zurück 3.9.1894, Montag ID: 189409035

Übersicht:
A. Gedrucktes und Geschehenes (Artikel und Ereignisse)
B. Geschriebenes (Briefe)

C. Gesendetes (Telegramme)

 
A. Gedrucktes und Geschehenes (Artikel und Ereignisse)

Artikel Theodor Helms in der Abendausgabe der Deutschen Zeitung Nr. 8147 auf S. 1f:
"                     Anton Bruckner.
         
Zur 70. Wiederkehr seines Geburtstages.
     Morgen, Dienstag den 4, September, vollendet unser Anton Bruckner sein 70. Lebensjahr. Er kann diesen seltenen Gedenktag mit dem beglückenden Bewußtsein feiern, auf der Sonnenhöhe seines Ruhmes zu stehen, nach einer vieljährigen, traurigen Periode der Verkennung und Mißachtung zwar noch nicht allseits verstanden, aber doch in weitesten Kreisen geliebt und verehrt: eine Granitsäule, ein leuchtender Fixstern deutscher Tonkunst in der Gegenwart.
     Welch' wunderbares Schicksal ward dem in jeder Hinsicht außerordentlichen Künstler von den Nornen beschieden! [... Anerkenung als Theoretiker, als Orgelvirtose und Lehrer, wenig verstanden als Komponist ... ] die Feindseligkeit der sich hauptsächlich in dem beliebten Todtschweigen äußernden "tonangebenden" Kritik. [... 1884 [und 1885] Aufführungen der 7. Symphonie unter Nikisch und Levi ... erwähnt werden Beethoven, Brahms und die 8. Symphonie am 18.12.1892, die] auch die zahlreichste, andächigste Hörerschaft herbeizieht und von derselben mit höchster Begeisterung aufgenommen wird,  da kann man wohl sagen: glücklich der Künstler, dem im Spätherbste seines Lebens ein solcher Triumph vergönnt war, denn dergleichen kommt in den Annalen der Kunstgeschichte nicht alle Tage vor. – – – 
    Wie der Bergsteiger, wenn endlich der steile Gipfel erreicht, nicht ungern der überstandenen Mühen und Gefahren gedenkt, so dürfte an dem Jubeltage Bruckner's, da sich des Meisters Lebensabend doch noch so unerwartet heiter gestaltet hat, ein Rückblick auf die Leidens- und Prüfungsjahre seiner Jugendzeit manchem seiner Verehrer doppelt willkommen sein. [.... Biographisches, größtenteils auf Karl Egschs Artikel vom 6.6.1894 zurückgreifend, dabei "ein paar kleine Irrthümer" berichtigend ... in Windhaag 12 Gulden jährlich, strafweise nach Kronstorf versetzt (dort Baschsche Fugen studiert), bis 1855 in St. Florian, 1851 Stiftsorganist (80 fl. jährlich), Prüfung bei Aßmayr 1853, Orgelprobespiel in Linz, Studium bei Sechter, 1861 Prüfung am Wiener Konservatorium, Protektion durch Herbeck, 1861 bis 1863 Studium bei Otto Kitzler, Chormeister beim "Frohsinn", 1864 d-Moll-Messe (bei J. Groß als einzige bisher gedruckt ...] mit welcher Bemerkung die irrige Angabe in dem Gedenkartikel des Herrn Egsch berichtigt sei: als wäre nicht die erste, sondern die noch großartigere dritte Messe des Meisters (F-moll) gedruckt.
                                     (Schluß folgt.)" (*).

Das Ehrenbürgerdiplom der Stadt Linz trifft in Steyr ein und wird im Schaufenster der Verlagsdruckerei ausgestellt (*a).

Das für diesen Tag geplante Ständchen verschiedener Steyrer Vereine muß wegen Bruckners Erkrankung abgesagt werden (**).

»Die Presse« Nr. 242 meldet auf S. 4, daß die Geburtstagsfeiern abgesagt wurden:
"     [Anton Bruckner.] Man schreibt aus Steyr unterm 31. v. M.: "Die geplanten Ovationen anläßlich der 70jährigen Geburtstagsfeier des greisen Meisters unterbleiben. Es findet weder eine Serenade, noch eine Beglückwünschung seitens des Bürgermeisters statt. Die Absage erfolgte deßhalb, weil Bruckner unwohl ist und rauschende Ovationen auf seinen ohnedies nicht gefestigten Gesundheitszustand von nachtheiligen Folgen sein könnten." " (***).

