zurück 20.1.1886, Mittwoch ID: 188601205

Artikel E. V. H. Hartmanns über das »Te deum« in der Musikalischen Rundschau auf S. 150f:
      »Von Wien.
   Das Ereigniss des dritten ordentlichen Gesellschafts-Concertes dieser Saison (am 10. Jänner 1886) war die Aufführung von Anton Bruckner's "Tedeum" für Soli, Chor und Orchester [... geniale Erfindung, enormes musikalisches Können, wahrhaft erhebender Lobgesang ... glanzvoll rauschende Instrumentierung ... Solisten sollten vorzüglich sein, Blechbläser gemäßigt werden ...] Leider war bei der jüngsten Aufführung Keines von beiden der Fall. Von den Solisten fand sich nur Frau Ullrich-Linde mit ihrer Partie gut ab; die Bläser dagegen boten ihre ganze rohe Gewalt auf, um die vor ihnen aufgestellten Chorsänger todt zu machen. Trotz dieser nicht genug zu rügenden Misstände erzielte das Werk einen grossartigen Erfolg, welcher sich in mehrfachen Hervorrufen des Componisten kund gab. [... über die anderen Programmnummern ...]« [Signatur in der Kopie nicht erkennbar] (*).

Besprechung des Konzerts vom 11.1.1886 [Klavieraufführung der 7. Symphonie] in der Musikalischen Rundschau auf S. 155:
      »Vereins-Chronik
(Tonkünstlerverein.) Am 11. Jänner wurden im Tonkünstlerverein [sic] [... Novitäten vorgetragen ...] Symphonie Nr. 7 in E-dur von Anton Bruckner, in vierhändigem Arrangement vorgetragen von den Herren Josef Schalk und Ferdinand Löwe [...]« (**).
Auf S. 155 wird außerdem mitgeteilt, daß Partitur und von Josef Schalk bearbeiteter Klavierauszug des »Te deum« im Verlag Th. Rättig erschienen sind (***).

Das Linzer Volksblatt Nr. 15 veröffentlicht auf S. 2 [nahezu vollständig] die Kritik Paumgartners [14.1.1886] zum Quintett [7.1.1886] und zum »Te deum« [10.1.1886]:
    » - Bruckner's "Te Deum". Dr. Hans Paumgartner, der Musikrecensent der Wiener Zeitung, schreibt vom 14. d. M.: "Die ersten Tage des neuen Jahres gehörten unserem genialen Anton Bruckner. In dem 3. Hellmesberger'schen Quartettabende wurde das prächtige Bruckner'sche Quintett, welches bereits im vorigen Jahre so durchschlagenden Erfolg erzielte, mit erneutem jubelnden Beifalle wiederholt und im 3. Gesellschaftsconcerte kam Bruckners "Te Deum", das bereits in einem Concerte des Wiener academischen Wagner=Vereines mit Clavierbegleitung zu Gehör gebracht worden war, nunmehr zur ersten orchestralen Aufführung. In C-dur, grandios in den herben Quinten des Orchesters an Beethoven'schen Tongeist anklingend, hebt in felsenfestem Glauben der Gesang des Chores an. Mehrfach wechselt Soloquartett mit den Massen des Chores sinnreich ab. Der Schönheiten dieses wahrhaft erhabenen Werkes sind so viele, daß uns für eine erschöpfende musikalische Analyse desselben hier kaum Platz bleibt. Von besonders ergreifender Wirkung erschien uns bei der Aufführung die Stelle im 3. Absatze: "Tu devicto mortis aculeo aperuisti credentibus regna coelorum", in der über den brütenden Chormassen eine herrliche Melodie der Oboe so verheißungsvoll emporschwebt. Eine Machtfülle von Kraft und hoher Empfindung thronen in diesem wahrhaft genialen Werke. Hat Bruckner mit seinem Streichquintette sich einen bleibenden ersten Platz in der Kammermusik errungen (wer wird je wieder nach ihm ein so seliges Adagio in Tönen dichten?), so hat er sich mit seinem "Te Deum" würdig neben Bach und Beethoven gestellt, denn von solchem Geiste ist auch in das Bruckner'sche Werk lebendig=kräftig eingeströmt. Der Erfolg des Te Deum war ein ungewöhnlich stürmischer und jubelnder, das Publikum wurde nicht müde, den genialen Oberösterreicher mit dem mächtigen Charakterkopfe und dem Wesen voll Treuherzigkeit und Gemüthsinnigkeit immer und immer wieder zu rufen. Dirigent Hans Richter hat mit ganzer Liebe sich dem Werke hingegeben und Chor, Orchester und Soloquartett thaten ihr Bestes zu Ehren Bruckner's.« (°).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188601205, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188601205
letzte Änderung: Mai 13, 2024, 13:13