zurück 14.10.1896, Mittwoch ID: 189610145

Übersicht:

A. Geschehenes (Ereignisse)
B. Geschriebenes (Briefe, Dokumente)

C. Gedrucktes (Zeitungsartikel in alphabetischer Reihung)
D. Kränze und Fahnenschleifen


A. Geschehenes

    Im Trauerhaus treffen Trauergäste mit Kränzen ein:
Stadt Wien (vertreten durch Strobach, Lueger, Neumayer, Tachau und Preyer), Kathi Kachelmayr, J. Milbeck aus Linz, Floderer vom "Frohsinn", Göllerich für den Linzer Musikverein und Sängerbund.
   Als Spender weiterer Kränze werden genannt: Konservatorium, Hofoper, Stradal, Wiener Philharmoniker, Eberle, Neuer Wagner-Verein, Dr. Reisch, Wiener Akademischer Gesangverein, Martha Ginzkey [= Martha von Schmitt], Helene von Schmidt, Dittrich, Mayfeld, Orchesterclub »Haydn«, Hofmusikkapelle, Wiener Tonkünstler-Verein, Orchesterverein für klassische Musik, Hermann Steudner-Welsing [Steurer??] aus Liverpool, die Musikdirektoren Urban, Kaiser und Schwing, die Wiener Deutsche Studentenschaft (*), Almeroth, der auch für die Steyrer Gesellschaft der Musikfreunde und die Steyrer Liedertafel Kränze überbrachte, Graf und Gräfin Lamberg und Eduard Werndl (**).

Um 1/2 2 Uhr wird der innere Einsatz des Sarges verlötet.
    Die Totenfeier wird auf Anregung des Wiener Akademischen Gesangvereins von der Deutschen Studentenschaft (auch den Corps »Alemania«, »Saxonia«und »Olympia«) mitgestaltet.
    Bis 3 Uhr kommen zu den bereits erwähnten Trauergästen noch Löwe, Josef Schalk, Vockner, Helm, Josef Hofmann, Grengg, Akademischer Wagner-Verein mit Schaumann [siehe Anmerkung], Schubertbund mit Fetzmann, Wiener Männergesangverein, Wiener Singakademie, Gesellschaft der Musikfreunde (***).

    Gegen 3 Uhr treffen weitere Stadt- und Gemeinderäte ein (Tomola, Rauer, Fiedler, Dr. Wähner, Büsch, Weitmann, Dr. Pommer, Zatzka, Dr. Reisch, Herold und Goldschmidt).

Der Akademische Gesangverein unter Dr. Josef Neubauer singt den Mittelsatz aus Bruckners »Germanenzug« mit dem Hornquartett der Philharmoniker als Begleitung (°).
"Am 13. October, [sic] dem Tage des Leichenbegängnisses, fanden sich denn auch unsere sämmtlichen Vereinsmitglieder, die nationalen Verbindungen und eine große Zahl aus den Reihen der Finkenschaft vor dem Trauerhause im oberen Belvedere ein. | Manchen war es vergönnt, das Antlitz des todten Meisters noch zum letztenmale zu schauen. Der Verein sang unter der Leitung Dr. Neubauers den zweiten Satz aus des Meisters "Germanenzug". Die Hörnerbegleitung hatten mit liebenswürdiger Bereitwilligkeit die Herren Wipperich, Nowak, Moisl und Reiß, Mitglieder des Hofopern=Orchesters, übernommen. | Als der Leichnam unseres verstorbenen Freundes aus dem Sterbehause in den Leichenwagen getragen wurde, zogen die Chargierten die Schläger, und ernst und ergreifend erklangen die Worte des Chores: | "In Odins Hallen ist es licht,  [...]". [über die Aufstellung des Zuges der Studentenverbindungen] (°a).

Im ersten Wagen des Trauerzuges sitzen Ignaz Bruckner und Bruckners Neffen Theodor und Gustav Hueber. Bis gegen 4 Uhr dauert die Auffahrt vor der Karlskirche (°).

