter Musikvereins (3.12.1906)] wurde von der Meininger Hofkapelle unter Leitung Wilhelm Bergers bestritten. Das Programm nannte u. a. die romantische Symphonie von Bruckner, mit der die Kapelle eine ganz hervorragende Leistung bot.« (°°°).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 190707006, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-190707006
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11