zurück 25.10.1896, Sonntag ID: 189610255

Übersicht:
A. Geschehenes (Ereignisse)
B. Geschriebenes (Briefe)
C. Gedrucktes (Zeitungsartikel)

A. Geschehenes (Ereignisse)

Aufführung des Quintetts durch das Koretz-Quartett (Carl Koretz, Franz Zdara, Franz Juda, Franz Mraczek und Jos. Mraczek, 2. Viola) beim 1. Vereins-Concert des Brünner Kammermusikvereins im großen Festsaal des Deutschen Hauses in Brünn. Bei der A-Dur-Violinsonate von Brahms wirkt Clotilde Schäfer als Pianistin mit. Außerdem erklingt das Es-Dur-Streichquartett von Mozart (*).

Aufführung eines "Tantum ergo" ("von Allegri, harmonisirt von Bruckner" [WAB 31?]) bei der Installationsfeier des neuen Pfarrers Anton Machl in Obernberg. Außerdem erklingen eine Messe von Schöpf und ein "Adoro te" von Frey. Als anwesend ist namentlich überliefert der Dechant J. Trinkfaß aus Ried (*a).

Hinweis auf die heutige Kirchenmusik im Neuen Wiener Journal Nr. 1079 [s. auch (d)] auf S. 8
"     Kirchenmusik. Heute: [...] – Kirchenmusikverein an der Votivkirche: 10 Uhr: Missa in C, op. 86 von Gottfried Preyer; Graduale "Locus iste" von A. Bruckner; Offertorium "Domine Deus" von J. G. E. Stehle. – [...]" (**a),

im Neuigkeits-Weltblatt Nr. 246 auf S. 3:
     "Kirchenmusik in Wien. Morgen, Sonntag, 25. Oktober, kommt zur Aufführung: [...] – In der Votivkirche um 10 Uhr: Messe von Preyer, Graduale von Bruckner und Offertorium von Stehle. – [...]" (**b)

und in der Reichspost Nr. 261 auf S. 4:
"                   Kirchenmusik
         am Sonntag, den 25. October 1896.

     [...] – Votivkirche um 10 Uhr: Messe in C von G. Preyer, Graduale (Locus iste) von A. Bruckner und Offertorium von J. G. E. Stehle. – [...]" (**c).

Aufführung des »Locus iste« beim Gottesdienst um 10 Uhr in der Votivkirche (**d).

B. Geschriebenes

Brief Hugo Wolfs an Hugo Faißt:
     Für Bruckner, der in der letzten Zeit an religiösen Wahnvorstellungen gelitten habe, sei der Tod eine Erlösung gewesen. Am 14.10.1896 sei er, Wolf, an der Kirchenpforte zurückgewiesen worden, da er sich nicht als Mitglied des Singvereins habe ausweisen können (***).

C. Gedrucktes

Artikel in der Linzer Tages-Post Nr. 247 auf S. 5:
"     (Beitrag zur Biographie Dr. Anton Bruckners.) Aus Hörsching wird uns mitgetheilt: In der Zeit von 1835 bis 1837 hielt sich Anton Bruckner als Knabe von zehn bis zwölf Jahren bei seinem Taufpathen und Vetter, Herrn Johann Weiß, damaligen [sic] Schulleiter und Organisten in Hörsching, auf. Wie sich die ältesten Leute hier noch ganz gut zu erinnern wissen, war Bruckner stets der Liebling seines Vetters. Anton Bruckner genoss auch hier von Johann Weiß den ersten Unterricht im Orgelspiel, wie wieder die Aeltesten unserer Gemeinde zu erzählen wissen. Eine maßgebende Persönlichkeit von hier erbat sich zur Vergewisserung dieser Erzählung erst unlängst von Dr. Anton Bruckner schriftliche Auskunft, welche auch sogleich, von Anton Bruckner selbst unterschrieben, zurückkam [10.12.1895 an Ernst Lanninger] und obige Thatsache bestätigte. Dass Johann Weiß ein guter Orgelspieler war, beweist der bekannte Componist und Domorganist Schiedermayr, welcher damals öfter gesagt haben soll: "Wenn ein Weiß spielt, geht der Schiedermayr von der Orgel herunter." " [keine Signatur] (°a)