Die Linzer Montagspost Nr. 36 weist auf S. 4 auf den morgigen 70. Geburtstag hin:
„     Tagesneuigkeiten.
                       
Linz, 3. September.
[…]
     Dr. Anton Bruckner, unser weit über die Grenzen der Heimat hinaus berühmter Landsmann, feiert morgen in Steyr den Beginn [sic] seines 70. Lebensjahres und die Stadt rüstet sich, den genialen Meister der Tonkunst würdig zu ehren. Wir wissen nicht, welche Vorkehrungen von Seite der Landeshauptstadt zur Feier des Landsmannes, der so lange in ihren Mauern gelebt und hier großartige Werke geschaffen hat, getroffen wurden, doch hoffen wir zu ihrer Ehre, daß sie diesen Tag nicht vorübergehen läßt, ohne sich jenem Manne dankbar zu erweisen, aus dessen Ruhmeskranze auch auf sein Heimatland eine leuchtender Schimmer fällt. Wir Deutschnationale senden dem Meister unsere ergebensten Glückwünsche mit der Versicherung, daß das Gefühl des Dankes für seine Verdienste um die deutsche Kunst nie aus unserem Herzen schwinden und unser großer, schlichter Landsmann in uns stets die treuesten Kampfgenossen gegen seine Widersacher finden wird.“ (°).

In der Extrapost Nr. 659 (Wiener Montags-Journal) erscheint auf S. 5 ein mit "Gr." signierter Bruckner-Artikel:
"                           Bruckner.
              (Zu seinem 70. Geburtstage.)
     Begegnet man ihm auf der Straße, [... Erscheinungsbild ... im Hörsaal (naiv, ergötzlich, behaglich) ... im Konzertsaal ("überwältigende Schlagkraft") ...]
     Man höre ihn einmal sein Leben erzählen: [... Herkunft, Aufstieg, Erfolg am Lebensabend ...] Und wenn Bruckner trotz alledem heute von der "maßgebenden Kritik" nicht anerkannt wird, so theilt er dies Schicksal mit größeren und den größten deutschen Componisten.
     Bruckner's Eigenart umfaßt Gegensätze der seltensten Art: [... dramatische Gewalt und Zartheit, derber Humor, Demut, Weihe, facettenreiches Profil ...] Phantasie, die in's Große, Charaktervolle und Bedeutende geht.
     Gleich groß ist die Phantasie in der Erfindung wie in der Combination. [... unerschöpflicher Reichtum, aber keine "ruhige Concentration" wie bei Brahms ... steter Kampf auch im äußeren Leben ... auch im Alter:] Spannkraft der Energie und Ausführung, das Erbtheil der Jugend.
     Soll das Porträt unseres größten Symphonikers vollständig sein, so darf der Hinweis auf diejenigen Züge nicht fehlen, die seiner österreichischen Art entstammen; der kernhafte Humor, der Scherz mit seiner volksthümlichen Derbheit und Frische. Hier fließt die Melodie wie ein labender Waldquell!
     Wir haben nicht so viele Festtage österreichischer Kunst zu feiern, daß wir den 70. Geburtstag Anton Bruckner's vorübergehen lassen sollten. Ihn feiert die musikalische Welt jenseits der österreichischen Grenzen mit.
                              Gr." (°°).

B. Geschriebenes (Briefe in alphabetischer Reihung)

Brief von Ignaz Bruckner an Anton Bruckner:
Gratuliert zum Geburtstag. In St. Florian werde er, Ignaz, nur wegen seines Bruders geachtet (b).

Schreiben von Kardinal Gruscha (in Kranichberg) an Bruckner (Visitenkarte):
Geburtstagsglückwunsch (g1).

Brief von Maria Gürtler (geb. Krakowitzer, aus Windhaag) an Bruckner:
Geburtstagsgrüße. Das beiliegende Bild möge ihn an seine einstige Windhaager Schülerin erinnern (g2).

Brief von Franz Hölzlhuber (Wien [früher beim »Kränzchen« in Steyr]) an Bruckner:
Glückwünsche zum Geburtstag (h1).

Brief von Cyrill Hynais an Bruckner:
Geburtstagsgratulation (h2).

