zurück 15.12.1896, Dienstag ID: 189612155

Die Deutsche Kunst- und Musik-Zeitung Nr. 24 bespricht auf S. 306 die Aufführungen des Quintetts am 2.12.1896 und 29.11.1896:
"     Das Quartett Fitzner, wie im vorigen Jahre bestehend aus den Herren Rud. Fitzner, J  Czerny (zweite Violine), O. Zert (Viola) und F. Buxbaum (Cello), hatte an die Spitze des Programmes seines ersten Abendes am 2. d. ein neues Quartett in A-dur von Alex. Zemlinsky gestellt; [...] Herr J. Brüll trug als zweite Nummer die große Sonate in C-moll op. 111 von Beethoven vor, der er kraftvolles und heroisch beseeltes Leben verlieh, und sodann gelangte A. Bruckner'» Streichquartett in F-dur zu äußerst gelungener Aufführung.
     Dasselbe schwierige Werk brachte einige Tage vorher Herr Duesberg an seinem siebenten Abend, den 29. November, und der überaus gefüllte Saal bewies, daß das größere Publicum besonderes Interesse an dieser Aufführung nahm. Der verstorbene Componist hätte selbst an der trefflichen Durchführung seiner Schöpfung aufrichtige Freude gehabl, alle Mitwirkenden, vom Primarius straff zusammengehalten, setzten mit größtem Eifer ihr ganzes Können ein. Im Adagio, dem schönsten Satze der ganzen Arbeit, traten die erste Viola (Fräulein v. Baumgarten) und das Cello (Herr Barthlmé) schön hervor. Herr R. Mittermüller spielte die zweite Viola. Der Beifall war überaus groß und auch ein wohlverdienter. Den Beginn des Programmes machten einige sehr hübsch und prägnant gearbeitete, kleine Phantasiestücke für Clavier (Frau Duesberg). Violine und Cello von W. Rabl, eine Art von musikalischen Tanagrafigürchen, fein und zierlich entworfen. Frl  Anna Lehnert sang dazwischen mit nicht gerade großer, aber angenehmer Stimme den Gesang der Sieglinde aus der .Walküre"; «Du bist der Lenz", eine dankenswerthe Bereicherung des Concertrepertoires, und zwei Lieder von V. Bause, die bei aller anziehenden elegischen Stimmung doch einen strafferen Satz, eine kräftiger ausgesprochene Melodieführung vermissen ließen. Im achten Abend [... zwei weitere Konzerte ... Signatur am Ende der bisherigen Besprechungen:]       O. v. Kapff." (*).

Hinweis auf das morgige Konzert [»Um Mitternacht« [WAB 90] am 16.12.1896] im Fremdenblatt (Nr. 3435 auf S. 10: „     – Der Wiener Männergesangverein veranstaltet am 16. d., Abends halb 8 Uhr, im großen Musikvereinssaale unter Mitwirkung der herzogl. sächsischen Kammer= und k. k. Hofopernsängerin Frl. Teleky und des Konzertpianisten Herrn R. Epstein sein erstes diesjähriges Konzert. Zum Vortrage gelangen Chöre von Bruckner, Kienzl, Loewe, Krug, Neubner, Engelsberg und Schubert. [... Kartenverkauf ...]." (**),

in der Neuen Freien Presse Nr. 11607 auf S. 7:
"     [Wiener Männergesang=Verein.] Der Wiener Männergesang=Verein veranstaltet am 16. d. um halb 8 Uhr Abends im großen Musikvereinssaale unter Mitwirkung der sächsischen Kammer= und k. k. Hofopernsängerin Fräulein Teleky und des Concertpianisten Herrn R. Epstein sein erstes diesjähriges Concert. Zum Vortrage gelangen Chöre von Bruckner, Kienzl, Loewe, Krug, Neubner, Engelsberg und Schubert. [... Kartenverkauf ...]." (**a)

und im Neuen Wiener Journal Nr. 1130 auf S. 3:
"     (Wiener Männergesangverein.) Der Wiener Männergesangverein veranstaltet am 16. d. M. um halb 8 Uhr Abends im großen Musikvereinssaale unter Mitwirkung der herzoglich sächsischen Kammer= und k. k. Hofopernsängerin Fräulein Teleky und des Concertpianisten Herrn R. Epstein sein erstes diesjähriges Concert. Zum Vortrage gelangen Chöre von Bruckner, Kienzl, Löwe, Krug, Neubner, Engelsberg und Schubert. [... Kartenverkauf ...]." (**b).

