zurück 29.10.1896, Donnerstag ID: 189610295

A. Geschehenes (Ereignisse)

Die von Theodor Reisch am 27.10.1896 eingereichte Erbschaftserklärung der Erben Ignaz Bruckner und Rosalia Hueber wird vom Bezirksgericht Wien anerkannt (*).

B. Gedrucktes (Zeitungsartikel)

Artikel »Erinnerungen an Anton Bruckner« von Hedwig Abel im Fremdenblatt Nr. 298 auf S. 13f: „
                  Feuilleton.
      Erinnerungen an Anton Bruckner.

     Sie haben seinen Leib begraben, nicht in dem stolzen Dom zu Linz, wo ihm Bischof Rudigier seine Grabstätte verheißen, sondern in der bescheideneren Stiftskirche des Heimatsortes St. Florian. Geleitet von sechzig Geistlichen, ist er in die Gruft, dicht unter der großen Orgel, gesenkt worden, um nicht weit gehen zu müssen, wenn es ihn gelüstet, Nachts aufzustehen und eine sechsstimmige Fuge aus den todten Fingern und Beinen zu schütteln, wie er es im Leben so gern gethan. Denn der größte Organist seiner Zeit ist mit ihm verstorben. Er war ein moderner Sebastian Bach, aber unangefochten von dessen protestantischer Zweifelsucht, vielmehr erfüllt von der kindlichen Glaubensseligkeit eines Girolamo Frescobaldi. Das Häuschen zu St. Florian, in welchem er viele Jahre als Schulgehilfe hingedämmert, wird bald ein Täfelchen mit einer Inschrift tragen; das wird der Adelsbrief des Gebäudes sein. Der ihn dem Hause eingebracht, hat freilich seine beste Zeit in ihm verloren. Als Bruckner sein Leben begann, waren schon dreißig Jahre desselben verflossen; als Siebziger war er erst vierzigjährig mit dem Aussehen eines Achtzigers. Seine Gestalt mit den stampfenden Elefantenbeinen, vor Allem sein Kopf, werden den Wienern noch lange gegenwärtig sein. Solche Köpfe sind in Oberöster reich und auch in Wien selten. Jeder Zug monumental, scharf gekantel und umrissen, bestimmt, in hartem Material weiterzuleben. Namentlich der sorgfältig enthaarte, ganz rund gebosselte Schädel, durch dessen harte Rinde die Vernunft nur schwer Eingang fand, ist einem ausschließlich plastischen Bedürfniß der Natur entsprungen Man erinnert sich in Wien noch einer Bronzebüste Bruckner's, die vor einigen Jahren in der Kunstausstellung viel Aufsehen machte. Das blanke Eirund des Schädels, die scharfe Geiernase, das vorspringende Kinn, der tief eingebettete zahnlose Mund, die kreuz und quer über das ganze Gesicht laufenden Furchen zogen die Menge an. „Ein römischer Tyrann", sagten die Männer. „Ein Großinquisitor", lispelten die Frauen. Ach nein, meine Herren und Damen! Kein Tyrann, kein Großinquisitor, blos ein oberösterreichischer Bauer, Professor Dr. Anton Bruckner. Seine schädlichste Eigenschaft war ein bischen Genie und sein Tyrannenkopf, der Sie so sehr erschreckte, ein Gefäß der Gutmüthigkeit selbst. Und nun Ihr Phrenologen und Physiognomiker, erklärt doch diesen Widerspruch zwischen Sein und Scheinen! Nach Eurer Theorie muß ein solcher Schädel Könige entthronen, Grenzen verschieben und Völker entzweien. Eine solche Nase unterschreibt Todesurtheile, läßt köpfen und hängen, ist unersättlich im Genießen und Vernichten. Dieses Kinn hat einen Willen von Eisen, besiegt sich und Andere und faßt Vorsätze, die Niemand erschüttert. Und in Wirklichkeit nichts von alldem. Bruckner war ein Kind, lange bevor er in seine zweite Kindheit trat, und zugleich ein Bauer: argwöhnisch und naiv, hartköpfig und weichherzig, gutmüthig und grob wie ein Bauer. Aus seiner engen Lebenssphäre ist er geistig nie herausgetreten, ausschweifend an ihm war nur seine musikalische Phantasie, ein wunderliches Zwittergeschöpf Beethoven= und Wagner'schen Geblüts. Kindlich und kindisch zugleich, freute er sich herzlich seiner Orden und seines Professor= und Doktortitels, obgleich er nie wirklich Professor und Doktor war. Alles Ordnungsmäßige, durch Statuten Bedingte und Besiegelte ging ihn mühselig von der Hand. Er war ein Kurpfuscher des Kontrapunktes wenn er ihn als Lehrer, also bewußt, üben sollte, er war sein Meister, wenn er ihm unbewußt, in freier Improvisation, an der Orgel aus den Fingern quoll. Eine sechsstimmige Fuge mit zwei Subjekten und Kontrasubjekten und sinnreichen Episoden aus dem Stegreif hinzulegen, war ihm ein Kinderspiel. An der Uebungsorgel des kleinen Musikvereinssaales erfreute er sich und seine Schüler mit solchen Spässen, bis das Instrument unter seinen wühlenden Fingern und stampfenden Beinen ächzte und stöhnte. Dann sprang er wohl im Drange des Erfindens auf und zog voll Kampfeslust an der Spitze seiner Jünger in den großen Saal, zu der großen