zurück 13.12.1891, Sonntag (3. Advent) ID: 189112135

3. Philharmonisches Konzert unter Hans Richter im Großen Musikvereinssaal in Wien mit Werken von Beethoven (Ouvertüre C-Dur »Zur Namensfeier«, op. 115) und Spohr (Violinkonzert Nr. 8 in a-Moll »Gesangsszene«, Solist: Johannes Wolff) und Bruckners 1. Symphonie (*).
    Im Publikum sind u.a. Exner [und Rietsch?] (**), Hugo Wolf (***), Schönaich (°) und die Kritiker Königstein, Helm, Paumgartner, Kalbeck, Hirschfeld, Dietz [?] (°°), Heuberger (°°°), Puchstein und Speidel [?] (#).
    Der Wagner-Verein überreicht Bruckner einen Lorbeerkranz (»Dr. Anton Bruckner der Wiener Akademische Wagner-Verein zur I. Aufführung der I. Symphonie in Wien, 13. Dezember 1891«) (##).

Nach der Aufführung Nachfeier im Hotel »Elisabeth«, wo Dr. Boller für den Wagner-Verein und Oberleithner für die Studentenschaft spricht (###).

Kalendernotiz Bruckners: Zusatz »Br« bei dieser Woche [Dienst an der Hofkapelle], der Dienstbeginn am 12.12.1891 graphisch markiert (a).

Artikel Göllerichs (mit der beim Commers nicht gehaltenen Festrede, 1. Teil, Fortsetzung am 15.12.1891) im Deutschen Volksblatt, Morgenausgabe, Nr. 1056, auf S. 1-4:
                    "Anton Bruckner.
(Die beim Bruckner=Commers nicht gehaltene Festrede von August Göllerich.)
          Verehrte, liebe Festgenossen!
     Zu allen Zeiten haben in hervorragender Zahl Deutsche der Ostmark tapfer mitgeholfen an der Gewinnung jenes geistigen Alldeutschland, das durch keine politischen Grenzen beengt, das echteste Schaffen unseres Volksthums auf allen Gebieten der Kunst und des Lebens bergend, ein ideale Macht geworden, der sich heute die ganze Culturmenschheit beugt.
    In Kampf und Streit, in Lust und Leid waren es oft und oft der Ostmark deutsche Söhne, die den eingeborenen deutschen Geist hoch und rein erhielten im Ansturme fremder Art, die in rechtem Ueberzeugungsmuthe mit ihm fochten, bis er, in Reine treu bewahrt, siegend und von Fesseln frei, sein beseeligendes Licht auf's Neue ergießen konnte. Einem solchen Kämpfer, einem solchen deutschen Helden gilt unsere heutige Feier. Auf dem Felde deutschester Bethätigung, im Reiche der Musik, hat er gerungen und erreicht, daß das Edle, Schöne nicht um des Ruhmes und Vortheiles wegen in die Welt tritt, daß es deutsch sei, eine Sache, die man treibt um ihrer selbst willen und aus Freude an ihr zu treiben. Dieser Glaube hat unseren Meister Anton Bruckner zeitlebens durchglüht, gestählt und erhalten! - Unbeachtet, aber auch unstörbar brachte er seine Originalität zur herrlichsten Entwickelung. Abseits vom Geräusche des Lebens, lauschte er einzig den Harmonien seines Inneren und sprach, ein zäher Oberösterreicher, zu einer Welt, die ihm Nichts zu sagen hatte, nur aus seiner Tiefe, ganz bei sich, ganz in sich.
[... ausführliche und ausgeschmückte Angaben zur Biographie (teilweise mit falschen Jahreszahlen): S. 1 bis Windhaag, S. 2 Kronstorf bis Linz 1864, Reise zur "Tristan"-Aufführung, S. 3 1865 Wagner, Linz bis Wien 1868, Nancy, London, 1875 Lektor, S. 4 ab 1885 Siegeszug, seit 1890 Unterstützung durch Freundeskreis,  ... über das phänomenale Orgelspiel und die  Improvisationskunst und -phantasie ...]  wer ihn schauen konnte, wie er, ein König der Töne, über alle Welt erhaben und Alles ihr Angehörende weit unter sich, ganz seinen Verzückungen sich hingab, der weiß wohl , was Bruckner ist, der hat ihn kennen gelernt.
                  (Schluß folgt.)" (b).
Er enthält auch [in der 2. Hälfte, am 15.12.1891] den Text von Karl Kerschbaums Gedicht »An Meister Bruckner« [vgl. 15.4.1886] (c).

Eine Annonce in der Deutschen Zeitung Nr. 7167 auf S. 12 macht auf die Aufführung des »Te deum« am 20.12.1891 aufmerksam:
"Grosser Musikvereins-Saal. / Sonntag den 20. December, Mittags ½1 Uhr: / Zweites Gesellschafts-Concert. / Dirigent: Herr Wilhelm Gericke. / Mitwirkende: Herr Hans Wessely, Violin=Virtuose. Herr Anton Schittenhelm, k. u.. k. Hof=Opernsänger. Der Singverein. Das Gesellschafts=Orchester. / PROGRAMM: / [... Ph. Em. Bach, J. S. Bach, Brahms, Schumann ...] 5. Bruckner: Te Deum, für Chor mit Soli, Orchester und Orgel. (II. Aufführung.) [... Eintrittskarten ...]" (d).