Die Zeitschrift »Der Kirchenchor« Nr. 12 berichtet vom Tod Bruckners und kündigt einen weiteren Artikel an (***).

Die Linzer Zeitung teilt auf S. 1376 mit, daß die Einrichtung eines Bruckner-Zimmers im Historischen Museum in Wien, wie es Theodor Reisch dem Wiener Gemeinderat vorgeschlagen habe, nicht möglich sei und sich stattdessen das Landesmuseum Linz dazu bereit erklärt habe:
"     * (Erinnerung an Anton Bruckner.) Gleich nach dem Ableben des Componisten Bruckner wurde von Seite des Testamentsvollstreckers, des Wiener Gemeinderathes Dr. Reisch, die Anregung gegeben, im historischen Museum der Stadt Wien ein Bruckner=Zimmer einzurichten, ähnlich dem Grillparzer=Zimmer, in welchem die Hinterlassenschaft Bruckners, sein Clavier, nachgelassene Handschriften, Orgelpartituren, Porträts, wertvolle Stücke des Mobiliars &c. aufzubewahren wären. Wie das „N. W. Tagbl." [13.12.1896] hört, wurde diese Anregung im Rathhause abgelehnt, und zwar wegen Raummangels, dagegen hat sich das Landesmuseum in Linz bereit erklärt, ein solches Bruckner=Zimmer zu schaffen, falls ihm der bezügliche Nachlass überantwortet wird. Es ist gewiss bedauerlich, bemerkt das genannte Blatt, daß das städtische Museum damit um eine wertvolle Bereicherung kommt. Es zeigt sich eben immer mehr, dass die Anregung des früheren Bürgermeisters Dr. Prix, gelegentlich des Regierungs=Jubiläums Sr. Majestät des Kaisers ein eigenes städtisches Museums=Gebäude zu eröffnen, wohlbegründet war.“ (°).

Diese Nachricht bringt auch die Linzer Tages-Post Nr. 289 auf S. 3:
"     (Erinnerung an Dr. Anton Bruckner.) Gleich nach dem Ableben des Componisten Bruckner wurde von Seite des Testamentsvollstrecker, des Gemeinderathes Dr. Reisch, die Anregung gegeben, im historischen Museum der Stadt Wien ein Bruckner=Zimmer einzurichten, ähnlich dem Grillparzer=Zimmer, in welchem die Hinterlassenschaft Bruckners, sein Clavier, nachgelassene Handschriften, Orgelpartituren, Porträts, wertvolle Stücke des Mobiliars etc. aufzubewahren wären. Wie das "Neue Wiener Tagblatt" erfährt [s. 13.12.1896], wurde diese Anregung im Rathhause abgelehnt, und zwar wegen Raummangels, dagegen soll sich das Landesmuseum in Linz bereit erklärt, ein solches Bruckner=Zimmer zu schaffen, falls ihr der bezügliche Nachlass überantwortet wird." (°°),

die auf Seite 4 zudem eine Gedenkfeier des Linzer Musikvereins mit der 7. Symphonie für März 1897 ankündigt:
"     (Musikvereinsconcerte.) Sonntag den 20. d. M., nachmittags, findet das dritte abschließende Abonnementsconcert des Musikvereins mit nachfolgendem Programme statt: [...]. – Im März veranstaltet der Musikverein eine Gedenkfeier für weiland Dr. Anton Bruckner, wobei dessen 7. Symphonie zur Aufführung gebracht wird. Die bei diesem Werke vorgeschriebenen 4 Wagen=Tubenbläser [sic] werden mit Mitgliedern des Wiener philharmonischen Orchesters besetzt werden." (°°°).