Orgel, um ihnen auf dieser etwas vorzudonnern. Dort saß auch zu Zeiten der treffliche Josef Labor, ein sanfter Manualist, der sich der feineren Künste der Mixturen und Register befliß. Diesen verachtete Bruckner vielleicht in der Tiefe seines Herzens, denn nach seiner Ansicht mußte ein Gebäude auf dem Unterbau, folglich das Orgelspiel auf dem Pedalspiel ruhen. Er war ein gewaltiger Pedalist, wie Bach und Buxtehude, und zugleich der Letzte jener mannhaften Organisten, die sich, stark in Glauben, mit Händen und Füßen in den Himmel hineinmusizirten. Bruckner's unwiderstehliche Beredsamkeit auf der Orgel hat seine Orgelschüler in scheuer Demuth vor ihm erhalten. Von diesen ist er verehrt, ja gefürchtet, von den Anderen blos geliebt und ausgelacht worden. Als es eines Tages im Konservatorium hieß, daß der bisherige Orgelprofessor Bruckner nun auch Harmonielehre und Kontrapunkt unterrichten würde, ging eine laute Fröhlichkeit durch das Haus. Und als Bruckner in seinen weitesten Beinkleidern, mit seinen buntesten Halstuch und seiner größten Schnupftabaksdose in den zweiten Stock hinaufgestampft kam, hatte er keinen geringen Zulauf. Einer der Schüler wollte ihm gratuliren, da sagte er blos: „Du V . . chk . . l!“ Das klang wie der tiefste Ton auf der Orgel der Rührung. Ehe er sich ins Schulzimmer begab, ging er zur Wasserleitung, drehte den Hahn ganz auf und wusch sich lange und eindringlich das bartlose Gesicht und den kahlen Schädel. Triefend schritt er dann in das Lehrzimmer, es der im Konservatorium immer vorhandenen Zugluft überlassend, ihm Gesicht und Kopf zu trocknen.
     Im Laufe der Zeit hat er seine Schüler freilich wenig gelehrt, und von der steifen Weisheit Simon Sechter's, die er in Massen zu sich genommen, haben sie fast nichts erfahren. Dafür hat er ihnen viel erzählt und sie weidlich geschimpft. Im Grunde ahmte er nur nach, was Hellmesberger ein Stockwerk tiefer that. Hellmesberger schimpfte und erzählte, und Bruckner erzählte und schimpfte. Aber Hellmesberger biß auch, und das that Bruckner nie. Er hätte es auch mit einem ganz neuen Gebiß nicht gethan. Er schimpfte aus Freude am Schimpfen, und zwar im treuherzigen oberösterreichischen Dialekt, nicht in bissigem Wienerisch. Seine Schüler hätten es als Kränkung empfunden, von ihm nicht „titulirt" zu werden. Das Schimpfwort war eben sein Schwert, die Anekdote sein Schlachtroß. Der alte Johann Josef Fux mag den Staub, der ehemals sein Körper gewesen, im Grabe umgedreht haben, wenn er zusah, wie der Professor des Kontrapunkts von der Erklärung eines Intervalls flugs zum Bischof Rudigier, von diesem zu englischen Orgeln, und dann (vermuthlich mittelst Rundreisebillets) zum König Ludwig von Baiern reiste. König Ludwig, Bischof Rudigier und die Reise nach England bildeten die drei Angelpunkte von Bruckner's Beredsamkeit; in diese drei Namen war all sein Erlebtes eingeschlossen, das ihm, dem Bauer, bis zur letzten Stunde groß und wunderbar dünkte. Dieses Wunderbare Jedem, der in gewissermaßen hörigem Verhältniß zu ihm stand, wieder und immer wieder mitzutheilen, selbst wenn der Kontrapunkt darüber in Stücke ging, war ihm Bedürfniß. Den Wunsch, mit Hochgestellten, Vielvermögenden auf einer Stufe zu stehen, hat er gleichwohl nie gehegt. Er war ein loyales Gemüth mit dem angeborenen echt österreichischen Bedürfniß, den höheren Rang zu ehren, unten zu stehen, um besser nach oben blicken zu können. Sein später Ruhm betraf ihn eher peinlich als freudig. Die ihn erhöhten, erhöhte er durch demüthige Dankbarkeit. Vor seinen unmittelbaren Vorgesetzten, den Konservatoriumsgöttern, erniedrigte er sich freiwillig bis zur tiefsten Devotion. Niemals wusch er sich aufgeregter Kopf und Antlitz, als wenn einer seiner Orgelschüler sich bei einer öffentlichen Gelegenheit auszeichnen sollte. Nicht die Menge, sondern den Direktor und den Direktionsrath fürchtete er. Wachsam stand er an der Seite des Spielenden, zog ihm eigenhändig die Register, bediente ihn, wie ein Ministrant den messelesenden Priester, und beugte wohl gar, wenn das volle Werk brauste, das Knie, wie vor dem Allerheiligsten. Dann kam der Augenblick, da ihn der Direktor zu sich hinabwinkte. Von der Höhe des amphitheatralisch aufgebauten Podiums sprang Bruckner mit gleichen Elephantenfüßen von Stufe zu Stufe in die Tiefe. Die Pluderhosen blähten sich im Sprung, die Halstuchzipfel flatterten erregt; es war ein köstlicher Anblick, kein Zwerchfell blieb ungerührt. Unten angelangt, empfing er mit tiefem Kratzfuß den leichten zierlichen Händedruck Hellmesberger's. Die Sonne der Gnade leuchtete über ihm, er war glücklich.