    (°°) Bei der Trauerfeier werden Chöre Herbecks (»Libera« mit dem Wiener Männergesangverein unter Kremser) und Schuberts (Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde unter Perger) und von den Philharmonikern unter Hans Richter das von Ferdinand Löwe für Blechbläser (für 4 Trompeten, 4 Hörner, 4 Wagnertuben, 3 Posaunen, Tuba, Pauken, Tamtam und kleine Trommel (°°°)) eingerichtete Adagio der 7. Symphonie aufgeführt. [siehe die Anmerkung]
    "Mittwoch den 13. [sic] October fand in der Karlskirche das Leichenbegängnis Bruckners statt. Es war erhebend und des seltenen Mannes würdig. Die Gemeinde Wien ehrte sich selbst, indem sie die Leichenfeier auf ihre Kosten veranstaltete; aber auch andere Körperschaften Wiens und der Provinz blieben nicht zurück. Der Wiener Männergesangverein legte einen mächtigen Lorbeerkranz mit entsprechender Widmung auf den Sarg des Verblichenen nieder und erschien mit umflortem Banner nahezu vollzählig im Presbyterium der Karlskirche. Dort sang er seinem hervorragenden Ehrenmitgliede in sinniger Andeutung früherer Beziehungen Herbecks "Libera" als letzten, wehmuithsvollen Abschiedsgruß." (°°a).
    "609. Leichenfeier des Componisten Professor Dr. Anton Bruckner in der Karlskirche am 14. October 1896, 3 Uhr Nachmittags. | Vortrag des Vereines: | "Libera", Männerchor mit Begleitung von 4 Posaunen von ..... Johann Herbeck." (°°b).
    Die kirchliche Einsegnung wird von Pfarrer Dobner vorgenommen (°°). Pater Abel assistiert (#). Anschließend spricht Alfred Födisch [Franz Födisch?] vom WAGV einen Abschiedgruß:
"Jetzt ruhst Du, treuer Bruckner, unter der Orgel im Stifte St. Florian, der Du als schlichter Organist die herrlichen Töne entlocktest, die die Andächtigen begeisterten! Der "Akademische", dessen herrlichstes Ruhmesblatt die Beziehungen zu Dir, dem Giganten der Tonkunst sind, wird Dich nie vergessen!" (##).
    Bei der kirchlichen Einsegnungsfeier sind [neben den oben erwähnten Trauergästen] zugegen: Graf Latour, von Hartel, von Bezecny, Herz, Pölzl, Zeißberg, Koch von Langentreu, Tachau, Preyer, Pohl, Lissek, Horak, Rektor Reinisch und viele Professoren, Dr. Müllner, Dr. Huber, Schneider, Wilhelm Jahn, Ludwig Koch, v. Billing, J. N. Fuchs, Krenn, Gustav Walter, Stolz, J. Hellmesberger, Eder, Adolf Müller, Ziehrer, Rudolf Weinwurm, Heinrich Köchert, Silberstein, Schlesinger, Polzhofer, Löwe, Dr. Boller, Stradal, Kraus, Stoll, Simandl, Sugg und Bogdanovic (###).
    Hugo Wolf wird der Eintritt in die Kirche verwehrt (a), Brahms (von Felix von Kraus begleitet [b1]) bleibt am Kirchenportal stehen (b2); [Details zu Brahms berichtet später der gleichfalls teilnehmende Ludwig Karpath (c)]. Brahms fragt Ida Conrat, was Bruckner aus seinen schönen Gedanken gemacht habe (d).

    Die »Libertas« nimmt als weitere Burschenschaft an der Feier teil (Notiz »Auffahrt beim Leichenbegängnisse Dr. Bruckners.« im Bericht der Wiener akad. Burschenschaft Libertas 1897/97, S. 9) (e). Auch die katholische Studentenverbindung "Austria" ist vertreten (e1).