Ein Inserat hierzu erscheint auch in der »Presse« Nr. 342 auf S. 11: "[inhaltlich wie (d)] 5. Bruckner: Te Deum, für Chor mit Soli, Orchester und Orgel. (II. Aufführung.)" (e)

und in der Wiener Allgemeinen Zeitung Nr. 4096 auf S. 12:
"Gesellschaft der Musikfreunde. | Grosser Saal.
Sonntag den 20. December 1891, Mittags ½1 Uhr: | Zweites | Gesellschafts-Concert. | Dirigent: Herr Wilhelm Gericke. | Mitwirkende: Herr Hans Wessely, Violin-Virtuose. - Der Singverein. - Das Gesellschafts-Orchester. | PROGRAMM: | [... J. S. Bach, Brahms, Schumann ...] 4. Bruckner, Te Deum, für Chor mit Soli, Orchester und Orgel. (II. Aufführung.) [... Eintrittskarten ...] | Programme am Concerttage bei den Billeteuren. [...]" (f).

Die Neue Freie Presse Nr. 9806 meldet auf S. 8, daß bei Gutmann der vierhändige Klavierauszug der 4. Symphonie erschienen ist: 
   "Neue Musikalien. (Bericht der k. u. k. Hof=Musikalienhandlung Albert J. Gutmann, Wien, Hofopernhaus.) [...] Bruckner, Vierte Symphonie („Romantische”), vierhändige Bearbeitung. [...]" (g1).
Ein Inserat auf S. 15 weist auf das Konzert vom 20.12.1891 (mit dem "Te deum") hin:
   "[...] - Zweites Gesellschafts-Concert.
Dirigent: Herr Wilhelm Gericke. Mitwirkende: Herr Hans Wessely, Violin-Virtuose. Herr Anton Schittenhelm, k. u. k. Hof Opernsänger. Der Singverein. Das Gesellschafts-Orchester.
PROGRAMM: [...] 5. Bruckner: Te Deum, für Chor mit Soli, Orchester und Orgel (2. Aufführung) [...]" (g2).

Die Ostdeutsche Rundschau Nr. 49 berichtet auf S. 4 vom Kommers am 11.12.1891 (h) [Text folgt unten]

und erwähnt auf S. 5 in der Kritik des Konzerts vom 29.11.1891, daß man mehr Wagner, Liszt und Bruckner aufführen solle:
     "[...] Es würde uns freuen, wenn dieser gewiß nationale Ausspruch der Gesellschaft der Musikfreunde als Leitstern für alle Aufführungen ihr leuchten würde, wir würden sicher weniger [...], dafür aber mehr von Wagner, Liszt und Bruckner zu hören bekommen. [...]" (i).

zu (h):
Der Bruckner-Commers
     Anläßlich der Ernennung des größten lebenden deutschen Tondichters Anton Bruckner zum Ehrendoctor der Wiener Universität veranstaltete der Wiener Akademische Gesangverein am Freitag den 11. d. im Sophiensaale einen Festcommers. [... anwesend: alle Wiener Burschenschaften und deutschnationalen Studentenvereine, Neuer Richard-Wagner-Verein, Wiener Akademischer Wagner-Verein, Professoren (Exner, Toula, Bendorf, Neumann), Reichsratsabgeordnete (Dötz, Dr. Steinwender, Dr. Fuß, Dr. Bareuther, Dr. Kindermann, Riegler, Kaiser, Hoffmann-Wellenhof, Pattai [erregte Missfallen]), Reimers, Rosa Papier, Göllerich. Auf dem Programm: Wagners "An die Kunst" mit neuem Text, orchesteriert von Rudolf Weinwurm, "Germanenzug", Chöre und weitere Orchesterstücke. Festrede Franz Schaumanns (launig, fast zu burschikos), Bruckners "Hoch" auf die Universität, Exners Erwiderung, Göllerich hatte keine Gelegenheit zu sprechen (hätte Schaumanns Rede ergänzt), Gedichtvortrag durch Reimer, Trinksprüche etc. von Höfler, K

Die in Chicago erscheinende Zeitung The Inter Ocean Nr. 264 kündigt auf S. 20 in der 6. Spalte eine Aufführung des Quintetts an:
"                      MUSICAL MELANGE.
[...]
     Theodore Beresina next month will begin the fourth season of his string-quartet concerts, or cyclus of four evenings, where Anton Bruckner's famous quintet and several other interesting works will be played. The quartet is formed of: T. Beresina, first violin; N. Nurnberger, second violin; T. Fitzek, viola; A. Metzdorff, 'cello, who are all members of the Chicago Orchestra." (j).
[Diese Aufführung konnte mit den Suchbegriffen Bruckner und Beresina für 1891/1892 noch nicht nachgewiesen werden.]

In einem Artikel über deutsche Komponisten stellt die St. Louis Post-Dispatch Nr. 127 auf S. 27 auch Bruckner vor (mit Abbildung):
"          POPULAR COMPOSERS.
GERMAN MUSICIANS WHOSE WORKS ARE KNOWN HERE.

[... Eduard Lassen (mit Abb.), Karl Goldmark (mit Abb.), Felix Draeseke, J. J. Abert, Wüllner, Alexander Winterberger (mit Abb.) ...].
     Anton Bruckner is the successor of Sechter as Imperial organist of the Vienna Cathedral. His "Te Deum," which was sung at the Pontifical Mass [1.12.1891], is one of the greatest works of its kind and was highly commented upon by Liszt and Wagner.
[Abbildung (Halbprofil nach rechts), IKO deest].
     Paul Geisler [...]." [keine Signatur] (k).

 


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189112135, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189112135
letzte Änderung: Feb 26, 2024, 14:14