     Eines Tages nahm er seinen Abschied. Vermuthlich keinen ganz freiwilligen. Man flüsterte, daß der Direktionsrath keinen Professor der Anekdote besolden wollte, sintemalen dieses Fach sich im Lehrplan nicht vorfand. An dem Tage, als Bruckner das Konservatorium verließ, starb er zum erstenmale. Das Geleite, das ihm seine Schüler gaben, war ein Trauergeleite. Er wollte nicht weinen, aber er schnupfte bitterlich. Es hatte ihn doch schwer getroffen: Herz und Tasche zugleich. Einige Jahre noch versah er sein Scheinamt an der Universität, wo er zahlreiche männliche und weibliche Hörer besaß, die nichts bei ihm lernten. Sein amtlicher Titel lautete „Lektor", aber auch da war er blos Narrator, Erzähler. Ueber den Anfang der Anfangsgründe kam man niemals hinaus, einen bezifferten Baß auszuarbeiten, ist wohl keiner der Hörer im Stande gewesen. Ab und zu nagelte Bruckner schwere Pfundnoten an die Tafel, die er mit seinem liebsten Kosenamen „V . . chk . . l“ belegte. Für die Damen zeichnete er zuweilen auch nette kleine Viertelnoten, mit weißen statt schwarzen Füllköpfchen, Alles natürlich nur als Randglossen zu seinen Erzählungen über den König Ludwig, den Bischof Rudigier und die Reise nach England.
     Noch vor seinem siebzigsten Geburtstag verließ er die Universität. Eine Jahresrente, ein Ehrensold und eine Wohnung in kaiserlichen Belvedere erlaubten es ihm, müßig zu sitzen. Nur ab und zu ging er in die brausende Oeffentlichkeit hinaus, wenn eine seiner Symphonien oder Messen aufgeführt und geehrt wurde, wie ein geborner Beethoven. Lange hielt er sich auf den massiven Beinen, endlich wankte er. Das Leben hatte ihn doch zu barsch angelassen, es blieb ihm keine Kraft übrig, seinen spätgeborenen Ruhm zu genießen. Im Ganzen hat er einen trüben Lebensabend verbracht. Lorbeer ist ein bitteres Kraut, zumal wenn er zu spät kommt. Vielleicht fühlte Bruckner auch, daß seine plötzliche Volksthümlichkeit zu gleichen Theilen der Schaulust des Wiener Publikums und seinem noch immer so lebendigen Bedürfniß nach der „Hetz'“ entsprang. Ein Bruckner im Frack, von gutbürgerlichem Herkommen hätte vielleicht ein schwaches Echo erweckt, der alte Bauer im Flausrock und in Pluderhofen, den ein König und ein Bischof begünstigt, der englische Orgeln in Grund und Boden gespielt und in einem kaiserlichen Lustschlosse wohnte, der war eine „Hetz". Der Hetz' halber wurde er herausgerufen, mit Lorbeerkränzen überschüttet begehrte man ihn fünfzehn, zwanzigmal zu sehen. „Er ist reizend," sagten die Damen, „so uralt".
     Als die Beine nicht mehr die Pedale zu treten vermochten, begann auch der granitharte Römerschädel zu verfallen. Mehr und mehr entwich das Leben aus ihm. Eine Legende erzählt, daß Brucknen bis zu seinem Tode an der Vollendung einer neunten Symphoni arbeitete. Er mag die Absicht gehabt haben. Es ist ein wohl königliches Los, nach einer neunten Symphonie zu sterben, wie Beethoven. Bruckner ist an ihr gestorben. Wie er sie, ohne Schlußsatz, hinterlassen, mag sie schon lange in seinem Pult gelegen haben. In dem halb kindischen Wahn seiner letzten Zeit, im Zwielicht des getrübten Bewußtseins ist ihm die Musik als der böse Feind erschienen, von dem er zeitlebens besessen gewesen. Er fürchtete jeden Notenkopf, jeden vernehmbaren und vernommenen Ton. Zuletzt aber dachte er an nichts mehr. Von seinem Fenster im Beledere sah er gedankenlos auf den Kinderspielplatz hinaus, nichts störte seinen schweigenden Abschied von der Welt. Nur zuweilen suchte ihn Einer auf zwischen seinen welkenden Lorbeerkränzen. Einmal kam auch ein Professor des Klavierspiels am Konservatorium mit dem Stammbuch einer gefeierten Pariser Pianistin. Der Sterbende begriff nicht, was man von ihm wollte. „Fräulein K. bittet um eine Widmung, verehrter Meister," erklärte der Professor. Der Kranke begann vor Angst zu zittern. „Nur ka Musik!" jammerte er, „nur ka Musik!" Endlich gelang es dem Besucher, ihn zu beruhigen. Nach einer Weile wagte er es sogar, einige Worte vorzusprechen, die Bruckner mühselig nachschrieb. Nun noch die Unterschrift. Abermaliges Jammern „Nur ka Musik!“ und Bitten, der Professor möge den Namen schreiben. Schließlich schrieb er ihn bebend doch selbst nieder. Beim Abschied küßte er dem Professor weinend die Hand. Damals gab man ihm nur noch zwei Monate. Er hat noch ein halbes Jahr gelebt.  .  .  .  
                              Hedwig Abel.“    (**).

