zurück 14.1.1896, Dienstag ID: 189601145

Datierung »14. | Jänner« ["14. | Jänn" noch lesbar, oder recte "Jäner"?] in einer Skizze zum Finale der 9. Symphonie [siehe Anmerkung] (*).

Das Konzert vom 12.1.1896 mit dem »Te Deum« wird besprochen

im Illustrierten Wiener Extrablatt Nr. 13 auf S. 5, signiert »k. st.« [= Königstein]:
„       Theaterzeitung.
[...]
     Zweites Gesellschaftsconcert.     Herr Richard v. Perger versteht es, interessante Programme zusammenzustellen. Er bringt Vieles, um Jedem Etwas zu bringen. Das vorgestrige zweite Gesellschaftsconcert trug jeder Geschmacksrichtung Rechnung. […]. Der Faschingsstimmung entsprachen J. Herbeck’s lange nicht aufgeführte „Tanzmomente“ und dem Herzen der Bruckner=Verehrer that die Wiederholung des grandiosen „Te Deum“, das zuletzt vor vier Jahren unter Gericke’s Leitung aufgeführt worden ist, wohl. Sämmtliche Programmnummern erfuhren unter der ausgezeichneten Leitung Perger’s eine mustergiltige Wiedergabe und eine stürmisch beifällige Aufnahme bei dem überaus zahlreichen Publicum. Brahms’ „Es geht ein Wehn“ gelangte sogar zur Wiederholung.
                                            k. st.“ (**),

in der Ostdeutschen Rundschau Nr. 13 auf S. 7:
"     Zweites ordentliches Gesellschaftskonzert. Eine Woche nach dem stürmischen Erfolge der romantischen Symphonie im philharmonischen Konzerte begegneten wir unserem Altmeister Bruckner im Gesellschaftskonzerte wieder, diesmal mit einem prächtigen Tedeum, welches sich seit seiner Entstehung im Jahre 1884 allgemeiner Beliebtheit erfreute. Es ist aber auch ein Werk wie aus einem Gusse, voll Glanz und Majestät, in welchem sich die Glaubenszuversicht in unvergleichlicher Weise ausdrückt. Welch' ein seliges Gottvertrauen in dem licht und melodisch einschmeichelnd aufgebauten Schlußsatz: "In te, Domine, speravi, non confundar in aeternum!" Die Aufführung unter Perger's Leitung wurde im Ganzen und Großen dem Werke gerecht; von den Solis waren wenigstens die Hauptstimmen (Tenor und Sopran) durch Herrn Dippel und Fräulein Sophie Chotek sehr gut vertreten. Im Uebrigen mußte man den Genuß des Werkes dadurch erkaufen, daß man vorher ein Programm von seltener Oedigkeit über sich ergehen ließ. [... Rameau/Mottl, Brahms-Chöre, Herbecks "Tanzmomente" (Pergers "Sünde wider den ... guten Geschmack"), "langweilige Walzerreihe" ...]. – Alle Achtung vor Herrn von Perger als Dirigenten, aber wir gewinnen immer mehr den Eindruck, als verstände er das Zusammenstellen von Vortragsordnungen nicht recht. [... nächstens Massenet! ...] An nichtige Aufgaben werden die glänzenden Kräfte des Gesellschaftsorchesters und des Singvereines verschwendet, während eine Unzahl großer Meisterwerke Jahre und Jahrzehnte lang einer Neuaufführung harren!
                                            Hagen." (***)

und im Pester Lloyd Nr. 12 auf S. 5f (»Wiener Musikbrief« von Theodor Helm); diese Zeitung geht auch noch auf die Aufführung der 4. Symphonie [am 5.1.1896] ein:
"                Feuilleton.
          Wiener Musikbrief.

[Inhaltsübersicht]
     Das Ereigniß der Oper ist die ungemein erfolgreiche Erstaufführung des musikalischen Schauspieles "Der Evangelimann" von Dr. Wilhelm Kienzl. [... kompletter Text bei www.anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=pel&datum=18960114&seite=5 ... über Kienzls Werk und die Aufführung ...]
     Aus dem Konzertsaal sind vor Allem zwei interessante Bruckner= Aufführungen zu melden. [... die 4. Symphonie eingängiger als die von Löwe in Budapest aufgeführte 5. Symphonie ... Herbecks Lob 1877 ... Philharmoniker zögerten lange mit der Aufführung, machten dies wett "durch eine besonders schöne Aufführung" ... Lob für Bratschen und Celli im langsamen Satz ... über die anderen Werke zu Beginn des allzu langen Programms ...] fast geflissentlich  darauf angelegt, dem armen Bruckner einen sonst beinahe verbürgten großen Erfolg zu erschweren. Und auch im heutigen Gesellschaftskonzert befand sich Bruckner nicht in der rechten Umgebung, hier war es nicht die Länge, sondern die styllose Buntheit des Programms, welche die Wirkung des an den Schluß gestellten großartigen Tedeums empfindlich beeinträchtigte. [... Werke von Rameau/Mottl, Brahms und Herbeck (Faschingsstimmung!) ...] Gleich darauf kam aber wie hereingeschneit Bruckner's "Tedeum": ein jäher Sprung vom Ballsaal in einen erhabenen Gottesdom! Man kann es dem Publikum nicht einmal verdenken, wenn nicht Alle Lust hatten, so unvermittelte Stimmungskontraste auf sich wirken zu lassen. Leider war auch die Aufführung des psalmistisch=begeisterten Werkes durchaus keine musterhafte, sorgfältig studirt nur in Chor und Orchester (aber auch hier nicht zu schwungvoll), theilweise geradezu ungenügend in dem höchst wichtigen Soloquartett. Sehr schön wurde aber die grandiose, überaus schwierige Schlußfuge herausgearbeitet, deren Wirkung sich die bis dahin etwas apathischen Hörer nicht entziehen konnten. Stürmischer, nicht enden wollender Beifall brach los, als man des greisen Komponisten im Hintergrund einer Parterreloge ansichtig wurde. Aehnliche Ovationen hatte Bruckner für seine "Romantische Symphonie" im philharmonischen Konzert erfahren, welchem er zur freudigen Ueberraschung seiner vielen Wiener Verehrer gleichfalls beiwohnte, relativ besser aussehend, als vor Jahresfrist, da das irdische Dasein des genannten Künstlers nur mehr nach Stunden zu zählen schien.
   [... über das Konzert vom 29.12.1895 und andere Konzerte ... Signatur auf S. 6:] Dr. Theodor Helm." (°).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189601145, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189601145
letzte Änderung: Nov 29, 2023, 15:15