zurück 24.1.1895, Donnerstag ID: 189501245

Kollaudierung der von Josef Mauracher umgebauten Orgel der Steyrer Stadtpfarrkirche durch Martin Fuchs (Linz), Engelbert Lanz (Linz), Franz Bayer (Steyr) und Anton Seydler aus Graz (*).

Das Musikalische Wochenblatt Nr. 5 erwähnt im »Wiener Musikbrief« auf S. 55f die Aufführungen der f-Moll-Messe [am 4.11.1894], der 2. Symphonie am 25.11.1894, des Quintetts und des Chors »Um Mitternacht« [WAB 90] [am 19.12.1894] und die Absage des Konzert des Wiener Akademischen Wagner-Vereins (mit »Te deum« und 7. Symphonie) [am 21.12.1894]:
"             Musikbrief.
                          Wien.
         
  (Fortsetzung.)
     Durch die Schilderung der letzten künstlerischen Leistungen bezüglich Erfolge d'Albert's als Pianist, Componist und Dirigent bin ich etwas in medias res, d. h. in die Mitte der Concertsaison, gerathen. Um von der Letzteren ein anschauliches, stufenweise sich entrollendes Bild zu geben, muss nun wieder von Anfang angefangen werden. Das musikalische Hauptinteresse unseres Publicums gehörte bei Beginn der Saison Dr. Anton Bruckner. Es galt, das noch in die Ferialzeit (4. Septbr. 1894) gefallene 70. Geburtsfest des greisen Meisters nachträglich zu feiern, und da bereiteten unsere hervorragendsten Concertinstitute die interessantesten, würdigsten Aufführungen vor. [... f-Moll-Messe, 2. Symphonie, Quintett, "Um Mitternacht" ... 7. Symphonie und "Te deum" beim WAWV geplant (kompletter Text über den Link lesbar) ...]. Leider musste aber im letzten Augenblick von diesem so schön gedachten Festconcert Abstand genommen werden, indem sich das persönliche Befinden des Tondichters, der Mitte November wieder von Neuem schwer erkrankt war, so verschlimmert hatte, dass sein ihn sorgsamst behandelnder Arzt, Prof. Dr. Schrötter, die Hintantaltung jeder, auch der freudigsten Aufregung seines Patienten für strengst gebotene Pflicht erklärte, indem man sonst möglicher Weise den augenblicklichen Eintritt der Katastrophe zu gewärtigen hätte. (Bruckner leidet nämlich an derselben lebensgefährlichen chronischen Krankheit, welcher einst der grosse Beethoven erlag, seine Riesennatur hat ihn indess schon manches tückische Recidiv siegreich überwinden lassen – so erst kürzlich um die Weihnachtszeit, wo man für den in Wien jetzt allverehrten Meister das Schlimmste befürchtete.)
    Was die Aufführung der Fmoll-Messeim ersten Gesellschaftsconcert betrifft, [... siehe Nr. 19 (1893) S. 280-282 ... Hanslicks Verhalten und Besprechungen 1872 versus 1893 ...].
     Das Schönste aber ist: Hanslick constatirt ausdrücklich, das Publicum habe nach jedem Hauptabschnitt der Messe so lange applaudirt, bis der Componist sich dankend erhob (– unter den am stärksten Applaudirenden war, beiläufig gesagt, kein Geringerer, als Johannes Brahms –), "aber der Eindruck des Ganzen schmeckte doch schliesslich stark nach Müdigkeit und Enttäuschung". Meint er hier den seinigen (das könnte man gelten lassen) oder den des Publicums? Das Letztere rief aber ja Bruckner auch nach dem letzten Accord noch zahllose Mal hervor. Und doch will der Kritiker wieder, wie so häufig, sein Urtheil seinen Lesern, soweit sie nicht im Concert gewesen waren, als das allgemeine Urtheil weiss machen. "Echt Hanslick'sch!" werden unsere Leser bei dieser neuesten Probe der Unparteilichkeit des berühmtren Kritikers ausrufen.
     Was übrigens die Aufführung der Bruckner'schen Messe im Gesellschaftsconcert betrifft, so musste sie im äusseren Effect durch die überlegenen Chor- und Orchesterkräfte die vom Wagner-Verein gebotene natürlich übertreffen. Mehr Schwung hatte dafür die Aufführung von 1893, und lag das wohl hauptsächlich an der Verschiedenheit der Dirigenten. Man merkte deutlich, wie ungleich begeisterter Professor S. Schalk [sic], der Dirigent des Wiener Wagner-Vereins, für die Sache sei, als Hr. W. Gericke, der Leiter der Gesellschaftsconcertem so minutiös genau auch Letzterer die Aufführung einstudirt hatte. Auch vermissten wir diesmal im Gesellschaftsconcert unter den Solisten die treffliche Mitwirkung G. Walter's, und ausserdem das wunderschöne, vom "Sanctus" zum "Benedictus" führende Zwischenspiel der Orgel, welches 1893 Hr. Labor in meisterlicher Weise nach Bruckner'schen Motiven improvisirt hatte. Am tiefsten schien im Gesellschaftsconcert auf die vielköpfige, mit verhaltenem Athem lauschende Versammlung das bestrickend melodische, ganz von Wohllaut gesättigte "Benedictus" zu wirken, gewiss Einer der schönsten kirchlichen Sätze, welcher unter dem leuchtenden Vorbilde der Missa Solemnis Beethoven's – an die Bruckner überhaupt principiell anknüpft – jemals geschrieben wurde. "Ein wahrer Engelsgesang!" – hörte man nach Schluss des Concertes von diesem Stücke vielfach auf der Stiege und in der Garderobe sagen. So begegneten sich diesmal unwillkürlich die Hörer in der Einheit des empfangene Eindruckes.
                            (Fortsetzung folgt.)" [Signatur am 24.10.1895: "Dr. Theodor Helm."] (**).

(Konzert Hugo Wolfs beim Wagner-Verein (***)).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189501245, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189501245
letzte Änderung: Sep 27, 2023, 15:15