    Außerdem erleben diesen Tag viele Schüler Bruckners (u.a. von Pachmann) (f), Max Graf (g), Bernhard Paumgartner (h) und der Ansfeldener Bürgermeister (Johann Plaß) (h1) mit.
    Der Steyrer Männergesangverein »Kränzchen« ist durch Franz Hölzlhuber und Theodor Liebischer vertreten (i).
    Auch Bruckners »letzte Flamme« Adele nahm an dem Leichenbegängnis teil (j).

Josef Kluger empfand eine Bemerkung von Kathi Kachelmayr als Vorwurf, Bruckner vernachlässigt zu haben, und nahm am Trauerzug und der Einsegnungsfeier nicht teil (k).

Gegen 5 Uhr begleiten Meißner, Göllerich, Reisch [?? vgl. sein heutiges Telegramm (br10)] und Pater Graf Bruckners Sarg nach St. Florian (l).

Sitzung der Steyrer Liedertafel mit Gedenkrede von Dr. Franz Angermann (m).

Bei der Versammlung des Linzer MGV »Sängerbund« spricht Vorstand Wolf einen Nachruf (n).

Dr. J. Schauer, Vorstand der Welser Liedertafel, widmet Bruckner einen Nachruf (o).

 

B. Geschriebenes (Briefe, Schreiben, Notizen)

Eine der Todesanzeigen wird an Fürst Liechtenstein geschickt (Datum des Poststempels) (br1).

Eintrag von P. Gottfried Friess in der Seitenstettener Stiftschronik: Bruckner am 10.10.1896 [sic] gestorben. Kurze Würdigung:
    »In Wien starb 10. h. [= huius] der berühmte, fromme Compositeur Dr. An. Bruckner; einst Schulgehilfe in Windhag, Ob.Öst., dann Organist in St. Florian (Ob. Öst.) hochberühmt als Organist u. Composit. von Symphonien, Te Deum etc.« (br2).

[Wann geschrieben?] Tagebuchnotizen Kronawitters: »11. Der berühmte Komponist u. Orgelvirtuose Prof. Dr. Anton Bruckner in Wien gestorben; 72 Jahre.« und
»14. Täglich höchst zihmliche Zeitungsnachrichten über den verstorb. Komponisten Ant. Bruckner; dessen Leiche nach St. Florian überführt wird.« (br3).

Schreiben des Obersthofmeisteramtes an die Belvedere-Schloßinspektion [Notiz auf dem Akt vom 12.10.1896]: Veranlassung der Wohnungsräumung (br4).

Brief von Jean Louis Nicodé an Theodor Helm:
     Für eine Bruckner-Gedenkfeier plane er die 9. Symphonie und das "Te deum". Ob Helm bei der Vermittlung des Materials behilflich sein können? (br5).

Der Akt des Wiener Magistrats vom 13.10.1896 wird mit der Zahl 18806 bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als eingelangt registriert (br6).

Postkarte von Wolfgang Madjera an Guido Peters:
     Über den Tod Bruckners. Er habe zu diesem Anlaß eine Ode geschrieben [vgl. Anmerkung] (br7).

Vollmacht an Theodor Reisch, unterzeichnet von Ignaz Bruckner und Rosalie Hueber (br8).

Brief von Ferdinand Löwe an Amalie Zehetbauer:
     Lädt sie zu den Begräbnisfeierlichkeiten ein (br9).

Telegramm von Dr. Theodor Reisch an Propst Ferdinand Moser (St. Florian), aufgegeben um 2:10 nachmittags:
     "Bitte mich Ihnen anzuzeigen, daß ich mit den Familien Angehörigen Bruckners morgen 10 Uhr 43 M. in Asten ankommen werde | Dr Reisch" (br10).