Artikel in der Linzer Zeitung Nr. 247 auf S. 1174:
„     (Reminiscenzen an Dr. Anton Bruckner.) Professor Bruckner wurde bekanntlich unter dem Rectorate des Professors Dr. Adolf Exner zum Ehrendoctor der Wiener Universität promoviert. Nach Vollzug des feierlichen Actes schickte sich der Meister an, dem akademischen Senate für die ihm zu Theil gewordene Ehre zu danken. Dieser Aufgabe entledigte sich nun Brückner [sic] in einer rührend unbeholfenen Weise. Nach einigen einleitenden Worten verlor er in dem Maße den Faden der Dankesrede, daß er öfter zaudernd innehielt. Durch einen originellen Einfall half er sich schließlich aus der unangenehmen Situation heraus, indem er sagte: "So wie ich möchte, kann ich Ihnen nicht danken; wäre eine – Orgel hier, ich würde es Ihnen schon sagen." Das Apercu des Meisters, in seiner stillen, naiven, bescheidenen Weise gesprochen, wurde nur von der nächsten Umgebung vernommen. – Obwohl Meister Anton Bruckner viele Jahre in Wien lebte, so vergaß er doch sein engeres Heimatsland [sic], das schöne Oberösterreich, nie. Oft suchte er dieses auf, um Ruhe und Erholung, um neue Kraft und Muth für weiteres Schaffen zu suchen, In sz kam er gerne. einem ihm so theuren Heimatlande, in einem kleinen Kreise intimer Freunde fühlte er sich immer am wohlsten und behaglichsten. Besonders liebte er den Aufenthalt in Steyr und in St. Florian. Aber auch nach Linz kam er gerne. Wir erinnern uns noch an seinen Aufenthalt in Linz im Jahre 1886. Es war dies gerade jene Zeit, in der die unserem Meister gegnerische Kritik manchmal Formen annahm, die von Uebelwollen und Gehässigkeit nicht allzuweit entfernt waren. Dies mochte vielleicht der Grund sein, daß er damals um so lieber nach Oberösterreich kam. Die Liedertafel „Frohsinn“ in Linz feierte im genannten Jahre (15. April) ihr 41. Gründungsfest und hatte für das Festconcert ausschließlich Bruckner’sche Compositionen gewählt („Germanenzug“, „Um Mitternacht“, Adagio aus der D-moll Symphonie und das Tedeum). Bruckner, welcher der Liedertafel „Frohsinn“ stets herzlich zugethan war, war der Einladung zur Theilnahme an dem Gründungsfeste bereitwillig gefolgt. Von der Aufführung der oben genannten Werke war er hochbefriedigt und nahm dann auch an dem Festcommerse theil, der von der Liedertafel ihm zu Ehren veranstaltet wurde. Im Laufe des Festabends feierte der Vorstand der Liedertafel, Herr Stadtrath Milbeck, mit begeisterten Worten und unter jubelnder Zustimmung der Sänger und die [sic] übrigen Anwesenden unseren großen Meister. Bruckner trat hierauf in die Mitte der Sänger und erwiederte [sic] Folgendes:
     „Meine Herrschaften! Es fällt mir schwer, auf eine so ausgezeichnete Rede zu antworten. Es ist wahr, daß ich schwere Jahre durchgemacht habe, es ist wahr, daß selbst in Wien, in unserer Residenz, Einheimische gewöhnlich zurückstehen müssen[,] es ist ferner wahr, daß Mißgunst und alles das, was man nicht will, dort zusammenwirkte, damit mir das Leben recht erschwert wurde. Zum Glücke sind es nur drei solche Elemente, die mir namentlich entgegentraten. Das war auch die Ursache, warum solange nichts aufgeführt wurde und ich solange im Dunkeln schweben mußte. Es war im Jahre 1882 bei der ersten Aufführung des „Parsifal“, als unser hochseliger unvergeßlicher Meister Wagner mich bei der Hand nahm und sagte: „Verlassen Sie sich auf mich, ich werde Ihre Werke aufführen, ich selbst.“ Nun, nachdem der gute Meister abberufen worden ist, scheint es, als hätte er in seiner Herzensgüte mir Vormünder bestellt. Mein erster Vormund war Herr Nikitsch [sic] in Leipzig, der zweite der Dirigent Levy in München. Diese haben mit alle Energie alles Mögliche gethan, um meine Werke zur Aufführung zu bringen, und der Erfolg war ganz außerordentlich, wie es gewöhnlioch mnicht der Fall ist. Nun, das hat mich außerordentlich gestärkt. Ich habe nun schon zwei Vormünder gehabt. Dann als dritter trat Herr Hans Richter in Wien auf und dann noch ein Kapellmeister in Karlsruhe. Aber alles stand mir noch ferner als der heutige Tag. Der heutige Tag ist ein großer Tag. Mein heißgeliebtes Vaterland Oberösterreich hat sich heute meiner angenommen und es hat sich trotz der großen Erniedrigungen, die ich in drei Wiener Blättern erfuhr, meiner angenommen und hat heute mein „Tedeum“ in einer so ausgezeichneten Weise zur Aufführung gebracht, die ich nie vergessen werde. Dafür, daß das geschehen ist und daß alle hochverehrten Damen und Herren und insbesondere der Herr Kapellmeister, Floderer, der als solcher beschäftigt ist, sich der ungeheuren Mühe unterzogen, dafür gestatten Sie mir, allen diesen Herrschaften den heißesten Dank abzustatten. Wollen Sie die Gewogenheit haben und auch in Zukunft meiner gedenken. Lassen Sie sich nicht durch Erbärmlichkeiten beirren, es kommen ja auch aus dem Auslande gute Urtheile und auch aus Wien. Ich bitte Sie also, sich nicht beirren zu lassen. Alle meine lieben Freunde und Gönner, meine Heimat lebe hoch, hoch, hoch!“ Als Bruckner geendet hatte, wurden ihm stürmische Ovationen bereitet. Er wurde von den Anwesenden umringt und jeder fühlte sich hochbeglückt, der unserem großen Landsmanne die Hand reichen konnte. Bruckner selbst war von den überquellenden Sympathiebeweisen tief gerührt und gab später der Freunde [sic] über sie so treffliche Aufführung seiner Werke und seinem Danke über die ihm bereitete Ehrung in einem an den „Frohsinn“ gerichteten Schreiben mit warmen Worten Ausdruck. – Wie aus Berlin gemeldet wird, wird der dortige philharmonische Chor am 16. November eine große Bruckner=Feier unter Mitwirkung hervorragender Kräfte veranstalten. Das philharmonische Orchester spielt Montag unter Nikisch=Leitung als Gedenkfeier Bruckners siebente Symphonie.“ (°b).

