zurück 7.2.1895, Donnerstag ID: 189502075

Besprechung der 2. Symphonie durch Theodor Helm im Musikalischen Wochenblatt 26 (1895) Nr. 7, S. 81f (»Wiener Musikbrief«):
"                                    Wien.
                        
(Fortsetzung.)
     Bruckner's zweite Symphonie, wie die Erste und Achte des Componisten aus Cmoll geschrieben, was schon oft zu den seltsamsten Verwechslungen und Missverständnissen Anlass gegeben hat, bildete die Hauptnummer im Programm des Zweiten unserer jetzigen Philharmonischen Concerte. Das Werk wirkte wie eine Novität [... 20.2.1876, 26.10.1873, 25.11.1894 ... über die Form des ersten Satzes ... (der komplette Text ist über den Link abrufbar)...]. Ich muss übrigens hier selbst mit einem offenen "Pater peccavi" kommen. Ich habe den jetzt mir so klar und organisch erscheinenden Bau der Bruckner'schen zweiten Symphonie bei den Aufführungen von 1873 und 1876 durchaus nicht vollständig durchschaut, wie auch zur Genüge meine diesbezüglichen Referate im "Musikalischen Wochenblatt" verrathen. Was mich  besonders bei der ersten Aufführung am meisten störte und zum Theil noch heute ein wenig stört, waren die vielen Generalpausen des Werkes, welches darob damals – 1873 – in Wien den Spitznamen der "Pausen-Symphonie" bekam, im Gegensatz zu der harmlosen "Pauken-Symphonie" (d.h. Symphonie mit dem Paukenschlag) Vater Haydn's. "Aber, was zwischen diesen Pausen steht, gehört wohl zu dem Schönsten und Edelsten unseres gesammten Symphonieschatzes", – absichtlich gebrauche ich hier das Wort eines ausgesprochen conservativen Wiener Kritikers, des Hofrathes Dr. v. Wörz, weil hierdurch das Vorurtheil widerlegt erscheint, als wäre die Verehrung Bruckner's bei uns lediglich Parteisache, so eine Art Herzensangelegenheit einerseits der persönlichen Schüler und Freunde des Componisten, andererseits unseres Akademischen Wagner-Vereins, dessen unermüdlichen Anstrengungen allerdings der endliche siegreiche Durchbruch des Bruckner'schen Genius beim Publicum am meisten zu danken [ist]. Was Schreiber Dieses anbelangt, so hat ihm bezüglich der zweiten Symphonie Bruckner's erst das sorgfältige Studium der Partitur und wiederholte Durchspielen des von Hrn. J. Schalk verfassten ganz vortrefflichen vierhändigen Clavierauszuges (Beides bei Döblinger [sic] in Wien erschienen) mit allen Schönheiten und interessanten Zügen der Composition vertraut gemacht. [... über die Beziehung zu Beethoven (v. a. im Scherzo) ... Benedictus-Zitat aus der f-Moll-Messe ... "Geistesverwandtschaft mit Wagner" ...]. Die Aufnahme der Quasi-Novität im Philharmonischen Concert war eine äusserst warme, rücksichtlich der Mittelsätze sogar eine enthusiastische, aber nur mit Mühe vermochte der arme Meister sich von seinem versteckten Logenplatz im Musikvereinssaal aus dankend zu erheben. Er hatte sich ja – da eben ein schweres Recidiv seines chronischen Leidens im Anzug war – in den Concertsaal und von da wieder nach Hause tragen lassen müssen. Wie schmerzlich ergreifend wirkte der Anblick der ehrwürdigen Leidensgestalt auf die von den Schönheiten der Musik eben noch so beseligt gewesenen Verehrer des Tondichters!
     Beethoven's unsterbliche "Egmont"-Ouverture und Liszt's glänzendes, geistsprühendes Esdir Concert waren im Programm der Philharmoniker der Bruckner'schen Symphonie vorausgegangen. [... Richard Epstein ...]. Er bot als Spieler relativ sein Bestes, der Erfolg blieb trotzdem, wie natürlich, nur ein halber.
                (Fortsetzung folgt.)" [Signatur am 24.10.1895: "Dr. Theodor Helm."] (*).

Ankündigung der Aufführung der 3. Symphonie am 10.2.1895 und der öffentlichen Generalprobe am 9.2.1895 in der Grazer Tagespost Nr. 38:
"Steiermärk. Musikverein. | III. Concert | am Sonntag den 10. Februar 1895 | Nachmittags  halb 5 Uhr, | im Stephanien-Saale | unter Leitung des artistischen Directors Herrn | E. W. Degner. | PROGRAMM: | 1. Ouverture Nr. 1 zur Oper "Leonore"   Beethoven. | 2. Passacaglia in C-moll für Orgel  . .  J. S. Bach. | (Vorgetragen von Herrn Director Degner.) | 3. Symphonie Nr. 3, D-moll  .  .  .  .  .  .   Bruckner. | Oeffentliche General-Probe | Samstag den 9. Februar,  ½5 Uhr Nachmittags. [... Preise, Kartenverkauf ...]" (**)

und im Grazer Tagblatt Nr. 38 auf S. 12 (Inserat):
"Steierm. Musikverein. | 3. Concert | Sonntag den 10. Februar, halb 5 Uhr abends | im Stephanien-Saale | unter der Leitung des artistischen Directors Herrn | E. W. Degner. | Programm: | 1. Ouverture Nr. 1 zur Oper "Leonore". Beethoven. | 2. Passacaglia in C-moll für Orgel  . .  J. S. Bach. | (Vorgetragen von Herrn Director Degner.) | 3. Symphonie Nr. 3, D-moll  .  .  .  .  .  .  .  .   Bruckner. | Oeffentliche General-Probe | Samstag den 9. Februar, halb 5 Uhr abends. [... Preise, Kartenverkauf ...]" (***).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189502075, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189502075
letzte Änderung: Sep 28, 2023, 8:08