[oder 15.10.1896?]
Telegramm "No 45" von Leonard Achleuthner an Propst Ferdinand Moser, aufgegeben um "9 Uhr 40 Min. v[or] Mittag":
     "Wann ist präzise Bruckners Conduckt | Landeshauptmann" (br11).

Visitenkarten mit Kondolenzen werden [an Ignaz Bruckner] abgesendet von
"Dr. Paul Heyse, in herzlicher Theilnahme. | München. 14. Oct. 96",
"Prof. Dr. Jireček mit | dem Ausdruck aufrichtiger Theilnahme. | Wien 14 Okt. 96" und
Wilhelm Baron Weckbecker (Sektionsrat im Kultusministerium) "spricht Ihnen, geehrter Herr, aus Anlass des Ablebens Ihres von ihm als Mensch wie als Tonsetzer so hochgeschätzten Herrn Bruder sein aufrichtiges Beileid aus. 14. X. 896." (br12).

Brief von Dr. Kringl [=] (Museum Francisco-Carolinum in Linz) an den St. Florianer Stiftsbibliothekar Albin Czerny:
     Ob er (vielleicht auch in Begleitung von Herrn Faigl) das Museum bei Bruckners Leichenbegängnis vertreten könne? (br13).

 

C. Gedrucktes (Zeitungsartikel in alphabetischer Reihung nach dem Anfangsbuchstaben)

Arbeiter-Zeitung Nr. 283 auf S. 4:
"     Gemeinderathssitzung vom 13. Oktober. Im Gemeinderath wurde gestern "aufgeräumt". Eine große Anzahl von Referaten wurde erledigt, [...] Zu Beginn der Sitzung hielt der Bürgermeister dem verstorbenen Bruckner einen Nachruf, in dem er als dessen bedeutendste Eigenschaft hervorzuheben wußte, daß Bruckner ein frommer Katholik war!  .  .  .   Nachstehend der Sitzungsbericht: Vorsitzender Bürgermeister Strobach hält nach Eröffnung der Sitzung dem verstorbenen Tondichter Dr. Anton Bruckner einen Nachruf. Der Stadtrath habe den einstimmigen Beschluß gefaßt, die Leichenfeier für den verstorbenen Meister auf Kosten der Stadt Wien zu veranstalten. [...]." (za1).

Das "Algemeen Handelsblad" Nr. 21323 Amsterdam) bringt auf S. 5 einen Nachruf:
"             KUNST EN WETENSCHAPPEN.
[...]
               Anton Bruckner. †
     Met leedwezen vernemen wij, dat de componist Anton Bruckner na een langdurige ongesteldheid overleden is.
     Anton Bruckner, was den 4don September 1824 te Ansfelden in Opper-Oostenrijk geboren; hij was de zoon van een dorpsonderwijzer, van wien hij het eerste onderwijs in muziek kreeg. Na den vroegtijdigen dood van zijn vader werd hij als koorknaap in de stichting St. Florian opgenomen. Onder buitengewoon behoeftige omstandigheden als hulponderwijzer te Windhag bij Freistadt en later als onderwijzer en tijdelijk organist in de St. Florianstichting, ontwikkelde Bruckner zich voornamelijk autodidactisch tot een uitstekend contrapuntist en voortreffelijk organist, zoodat hij in 1855 bij het examen voor domorganist te Linz met glans slaagde. Van Linz uit reisde Bruckner herhaaldelijk naar Weenen, om bij Sechter zijne studiën in het contrapunt te voltooien en van 1861—63 nam bij van Otto Kitzler les in de compositieleer. Door toedoen van Herbeek werd Bruckner na Sechters dood in diens plaats tot organist van de hofkapel en te gelijk tot leeraar voor orgelspel, contrapunt en compositie aan het conservatorium te Weenen benoemd, bij welke functies hij in 1875 nog de betrekking van muziekleeraar aan da universiteit voegde. In 1891 benoemde de Weener universiteit den kunstenaar tot doctor honoris causa in de philosophie.
     Bruckner schreef acht symphonieën, waarvan de tweede (C moll) in 1876 en de derde (D moll) in 1877 te Weenen uitgevoerd werden, doch zonder veel indruk te maken. Eerst met de 7de (E dur) maakte Bruckner opgang; dit werk werd in 1885 gedrukt. De eigenaardigheid van den componist was een treffende, vaak genoeg levendige harmonische schakeering, die zich laat verklaren door het trachten van Bruckner om Wagners dramatischen stijl over te dragen, in de absolute muziek; uit diezelfde bron sproot zijn kleurige instrumentatie voort. Bovendien dwong Bruckner's meesterschap in het contrapunt hoogachting af. Vooral daarom is het te bejammeren, dat zijn ontwikkeling niet gelijkmatiger en logischer is geweest.
     Behalve de bovengenoemde werken heeft Bruckner nog een Te Deum gecomponeerd, benevens een strijkquintet, een mannenkoor, Germanenzug, eenige gradualen en offertoriën, drie groote missen en een aantal mannenkoren." (za2).