Bericht des Musikalischen Wochenblattes Nr. 45 auf S. 589f, signiert »F.«, über das Konzert mit dem Adagio der 7. Symphonie in Leipzig am 22.10.1896:
"                 Berichte.
    Leipzig.
Nachdem in den Gewandhaus-Abonnementconcerten im Februar 1867 der 2. Satz der Faust-Symphonie von Liszt aufgeführt worden war [... über die vollständige Aufführung am 22.10.1896 (u.a. mit Nikisch, Homeyer) ...]. Mit gleicher liebevoller Hingabe standen Dirigent und Capelle nach der Faust-Symphonie aber auch für die weiteren Programmnummern ein: das auch hier eine tiefernste Stimmung erregende, dieselbe aber leider nur durch manche Weitschweifigkeiten nicht recht concentrirende Adagio aus der 7. Symphonie von Anton Bruckner, dessen Ausführung dem Andenken des am 11. October heimgegangenen Wiener Meisters galt, die Dmoll-Serenade für Streichorchester von Volkmann, in welcher Hr. Julius Klengel die Partie des obligaten Violoncells in ergreifender Weise auf seinem Instrumente sang, und die unverwüstliche "Freischütz"-Ouverture von Weber und liessen in deren Ausführung keinen Wunsch unerfüllt. [... über andere Konzerte (Winderstein, Nicodé, Liszt-Verein) etc. ...].
                               F. " (***a).

