zurück 22.4.1891, Mittwoch ID: 189104225

Brief Bruckners an Levi:
    Dankt für den Brief. Die 8. Symphonie (dem Kaiser gewidmet) habe er ja Levi und nicht Weingartners zu kleinem Mannheimer Orchester zugedacht. Legt die [Kopiatur]Rechnung bei. Dankt wegen [Übersendung der Stimmen der 4. Symphonie an] Gutmann. Was Levi von Mottl und Sucher (Berlin) halte? Hans Richter habe sich in der Neuen Freien Presse [24.12.1890?] als der Dirigent mit den meisten Bruckner-Aufführungen bezeichnet. Erfolge der 3. Symphonie in Prag [14.2.1891], Linz [eine weitere Aufführung 1891? oder 21.12.1890 gemeint?] und Salzburg [9.4.1891]. Geplant in London (*).

II. (IV.) Interner Abend des Wagner-Vereins mit Werken von J. S. Bach, Liszt, Berlioz, Hugo Wolf, Beethoven und Wagner. Mitwirkende: Ferdinand Foll, Quartett Duesberg, Ferdinand Löwe, Marianne Brandt, Bettina Benseler, Frl. Lechky, die Herren Moriz Lind, Carl Giannoni, Rudolf Bibl und Drescher (**).

Kalendernotiz Bruckners (bei September 1890):
    »22. April 891 Fußnägel beschnitten. 22. April auch Handnägel. ferner 22. April Haarschneiden u Rasiren lassen.« (***).

Dritter Teil eines Feuilletons von Balthasar Pfisterer »Aesthetische und nichtästhetische Gedanken über eine Symphonie« [veranlaßt durch die 3. Symphonie am 9.4.1891] in der Salzburger Chronik Nr. 91 auf S. 1f:
"Aesthetische und nichtästhetische Gedanken über eine Symphonie.
               Von Balthasar Pfisterer.
                      (Fortsetzung.)
     In Bruckner's D-moll=Symphonie haben wir keine Schablone, wenn es sich auch an die althergebrachten Formen hält, wir haben wirklichen Genuß vor uns und zwar einen originellen Geist, der sich nicht begnügt, Gelerntes wiederzukäuen, sondern Neues und Schönes und darum auch wahrhaft Künstlerisches zu schaffen.
     [... Erfindungskraft, Ideenreichtum, kontrapunktische Kunst ... detailliert über den Satzbeginn und die Expostition ...]
                     (Fortsetzung folgt.)" (°).

Vom Konzert der Liedertafel »Frohsinn« am 20.4.1891 berichten
die Linzer Zeitung auf S. 455 (signiert "K."):
"Gründungsfest=Concert der Liedertafel "Frohsinn".
     Die Liedertafel "Frohsinn" ist bei ihrem gestern [sic! die Datierung der Kolumne ist in der Kopie nicht erkennbar] abgehaltenen 46. Gründungsfest=Concerte von einer seit einer Reihe von Jahren eingehaltenen Uebung, der Veranstaltung sogenannter Componistenabende abgegangen. Das Programm war wieder einmal ein gemischtes und auch recht gut gewähltes. [...]
     Aus Bruckners "Germanenzug", mit dem unser gefeierter Landsmann bekanntlich beim Linzer Sängerfeste im Jahre 1868 [sic! recte 1865] den ersten [sic] Preis errang, spricht jene gewaltige Erfindungs= und Gestaltungskraft, die wir an dem Symphoniker Bruckner bewundern. Den orchestralen Theil hat der Componist durch Hinzufügung des Streichquartettes erweitert. Die Liedertafel hat auf das Studium dieses Chores große Sorgfalt verwendet und erzielte mit demselben eine hervorragende Wirkung.
[...] In die Direction des gelungenen Concertes theilten sich die bewährten Chormeister des "Frohsinn" die Herren Floderer und Arnleitner.            K. (°°),