Bericht im »Ménestrel« über die Trauerfeierlichkeiten (°°).

Die Neue Musikalische Presse Nr. 43 bringt auf S. 3f einen Artikel zu Bruckners Tod (Göllerichs Artikel in der Linzer Tages-Post [20.10.1896], Spende 25 fl für Dombau statt Kranz, Kodizill, Aufruf, Manuskripte und Abschriften an Dr. Reisch zurückzugeben):
"                 Anton Bruckner †.
     Unser geschätzter Mitarbeiter, Herr Aug. Göllerich widmet in der Linz. Tgspst." dem dahingegangenen Meister einen Nachruf, in welchem es u. A. heisst:
     Die Erscheinung Anton Bruckners steht in der Musikgeschichte nicht nur der äußeren Schicksale wegen ohne Vergleich da. Sein einsames Walten, seine trotzig ringende, elementare Kraft gebaren Kunstereignisse, welche bestimmt sind, die nach Beethovens Tode auf symphonischem Gebiete vielfach zum Bewusstsein gelangte und durch die symphonischen Werke der nachfolgenden Romantiker nicht gänzlich ausgefüllte Lücke vollgiltig auszufüllen. Die musikgeschichtliche Stellung Bruckners ist nach Beethoven eine ähnliche, wie die Beethovens nach Mozart. Er hat die Beethoven'sche Symphonieform im Wesentlichen beibehalten, aber dieselbe mit neuen Mitteln wesentlich verbreitert und ausgebaut und damit den Ausspruch R. Wagners erfüllt, der angesichts der zunehmenden Hinwendung der Instrumentalmusik zur Poesie in der „symphonischen Dichtung" ausrief, der rechte „zweite Beethoven" hätte sich mit der alten Symphonieform schon noch zu helfen gewusst. Bruckner ist dieser von Wagner ersehnte „zweite Beethoven" und die verschiedenen löblichen Auch-Symphoniker, die ihm selbst am offenen Grabe noch die Bedeutung eines Symphonikers abzusprechen für angezeigt hielten, werden hieran nichts ändern können. Diesbezüglich sei hier nur kurz auf die Adagios und Scherzi Bruckners hingewiesen, denen eben nur die gleichartigen Beethoven'schen Sätze zu vergleichen bleiben. Auf die merkwürdigen Ecksätze der Bruckner'schen Symphonie näher einzugehen, fehlt hier leider der Raum. Bruckner war in unserer „–ianer Zeit" den Wagnerianern und Lisztianern zu „alt", weil er sich ergebens erlaubte, die dem Tanz entsprungene, also ewig giltig bleibende Symphonieform, welche diese Parteien durch vollkommene Formlosigkeit manchmal allerdings glücklichst überwunden zu haben glaubten, beizubehalten. Den Brahmsianern indes schien Bruckner wieder zu „neu„ — denn ihre Keuschheit sah mit Schrecken die sogenannten Wagner‘schen „Mittel" auf die „Form" angewandt, auf die sie doch ausschliesslich durch respectable Erfindungslosigkeit so behaglich assecurirt waren. Ihnen allen diene die Erwägung zur Beruhigung, dass die „Mittel" jederzeit entsprechend sich ändern, und dass es sicherlich nicht die Aufgabe des fortschreitenden Genies ist, wirkliche Errungenschaften der Zeit über Bord zu werfen.
          *        *        *
     In wenig pietätvoller Weise ist der oberösterreichisch Landesausschuss vorgegangen, als er beschloss, statt eines Kranzes auf dem Sarg Bruckner's, einen Betrag von 25 fl., sage Fünfundzwanzig Gulden für den Linzer Dombau zu widmen. Die weisen Landesväter, welche einen solchen Beschluss fassen konnten, haben einen Mangel an Zartgefühl an den Tag gelegt, der seines Gleichen sucht. "Wir hoffen," so schreibt ein erzürnter Einsender, "dass das oberösterreichische Volk seinen Landesausschuss glänzend desavouiren und durch die That zeigen werde, dass es stolz ist auf den ehemaligen Schulgehilfen von Windhaag, den grössten Tondichter, den unser Land je hervorgebracht, auf dass das Sprüchlein zuschanden werde: "Nemo propheta in patria!"
          *        *        *
     Wir sind in der Lage, das Codicill zum Testamente Anton Bruckner's, welches derselbe in Steyr hinterlegt hatte, in Nachstehendem zu veröffentlichen:
                         Codicill
         zum Testamente Anton Bruckner's.