"Die Lyra" XX, Nr. 6 (521) teilt auf S. 5f [= S. 67f] mit, daß in Steyr ein Glasfenster zu Bruckners Andenken errichtet werden solle:
"                       Aus der musikalischen Welt.
[...]
    Zum Andenken Bruckner's. Der Ausschuß für ein Erinnerungsmal an Bruckner in der Stadt Steyr erläßt folgenden Aufruf: Das Hinscheiden des großen Symphonikers Dr. Anton Bruckner hat in der ganzen musikalischen Welt die innigste Theilnahme hervorgerufen, denn mit ihm ist ein Tondichter dahingegangen, der zu den bedeutenden Componisten der Gegenwart zählt. Bruckner war bekanntlich ein geborener Oberösterreicher und der große Meister weilte mit besonderer Vorliebe in der Stadt Steyr, wo er im Stadtpfarrhofe alljährlich Sommeraufenthalt nahm und dortselbst viele seiner unsterblichen Werke schuf. Geleitet von dem Bestreben, das Andenken an Dr. Bruckner und an seinen Aufenthalt in Steyr dauernd und würdig zu ehren, hegt man die Absicht, dem großen Todten ein Denkmal in dieser Stadt zu errichten und man glaubt dies am besten zu erreichen durch Schaffung eines Votivfensters in der Stadtpfarrkirche, in der Nähe des Chores, woselbst der Verewigte durch sein meisterliches Spiel so oft die Andächtigen erhob. Sollte die zur Herrstellung eines solchen Votivfensters nöthige Summe, welche sich auf 6000 fl. stellen dürfte, nicht aufgebracht werden können, so würde eine andere Form des Denkmales gewählt werden müssen. Zur Durchführung dieser Idee ist der unterzeichnete Ausschuß zusammengetreten und erlaubt sich, zur Aufbringung der Kosten eine Sammlung einzuleiten und alle Verehrer des verblichenen Meisters, insbesondere die musikalischen Vereine zu bitten, sich mit einem entsprechenden Beitrage gütigst betheiligen zu wollen. Spenden nímmt Herr Franz Bayer, Regenschori und Chormeister des Männer=Gesangvereines „Kränzchen” entgegen und werden dieselben in der Blättern veröffentlicht. Steyr, November 1896. Johann Redl, Bürgermeister, Obmann. Joh. E. Strobl, geistlicher Rath und Stadtpfarrer, Obmann=Stellvertreter. Franz Tomitz, Gemeinderath. Dr. Franz Angermann, Vorstand der „Steyrer Liedertafel”. Dr. Hermann Spängler, Vorstand des Männer=Gesangvereines „Kränzchen”. Eduard Werndl, Vorstand der „Gesellschaft der Musikfreunde”. Josef Tobisch, Chormeister der „Steyrer Liedertafel”. Franz Bayer, Chorregent und Chormeister des Männer=Gesangvereines „Kränzchen”, Cassier. Hermann Bachtrog, Secretär der „Gesellschaft der Musikfreunde”, Schriftführer." (#).

Auf Seite 9 ein Bericht vom Konzert am 7.12.1896, signiert "Flbg.":
"     Wiener Sängerbund. Am 7./12. fand die Gründungs=Liedertafel im Theresiensaale im "engl. Hof" unter Leitung der beiden Vereinschormeister Cubasch und Piber, bei Mitwirkung des Frl. Kattnigg (Sopran) und der Herren Franz Lustig (Harmonium)  und Dr. Anton Matosch (Dialectvorträge) statt. Der Verein brachte nachstehende Chöre zur Aufführung: [... Kremser, Schubert, Robert Schumann (Soli: Dolenz und Homolka), Göttl ...]; A. Bruckner's herrlichen und vorzüglich vorgetragenen "Germanenzug" mit überraschender Stimmenentfaltung; [... J. Piber (Soli: Dolenz, Uskoreit, Pannigl und Notthaft), C. Fischer, Neßler (Solist Panigl), Weinzierl ...]. Jede Nummer wurde mit reichlichem Beifall belohnt und auch die Einzelnvorträge erfreuten sich der besten Anerkennung; es war ein genußreicher Musikabend.                               Flbg." (#a).

