zurück 31.7.1882, Montag ID: 188207315

Bericht des »Bayreuther Tagblatts« über den gestrigen Diebstahl (*).
Auch das Neue Wiener Tagblatt (Neues Wiener Abendblatt) Nr. 208 bringt auf S. 3 darüber eine Notiz:

   »Aus Bayreuth wird uns [...] telegraphiert: [...] Dem Professor Bruckner aus Wien wurden gestern im ersten Zwischenakt dreihundert Gulden gestohlen [...]« (**).
Im Morgenblatt des Neuen Wiener Tagblatts war ein Bericht von Viktor Schembera über die gestrige Parsifal-Aufführung erschienen: "[... erste Besetzung, scheußliches Wetter, deswegen etwa 90 freie Plätze ...] Unter den Wienern bemerkt man Krastel, Professor Bruckner und Andere." (**a).

Bruckner macht Klose mit Franz Fischer bekannt, zeigt ihm die Bühne, berichtet von der Widmung der 3. Symphonie an Wagner, will Levi für seine Symphonien gewinnen (die 6. Symphonie sei fertig), spielt Orgel in der Hauptkirche (Notenbeispiel). Symptome von Zählmanie. Spätes Mittagessen bei Stützers (Empörung über Wiedemanns Ulk). Dann im Café Sammet (***).

Abends Empfang bei Wagner (°), an dem auch Liszt, Josef Rubinstein, Bruckner und d'Indy teilnehmen (°°).
Humperdinck ("Öffentlicher Abend beim Meister") ist auch anwesend (°°a); [vermutlich bei diesem Empfang] Viktor Boller überliefert Wagners Klavierspiel der Abendmahlszene und Bruckners Bemerkung zu Wagner als Bierkellner (°°b).
Von einem Besuch in Wahnfried mit Bruckner [vermutlich an diesem 31.7.1882] berichtet auch Guido Adler:
"    Auch Bruckner war wieder anwesend, erfüllt von der hohen Mission des Meisters, der ihm gleichsam als Urmeister vorschwebte – allerdings nicht auf dramatischem Gebiet, denn dafür hatte er keine Anlage, keine Vokation und keine Vorbildung im Maßstabe Wagners; er suchte sich nur der Ausdrucksweise Wagners zu bemächtigen und war stark genug, sich auf eigene Weise auf symphonischem Gebiete zu entwickeln und zu betätigen. Der formalen Bindungen der Wiener klassischen Schule konnte er nicht entraten.
    Rührend war Bruckners kindliches, kindisches Verhalten zu Wagner: Er trug den Frack auf dem Arm und sobald er des Meisters ansichtig wurde, zog er son "Bonjourl" raschest aus und den Festrock an; da passierte es ihm, daß er bei dem Abwurf sein Portefeuille verlor – wir mmußten eine Kollekte machen, um ihm auszuhelfen.
    Bei einem Empfang standen Bruckner und ich in einem Nebenraum – da stürzte der Meister herein, unwillig, fast erbost, mit einer befremdlichen Bemerkung über eine im großen Raum befindliche Persönlichkeit. Bruckner zitterte. Als Wagner seiner ansichtig wurde, sagte er: "Im nächsten Zwischenakt lasse ich Ihre Symphonie aufführen." Bruckner wußte nicht, was das bedeuten sollte. Ich war erschüttert und ... Wagner war an diesem Abend wie ein enfant terrible. Später sagte er zu mir: "Adler, ich hab' gehört, Sie widmen sich der Wissenschaft; was ist Wissenschaft? [...]" (°°c).

Aus Göllerichs Nachlass hat sich eine Einladungskarte zu einer der vom 27.7.1882 bis 28.8.1882 an Montagen und Donnerstagen stattfindenden Soireen erhalten [auch der 3.8.1882 (da noch mit Bruckner möglich) oder für Göllerich allein auch der 7.8.1882 etc. kämen in Frage] (°°d).
Eckstein berichtet, daß er bei Wagner (nach dem dritten Parsifal [also vermutlich dieser Empfang gemeint]) auch Wolzogen, Glasenapp, Höfler und Ehrenfels angetroffen hat (°°°).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188207315, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188207315
letzte Änderung: Jan 06, 2025, 12:12