Dieses Konzert ist auch auf Seite 592 in der "Concertumschau" nochmals erwähnt:
"     Leipzig. 2. Abonn.-Conc. im Neuen Gewandhaus (Nikisch): Eine Faust-Symph. v. Liszt (Tenorsolo: Hr. Dierich), Adagio a. der 7. Symph. v. Ant. Bruckner, "Freischütz"-Ouvert. v. Weber, 3. Seren. f. Streichorch. v. R. Volkmann (oblig. Violonc.: Hr. Klengel)." (***b).

Hinweis auf das Konzert vom 1.11.1896 mit der 7. Symphonie in den Münchner Neuesten Nachrichten Nr. 504 auf S. 3:
"Theater und Musik.
     *  Musikalische Akademie.
 Sonntag, 1. November, findet im kgl. Odeon das erste Konzert der Musikalischen Akademie statt (außer Abonnement). Zur Aufführung gelangt die siebente Symphonie (in E) des jüngst verstorbenen Professors Anton Bruckner in Wien, und das Vorspiel, die Verwandlungsszene und die Schlußszene des ersten Aktes aus "Parsifal" von Richard Wagner. – [... Eintrittskarten ...]." (°a)

und in der Allgemeinen Zeitung München Nr. 299 auf S. 6:
"              Bayerische Chronik.
                          München,
28. October
[...]
     * Musikalische Akademie. Sonntag, 1. November, findet im k. Odeon das erste Concert (außer Abonnement) der musikalischen Akademie statt. Zur Aufführung gelangt die siebente Sinfonie (E-dur) des jüngst verstorbenen Prof. Anton Bruckner in Wien und das Vorspiel, die Verwandlungsscene und die Schlußscene des 1. Actes aus "Parsifal" von Richard Wagner. [... Vorverkauf ...]." (°b).

Artikel über den gestrigen Trauercommers

im Wiener Abendblatt Nr. 298, S. 4 (°°),

im Neuen Wiener Abendblatt Nr. 298 (Neues Wiener Tagblatt) auf S. 4:
"     * (Trauercommers für Bruckner.) Der Wiener akademische Gesangverein veranstaltete gestern Abends im Etablissement Ronacher einen Trauercommers für Anton Bruckner, an welchem u. A. auch der Rector der Universität Prof. Dr. Leo Reinisch, der Decan der juridischen Facultät, Prof. Dr. Edmund Bernatzik, Obersanitätsrath Dr. Max Gruber und viele andere Professoren aller Hochschulen, mehrere Abgeordnete, Gemeinderäthe und Vertreter vieler Gesangvereine, Corps und Landsmannschaften theilnahmen. Die Burschenschaften haben sich von der Feier absentirt, weil der Wiener Gemeinderath und, wie weiters eine Erklärung der derzeitigen vorsitzführenden Burschenschaft "Olympia" besagt, das christlichsociale Präsidium desselben persönlich eingeladen worden sei." (°°a),