Zu den Aufführungen des Quintetts [am 29.11.1896 und 2.12.1896] erscheinen Kritiken von Theodor Helm und B. Lvovsky in der Österreichischen Musik- und Theaterzeitung Nr. 8 auf S. 5f:
[Seite 5:]
"     Noch wäre zu erwähnen, dass in der vorigen Woche Bruckner's herrliches F-dur-Quintett binnen vier Tagen zweimal aufgeführt wurde. Zuerst durch Herrn A. Duesberg, dann durch Hrn. R. Fitzner. Ueber die letztere Aufführung berichtet eine andere Feder; auch die von Hrn. Duesberg's Volksquartette, unter Zuziehung eines trefflichen zweiten Bratschisten (Hrn. Mittermüller) geboten, war sehr gut einstudirt und gar wohl geeignet, dem gleich erfindungsreichen, als contrapunktisch kunstvollen Werke neue Verehrer zuzuführen. Insbesondere das wunderbare Adagio drang wieder tief zu Aller Herzen. [...]
                                                            Dr. Theodor Helm."
[auf Seite 5 und 6:]
"[...] Die Programme der diesjährigen philharmonischen Concerte müssen mich heute zu der Bemerkung veranlassen, dass sich merkwürdiger Weise die Philharmoniker ganz im conservativen Fahrwasser befinden: in den bisherigen drei Concerten gab es keine sehr hervorragende Novität und von bedeutenden neueren Werken war blos Bruckner mit seiner Siebenten Symphonie vertraten. [... auf Seite 6:]    
     Der erste Kammermusik-Abend des Quartetts Fitzner brachte als Eingangs- und Schlussnummer musikalische Contraste, wie man solche sich unangenehmer kaum denken kann: Als Schlussnummer das herrliche, in künftige Zeiten kühn hineinragende Streichquintett in F-dur Anton Bruckner's, als Eingangsnummer ein Manuscript-Streichquartett Alexander Zemlinsky's, eines Machwerkes traurigster Sorte. [... sehr harte Formulierungen, Kritik am Treiben der Clique und Claque ...] - Welchen Contrast bot der Beschluss dieses Concertes. Bruckner's Quintett! Immer deutlicher muss es einem beim Anhören dieses Werkes werden, dass der grosse Meister hier sein tiefinnerstes Empfinden und Denken geäussert hat! Von unvergleichlicher Gedrungenheit und Klarheit ist, trotz aller Licenzen, die Form, gewaltig die contrapunktische und thematische Arbeit und die Erfindung kraftvoll ohne Gleichen! Den meisten von uns war einst der Meister nicht zugänglich und schwer verständlich; langsam, aber sicher brach sich allenthalben die Erkenntniss Raum! Ich halte das Trio des zweiten Satzes und den dritten Satz, das Adagio, für die ergreifendsten und unvergänglichsten Schöpfungen, welche bis heute auf dem Gebiete der Kammermusik geschaffen wurden. Wer kann sich diesem Zauber entziehen? O, ja doch! Die beiden Grossauguren der Wiener Kritik, der Dichter und der Componist, nahmen Reissaus; und doch hatten dieselben bei Zemlinksy's Quartett so geduldig ausgeharrt! Einst wird doch auch die bessere Erkenntniss an diese vielleicht wissenden, aber verhärteten Gemüther pochen! Auch der Componist, Hr. Alexander Zemlinsky hätte sich das Bruckner'sche Quintett anhören können! Da wäre ihm vergönnt gewesen, zu lernen! Mehr, als er bei seinem Meister Hans Fuchs [Johann Nepomuk Fuchs? recte Robert Fuchs?] gelernt hat. Das Quartett Fitzner, bestehend aus den Herren Rudolf Fitzner (erste Violine), Jaroslav Czerny (zweite Violine), Otto Zert (Viola) und Friedrich Buxbaum (Violoncello), erwies sein ernstes Streben und die grosse Fähigkeit der einzelnen Spieler im Bruckner'schen Quintette. Insbesondere hatte Hr. Fitzner Gelegenheit, mit seinem schönen grossen Ton hervorzutreten; auch die Violen (im Quintette durch Hrn. Jul. Swertka ergänzt), sowie der treffliche Cellist Hr. Fr. Buxbaum boten sehr Gediegenes. Stimmung und Zusammenspiel liessen Manches zu wünschen übrig und kämpfte das Quartett im Zemlinsky'schen Werke von allem Anfang an für eine verlorene Sache. [... über die Zukunftsaussichten solcher Brahms-Epigonen ... über Ignaz Brülls Beethoven-Spiel (op.111) ...] Leider hörte ich zuletzt, vor Jahren, diese Sonate von dem unvergesslichen Hans von Bülow spielen. Möglich, das [sic] diese Erinnerung mir nicht das richtige Verständniss für die Auffassung Hrn. Brüll's aufkommen liess.        B. Lvovský." (##a).