Der Bayerische Kurier und Münchner Fremdenblatt greift in seinem Nachruf auf einen Artikel des Wiener Fremdenblatts zurück:
„      Dr. Anton Bruckner †. Wie bereits kurz gemeldet, ist in Wien  Dr. Anton Bruckner verschieden. Durch seinen Tod erleidet die Tonkunst einen schweren Verlust. Bruckner, der geniale Komponist und gewaltige Meister des Orgelspiels, wurde am 4 September 1824 in dem Flecken Ausfelden [sic] in Oberösterreich als Sohn armer Schullehrerseheleute geboren. In frühester Jugend als Sängerknabe in das Stift St. Florian aufgenommen, erhielt er dort den ersten musikalischen Iunterricht, der sich auf die Pflege des Kalvier=, Violin= und Orgelspiels erstreckte. Zum Jüngling herangewachsen, wurde er Schulgehilfe in einer Landschule; er bezog als solcher einen monatlichen Gehalt von 2 Gulden. Um sich vor Hunger zu schützen, spielte er auf Bauernhochzeiten und Kirchtagen um einen Zwanziger eine ganze Nacht zum Tanze auf. Diese harte Zeit fand ihr Ende, als Bruckner als Domorganist nach Linz berufen wurde, [sic] Wie glücklich fühlte er sich, nunmehr wenigstens vor Nahrungssorgen geschützt zu sein; nun konnte er sich wenigstens mit Muße seinen kontrapunktischen Studien hingeben, denen er mit dem ganzen Eifer seines künstlerischen Strebens oblag. Um die Unterweisung Simon Sechters genießen zu können, dieses strengsten Theoretikers des Kontrapunkt, lebte Bruckner längere Zeit hindurch sozusagen zwischen Linz und Wien. Besonders zu Ostern und Weihnachten weilte er stets hier, um bei Sechter kompositorisch zu arbeiten. Nach einigen Jahren schweren Studiums, das ihm den Schlaf vieler Nächte geraubt hatte, machte sich Bruckner daran, am Wiener Konservatorium die Maturitätsprüfung im Kontrapunkt abzulegen. In der Biographie seines Vaters theilt Ludwig Herbeck die näheren Umstände dieser Prüfung folgendermaßen mit: „Die Prüfungskommission bestand aus seinem Lehrer Sechter, aus Hellmesberger, Otto Dessoff und Johann Herbeck. Man kam sofort davon ab, an Bruckner theoretische Fragen zu stellen; als Künstler sollte er beweisen, was er konnte. Sich für Klavier oder Orgel zu entscheiden, stellte man dem Kandidaten frei. Bruckner entschied sich für sein Lieblingsinstrument, die Orgel. Man traf sich in der Piaristenkirche in der Josefstadt, wo eine gute Orgel steht. Sechter wurde aufgefordert, ein Fugenthema niederzuschreiben. Es waren vier Takte, Darauf ersuchte Herbeck seinen Kollegen Dessoff, das Thema zu verlängern; auf die Weigerung Dessoff’s  nahm Herbeck die Verlängerung auf acht Takte selbst vor. „Sie Grausamer!