das Linzer Volksblatt Nr. 91 auf S. 3:
     "Tagesneuigkeiten aus Stadt und Land.
                              Linz, den 21. April 1891.
[...]
46. Gründungsfest-Concert des Liedertafel "Frohsinn".
     Der älteste Gesangverein unserer Stadt, die Liedertafel "Frohsinn", hielt gestern sein 46. Gründungsfest=Concert ab. [...] sang drei große Chöre, nämlich: "Schlachtgebet" von Josef Rheinberger, "Germanenzug" von Anton Bruckner und "Die Allmacht" von Schubert in der Bearbeitung von Franz Liszt. Rheinbergers "Schlachtgesang" [...] ist eine Composition voll Kraft und edlem Feuer; Bruckners "Germanenzug" ist eine der schönsten und ergreifendsten Compositionen für Männerchor; es findet sich im "Germanenzuug" nichts alltägliches oder gemachtes, sondern das Feuer heller und wahrer Begeisterung lodert aus den gewaltigen Accorden. [... Schubert/Liszt ...] Die Liedertafel "Frohsinn" sang diese drei Chöre so, wie man es von einem ersten Gesangverein erwarten kann und darf; [... etwas gedrückte Stimmung, Tenöre nicht glänzend genug  - wegen ungünstiger Witterung? ... Mitgliederschwund ... bei Schubert drei Tenorsolisten (Donabauer, Poscher und Erhardt) statt einem (dennoch schwächerer Effekt!) ...] es gilt auch vom "Germanenzug", bei welchem das Soloquartett von einem dreifachen Quartette gesungen wurde. [...]
     [... Mitglieder des Musikvereins und Theaterorchester ...] Das Orchester besorgte auch die Begleitung der beiden Männerchöre "Germanenzug" und "Die Allmacht" in wirkungsvoller Weise; bei dem Finale aus den "Meistersingern" wäre eine discretere Begleitung nicht allein sehr wünschenwert, sondern auch mit leicher Mühe zu erzielen gewesen. Herr Vereinschormeister Wilhelm Floderer leitete das Concert mit großer Umsicht. Das Concert war sehr gut besucht und das Publicum spendete reichen Beifall.    M. S." (°°°)

und die Linzer Tages-Post Nr. 91 auf S. 5, signiert "Dr. -zl.":
     "       "Liedertafel"-Concert.
                                  Linz, 21. April.
     Die Liedertafel "Frohsinn" bildete mit ihrem gestrigen 46. Gründungsfest=Concerte wohl den letzten Ausläufer der heutigen Concertsaison. Sie hatte für dieses Concert, das im Redoutensaale abgehalten wurde, ein höchst fesselndes Programm zusammengestellt: Volkmann, Brahms, Schubert, Bruckner, Wagner - wahrhaftig keine schlechte Gesellschaft, in der wir uns gestern befanden!
     [... Orchester unter Floderer ... Volkmann, Rheinberger ...] Dann folgte unser Anton Bruckner mit seinem Männerchore mit Orchesterbegleitung "Germanenzug", einer Schöpfung der früheren Periode des Meisters. Höchst bemerkenswert ist auch schon in diesem Werke der Zug ins Gewaltige, Heroische, sowie die große Eindringlichkeit seines musikalischen Ausdruckes. Auch hier ist wie in den Symphonien die Farbenwirkung des Tongemäldes, um mit den Malern zu sprechen, eine glänzende, goldige, daher auch Bruckners Vorliebe für die Blechinstrumente. Der höchste wirksame Chor wurde von der Liedertafel "Frohsinn" kraft= und schwungvoll gesungen.
     Der Meister des "Grau in Grau", im Colorite das reine Gegentheil Bruckners, Johannes Brahms, war mit einem sechsstimmigen gemischten Chore mit Clavierbegleitung "Tafellied" (Dirigent Herr Arnleitner) vertreten. [... "erzwungene Heiterkeit" ...]
     [... Schubert, Wagners Vorspiel zum 3. Akt und Schlußszene der "Meistersinger" "Verherrlichung der gesammten deutschen Kunst") ]
     [... Klage über die Teilnahmslosigkeit des Publikums - Undankbarkeit ... Applaus ist zwar kein Maßstab], aber immerhin war es der Schein - wenn auch vielleicht nur der Schein - einer Theilnahmslosigkeit, den uns die Aufnahme der Vorträge im gestrigen Concerte machte. Einer Zuhörerschaft, die bei Schubert, Bruckner, Wagner so kalt bleibt, sollte man eigentlich auch zurufen: "Ehret eure deutschen Meister!"
                                                        Dr. -zl." (#).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189104225, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189104225
letzte Änderung: Mai 23, 2023, 11:11