Brief von Franz Kirchberger (Perg im Mühlkreis) an Bruckner (Korrespondenzkarte):
Glückwunschschreiben zum Geburtstag (k1).

Brief von Ernestine Korda [in S.] an Bruckner:
Geburtstagsgrüße (k2).

Brief von Ludowika Kutschera (Wien, Alsergrund) an Bruckner:
Geburtstagsgruß in Gedichtform (k3).
Auf Seite 3 Grüße von Kathi Kachelmayer, Frau Kaunitz, Ferdinand und Lisi (k4).

Brief von Ferdinand Löwe (Gmunden) an Bruckner:
Kurzer Geburtstagsgruß (l).

Brief von Adalbert Markus (Linz) an Bruckner:
Glückwünsche zum Geburtstag (m).

Brief von Carl Bernhard Oehn an Bruckner:
Glückwünsche zum Geburtstag und ein Hoch auf die 9. Symphonie (o1).

Brief von Johann Ortner (Linz) an Bruckner:
Geburtstagsgratulation [siehe die Anmerkung] (o2).

Brief von Judith Pfeiffenberger (geb. Bogner, aus Katzdorf bei Gaisbach) an Bruckner:
Geburtstagsgrüße. Erinnert an die Zeit in St. Florian und an Lieder, die Bruckner für die Geschwister Karl und Aloisia Bogner schrieb. Würde sich über einen Besuch Bruckners freuen. Die neue Orgel von Mauracher böte auch einen Anlaß (p1).

Brief von Wilhelm Prantner an Bruckner:
Gratuliert als ehemaliger Schüler und Chormeister des MGV »Biedersinn« zum Geburtstag (p2).

Karte von Therese und Karl Reder an Bruckner:
Geburtstagsgratulation (r).

[Vermutlich zum 70. Geburtstag?] Undatierter Brief Franz Schalks an Bruckner:
Gratuliert zum morgigen Geburtstag (s1).

Brief von Hermann Sonne (Darmstadt) an Bruckner:
Gratuliert als einer, der Bruckner seit Leipzig 1886 [recte: 30.12.1884] kennt und schätzt, zum Geburtstag (s2).

Brief des Gesang- und Musikvereins Stockerau an Bruckner:
Geburtstagsgratulation, unterzeichnet von Anton Rihs und Josef Brodschild (s3).

Brief des Kirchenmusikvereins Stockerau an Bruckner:
Geburtstagsgrüße, unterzeichnet von Paul Horn und Siegfried Nozicka (s4).

Brief von Emil Tuft (Wien) an Bruckner:
Geburtstagsglückwünsche eines »aufrichtigen Verehrers« (t).

Brief Rudolf Weinwurms an Bruckner: Geburtstagsgrüße.
Erst gestern habe er an die früheren, gemeinsamen Zeiten gedacht. Bietet die Auffrischung der Freundschaftsbeziehung an (w1).

Brief des Wiener Akademischen Gesangvereins an Bruckner:
Geburtstagsglückwünsche dem treuen »Freund der Akademischen Jugend«, unterzeichnet von Karl Lang und Franz Bucek (w2).
Auszug aus dem Jahresbericht des Vereins:
"Bruckner's 70. Geburtstag. Dieser Tag, der von der ganzen musikalischen Welt gefeiert wurde, der Bruckner das stolze Bewußtsein geben mußte, endlich einmal die verdiente Anerkennung gefunden zu haben, sah natürlich auch den "Akademischen" in den Reihen der Glückwünschenden. Der "Akademische" gab in einem Schreiben und in einem Telegramme seinen Gefühlen für den großen Meister beredten Ausdruck und versicherte ihn der ewigen Anhänglichkeit und Treue seiner begeisterten Jünger." (w3).

C. Gesendetes (Telegramme in alphabetischer Reihung)

Telegramme an Bruckner mit Geburtstagsgrüßen
von Josef Dietz (Wien) (x1),
vom Gmundener Männergesangverein (x2),
von Familie Helm (in Bruck/Pinzgau) (x3),
von Verehrern aus Zillingsdorf (Josef Jelem) (x4),
von Josef Mauracher (St. Florian) (x5),
von Familie Bogner-Pfeiffenberger (Wien) (x6),
von Lorenz Sechter (Friedberg) (x7)
und vom Wiener Akademischen Gesangverein (x8).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189409035, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189409035
letzte Änderung: Jan 31, 2024, 22:22