“ rief ihm Dessoff zu. Bruckner besah sich das Thema, zögerte eine Weile, fing aber dann zu präludiren an und ließ eine so genial durchgeführte Fuge folgen, daß die Herren der Prüfungskommission erstaunt und entzückt waren. „Er hätte uns prüfen sollen,“ hörten wir Herbeck sagen.“ Herbeck ließ nun den begabten Landsmann nicht mehr aus den Augen. Seinen Bemühungen ist es zu danken, daß Bruckner für das Wiener Konservatorium und für die Wiener Hofkapelle gewonnen wurde. Weiter schreibt das „Wiener Fremdenblatt“, dem wir diese Ausführungen entnehmen: Bruckner war zeit seines Lebens von einer Bescheidenheit des Auftretens – wenn man von einem solchen überhaupt sprechen kann – die nur von seiner Anspruchslosigkeit, was die Annehmlichkeiten des Lebens anbelangt, übertroffen wurde. Erst in den letzten Jahren hatte der einsame alte Mann wenigstens ein behagliches Heim. Dieses hatte Bruckner seiner hohen Gönnerin, Ihrer k. und k. Hoheit der Frau Erzherzogin Marie Valerie, zu verdanken, welche – wie Dr. Bruckner mit Stolz und Dankbarkeit erzählte – seinerzeit aus Wels in einem Schreiben ihren kaiserlichen Vater bat, dem Meister Bruckner eine Wohnung zu gewähren. Diese Bitte der hochherzigen Frau war bald erfüllt. Einer der größten Genießer von Bruckner’s Orgelspiel war Bischof Rudigier von Linz. Gar oft mußte Bruckner plötzlich nach Linz fahren, weil der musikfreudige Kirchenfürst sich nach dieser klingenden Andachtsübung sehnte. Er ließ sich von Bruckner erheben und erschüttern, das war für ihn eine Herzenskur. Und eines Tages – so erzählten damals die Musiker – als Bruckner ihn wieder „geheilt“ hatte, wie David’s Harfe den König Saul, und der Meister wieder nach Wien zurück mußte, da führte ihn der Bischof an eine Stelle der Domkirche und sagte: „Lieber Bruckner, Sie haben mir wieder, wie schon so oft, sehr wohl gethan, aber auch ich habe an Sie gedacht. Womit könnte ich Ihnen meinen Dank besser abtragen? Hier dieses Plätzchen in heiligem Boden gehört Ihnen; ich habe es Ihnen als Grabstätte gewidmet.“ In frommer Rührung dankte der Künstler, der die Meinung des Bischofs wohl verstand. Nun wird er wohl Gebrauch machen von dem kühlen Grabe.  .  .  .  Bruckner erreichte ein Alter von 73 [sic] Jahren. Sein an Arbeit und Sorgen reiches Leben wurde erst spät von den Strahlen einer warmen Sonne beschienen." (zb1).