im Deutschen Volksblatt Nr. 2810 auf S. 8:
"  Trauercommers für Anton Bruckner.
     Gestern Abends fand im Ronacher-Saale der Trauercommers statt, den der akademische Gesangverein dem Gedächtnisse seines verstorbenen Ehrenmitgliedes Professor Doctor Anton Bruckner veranstaltet hatte. [... Büste ... unter den Anwesenden: Rector Reinisch, die Professoren Bernath, Gruber, Toldt, Penk und Tula, Abg. Steinwender, Abg. Schauer, Vice-Bgm. Dr. Neumayer, GR Dr. Pommer, GR Fochler, Dr. Reisch, Frau Papier-Paumgartner, Theodor Helm, Kirchl etc., Nachruf Schaumanns (erwähnt J. Schaller) ...]. Ein Trauersalamander schloß die erhebende Feier." (°°b)

im "Vaterland" Nr. 298 auf S. 3 des Abendblatts:
"     * [Trauercommers für Anton Bruckner.] Gestern Abends fand im Concertsaale des Etablissements Ronacher ein vom akademischen Gesangvereine veranstalteter Trauercommers für Dr. Anton Bruckner statt, der sehr stark besucht war und einen erhebenden Verlauf nahm. Die deutschnationalen Burschenschaften blieben dem Commers ferne, "weil der akademische Gesangverein den Wiener Gemeinderath und dessen christlichsociales Präsidium zur Feier geladen hatte". Unter den Anwesenden bemerkte man [... Dr. Leo Reinisch, Dr. Edmund Bernatzik, Dr. Max Gruber etc. etc. ... Trauersalamander um ¾11 Uhr .... Schaumanns Gedächtnisrede ...]. Vor Schluß der Trauerfeier widmete der Rector Magnificus Professor Dr. Reinisch, der seinerzeit die Promovirung Bruckner's zum Ehrendoctor in Antrag gebracht hatte, den Manen desselben ein Fiducit. Nach der officiellen Festlichkeit blieben die Gäste noch lange beisammen." (°°c)

und in der Wiener Abendpost Nr. 250 (Wiener Zeitung) auf S. 3:
"     (Trauercommers) Der vom Wiener akademischen Gesangvereine gestern Abends veranstaltete Trauercommers für Anton Bruckner war stark besucht und nahm einen erhebenden Verlauf. Anwesend waren unter Anderen der Rector der Wiener Universität Professor Dr. Reinisch, die Professoren Dr. Bernatzik, Dr. Max Gruber, mehrere Abgeordnete und Gemeinderäthe. Die Gedächtnisrede hielt, nachdem der Obmann des akademischen Gesangvereines Dr. Pany die Erschienenen begrüßt hatte, Ehrenmitglied Schaumann. Vor Schluß der Trauerfeier widmete der Rector Professor Dr. Reinisch, der seinerzeit die Promovirung Bruckners zum Ehrendoctor in Antrag gebracht hatte, den Manen desselben ein Fiducit." (°°d).

Die Abendausgabe des Deutschen Volksblatts Nr. 2810 bringt auf S. 3 eine Kurzkritik zur Aufführung des Quintetts in Brünn am 25.10.1896.
"Theater, Kunst und Literatur.
[...]
     – Man schreibt uns aus Brünn: Der hiesige Kammermusikverein brachte am 25. d. M. Bruckner's Streichquintett in F zur ersten Aufführung. Das herrliche Werk wurde glänzend gespielt und errang einen durchschlagenden Erfolg. Bruckner's Andenken wurde auch kürzlich im Brünner Wagner=Verein, der Dank seines äußerst rührigen Ausschusses, im starken Aufschwunge begriffen ist, in erhebender Weise gefeiert. – Der Wiener Pianist August Stradal, ein Lieblingsschüler Liszt's, spielt am 8. November hierselbst. [...]." (°°°).

