zurück 1.1.1895, Dienstag ID: 189501015

Brief von Ignaz Bruckner an Johann Nepomuk Hueber in Vöcklabruck (Korrespondenzkarte):
    Antons schnelle Besserung erstaune die Ärzte [Schrötter, Weißmayr? Heller?] und gebe Anlaß zu Hoffnung. Er, Ignaz, müsse noch einige Zeit in Wien bleiben. Neujahrsgrüße (*).

Die Deutsche Kunst- und Musik-Zeitung Nr. 1 bringt auf S. 3 eine Kritik zum Konzert vom 19.12.1894 (mit dem Quintett):
"        Concerte.
     
Die Weihnachtszeit brachte nach der musikalischen Flut die alljährliche Ebbe in der Concertsaison. Die letzte Woche vor Weihnachten war durchwegs nur der Kammermusik gewidmet. [… über zwei Konzerte ...]
     [...]. Der nächstfolgende Tag, der 19. December, brachte gar zwei Kammermusik=Soiréen, bei Bösendorfer führte sich das neugebildete Quartett Fitzner, Czerny, Zert und Buxbaum außerordentlich gut ein und im kleinen Musikvereinssaale gab das Quartett Hellmesberger seinen zweiten Abend, wozu es sich ein altes und ein modernes Hauptwerk gewählt hatte, Beethoven's Es-dur=Ouartett und Bruckner's F-dur=Ouintett (zweite Viola Herr Dietrich). Bereiteten diese zwei Werke, in so mustergiltiger Weise durchgeführt, dem ernsten Musiker den höchsten Genuß, so konnte man an der Novität, Fischhof's zweiten [sic] Violinsonate, keinen sonderlichen Geschmack finden. Weder der Clavier= noch der Violintheil bieten in den vier Sätzen irgend ein Originelles und Fesselndes dar, es ist anspruchslose Salonmusik, die am Ohre eindruckslos vorüberrauscht. Der Componist und Herr Hellmesberger gaben dem Opus die beste Interpretation.
     Gleichfalls seinen zweiten Abend hatte am 20. December bei Bösendorfer das Böhmische Quartett, und zwar vor ausverkauftem Saile.  –ff." (**a).

In einer Zusammenstellung von »Concert-Nummern für Männer-Gesangs-Vereine ausgewählt aus dem reichhaltigen Chorverlage von Adolf Robitschek in Leipzig.« auf Seite 6 ist der »Germanenzug« verzeichnet: "1. Männerchöre mit Orchester- und Clavierbegleitung. [...] Germanenzug. (Dr. A. Silberstein) M.-Ch. mit Harmoniebegleitung von Anton Bruckner. Part. m. unterl. Clv.-A. fl. 3.–, Begleitstimmen fl. 1.50 netto, Chorstimmen 72 kr. [...]" (**b).
Eine Anzeige des Verlages Ludwig Doblinger auf derselben Seite informiert [wie am 15.11.1894, 1.12.1894 und 15.12.1894] über im Druck erschienene Werke Bruckner
"                 Soeben erschienen:
                      Anton Bruckner.
           Grosse Messe Nr. 3 in F-moll.

Clavierauszug mit Text, arrangirt von Josef Schalk netto fl. 7.20 | Orchester=Partitur netto fl. 21, Orchesterstimmen, netto fl. 21, Chorstimmen fl. 3.60.
Erste Aufführung im 1. Concert der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien am 4. November.
              Zweite Symphonie C-moll.
Clavierauszug zu 4 Händen, arrangirt von Josef Schalk fl. 7.20
Orchester=Partitur netto fl. 18     Orchesterstimmen netto fl. 18.
I. Aufführung in einem der ersten philharmonischen Concerte.
     
Früher erschien von demselben Componisten:
               Erste Symphonie C-moll.
Clavierauszug zu 4 Händen, arrangirt  von Ferd. Löwe fl. 7.20
Orchester=Partitur netto fl. 18.     Orchesterstimmen netto fl. 18.
     Der 150. Psalm für Chor, Soli und Orchester.
Clavierauszug mit Text, arrangirt von Cyrill Hynais netto fl. 2.40
Partitur netto fl. 6, Orchesterstimmen netto fl. 6, Singstimmen fl. 1.20
Helgoland, Gedicht v. Dr. Aug. Silberstein, für Männerchor und Orchester.
Clavierauszug mit Text, arrangirt von Cyrill Hynais fl. 3. –
Orchester=Partitur, Orchesterstimmen in Abschr., Chorstimmen fl. 1.44.
Verlag von Ludwig Doblinger (B. Herzmansky),
     [... Adresse etc. ...]" (**c).