[Wann genau?] Bericht über das Leichenbegängnis [vermutlich] in einer Berliner Zeitung (zb2).

Notiz im Bregenzer Tagblatt Nr. 3222 [auf S. 3]:
   "Aus aller Welt.
 - Wien, 12. October. Der Componist Anton Bruckner ist nach längerem Leiden gestorben." (zb3).

Nekrolog in der Breslauer Morgenzeitung (zb4).

Notiz im Deutschen Blatt (Brünn) Nr. 81 auf S. 3:
"Aus Stadt und Land.
     Dr. Anton Bruckner, der große deutsche Meister der Töne, ist am 11. l. M., im Alter von 71 [sic] Jahren in Wien gestorben. Eine Würdigung seiner großartigen Schöpfungen sei unseren Musikreferenten vorbehalten." (zd1).

Deutsches Volksblatt Nr. 2795 auf S. 5:
"                        Wiener Gemeinderath.
                       (Sitzung vom 13. October.)
[...]
     Im Nachstehenden der Bericht:
           Nachruf für Professor Dr. Bruckner.
     Vorsitzender Bürgemeister Strobach hält nach Eröffnung der Sitzung dem am Sonntag, den 11. d. M., verstorbenen Tondichter Dr. Bruckner folgenden Nachruf, der von den Versammelten stehend angehört wird:
     Geehrte Herren! Einer der größten Tondichter der Gegenwart, Dr. Anton Bruckner, ist verschieden. [... Wortlaut identisch mit dem in der "Presse" (s. unten (zp1a)) ...].
     Ich bin überzeugt, daß Sie, meine Herren, diesem Beschlusse zustimmen und durch recht zahlreiches Erscheinen bei der Leichenfeier dem Verewigten die letzte Ehre erweisen werden." (zd2),

auf Seite 9:
"                         Anton Bruckner †.
     Im Sterbegemache liegt Meister Bruckner's Leiche aufgebahrt. [... erwähnt: Carl Anton Almeroth, Anton Meißner, Graf Lamberg (Blumengewinde), Beraton, Künstlerhaus, Gemeinderäte, Gesangvereine; Kränze von Batthyany, Josef Werndl, Wiener Akademischer Gesangverein, Karl Almeroth (auch für Steyrer Liedertafel und Steyrer Musikverein), Anton Meißner ("Letzter Gruß"), Wiener Männergesangverein, Löwe, Josef Schalk, Gesellschaft der Musikfreunde, Th. Rättig, J. Latzelsberger ("Meinem geliebten Meister") und Th. Hämmerle ...].
       *      *      *  
     Der "Schubertbund" hat gestern Vormittags an der Bahre seines Ehrenmitgliedes Anton Bruckner durch eine Deputation einen prachtvollen Lorbeerkranz mit der Widmung "Seinem Ehrenmitgliede – Der Schubertbund" niedergelegt. [...]. – Die Direction der Gesellschaft der Musikfreunde, die ihre vorgestrige Sitzung mit einer Trauerkundgebung für ihr dahingeschiedenes Ehrenmitglied Dr. Anton Bruckner schloß, wird sich vollzählig an dem Leichenbegängnisse betheiligen. Desgleichen der Lehrkörper des Conservatoriums, [... Singverein ...]. – Reden werden bei der Leichenfeier nicht gehalten werden.
       *      *      * 
     Ueber Anregung des Wiener Akademischen Wagner-Vereines werden bei den [sic] Leichenfeier für Anton Bruckner unter Leitung des Hofcapellmeisters Hans Richter die Philharmoniker die Trauermusik aus dem Adagio der VII. Symphonie zum Vortrage bringen.
       *      *      *   
     Die Mitglieder des Akademischen Wagner-Vereines versammeln sich zur Leichenfeier Professor Anton Bruckner's an der rückwärtigen Freitreppe des Belvederes um halb 3 Uhr Nachmittags." (zd3)

und in der Abendausgabe auf S. 2: "     * [Anton Bruckner †.] Um einhalb zehn Uhr Vormittags wurde der Sarg bis zum Antlitz bedeckt: um 2 Uhr Nachmittags wurde er ganz geschlossen und verlöthet. [... Kränze von: Koch von Langentreu, Carl Bernhard Ohn [sic], Guido Adler, Franz Ferdinand Pöschl, Ludwig Koch; Kondolenzen: Frau v. Biedermann, Finanzoberkommissär Lutz, Revident Altwirth, Wilhelm Brandtner, Adolf Placek, Friedrich König (Verbindung »Campia«)... Universität (Dr. Reinisch, Trauerfahne) ... Planung der Trauerfeier: gestern Versammlung des Wiener Akademischen Gesangvereins (Mittelsatz des "Germanenzugs" geplant), Einladung an Studentenverbindungen und Studenten], dem gewaltigen deutschen Tonhelden das letzte Geleite zu geben." (zd4).

