zurück 1887 ID: 188700005

Karikatur von L. Grande [IKO 26] (*a). Es existiert eine Variante (IKO 26a) »Professor Bruckner [/] Wien 887. L. Grande« (*b).

Erste Datierung in Josef Schalks Harmonielehre-Übungsbuch (**).

Der Erstdruck von »Ave Maria« [WAB 6] und »Tota pulchra es« [WAB 46] erscheint bei Wetzler (***).

[?] Aufführung der 7. Symphonie unter Wüllner in Köln [vermutlich Herbst 1887] (°).

Wolzogen eröffnet das Wiener Wagner-Museum Oesterleins (°°).

Bruckner bietet Marie Demar die Widmung der 8. Symphonie an [vielleicht April/Mai 1887] (°°°).

Bruckner trifft in Wien mit Gertrud Bollé und deren Freundin Klotilde Welker zusammen. In der Folgezeit kommt es öfters zu Gesprächen mit Frl. Bollé u.a. über Wagners »Tristan«, Gounods »Faust« und [sicher erst Herbst 1887] Bruckners eigene Opernpläne (nach Vollendung der 9. Symphonie) (#).

Otto Kitzler führt in Brünn den »Germanenzug« auf [vermutlich Ende 1887 (vgl. 20.12.1887)] (##).

Der Jahresbericht des Wiener Männergesangvereins, 44. Vereinsjahr 1886/87, verzeichnet auf S. 75f (»Statistik«) 29 neu einstudierte Chorwerke, darunter »Um Mitternacht« [WAB 90]:
»[...] Von den aufgeführten Chören wurden 29, und zwar [...] je 1 von [...] Anton Bruckner »Um Mitternacht«, [...] im Laufe des Jahres neu einstudirt und zur ersten öfffentlichen Aufführung gebracht.«, und 117 aufgeführte Chöre, darunter zwei Brucknersche [WAB 90 am 27.3.1887 und 6.4.1887 gemeint]: »Von den aufgeführten 117 Chören waren Compositionen von [...] Joh. Brahms, Anton Bruckner, Richard Heuberger, [...] je 2mal [...] enthalten.« (###).
Auf S. 88 ist vermerkt, daß für Bruckners Chor das vollständige Stimmenmaterial im Vereinsjahr 1886/87 angeschafft worden ist: »[...] Im Laufe des Jahres 1886/87 wurden in voller Stimmenanzahl neu angeschafft: [...] 15. Anton Bruckner »Um Mitternacht« (R. Prutz), Chor.« (a).