Artikel der Linzer Tages-Post auf S. 3 über die Entstehung des Sängerspruches »Des Höchsten Preis« [WAB 95,2]:
"    (Zum Andenken Bruckners.) In der Liedertafel Sierning zu Sierninghofen, deren erstes Motto im Jahre 1850 Altmeister Bruckner componierte, wurde am letzten Uebungsabende durch eine Ansprache des Vorstandes Herrn Bauernebl ehrend des dahingegangenen Componisten gedacht und der Ankauf eines Bruckner=Bildes beschlossen." (#a).

Ebenfalls auf Seite 3 wird gemeldet, daß am 24.10.1896 der Orgelbauer Karl Reppl [recte: Karl Reppe] in Ried gestorben ist. Bruckner habe dessen Orgel in Attersee zweimal gespielt und auch sehr gelobt [vgl. dazu 18.7.1864]:
"    (Todesfall.) Samstag den 24. d. M. starb in Ried der bekannte Orgelbauer Herr Karl Reppl im 60. Lebensjahre. Der Verstorbene war ein tüchtiger Meister seines Faches und übte sein Geschäft bereits 29 Jahre am dortigen Platze aus. Die in Attersee stehende und von ihm gebaute Orgel wurde seinerzeit zweimal von dem jüngst verstorbenen Componisten Dr. Anton Bruckner gespielt und auch sehr gelobt. [...]." (#b).

Auf derselben Seite auch ein ausführlicher Bericht über das Begräbnis des am 26.10.1896 verstorbenen Dr. Adolf Dürrnberger in Linz (#c).

Der Alpen-Bote Nr. 87 informiert auf S. 3 über das Kodizill zu Bruckners Testament:
"               Oertliches.
                        Steyr, 
29. October.
     (Codicill zum Testamente Anton Bruckners.) Der Wortlaut dieses bis zum Tode Bruckners hier aufbewahrt gewesenen Codicills, von dem in den Blättern vielfach die Rede war, ist folgender:
     Ueber die Bestimmung meiner seligen Ueberreste ordne ich Folgendes an:
     Auf Grund der mir vom hochwürdigsten Herrn Prälaten von St. Florian gnädigst zugesicherten Bewilligung bestimme ich, [ ... Text nahezu identisch mit dem bei 38/428ff wiedergegeben, mit denselben Abweichungen vom Original (vgl. 557/105f), z. B. "in die Gruft", "u. zw. in jener Weise", "verschlossene Ansicht", "in die Gruft", "Steindeckel", "Auf offenem Friedhof von St. Florian", "obgenannten", einige zusätzliche Abkürzungen etc. ...].
     Vorstehendes vor den mitgefertigten Herren Zeugen als meine letztwillige Anordnung erklärt und eigenhändig unterfertigt.
      25. September 1894.
                Dr. Anton Bruckner m. p.
            
     Ludwig J. Bermanschläger m. p.
                        
     Domprediger in Linz.
                                             als Zeuge.

[links:]     Theodor Gutschik m. p.
                    Stadtpfarrcooperator in Steyr,
                              als Zeuge.

[rechts:]     Franz Bayer m. p. 
                    Regenschori in Steyr,
                                 als Zeuge
." (##).

Die Deutsche Wacht Nr. 87 bringt auf S. 3 einen Bericht über Bruckners Besuch beim Kaiser nach der Ordensverleihung [Juli 1886]:
"     Zu den heftigsten literarischen Widersachern des jüngst verstorbenen Wiener Componisten Anton Bruckner gehörte der Musikkritiker der "N. Fr. Pr." Eduard Hanslick. Einst befand sich nun Bruckner in Audienz beim Kaiser Franz Joseph, um sich für eine Ordensauszeichnung zu bedanken. Der Kaiser war sehr liebenswürdig. "Haben sie noch irgend einen Wunsch?" fragte er schließlich. "Ich hätt' schon", sagte Bruckner verlegen und stockte wieder. "Nun, bitte! nur heraus mit der Sprache." – "Wann Euer Majestät mit dem Hanslick, der mich in der Neien Freien Pressen so verputzt, a kräft'ges Wörterl reden wollten, i bitt Ihne gar scheen." (###).

Das Feuilleton des Fremdenblatts bringt Erinnerungen an Bruckner (a).