     Ueber die Bestimmung meiner seligen Ueberreste ordne ich Folgendes an: Auf Grund der mir vom hochwürdigsten Herrn Prälaten von St. Florian gnädigst zugesicherten Bewilligung bestimme ich, [ ... Text nahezu identisch mit dem bei 38/428ff wiedergegebenen, mit orthographischen "Aktualisierungen" und einigen Abweichungen vom Original (vgl. 557/105f), z. B. "in die Gruft", "Jodok Nülz", "verschlossene Ansicht", "Steindeckel", "Am offenem Friedhof von St. Florian", "obgenannten", einige zusätzliche Abkürzungen etc. ...].
     Vorstehendes vor den mitgefertigten Herren Zeugen als meine letztwillige Anordnung erklärt und eigenhändig unterfertigt.
     25.9. 1894.
              Dr. Anton Bruckner.
    Ludwig J. Bermanschläger, Domprediger in Linz, als Zeuge.
    Theodor Gutschik, Stadtpfarrer in Steyr, als Zeuge.
    Franz Bayer, Regenschori in Steyr, als Zeuge."
          *        *        *
     Wie bekannt, hat Bruckner testamentarisch bestimmt, dass die Manuscripte seiner Werke der Wiener Hofbibliothek einzuverleiben seien. Wir bitten daher alle Leser unseres Blattes um freundliche Weiterverbreitung des nachstehenden Aufrufes:
                                   Aufruf.
     Mit der Sammlung und Sichtung des musikalischen Nachlasses Meister Bruckner's sind die Herren Professoren Ferdinand Löwe und Josef Schalk betraut worden und haben dieselben mit Zustimmung der Direction der k. k. Hofbibliothek, welcher die Original-Manuscripte der grösseren Werke letztwillig legirt sind, bereits mit der Durchsicht der vorhandenen Manuscripte begonnen.
     Es hat sich nun herausgestellt, dass nicht sämmtliche Originalmanuscripte der Werke Bruckner's in seinem Besitze befindlich waren, nachdem der Meister bei seinen Lebzeiten verschiedene Manuscripte zur Durchsicht ausgeliehen hat, die ihm nicht mehr zurückgekommen sind.
     Es wird daher an alle Personen, welche Bruckner'sche Originalmanuscripte noch in Händen haben und auch an jene, welche Copien nicht edirter Werke des Meisters im Besitze haben, die Aufforderung gerichtet, solche Originalmanuscripte und Copien behufs Ermöglichung einer vollständigen Zusammenstellung sämmtlicher Bruckner'scher Werke an den Testamentsexecutor Dr. Theodor Reisch, Hof- und Gerichtsadvocat, Wien, XIX., Gatterburggasse 19, gelangen zu lassen.
      Wien, 23.October 1896.
                       Die Redaction der "Neuen Musikalischen Presse." " (°°°a)

und auf Seite 7 eine Kritik zum Laibacher Konzert am 18.10.1896 mit der 4. Symphonie:
"     * In dem I. Mitglieder-Concerte der Laibacher Philharmonischen Gesellschaft am 18. ds., wurde Bruckner's romantische Symphonie (Nr. 4, Es-dur) zum ersten Male in Laibach aufgeführt. Von dem artistischen Director des Vereines, Herrn Josef Zöhrer in sorgfältigster Weise einstudirt, erzielte das gewaltige Tonwerk, unter der trefflichen Leitung des genannten Dirigenten mit pietätvoller Begeisterung wiedergegeben, vollen Erfolg. Die grösste Wirkung brachte der erste Satz hervor." (°°°b)

und einen Hinweis auf die Berliner Bruckner-Feier am 16.11.1896:
"     * Der philharmonische Chor in Berlin wird am 16. November eine grosse Bruckner-Feier veranstalten." (°°°c).

