zurück 11.10.1924, Samstag ID: 192410115

Erster Tag des Klosterneuburger Bruckner-Festes.
Während der von Dr. Kluger zelebrierten Seelenmesse in der Stiftskirche werden Teile des Requiems [WAB 39] unter Andreas Weißenbäck, das Libera [vermutlich WAB 22] und der Chor »Am Grabe« aufgeführt.
Beim abendlichen Konzert im Konzertsaal des Stifts stehen nach einer Rede von Viktor Ludwig das »Ave Maria« [WAB 7?] (Kammersänger Boruttau), »Entsagen« (Kirchenchor St. Martin), ein Orgelpräludium (F. Moißl) und das Quintett (Dr. Hendrych) auf dem Programm (*).

Das Programmheft [?] enthält einen Teilabdruck von Max von Millenkovichs Gedicht »Festspruch« (*a).
Am Rathausplatz findet eine Bruckner-Huldigung mit einer Rede von Alfred Orel und zwei Bruckner-Chören [prov. WAB 67] statt (*b).
In den Berichten werden auch erwähnt die Klosterneuburg gewidmete Marienantiphon (WAB 8), "Tota pulchra es", "Amaranths Waldeslieder", eine Improvisation Springers über den Beginn der 6. Symphonie, der Ehrenschutz durch Minister Schneider, der bei der Gedächtnisfeier von Rusiczka gesprochende Prolog von Ed. Böhm, der Kirchenmusikverein St. Martin unter Franz Moißl, der Chor des Gesang- und Orchestervereins unter Chormeister Karpf und als Solisten Sedlak, Gärtner, Gruber, Bauer, Dr. Hendrych, KS Borutta und Annemarie Lischke (*c).

Anläßlich des Klosterneuburger Festes erscheint ein von Theo Henning gestaltetes Gedenkblatt (IKO 201, Radierung) (**).

Bei der Universal-Edition erscheint die von J. V. Wöss revidierte Partitur der e-Moll-Messe unter der Nummer 7534 (***).

Bildhauer Plany entfernt die künstliche Patina des Ansfeldener Bruckner-Denkmales (°).

Um 19:30 Uhr Festabend des Österreichisch-deutschen Volksbundes und der Bruckner-Vereinigung anlässlich des 100. Geburtstags unter dem Protektorat von Wilhelm Marx, der auch eine Rede hält, in der Wandelhalle des Berliner Reichstag. Reichspräsident Friedrich Ebert und einige Regierungsmitglieder nehmen an der Feier teil. Der Vortrag von Dr. Fleischer leidet unter inhaltlichen und akustischen Schwächen.
Der Bruckner-Chor unter Dr. Felix M. Gatz singt das "Salvum fac populum" und das Benedictus aus der f-Moll-Messe.
Anschließend Gesellschaftsabend mit kaltem Büffet, Rezitation und Gesang (°°).

Die Österreichische Volkszeitung Nr. 280 kündigt auf S. 5 die Aufführung der f-Moll-Messe unter Habel am 12.10.1924 an (°°°).

Hinweis auf die morgige Aufführung der f-Moll-Messe [irrtümlich "e-moll-Messe"] im Stefansdom in der Reichspost Nr. 281 auf S. 7 (#).

Der Welser Anzeiger, Folge 41, kündigt auf S. 6 eine Bruckner-Feier in Wels Anfang Dezember an (##)
und berichtet auf derselben Seite von der Jahresversammlung des Männergesangvereins Wels 1847 am 1.10.1924 (###).

Die Wiener Stimmen Nr. 235 machen auf S. 2 auf die morgige Kirchenmusik in St. Stefan, der Hofburgkapelle und der Schottenkirche aufmerksam (a).

Artikel von Dr. Franz Lenneis "Erinnerungen an Bruckner. Zum Todestage Anton Bruckners (11. Oktober 1896)." in der Deutschösterreichischen Tageszeitung (b).

Der Los Angeles Evening Express Nr. 171 schreibt auf S. 11 über Bruckner und stellt die 3. oder 4. Symphonie in Aussicht:
"      Sounding Board
Two Anneversaries Schoenberg and Bruckner
     Eastern and European mail brings a flood of articles, entire magazine numbers in honor od Arnold Schoenberg [...].
     Though late (owing to lack of space), I would say a few words of another anniversary. One hundred years had passed September 4 since Anton Bruckner, Austrian composer, almost unknown in this country, was born. Just as people boxed each other's ears because of disagreeing on Schoenberg's music in Vienna concert halls,  battles were fought also over Bruckner, though not fistically. Opposed by followers of Brahms, those of Wagner worshiped him. The criticism that Bruckner lacks form in his symphonies is undisputable, also that he was not always discriminating in his choice of themes. Yet, he belongs to the near-classic composers of symphony, particularly of romantic symphony. Like Gustav Mahler, who studied under him, Bruckner found inspiration in folklore, and his music, too, is steeped in religious and nature mysticism[.] Born poor and remaining poor until aged, a child at heart, deeply religious, he dedicated his ninth symphony, "To Our Dear Lord." His symphonies are without programs, but forceful outpourings, somewhat in Wagnerian idiom, yet original in thought and colossal in detail of effects. He has written sacred music of deep feeling. Of chamber music his string quintet is most worth while, though difficult. Director Rothwell is planning to give Bruckner's third or fourth (romantic) symphony. They should prove epochal events." [keine Signatur] (c).

Ankündigung des Festkonzerts vom 12.10.1924 mit einer d-Moll-Symphonie Bruckners [3. Symphonie?] im Berliner Volksblatt "Vorwärts" Nr. 480 auf S. 6.
Auf derselben Seite wird angekündigt, dass der Reichspräsident [Friedrich Ebert] das Konzert mit der 8. Symphonie [am 17.10.1924] besuchen werde (d).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 192410115, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-192410115
letzte Änderung: Apr 20, 2023, 11:11