Der St. Pöltner Bote Nr. 44 schreibt auf S. 11 über den 15.10.1896:
"     St. Florian, 21. October. Dr. Ant. Bruckner. Der in Wien verschiedene Hoforganist Dr. A. Bruckner ist in unserem Stifte beigesetzt worden. Aus Wien langten 50 Kränze ein; im Ganzen haben bei siebzig Blumenspenden den Sarg des großen Tondichters bedeckt. Statthalter Baron Puthon, drei Prälaten. mehrere Domherren, viele Geistliche, Vereine, Capacitäten aus der Kunstwelt und eine große Menge Volkes begleiteten den Trauerzug." (b).

Der "Kikeriki" Nr. 87 äußert sich auf S. 2 nochmal zu Heubergers Artikel vom 13.10.1896:
"               Warum denn nicht!
[...]
     Wenn der Frosch an dem Gesang der Nachtigall keine Schönheit findet, warum soll Heuberger nicht an Bruckner's Werken nörgeln?" (c).

In der Ostdeutschen Rundschau Nr. 298 wird auf S. 7 das Fernbleiben einiger Studentenverbindungen am 28.10.1896 begründet:
"     Von deutschen Hochschulen.
     Erklärung.
Wir werden um Aufnahme folgender Erklärung ersucht: "Um allenfalls auftauchenden irrthümlichen Meinungen bezüglich der Nichtbetheiligung des D. C. der Wiener Burschenschaften am Trauerkommers für den verstorbenen Meister Bruckner entgegenzutreten, erklärt der D. C. der Wiener Burschenschaften, daß er sich deshalb von der Trauerfeier ferne hält, weil der veranstaltende Wiener Akademische Gesangverein den Gemeinderath und dessen christlichsoziales Präsidium persönlich eingeladen hat. Mit deutschem Gruße für die dzt. vorsitzende Burschenschaft "Olympia" med. Zawischa." "
[D. C.: vermutlich "Deputierten-Convent"] (d).

Das Neuigkeits-Weltblatt Nr. 249 bringt auf S. 39 ein Rätsel:
"                                Gedenkstein=Räthsel.
[rechts:]
1. Fluß. – 2. Schriftsteller. – 3. Volksstamm. – 4. Stadt in Deutschland. – 5. Baum. – 6. Schwimmvogel. – 7. Wiederkäuer.
[links eine Graphik (Dreieck mit Reihen von Punkten und Ziffern)]
[darunter eine Liste der zu verbrauchenden Buchstaben ...]. – Vorstehende Buchstaben sollen statt der Punkte und Ziffern gesetzt werden, daß die Vertikal-Reihen Wörter von nebenstehender Bedeutung bilden. Die Ziffernreihen ergeben den Namen eines verstorbenen Tondichters. (Auflösung folgt nächsten Donnerstag.)" [recte: 12.11.1896] (e).

Kurzmeldung in der in Napoleon (Ohio) erscheinenden Zeitung Democratic Northwest and Henry County News Nr. 37 auf S. 2 in der 6. Spalte:
"          WAYSIDE PICKINGS.
NEWS NUGGETS FRESHLY CONDENSED FROM ALL SECTIONS.
A Budget of Interesting Items For Each Day in the Week Taken From the Great Crush of News and Reserved Especially For This Column. Tuesday.

      [...]
     The Liberals do not credit the story that Harcourt has left them.
     Herr Bruckner, the celebrated musical composer, is dead in Vienna.
     The "middle-of-the-road" Populists are trying to prevent fusion in West Virginia.
     [...]. " (f).

Die Anekdote zum Ehrendoktorat [am 7.11.1891] erscheint in "Het vaderland" Nr. 256 ('s-Gravenhage) auf S. 2:
"             Kunst- en Letternieuws.
[...]
    Nog een Bruckner-anecdote. – Toen Bruckner door de Universiteit te Weenen tot doctor honoris causa was bevorderd, moest hij een toespraak tot den Senaat richten. Na eenige inleidende woorden verloor hij den draad en bleef hij een paar maal steken.Ten slotte zeide hij: „Zooals ik wil, kan ik u niet danken. Als er hier een orgel was, zou ik dat wel kunnen.” (g).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189610295, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189610295
letzte Änderung: Mai 14, 2024, 8:08