Artikel im Deutschen Volksblatt Nr. 2806 auf S. 6 über Bruckners Nachlaß:
"     * [Dr. Anton Bruckner †.] Von dem Testamentsexecutor nach weiland Dr. Anton Bruckner werden wir in Kenntnis gesetzt, daß er mit der Sammlung und Sichtung des musikalischen Nachlasses des verewigten Meisters die Herren Professoren Ferdinand Löwe und Josef Schalk betraut habe. Nachdem sich schon nach der ersten Durchsicht herausgestellt hat, daß sich in dem Nachlasse nicht sämmtliche Originalmannuscripte vorfinden, ergeht an alle jene Personen, welche Originalmanuscripte oder Copien nicht edirter Werke des verewigten Dr. Anton Bruckner in Händen haben, das freundliche Ersuchen, dieselben behufs Ermöglichung einer vollständigen Zusammenstellung der Werke Bruckner's an den Testamentsexecutor Dr. Theodor Reisch, Wien, XIX., Gatterburggasse Nr. 19, gelangen zu lassen. – Der Wiener akademische Gesangverein veranstaltet Mittwoch, den 28. d. M. Abends, ½9 Uhr, anläßlich des Ablebens seines Ehrenmitgliedes Anton Bruckner im Concertsale des Etablissements Ronacher einen Trauercommers." (#).

Ähnlich schreibt die Neue Freie Presse Nr. 11556 auf S. 5:
"                      Dr. Anton Bruckner.
     Der Testaments=Executor nach Dr. Anton Bruckner hat mit der Sammlung und Sichtung des musikalischen Nachlasses des Meisters die Herren Professoren Ferdinand Löwe und Joseph Schalk betraut. Nachdem sich schon nach der ersten Durchsicht herausgestellt hat, daß sich in dem Nachlasse nicht sämmtliche Original=Mannuscripte vorfinden, ersucht der Testamentsvollstrecker alle jene Personen, welche Original=Manuscripte oder Copien nicht edirter Werke Bruckner's in Händen haben, dieselben zur Ermöglichung einer vollständigen Zusammenstellung der Werke Bruckner's an den Testaments=Executor Dr. Theodor Reisch, Wien, XIX., Gatterburggasse Nr. 19, gelangen zu lassen." (#1).

Die Brünner Sonntagszeitung Nr. 3 veröffentlicht auf S. 5 den Leserbrief eines Musikfreundes als Reaktion auf den Leserbrief im Deutschen Blatt [17.10.1896].
"Freie Sprechhalle.*
[Fußnote: "*) Für Form und Inhalt der Veröffentlichungen an dieser Stelle ist die Leitung nicht verantwortlich."]
     Wir erhielten folgende Zuschrift:
           Geehrte Redaktion!
     Die vorletzte Nummer eines hiesigen Blattes leistet sich in einem mit "Ein Musiker" unterschriebenen "Eingesendet" einen offenen Brief an Eduard Hanslick. Der ergebenst Gefertigte, der blos ein Musikliebhaber und kein "Musiker" ist, hat natürlich kein Mandat seitens des Doyens der deutschen Musikkritik, jenes offene Schreiben zu beantworten. Aber der Schreiber hatte ja auch kein Mandat, den berühmten Kritiker zu apostrophieren  Er wußte gut, dass er nur aus der Ferne einen Pistolenschuß abgab, der nicht treffen konnte, aber knallen sollte. Sei denn auch mir, der ich an der Thaja bescheiden Musik treibe, eine kleine Schießübung nach Brünn gestattet. Der Herr Einsender hält sich darüber auf, dass nicht Hanslick, sondern Heuberger den Nachruf für Anton Bruckner in der "N. F. P." geschrieben habe. In Einem stimme ich mit ihm überein: auch ich lese lieber ein Feuilleton von Hanslick als von Heuberger. Aber unser "Musiker" beutet diesen Umstand zu recht hässlichen Verdächtigungen aus. Thut er doch so, als hätte Hanslick in diesem Feuilleton erst Farbe zu bekennen gehabt über Bruckner, als hätte er je aus seinem Urtheil ein Hehl gemacht und nicht vielmehr in nicht misszudeutender Weise die dem verstorbenen Meister von radikalster Wagnerianerseite zugemessene Bedeutung abgelehnt! In einer Art wollüstiger Sehnsucht, über sein Ideal seitens Hanslick neuerlich nüchterne, ihm bittere Worte zu hören, übersieht der Einsender, dass es nur eine Sache des Taktes war, wenn der ausgesprochene kritische Gegner des dahingeschiedenen Componisten sich dessen enthält, am offenen Grabe die Leichenrede zu halten. Die Invektive, zu der sich der sonst besonnene Ton der Einsendung am Schlusse versteigt, zeigt am besten, in welch' abstoßender Weise die Brucknerpropaganda betrieben wird: ein Paroxismus, der enden wird, bis ihn ein neuer Paroxismus ablöst.
     Znaim, 21. October 1896.         Ein Musikfreund." (##).

