zurück 8.10.1893, Sonntag ID: 189310085

Die Steyrer Zeitung Nr. 81 meldet auf S. 4, daß Bruckner am 6.10.1893 Steyr verlassen hat.
"                    Localnachrichten.
                         
    Steyr, 7. October 1893.
[...]
    Unser berühmter Landsmann Dr. Anton Bruckner verließ gestern unsere Stadt, woselbst er seit zwei Monaten bei dem hochw. Herrn Stadtpfarrer als Gast weilte, um morgen (Sonntag) der in Wien in der kaiserlichen Reitschule von Seite des Wiener Männer=Gesang=Vereines und den Philharmonikern erfolgenden Aufführung seines jüngst componirten grandiosen symphonischen Chores "Helgoland" beizuwohnen." (*)
 
Diese Meldung ist auch in der Linzer Tages-Post Nr. 231 auf S. 5 zu lesen:
"     (Personalnachricht.) Aus Steyr wird uns unterm 7. d. M. berichtet: Gestern nachmittags verließ Herr Dr. Bruckner unsere Stadt, woselbst der gefeierte Jubilar seit zwei Monaten als Gast weilte, um am 8. d. M. der in Wien in der kaiserlichen Reitschule erfolgenden Aufführung seines letztcomponierten symphonischen Chores "Helgoland" seitens des Wiener Männergesangsvereins und der Philharmoniker beizuwohnen." (*a).

Das Deutsche Volksblatt Nr. 1713 teilt auf S. 7 mit, daß »Helgoland« im Verlag Doblinger erschienen ist:
"Zum Jubiläum des Wiener Männergesangvereines.
     Als vierten Punkt seiner Festordnung hatte der Wiener Männergesangverein den Wilkommensgruß durch den Herrn Bürgermeister im Rathhause angesetzt. [... Ablauf des Empfangs, Speisenfolge ... gestriger Stadtrundgang ...].
     Das dem Wiener Männergesangverein gewidmete Tonwerk "Helgoland" (für Männerchor und großes Orchester) von Meister Dr. Anton Bruckner ist soeben im Verlage der hiesigen Firma Ludwig Doblinger erschienen.
     Dem heute stattfindenden Concert wird auch Se. Majestät der König von Sachsen beiwohnen.
     [... Geschenke und Glückwünsche ...]" (**a).

Eine ähnliche Meldung bringen auch das Fremdenblatt Nr. 278 auf S. 9:
„     (Für Männergesangvereine.) Im Verlage der Musikalienhandlung L. Doblinger (B. Herzmansky), Wien, erschienen soeben folgende Novitäten aus dem Konzertprogramm der fünfzigjährigen Jubiläumsfeier des Wiener Männergesangvereines. Anton Bruckner’s „Helgoland“ für Männerchor mit Orchester oder Klavierbegleitung, Georg Valker’s „Morgenständchen“ für Männerchor.“ (**b)

und »Die Presse« Nr. 278 auf S. 11:
"     – Für Männergesang-Vereine. Im Verlage der Musikalienhandlung L. Doblinger (B. Herzmansky), Wien, erschienen soeben folgende Novitäten aus dem Concert-Programm der 50jährigen Jubiläumsfeier des Wiener Männergesang-Vereins: Anton Bruckner "Helgoland" für Männerchor mit Orchester oder Clavierbegleitung, Georg Valker "Morgenständchen" für Männerchor." (**c),

die auf S. 13 ein Inserat Doblingers eingerückt hat:
"          Novitäten für Männerchor!
Aus dem Concert=Programme der 50jähr. Jubiläumsfeier des
     Wiener Männergesang-Vereines.
                     Anton Bruckner.
Helgoland. Für Männerchor mit Orchester od. Clavierbegl.
Partitur netto fl. 7.20, Chorst. fl. 1.44, Orchesterst. netto 7.80, Clavierauszug fl. 3.
                     Georg Valker.
[... Hinweis auf Musikalien-Leihanstalt ... ]
Ludwig Doblinger (Bernhard Herzmansky),
Musikalien-Handlung, Antiquariat und große Leihanstalt.
     Wien, I., Dorotheergasse 10. Telephon 3708." (**d)

und auf S. 12 die Aufführung des "Te deum" am 15.4.1894 ankündigt:
"     Grosser Musikvereins-Saal. Die vier ordentlichen und zwei ausserordentlichen Concerte der Gesellschaft der Musikfreunde in der Saison 1893/94, geleitet von dem Concert-Director Herrn Wilhelm Gericke, finden mit nachbenannten Programmen statt, und zwar: a) Die ordentlichen [... I. bis IV. ...] b) Die ausserordentlichen I. am 18. Februar, Mittags halb 1 Uhr: Händel, "Messias". II. am 15. April Mittags halb 1 Uhr: [... Tschaikowski, Beethoven (mit Sofie Menter) ...] Götz: 137. Psalm; Bruckner: "Tedeum. [Preise, Vorverkauf]" (**e).

Die Annonce des Verlags Doblinger erscheint gleichlautend [wie (**d)] auch in der Neuen Freien Presse Nr. 10463 auf S. 14 (**f).

Eine Annonce in der Wiener Zeitung Nr. 231 auf S. 12 weist auf die Gesellschaftskonzerte mit dem "Te deum" am 15.4.1894 hin:
"     GROSSER MUSIKVEREINS-SAAL. Die vier ordentlichen und zwei außerordentlichen Concerte der Gesellschaft der Musikfreunde in der Saison 1893/94, geleitet von dem Concertdirector Herrn Wilhelm Gericke, finden mit nachbenannten Programmen statt, und zwar: A. Die ordentlichen [... I. bis IV. ...] B.Die außerordentlichen 1. am 18. Februar, Mittags halb 1 Uhr: Händel: Messias. 2. am 15. April Mittags halb 1 Uhr: [... Tschaikowski, Beethoven (mit Sofie Menter) ...] Götz: 137. Psalm, Bruckner: Tedeum. [Preise, Vorverkauf]." (**g).