Im selben Heft wird auf Seite 9f Bruckner im Artikel »Das Farbenhören.« von Karolus Wahlstedt erwähnt:
   "[... über seine eigenen Farbassoziationen, speziell bei Dur-Tonarten ...] Doch will ich bemerken, dass namentlich die Symphonien unserer Tonheroen, zu denen auch Bruckner gehört, ein weites Feld für einschlagende Beobachtungen offen lassen. [...] Ich schliesse mit dem Wunsche, berufenere Federn angeregt zu haben, einmal über diesen Gegenstand sich zu äussern.
   Hamburg.     Karolus Wahlstedt." (##b). 

Auf Seite 13 folgt eine Kritik zur 4. Symphonie in Frankfurt [am 30.10.1896]:
"                  Musik- und Theaterbriefe.
             Frankfurt a. M. (Fortsetzung und Schluss.)
      Drei Sonntagsconcerte des Museums liegen nun auch schon hinter uns! [... über drei Sonntagskonzerte des Museums und das 1. Freitagskonzert ...] Dem Gedächntiss Ihres am 11. October d. J. verstorbenen grossen Landsmannes Anton Bruckner war die erste Nummer des zweiten Concertes der Freitagsreihe (die „romantische” [vierte] Symphonie) pietätvoll gewidmet. Was wir an Bruckner bei dem Hören seiner Werke  immer bewundern: den unerschöpflichen Reichthum seiner symphonischen Ideen und eine naive, herzlich anmuthende Ursprünglichkeit, das trat auch bei dieser Symphonie wieder zu Tage. Die beiden Mittelsätze, das ernste Andante und das frische, von würziger Wald- und Haideluft durchzogene Scherzo gefielen am besten. [... über die mitwirkende Sängerin Maria Brema und weitere Konzerte ... Signatur auf S. 14:] A. Morin."
[die eckigen Klammern bei "vierte" sind so im Original] (##c).

Ein Artikel von I. Bolleska auf Seite 17 (Beilage) übt Kritik an der Programmzusammenstellung der böhmischen Philharmoniker und weist darauf hin, daß das tschechische Publikum keine einzige Symphonie Bruckners kenne und auch nicht mit Richard Strauss vertraut sei:
"               Musik- und Theaterbriefe.
    Prag, im December 1896. [...]
   Auf die böhmischen Philharmoniker zurückkommend, muss ich zuerst ihre Organisation als eine gänzlich verfehlte bezeichnen. Die Programme werden von einem Ausschusse zusammengestellt, welchem neben allen hervorragenden Componisten auch viele namhafte Kritiker angehören. So wird zwar die günstige Beurtheilung der Publicistik auf leichte Art anticipirt, aber eine offene Frage bleibt es, ob auch das zahlende Publicum seinen Bedarf dabei befriedigt fühlt? Ich möchte es bezweifeln. Viele Hörer haben einen weit breiteren Horizont als alle diese Kunstrathgeber, welche von dem modernsten Strömungen der instrumentalen Literatur keinen blauen Dunst zu haben scheinen. Das tschechische Publicum kennt nicht eine einzige Symphonie von Bruckner, der Name Richard Strauss klingt ihm ganz fremd [...].
   J. Bolleška." (##d).

