zurück 9.1.1892, Samstag ID: 189201095

Brief von Robert Lienau an Oberleithner:
   Ein Teil seines Briefes vom 7.1. habe sich durch das Eintreffen der Korrekturen erledigt. Er bitte noch um die vorletzte Korrektur, die Änderungen des Korrektors [Josef Schalk?] enthalte, um die Stimmen revidieren zu können. Die Zweitkorrektur des Klavierauszuges folge in Kürze. Die Partitur werde jetzt zum Druck gegeben. Von den Dedikationsexemplaren für Bruckner werde nur das für Kaiser Franz Joseph bestimmte in besonderer Weise hergestellt (*).

Hans Puchstein geht im Deutschen Volksblatt Nr. 1082 auf S. 1f neben Erwähnung der Konzerte vom 13.12.1891 und 20.12.1891 ("Te deum") auch auf die Teilaufführung der 1. Symphonie [am 30.12.1891] ein:
»               Aus den Concertsälen.
[...]
     Wir haben die Bilanz der musikalischen Ergebnisse der abgelaufenen Saison bereits in einem früheren Berichte gezogen und sind zu dem Resultate gelangt, daß dieselbe leider gar Vieles zu wünschen übrig ließ. [... der Dezember habe entschädigt und lasse hoffen ...] Als die herrlichsten Vorboten dieser neuen Aera haben wir die Aufführung der ersten Symphonie in C-moll von Meister Bruckner im dritten philharmonischen, und seines "Tedeums" im zweiten Gesellschafts=Concert zu erwähnen, welchen herrlichen Schöpfungen des genialen Componisten wir in der nächsten Woche einen besonderen Artikel widmen wollen. [... die anderen Werke (u. a. Brahms-Violinkonzert, "dessen erster Satz zu dem Entzückendsten gehört, was je für Violine und Orchester geschrieben wurde") ...]
     Abgesehen von den Bruckner'schen Werken, waren es also nicht unsere vornehmen Modeconcerte, die unser Eingangs dieses Artikels gefälltes günstiges Urtheil über den Schluß der vorjährigen Concertsaison veranlaßten, sondern mehrere Musikaufführungen, die [... mit weniger Publikum,aber wertvollen Programmen ... in den] letzten Wochen hervorragten. In erster Reihe sei hier der vierte interne Musikabend des akademischen Wagner=Vereines erwähnt. [... Peter Cornelius, Liszt (mit Ferdinand Foll), ... Lieder von Hugo Wolff [sic] (mit Ferdinand Jäger)] und die meisterhafte Wiedergabe des zweiten und letzten Satzes aus der Bruckner'schen C-moll=Symphonie durch Professor Löwe bildeten den Schluß des Concertes, mit dem der akademische Wagner=Verein sich ein hohes Verdienst um die Sache des musikalischen Fortschrittes erworben hat.
     Die Anwesenheit eines der genialsten Vorkämpfer dieser Richtung in Wien, unseres verehrten Freundes August Göllerich, verschaffte dem großen Kreise seiner Verehrer die schon lange ersehnte Gelegenheit [... über zwei Konzerte Göllerichs (mit dem Duesbergschen Volksquartett (mit dabei Frau Pasztory-Voigt) und beim Neuen Richard-Wagner-Verein mit Werken Alexander Ritters) ... Lob für Göllerichs Virtuosität und Künstlerschaft, seine Erfolge in Nürnberg ...] Was müßte die Persönlichkeit eines August Göllerich erst an der Spitze einer unserer ersten musikalischen Vereinigungen zu schaffen vermögen!          Hans Puchstein.« (**).

Das Linzer Volksblatt Nr. 6 bringt auf S. 4 eine Buchbesprechung:
"              Literatur und Kunst.
     – Musik.  Vor einigen Wochen machte Herr Johann Ev. Habert aus Gmunden im "L. V." auf das baldige Erscheinen der zwei letzten Theile seiner "Orgelschule" aufmerksam [... lobende Besprechung dieses "Meisterwerks" ... Musiktheorie, v. a. Kirchentonarten, gut dargestellt ... auch für Orgelkönner noch gewinnbringend ...]
     Wenn Habert sonst nichts geschrieben hätte, seine Orgelschule allein würde ihm einen Namen machen. Oberösterreich darf stolz sein, daß es neben Dr. Anton Bruckner noch auf einen zweiten, ihm ebenbürtigen Mann, Johann Ev. Habert, als die Seinigen hinweisen kann, die beide ihren Flug zum Höchsten genommen haben. Bruckner ist endlich die ihm so lange vorenthaltene Anerkennung zutheil geworden, sie wird auch unserem Habert zutheil werden. Möge Oberösterreich auch hierin, wie bei Bruckner vorangehen, und noch bei Lebzeiten des großen Tondichters seine Ehren= und Dankesschuld entrichten.
     Taufkirchen a. d. Tratnach, 7. Jänner 1892.
                                            Ernest Klinger, Pfarrer." (***).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189201095, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189201095
letzte Änderung: Feb 02, 2023, 11:11