Eine Annonce in der Deutschen Zeitung Nr. 7824 auf S. 17 (gleichlautend wie **d) macht ebenfalls auf "Helgoland" aufmerksam (***a).

In einem Feuilleton im »Vaterland« Nr. 278 auf S. 1f, signiert »-n.«, zum Jubiläum des Wiener Männergesangvereins wird Bruckner als hervorragender Männerchorkomponist der neueren Zeit erwähnt:
"Zum Jubiläum des Wiener Männergesangvereines.
     Wenn der Chronist des Wiener Männergesangvereines nach den Tagen der Jubelfeier daran gehen wird, die Vereinsgeschichte weiter aufzuzeichnen, so wird er sich wohl auch durch einen Berg von Festartikeln und anderen literarischen Huldigungen durcharbeiten müssen. [... einhellige Meinung über die Bedeutung des Vereins ... über die Geschichte, die Verdienste, die Kehrseite "Liedertafelei", musikalische Besonderheiten (z. B. Homophonie), Absinken des Niveaus ("Schundliteratur"), daher in Misskredit geraten trotz vieler Meisterwerke (v. a. Schubert) ...]
     Und haben es etwa hervorragende Meister der neueren Zeit verschmäht, für Männerchor zu schreiben: Brahms, Bruch, Bruckner, Cornelius, Franz, Goldmark, Liszt, Rheinberger, Wagner?
     Und sind etwa unser Herbeck, unser Engelsberg keine Künstler gewesen, weil sie dem mächtigen Zauber des Männerchores nachgaben [... Ausblick ... Sonderstellung des WMGV ... Wandel der Publikumsgunst in Richtung gemischter Chor ... weiter gültiger Wahlspruch:]
                Frei und treu
                In Lied und That.
                                                 –n. " (***b).

Konzert anläßlich des fünfzigjährigen Jubiläums des Wiener Männergesangvereins in der Winterreitschule der Hofburg. Uraufführung von »Helgoland« mit den Wiener Philharmonikern unter Kremsers Leitung (°).
    "[...] Der große, gefeierte Meister konnte sich – wohl weniger seines hohen Alters wegen als aus bekannter Bescheidenheit – nicht entschließen, sein Werk persönlich zu dirigiren, also hatte Kremser die Leitung übernommen. [... über Silberstein ...] Die Bruckner'sche Tonschöpfung, sans phrase ein musikalischer Orkan, stellte die gewaltigsten Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Sänger, welche die ihnen vom Tondichter gewordene Aufgabe mit einer Bravour lösten, die unseren fremden Kunstgenossen Ausrufe der höchsten Bewunderung und der ungetheilten Anerkennung abnöthigten. Bruckner's farbenvolles und überaus lebendiges Tonstück, welches in jeder Wendung unverkennbar die Meisterhand des genialen Mannes erkennen läßt, stand im Mittelpunkte des Interesses. Der berühmte Contrapunktist wurde wiederholt auf das Podium gejubelt." (°a).
    Auf dem Programm stehen außerdem Werke von Franz Schubert (»Gesang der Geister über den Wassern«), Friedrich Gernsheim (»Phoebos Apollon«), Johann Herbeck (»Werner's Lied« aus »Welschland«), Eduard Kremser (»Nachtlied«), Robert Schumann (»Ritornell«), Max Bruch (»Leonidas«), Friedrich Mendelssohn (»Wasserfahrt«) und Richard Wagner (Pilgerchor aus »Tannhäuser«) (°°).
     Anwesend sind u.a. im Publikum Kaiser Franz Joseph, König Albert von Sachsen, Erzherzogin Stephanie, Erzherzog Ludwig, Erzherzog Albrecht, Erzherzog Wilhelm und Erzherzog Rainer (°°°a), Brahms, Hans Richter, Max Bruch und als Mitwirkende Gustav Walter (Tenor) und Josef Ritter (Bariton).
"... In den ersten Parket-Reihen vor der Sängertribüne hatten Platz genommen ... die Componisten Brahms, Hofcapellmeister Richter, Max Bruch, Professor Dr. Bruckner, ..." (°°°b).
     Auch eine Delegation des Philharmonischen Vereins Temeswar nimmt an den Jubiläumsfeierlichkeiten teil (°°°c).
     Überliefert sind noch folgende Namen [in welcher Funktion?]: Dr. August Schmidt (Kranzniederlegung am Grab des Gründers am 6.10.1893), Bildhauer Kundmann, Dr. Beckh (Nürnberg), Dr. Ohrmann (Hildesheim), Intendant Baron Bezecny, Bürgermeister Dr. Hermann Prix, Hugo Jüngst, Herr Christi [Kristinus?], Valker und Thomas Koschat (°°°d).
   
     [Weitere Anwesende sind im Artikel der NFP vom 9.10.1893 erwähnt].

Zu Beginn spricht Josef Lewinsky einen Prolog von Ferdinand von Saar (#).
     Bruckner wird von Kaiser Franz Joseph empfangen und vom Publikum gefeiert. Er dankt dem anwesenden Textdichter Dr. August Silberstein überschwenglich. Anschließend laden Mayfelds Bruckner zum Essen ins Hotel »Elisabeth« ein (##).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189310085, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189310085
letzte Änderung: Feb 19, 2024, 13:13