Helm bespricht die Wiedergabe des Quintetts durch Duesberg [am 29.11.1896] und Fitzner [am 2.12.1896] auch im Pester Lloyd Nr. 304 auf S. 3:
"                    Feuilleton.
            Wiener Musikbrief
.
     Beginnen wir heute einmal mit der edlen Kammermusik, und zwar gleich mit den größten Genüssen, welche uns die auf diesem Gebiete heuer überreich vertretene Saison bisher brachte: [... kompletter Text bei www.anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=pel&datum=18961215&seite=3 ... höchstes Lob für das Joachim-Quartett ... über zwei Konzerte des Böhmischen Streichquartetts ...] Das Verdienst, zuerst nach dem Tode des Komponisten Bruckner's Streichquintett aufgeführt zu haben (das ich meinerseits zu des Meisters bedeutendsten Schöpfungen rechne), machten sich zwei wackere Wiener Künstler streitig. Herr R. Fitzner kündigte das Werk zuerst als Vortragsstück seiner Kammermusik=Abende an, aber in der Aufführung selbst kam ihm Herr A. Duesberg als Leiter des "Ersten Wiener Volksquartetts für klassische Musik" zuvor, wenn auch nur um wenige Tage. Die Wiedergabe war da und dort sehr sorgfältig einstudirt und wurde daher das ebenso erfindungsreiche, als kontrapunktisch meisterliche (meines Wissens in Budapest noch unbekannte) Werk jedesmal mit wärmstem Beifall aufgenommen. Insbesondere drang wieder der seelenvolle  Gesang des Adagios (eine Perle moderner Kammermusik) tief zu Aller Herzen. [... über weitere Konzerte ... ein "Kollege Beer" [wahrscheinlich "A. B." am 19.12.1895 und vermutlich 13.10.1896?] wird als Budapester Musikkorrespondent erwähnt ... Ferdinand Löwe als Dirigent der 5. Symphonie 1895 in Budapest ... Signatur auf S. 4:]
                                      Dr. Theodor Helm." (###).

Bericht über die Sitzung des Wiener Musikerbundes am 16.10.1896 in der Österreichisch-Ungarischen Musiker-Zeitung N2. 24 auf S. 124:
"     Wiener Musikerbund. Protokollauszug der am 16. October abgehaltenen Ausschußsitzung. [...] Der Obmann widmet dem am 11. October 1896 dahingeschiedenen Tonmeister Dr. Anton Bruckner einen warmen Nachruf und fordert die Anwesenden auf, sich zum Zeichen der Ehrerbietung und Trauer von den Sitzen zu erheben. [...]" (a).

Die Salzburger Zeitung kündigt das morgige Konzert (mit dem 2. Satz der 3. Symphonie) an (b).

Die Reichspost Nr. 303 schlachtet auf S. 10 einen am 13.12.1896 geschehenen Druckfehler für antisemitisch gefärbten Spott aus:
"    – Christliche und jüdische Tonkünstler. Man schreibt uns: Wie geläufig den Judenblättern der Name "Anton Bruckner" schon ist, geht aus einem Berichte des "Neuen Wiener Tagblatt" vom 13. d. M. hervor., wo der Verstorbene als "Franz" Bruckner auftritt. Da kann man noch auf nachstehende kleine Irrungen rechnen: Franz Mozart, Amadeus Beethoven, Ludwig v. Schubert. Anders verhält es sich mit Krakauer, Meyerbeer, Brahms, Goldmark, für welche diese gewisse Zeitungen schon Clichés besitzen dürften." (c).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189612155, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189612155
letzte Änderung: Feb 27, 2024, 23:23