Die Grazer Tagespost Nr. 295 kündigt die Berliner Bruckner-Feier am 16.11.1896 und die Aufführung der 7. Symphonie am Montag [26.10.1896] an:
"     * * *  (Bruckner=Feier in Berlin.) Wie aus Berlin gemeldet wird, wird der dortige philharmonische Chor am 16. November eine große Bruckner=Feier unter Mitwirkung hervorragendster Kräfte veranstalten. Das philharmonische Orchester spielt Montag unter Nikisch's Leitung als Gedenkfeier Bruckner's siebente Symphonie." (###).

Dieselben Hinweise bringt ein Artikel der Linzer Zeitung auf S. 1174 [siehe oben (°b)], der außerdem an Bruckners Verbindung zu Linz (speziell: 15.4.1886) erinnert:
"Wie aus Berlin gemeldet wird, wird der dortige philharmonische Chor am 16. November eine große Bruckner=Feier unter Mitwirkung hervorragender Kräfte veranstalten. Das philharmonische Orchester spielt Montag unter Nikisch=Leitung als Gedenkfeier Bruckners siebente Symphonie." (a1).

S. 1180 bringt die mit 22.10.1896 datierte Annonce (mit minimalen Varianten zur Version im Linzer Volksblatt [siehe 24.10.1896]), mit der sich Ignaz Bruckner für die Teilnahmsbezeugungen bedankt: 
"                       Dank.
     Der ergebenst Gefertigte fühlt sich verpflichtet, seinen innigsten Dank auszusprechen für all die ausserordentlichen Theilnahmsbezeugungen aus Anlass des so betrübenden Hinscheidens des geliebten Bruders
Professor Dr. Anton Bruckner.
     Besonders herzlichen Dank dem hochwürdigsten Herrn Prälaten von St. Florian für die Erlaubnis der Beisetzung in der Gruft der Stiftskirche und für die Führung des Conductes; Sr. Excellenz dem Herrn k. k. Statthalter, dem hochwürdigsten Herrn Landeshauptmann Abt Achleuthner und allen anderen hohen Persönlichkeiten, den k. k. Behörden und Vertretern der verschiedenen Vereine und Corporationen für die persönliche Theilnahme am Leichenbegängnisse und für die Spende so vieler kostbarer Kränze.
     St. Florian, 22. October 1896.
                                        Ignaz Bruckner." (a2).

Die Ostdeutsche Rundschau Nr. 294 macht auf S. 8 auf den Trauercommers am 28.10.1896 aufmerksam:
»     Trauerkommers für Bruckner. Der Wiener Akademische Gesangverein veranstaltet Mittwoch den 28. d. M., Abends halb 9 Uhr, anläßlich des Ablebens seines Ehrenmitgliedes Anton Bruckner im Konzertsaale des Etablissements Ronacher einen Trauerkommers.« (b).

Das Linzer Volksblatt Nr. 247 berichtet auf S. 3 von den weiteren Teilnahmskundgebungen:
"     St. Florian, 22. October. († Professor Dr. Anton Bruckner.) Wohl selten dürfte ein Todfall [sic] so das allgemeine Interesse in Anspruch nehmen, wie der unseres großen Tonkünstlers Dr. Anton Bruckner. Aus allen, auch sehr hohen Kreisen, aus weiter Ferne treffen noch immer Theilnahmskundgebungen ein. So sandte Musikdirector Lewi aus München einen prachtvollen Kranz; schriftlich drückten ihr Beileid aus: Se. Eminenz Cardinal Gruscha von Wien, der Verwaltungsrath des Museums in Linz, Sectionsrath im Cultusministerium in Wien Baron Weckbecker, kais. Rath Pointner in Steyr, Dr. Paul Heyse in München, Cosima Wagner aus Bayreuth, Hofrath Dr. Julius Hann, Director der k. k. Centralanstalt für Meteorologie in Wien, Professor Dr. Jirecek in Wien, Universitätsprofessor Dr. Ernst Mach in Wien, die Männergesangvereine von Wien und Wels."(c)