Auf Seite 10 wird das Konzert vom 19.12.1894 mit dem Chor »Um Mitternacht« [WAB 90] besprochen:
"     Wiener Männergesangverein. 589. öffentliche Production. Am 19. December 1894, abends halb 8 Uhr, fand das erste statutenmäßige Concert des Wiener Männergesangvereines im großen Musikvereinssaale unter Leitung des Chormeisters Eduard Kremser statt. Das Programm enthielt elf Nummern, von denen drei als Ersaufführungen zu verzeichnen sind. Es waren dies: „Unter dem Lindenbaum" von J. V. v. Wöß, die überaus duftige und hübsch erfundene Arbeit eines reich begabten Componisten, der auch von Seite des Publicums die verdiente Anerkennung zutheil wurde; sodann ein „Altes Weihnachtslied" für Chor mit Orgelbegleitung, Trompeten und Pauken von Chormeister Ed. Kremser, das so gut gefiel, daß eine Wiederholung erfolgen konnte und last not least „Der Elborus", Chor von Albert Kauders. Der Componist des „Elborus" erscheint hier zum erstenmale in dem Programme eines Wiener Gesangvereines und wir hoffen, ihm recht bald wieder zu begegnen. Der Chor macht den Eindruck, daß wir es mit einem eben so nobel veranlagten als tüchtig musikalisch=gebildeten Manne zu thun haben! Von älteren Chornummern brachte der Verein zu Gehör: „Frühlingslied," Chor mit Clavierbegleitung von Fr. Schubert, „Kriegslied" von A. Rubinstein (zum Andenken an das kürzlich verstorbene Ehrenmitglied des Vereines), „Meerfahrt," Männerchor mit vierhändiger Clavierbegleitung von Max Jos. Beer, „Um Mitternacht" von Ant. Bruckner, „Wegewart" von Frank van der Stucken, „Pagenlied" und „Das allerliebste Mäuschen" von Engelsberg und als Schlußnummer des Concertes „Sängerspruch" von Mendelssohn. Fast alle Chöre wurden lebhaft applaudirt; trotzdem schien es uns an diesem Abend, als hätte ein Theil der Sänger unter dem Einflüsse des Winterbeginnes gestanden. Es klang nicht alles so, wie wir es vom Wiener Männergesangvereine zu hören gewohnt sind. Von den mitwirkenden Gästen fand Frl. M. Unschuld v. Melasfeld für ihre sehr correct durchgeführten Claviervorträge lebhaften Beifall; die Concert=Sängerin Frau Lotti Barensfeld war offenbar nicht gut disponirt. Erwähnen wollen wir noch die Herren Georg Valker und Ed. Reim, welche die Clavier=, resp. Orgelbegleitung in mustergiltiger Weise besorgten.                 R." (**d).

Auf Seite 13 findet sich ein Bericht über das Konzert des Linzer Sängerbundes mit dem Vokalquartett »Du bist wie eine Blume« [am 8.12.1894]:
"     Linz. 37. Gründungsfest=Concert des Männergesangvereines "Sängerbund". [...] Der 1. Abschnitt des Concertes war äußerst glücklich zusammengestellt. Grieg's „Landerkennung" für Männerchor, Baritonsolo und Orchester ist ein frisches, glänzendes Stück, insbesondere auch der Orchesterpart fesselnd und reizvoll. Das Baritonsolo sang auch in diesem Chore Herr C. Astner mit warmem Vortrage. Der Chor des „Sängerbund" ist so reichlich mit klangvollen Stimmen besetzt, daß die Gesammt-wirkung (namentlich in Verbindung mit dem Orchester) oft imposant war. [...]. Zart und duftig klang das gemischte Quartett „Du bist wie eine Blume" von Anton Bruckner dem „Sängerbund" gewidmet. Die Damen Sus. Pelschymovsky und Marie ZeIenka, sowie die Herren Ludwig Haslinger und Franz Haslinger sangen das Quartett mit  großer Zartheit und ernteten großen Beifall. Der Männergesangverein „Sängerbund" hat auch bei seinem 37. Gründungsfest=Concerte einen schönen Beweis seines Könnens und ernstlichen Strebens geliefert: wir können den strebsamen Verein und seinen eifrigen Chormeister Herrn Adalbert Schreyer zum schönen Erfolge nur bestens beglückwünschen und sprechen die Hoffnung aus, daß der Verein in seinem Streben auch in Zukunft nicht erlahmen möge. Das Concert war sehr gut besucht." [keine Signatur] (**e).

Die Linzer Tages-Post Nr. 1 meldet auf S. 3:
"     (Professor Bruckner.) Der Zustand des kranken Professors Anton Bruckner hat sich in der letzten Zeit so weit gebessert, dass der Patient schon täglich zwei Stunden des Tages außerhalb des Bettes zubringt. Der Patient, welcher in Behandlung des Professors v. Schrötter steht, kann nur sehr wenig Nahrung nehmen und fühlt sich deshalb auch noch schwach." (***).

"Die Lyra" Nr. 7 (474) bespricht auf S. 9 (85) das Konzert vom 19.12.1894:
"     Wiener Männergesangverein. Das erste Concert im 52. Vereinsjahre wurde diesmal der Weihnachtszeit fast zu nahegerückt. Es fand am 19. December abends im starkbesuchten Musikvereinssaale statt und hatte sich unter Ed. Kremser's feingeschliffener Leitung eines ausgesprochenen künstlerischen Gesammterfolges zu erfreuen, [... Schubert, Rubinstein, Wöß, M. J. Beer (nach einem Text von A. A. Naaff, Klavier: Ed. Reim und G. Valker) ...]. Sehr willkommen und interessant war der Chor "Um Mitternacht" (R. Prutz) des greisen Meisters A. Bruckner. Er ist in der Erfindung echtpoetisch und ursprünglich, freilich auch so schwierig, daß er vollkommen wohl nur auf den Kenner wirkt. An eigenartiger Schönheit der Harmonie fehlt es ihm ebensowenig als an Klarheit, die man Bruckner so gerne abspricht, so oft man ihn eben nicht begreift. Ueberraschend wirkt der echt Bruckner'sche Originalitätssprung im Finale. Frank van der Stuckens in's Volksthümliche zielende [sic] Chor: "Wegewart" [... Kremser, Engelsberg, Albert Kauders, Mendelssohn, Lotte Barensfeld, Frl. M. Unschuld von Melasfeld ...]. Die Letztere darf wohl noch an eine hoffnungsvolle Zukunft erfolgreicher Entwicklung glauben." [keine Signatur] (°).

Theresia Tiefenböck (* ca. 1845) betreut bis zum 8.7.1895 Bruckner als Pflegerin (°°).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189501015, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189501015
letzte Änderung: Dez 18, 2023, 11:11