Fromme's Musikalische Welt, Jg. 1887, beschreibt auf S. 49f - im Kapitel »Kleines vaterländisches Componisten-Lexikon [/] Biographische Skizzen lebender österreichisch-ungarischer Tonsetzer« - Bruckners Lebenslauf, Werk und Bedeutung; auf S. 50 wird Bruckner [von Theodor Helm?] als »hervorragender absoluter Musiker« charakterisiert:
»Bruckner Anton, geb. 4. September 1824 zu Ansfelden in Oberösterreich, Sohn eines Dorfschullehrers, der sein erster Lehrer im Clavier war. Mit 12 Jahren verwaist, als Sängerknabe in das Stift St. Florian aufgenommen; daselbst Fortsetzung der Musikstudien [... die wichtigsten Stichwörter: Gruber (Schuppanzigh), Bogner, Windhag [Windhaag], Kronsdorf [Kronstorf], Enns, St. Florian, 1851 provisorischer erster Stiftsorganist, Assmayer [Aßmayr], Preyer, Sechter, 1855 Domorganist in Linz, 1861 Prüfung vor Sechter, Herbeck, Dessoff, Hellmesberger und Becker, 1868 Wiener Konservatorium, 1869 Nancy und Paris, 1871 London, 1873 Besuch bei Wagner und Aufführung der 2. Symphonie, Einfluß Wagners, Adagio der 7. Symphonie (1884/85 in Leipzig und München) in Vorahnung von Wagners Tod geschrieben, Quintett und "Te Deum" in Wien erfolgreich, dadurch jetzt ] ein allgemeines Interesse (bei freilich je nach dem musikalischen Glaubensbekenntniss der Hörer sehr getheilten Sympathien), während in früheren Jahren das grosse Publikum in Wien von den Compositionen Bruckner's so gut wie keine Notiz nahm. Im Juli 1886 wurde Bruckner vom Kaiser zum Ritter des Franz Josefs-Ordens ernannt. [... Hauptwerke: 7 Symphonien - Fußnote: » *) Bruckner arbeitet gegenwärtig mit allem Eifer an einer achten Symphonie, der er wieder seine Lieblingstonart C-moll zugewiesen hat.« -, Te Deum, 3 Messen, Requiem, Psalmen, Kirchenmusik aller Art, Quintett, Männerchöre, Aufzählung der gedruckten Werke und der wichtigsten Wiener Aufführungen ...] Zur Charakteristik Bruckner's: Hervorragender absoluter Musiker (kein Programm-Musiker), als solcher Epigone Beethoven's, aber mit sehr kühner, aus dem classischen Rahmen weit heraustretender Modulation, und mit bewusster Aufnahme zahlreicher R. Wagner'scher Elemente. Das Urtheil über diesen jedenfalls ungewöhnlich begabten Tondichter noch nicht abgeschlossen; nur Bruckner's grossartiges Orgelspiel und contrapunktisches Wissen ziemlich allseitig anerkannt.« [keine Signatur - es folgt das Stichwort »Brüll«] (b).
In der Rubrik »Rückblicke auf das Musikjahr 1885/86« auf S. 92 werden die Wiener Aufführungen der 7. Symphonie und des »Te deum« erwähnt: »[... über die Philharmonischen Konzerte ...] glänzten vor Allem die neuen Symphonien von J. Brahms (Nr. 4 E-moll) und Anton Bruckner (Nr. 7 E-dur). Die erste vollständige Aufführung einer Bruckner'schen Symphonie bei den Philharmonikern (am 21. März 1886) war unstreitig ein kleines Ereigniss, welches von den Verehrern des greisen Componisten zu stürmischen Ovationen für denselben benützt wurde. [...] In den Gesellschafts-Concerten errang Bruckner's Tedeum trotz einer nicht ganz klappenden Wiedergabe einen noch glänzenderen, jedenfalls einhelligeren Erfolg als desselben Componisten »Siebente Symphonie« bei den Philharmonikern. Während nämlich in dem betreffenden philharmonischen Concerte eine ansehnliche Zahl Hörer vor Schluss der Symphonie den Saal verliess, rührte sich im Gesellschafts-Concerte vor dem letzten Accord des Tedeum Niemand vom Platze, und der Bruckner gespendete Monstre-Applaus (in welchen selbst erklärte Gegner der kühnen Tondichters einstimmten) wollte nicht enden.« (c)
und auf S. 100 (»Sonstige bemerkenswerthe musikalische Ereignisse des In- und Auslandes in der Saison 1885/86«) jene vom 7.4.1886 in München (»Stürmisch applaudirte Aufführung von Bruckner's Tedeum in München.«) und das »Frohsinn«-Konzert in Linz am 15.4.1886 (»Große Bruckner-Feier der Liedertafel »Frohsinn« in Linz (Aufführung des Tedeum etc.)«) (d).
Weiters sind auf S. 105 im Kapitel »Wiener Concert-Programme aus der Saison 1885/86« angeführt die Konzerte vom 21.3.1886 (7. Symphonie) und vom 10.1.1886 (»Te deum«), auf S. 110 jenes vom 11.4.1886 (Trösterin Musik«), auf S. 113 die Klavieraufführung der 7. Symphonie am 30.12.1885 und auf S. 125 (»Kammermusik in Wien 1885/86«) die Aufführung des Quintetts am 7.3.1886 (e).
Auf S. 1?? (»Musikalische Statistik«) wird Bruckner als Mitglied des Lehrkörpers des Konservatoriums (Harmonielehre, Kontrapunkt und Orgel) genannt (f). Auch auf S. 139 (»K. k. Hof- und Kammermusik«) wird er erwähnt: »Hofmusiker. Organisten [...] Bruckner, Anton« (g), ebenso auf S. 141 (»Kirchenmusik in Wien. Hofcapelle. Hoforganisten: [...] Bruckner Ant.« (h). Auf S. 146 (»Wiener Musiker-Adressen«) ist angegeben: »[...] Bruckner Anton, Comp., Prof. (Org.) k.k. Hoforganist etc., I., Hessgasse 7« (i).

Der Jahresbericht des Wiener Akademischen Wagner-Vereins, 15. Jahrgang, erwähnt auf S. 12 Spenden für das Bruckner-Orchesterkonzert [24.11.1887], führt auf S. 20 Bruckner in der Reihe der Ehrenmitglieder an (»Herr Anton Bruckner, Tondichter und Professor am Conservatorium in Wien.«) und verzeichnet in der Rubrik »Musikalien« auf S. 45 wie 1885 das Quintett, die 3. Symphonie und das »Te deum«: »Anton Bruckner: Quintett, F-dur, Partitur und für Clavier. Vierhändig. [/] Symphonie, D-moll, Clavierauszug. Vierhändig. [/] "Te Deum". Für Chor, Soli und Orchester. Partitur, Chorstimmen und Clavierauszug.« (j).

[nicht vor Fertigstellung der 8. Symphonie] Jakob Stolz aus Graz besucht des öfteren Bruckner in Wien, meist in Begleitung seines Sohnes Robert Stolz. Bruckner habe die mit Korrekturen übersäten Notenblätter der 8. Symphonie kommentiert mit den Worten »Das wird mein Dankesgeschenk an den Kaiser sein«. Bei einem Gespräch über die kalte mechanische Art der modernen Kirchenmusik äußert sich Bruckner über die f-Moll-Messe: »... ich wünschte, ich könnte so leicht und ohne Schwierigkeiten komponieren wie manche von meinen Zeitgenossen. [...] Oft war ich am Rande der Verzweiflung. Diese Messe ist kein Zeugnis für die Stärke meines Glaubens, sie ist meine Danksagung an den Herrgott. Als ich sie das erste Mal hier in Wien in der Augustinerkirche dirigierte, war es wie eine Auferstehung von den Toten.« (k).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 188700005, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-188700005
letzte Änderung: Mär 16, 2023, 12:12