und bringt auf Seite 4 eine Bruckner-Anekdote [zum 7.11.1891]:
"    – Eine Bruckner=Anekdote. Professor Bruckner wurde bekanntlich unter dem Rectorate des Professors Dr. Adolf Exner zum Ehrendoctor der Wiener Universität promoviert. Nach Vollzug des feierlichen Actes schickte sich der Meister an, dem akademischen Senate für die ihm zu Theil gewordene Ehre zu danken. Dieser Aufgabe entledigte sich nun Bruckner in einer rührend unbeholfenen Weise. Nach einigen einleitenden Worten verlor er in dem Maße den Faden der Dankesrede, daß er öfter zaudernd innehielt. Durch einen originellen Einfall half er sich schließlich aus der unangenehmen Situation heraus, indem er sagte: "So wie ich möchte, kann ich Ihnen nicht danken; wäre eine – Orgel hier, ich würde es Ihnen schon sagen." (c1).

Das Neue Wiener Journal Nr. 1079 informiert auf S. 8 über Bruckners Nachlaß:
"     * Von dem Testamentsexecutor nach Dr. Anton Bruckner werden wir in Kenntniß gesetzt, daß er mit der Sammlung und Sichtung des musikalischen Nachlasses des verewigten Meisters die Herren Professoren Ferdinand Löwe und Josef Schalk betraut habe. Nachdem sich herausgestellt hat, daß sich in dem Nachlasse nicht sämmtliche Originalmannuscripte vorfinden, ergeht an alle Jene, welche Originalmanuscripte oder Copien nicht edirter Werke des Verewigten in Händen haben, das Ersuchen, dieselben behufs Ermöglichung einer vollständigen Zusammenstellung der Werke Bruckner's an den Testamentsexecutor Doctor Theodor Reisch (19. Bezirk, Gatterburggasse Nr. 19) gelangen zu lassen." (d).

»Die Presse« Nr. 294 kündigt auf S. 5 den Trauercommers vom 28.10.1896 an:
»     (Trauercommers für Bruckner.) Der Wiener akademische Gesangverein veranstaltet Mittwoch den 28. d., Abends halb 9 Uhr, anläßlich des Ablebens seines Ehrenmitgliedes Anton Bruckner im Concertsaale des Etablissements Ronacher einen Trauercommers.« (e).

In der Preßburger Zeitung Nr. 294 erscheint auf S. 2f eine Rezension eines Prachtwerkes über Tilgner (von Dr. Ilg, Kunstverlag Löwy), in der auch die Bruckner-Büste erwähnt wird:
"     ** Ein Prachtwerk über Viktor Tilgner als Geschenk an unsere Stadt und die Wiener Tilgner=Ausstellung. Wir haben seinerzeit berichtet, daß der Wiener renommirte Kunstverlag J. Löwy (Hofphotograph) hier sämmtliche Originalwerke des im Frühjahre dahingeschiedenen Bildhauers von Weltruf, Viktor Tilgner, eines Sohnes unserer Stadt, photographisch aufnehmen ließ, um sie in einem großen, die schönsten und berühmtesten Schöpfungen Viktor Tilgner's vereinigenden Werke, das der Direktor der II. Gruppe der Sammlungen des allerhöchsten Kaiserhauses, Regierungsrath Dr. Ilg, herausgibt, zusammenzufassen. Die hiesigen Originalwerke des verstorbenen großen Künstlers sind die Büsten des [... fünf Beispiele ...]. Als Reproduktionen mehr unzugänglicher oder wenig gekannter Werke Tilgner's sind [...drei Beispiele ...] einbezogen worden. Die erste Lieferung des Werkes ist bereits erschienen. Sie enthält in ganz famos gelungenen Lichtdrucken von Preßburger Werken das ungemein wirkungsvoll aufgenommene Hummel=Denkmal, ferner u. A. [... vier Beispiele ...], den reizenden Entenbrunnen, die Bruckner=Büste, das poesievolle Grabmal der Gräfin Radetzky=Liebig, [... Texte von Dr. Ilg ... im November Tilgner-Ausstellung in Wien ...]. Nach der Ausstellung dürften die einzelnen Werke verkauft und in alle Winde zerstreut werden, dann wird das im Löwy'schen Kunstverlage erschienen Werk Dr. Ilg's über Tilgner mit den Werken des Künstlers im Bilde das edle Andenken an einen großen und noblen Künstler in zusammenfassendster Weise bleibend festhalten. (Das Werk ist hier in allen Buchhandlungen zu beziehen.)" (f).

