zurück 14.1.1886, Donnerstag ID: 188601145

Besprechung des »Te deums« [10.1.1886] (mit Bemerkungen zum Quintett [7.1.1886]) durch Dr. Hans Paumgartner in der Wiener Abendpost (Beilage zur Wiener Zeitung) Nr. 10 auf S. 1f:
           »Feuilleton.
                Concerte.

                     II. *)
[Fußnote: »*) Siehe "Wiener Abendpost" Nr. 9.«]

    Die ersten Tage des neuen Jahres gehörten unserem genialen Anton Bruckner. In dem dritten Hellmesberger'schen Quartettabende wurde das prächtige Bruckner'sche Quintett, welches bereits im verflossenen Jahre so durchschlagenden Erfolg errungen hatte, mit erneutem jubelnden Beifalle wiederholt, und im dritten Gesellschaftsconcerte kam Bruckners "Te=Deum", welches bereits in einem Concerte des Wiener akademischen Wagner=Vereines mit Klavierbegleitung zu Gehör gebracht worden war, nunmehr zur ersten orchestralen Aufführung. In C-dur, grandios in den herben Quinten des Orchesters an Beethoven'schen Tongeist anklingend, hebt in felsenfestem Glauben der Gesang des Chores an. Mehrfach wechselt Soloquartett mit den Massen des Chores sinnreich ab. Der Schönheiten dieses wahrhaft erhabenen Werkes sind so viele, daß uns für eine erschöpfende musikalische Analyse desselben hier kaum Platz bleibt. Von ganz besonders ergreifender Wirkung erschien uns bei der Aufführung die Stelle im dritten Absatze: "Tu devicto mortis aculeo aperuisti credentibus regna coelorum", in welcher über den brütenden Chormassen eine herrliche Melodie der Oboe so verheißungsvoll emporschwebt. Eine Machtfülle von Kraft und hoher Empfindung thronen in diesem wahrhaft genialen Werke. Hat Bruckner mit seinem Streichquintette sich einen bleibenden ersten Platz in der Kammermusik errungen (wer wird je wieder nach ihm ein so seeliges Adagio in Tönen dichten?), so hat er sich mit seinem "Te=Deum" würdig neben Bach und Beethoven gestellt. Denn von solch einem Geiste ist auch in das Bruckner'sche Werk lebendig=kräftig eingeströmt. Der Erfolg des Te=Deum war ein ungewöhnlich stürmischer und jubelnder, das Publicum wurde nicht müde, den genialen Ober=Oesterreicher mit dem mächtigen Charakterkopfe und dem Wesen voll Treuherzigkeit und Gemüthsinnigkeit immer und immer wieder zu rufen. Hans Richter hat mit ganzer Liebe sich dem Werke hingegeben, und Chor, Orchester und Soloquartett (die Damen Ulrich=Linde und Zips und die Herren Erxleben und Graf) thaten ihr Bestes zu Ehren Bruckners. Das dritte Gesellschaftsconcert brachte außerdem [... über die weiteren Programmnummern ... über das Konzert Hellmesbergers, ohne Bruckners Quintett nochmals zu erwähnen ... über weitere Konzerte ... Signatur am Ende:] dr. h. p.« (*).

Fortsetzung von Theodor Helms Artikel über Bruckner [30.12.1885] im Leipziger Musikalischen Wochenblatt Nr. 3 auf S. 34f:
           »Biographisches.
                Anton Bruckner.
                    
II.
    Schon in unserem ersten Artikel wurde erwähnt, wie glänzend Bruckner im Jahre 1861 die Maturitätsprüfung aus dem Contrapunct bestand, welcher er sich freiwillig in Wien vor einer aus den ersten Autoritäten zusammengesetzten Prüfungscommission unterzog. [... weitere drei Jahre Studium, 1. Symphonie in Linz, Kennenlernen Richard Wagners; Beifall für 2. Symphonie, aber kein Verleger; ausführlich über die Widmung der 3. Symphonie und spätere Kontakte mit Wagner. Trauergesang im Adagio der erfolgreichen 7. Symphonie ...] Gleichsam inspirirt und wie auf einen Wink von oben schrieb er seinem so heiss verehrten Lieblings-Meister schon im Voraus die würdigste Trauermusik: man mag das einen Zufall nennen; jedenfalls war es aber dann ein sehr seltener und bedeutsamer Zufall.
(Schluss folgt.)« (**).

Kalendernotiz Bruckners (bei den Gebetsaufzeichnungen): »Hudetz, 6. Bez. Dreihufeisengasse 11.« (***).

(Öffentliches Konzert des Wiener Konservatoriums (°)).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188601145, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188601145
letzte Änderung: Mai 13, 2024, 13:13