Artikel "Der Nachlaß Bruckner's." in der Deutschen Volkszeitung (g).

[Vermutlich] In der Linzer Zeitung erscheint (h).

Der "Kikeriki" Nr. 86 erwähnt Bruckner zweimal, jedesmal mit antisemitischem Unterton. Auf S. 2:
"              Vierzeilige.
[...]
     Der Meister der Tön',
     Der Bruckner ist todt.
     Wär' beschnitten er g'wes'n,
     Hätt' er nie kennt a Noth. [...]."

und auf Seite 3:
"            Schnabelhiebe.
[...]
      Die Vorbeiführung von Bruckner's Leiche an der Universität wurde vom Rectorat abgewiesen (!); Bruckner war ja doch Christ!" (i).

Die Reichspost Nr. 261 berichtet auf S. 10 vom 18.10.1896:
"    – Am Grabe Dr. Bruckner's in St. Florian erschien am letzten Sonntag Nachmittags der Bischof von Linz, Dr. Franz Maria Doppelbauer, und verweilte daselbst längere Zeit im Gebete." (j).

"Das Vaterland" Nr. 294 schreibt auf S. 5 zum Testament und zum Trauercommers am 28.10.1896:
"    * [Vom verstorbenen Componisten Professor Bruckner.] Der verstorbene Dr. Anton Bruckner hat testamentarisch bestimmt, daß die Manuscripte seiner Werke der Wiener Hofbibliothek einzuverleiben seien. Ein diesbezüglicher Aufruf des Testamentsvollstreckers Doctor Theodor Reisch, Hof= und Gerichtsadvocaten in Wien, in der "Neuen musikalischen Presse" besagt nun unter Anderem Nachstehendes:
     Mit der Sammlung und Sichtung des musikalischen Nachlasses Bruckner's sind die Professoren Ferdinand Löwe und Joseph Schalk betraut worden und haben dieselben mit Zustimmung der Direction der Hofbibliothek, welcher die Original=Manuscripte der größeren Werke letztwillig testirt seien, bereits mit der Durchsicht der vorhandenen Manuscripte begonnen. Es hat sich nun herausgestellt, daß nicht sämmtliche Original=Manuscripte der Werke Bruckner's in dessen Besitze befindlich waren, nachdem der Meister bei seinen Lebzeiten verschiedene Manuscripte zur Durchsicht ausgeliehen, die ihm nicht mehr zurückgestellt worden seien. Es wird daher an alle Personen, welche Bruckner'sche Original=Manuscripte noch in Händen haben, und auch an Jene, welche Copien nicht edirter Werke des Meisters im Besitze haben, die Aufforderung gerichtet, solche Original=Manuscripte und Copien behufs Ermöglichung einer vollständigen Zusammenstellung sämmtlicher Bruckner'scher Werke an den Testamentsexecutor, Wien, neunzehnter Bezirk, Gatterburggasse Nr. 19, gelangen zu lassen.
     Der Wiener akademische Gesangverein veranstaltet Mittwoch, 28. d. M., Abends halb 9 Uhr, anläßlich des Ablebens seines Ehrenmitgliedes Dr. Anton Bruckner im Concertsale des Etablissements Ronacher einen Trauercommers." (k).

Auf dieses Ereignis macht auch die Wiener Zeitung Nr. 248 auf S. 6 aufmerksam:
"     (Trauercommers.) Der Wiener akademische Gesangverein veranstaltet Mittwoch, den 28. d. M., Abends 8½ Uhr einen Trauercommers anläßlich des Ablebens seines Ehrenmitgliedes Anton Bruckner." (l).

Ein Nachruf erscheint in The Illustrated Buffalo Express auf S. 13 in der 2. Spalte:
"         IN MUSIC'S REALM.
[...]
     The death of Anton Bruckner, at Vienna, is announced. Herr Bruckner was born 72 years ago at Ausfelden [sic], in upper Austria. His chief work was done as court organist and professor of organ, counterpoint and composition in the Austrian capital. He was the composer of nine symphonies, the most successfull of which, the seventh, in E major, won for him his wide reputation. The Musical Courier points out the fact that the chief peculiarity of Bruckner's compositions was his tendency to transfer to absolute music the characteristics of Wagner's dramatic music." (m).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189610255, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189610255
letzte Änderung: Apr 03, 2024, 3:03