Deutsche Zeitung Nr. 8905 [Abendausgabe?] auf S. 2 :
"                 Wien, 14. October.
          Anton Bruckner †.
     Um halb 10 Uhr Vormittags wurde der Sarg bis zum Antlitz bedeckt; um 2 Uhr Nachmittags wird er ganz verschlossen und verlöthet. Im Laufe des Vormittags traf noch eine Große Anzahl Kränze ein, so von Hofrath Koch Edlen v. Langentreu, Karl Bernhard Oehn, Franz Ferdinand Pöschl, kaiserlichem Rath Ludwg Koch u. s. w. Condolenzen sandten: Frau v. Biedermann, Finanzobercommissär Lutz, Revident Altwirth, Professor Wilhelm Brandtner, Bureau=Souschef Adolf Placek, Friedrich König namens der Verbindung "Campia", u. s. w.
     In Vertretung des durch die Theilnahme an einer gleichzeitig stattfindenden Sitzung verhinderten Unterrichtsministers Dr. Freiherrn v. Gautsch werden die Sectionschefs Graf Latour und Ritter v. Hartl bei der Leichenfeier für Bruckner erscheinen. – Die Wiener Singakademie hat in ihrer gestrigen Plenarversammlung der Trauer an dem Hinscheiden Anton Bruckner's lebhaften Ausdruck gegeben und eine Deputation zur Betheiligung an den Leichenfeierlichkeiten für den verstorbenen Meister delegirt.
     An unseren Musikreferenten Dr. Th. Helm ist von dem Director des Brünner Musikvereines, Herrn Kitzler, folgende Drahtnachricht eingelangt: "Dem Freunde und Schätzer Bruckner's tiefstes Beileid. – Kitzler." – Director Kitzler führte vor einigen Jahren Bruckner*'s vierte Symphonie und heuer seine zweite mit größtem Erfolge in Brünn auf." (zd5).

Das "Dagblad van Zuidholland en 's Gravenhage" Nr. 243 schreibt auf S. 6:
"     De bekende componist Anton Bruckner is is [sic] na een lange ziekte Zondagmiddag op 73jarigen leeftijd gestorven te Weenen, in de hem door Keizer Frans Jozef aangewezen woning in het oude kasteel Belvedère. Bruckner is vooral beroemd door zijn Zevende Symphonie in E, die hij op 61jarigen leeftijd schreef." (zd6).

Das Dresdner Journal Nr. 240 kündigt auf S. 1925 das Konzert vom 28.10.1896 an:
"     *  Zum Gedächtnis des verewigten Meisters Anton Bruckner gelangt der "Trauergesang auf den Tod Richard Wagners",das Adagio aus der 7. Symphonie von Bruckner am 1. Orchesterabend Nicodés am 28. d.Mts. zur Aufführung. Die vollständige Symphonie kam hier vor neun Jahren zum ersten Male zu Gehör und zwar ebenfalls in einem von Hrn. Nicodé geleiteten Konzerte." (zd7).

Im Fränkischen Kurier (Nürnberg) ist bis Ende Oktober kein Nachruf zu finden, nur am 14.10.1896 ein Bericht von der Stadtratssitzung mit Bürgermeister Strobach (zf1).

Fremdenblatt Nr. 283 auf S. 5 [Morgenblatt?]:
„     * (Anton Bruckner †.) Im Sterbegemache liegt Meister Bruckner’s Leiche aufgebahrt. Es ist ein mäßig großes Gemach im Erdgeschoße des Kustodentraktes im oberen Belvedere. Schwarze Tücher verkleiden Wände und Plafond, die Fenster verschwinden unter den schweren Draperien und das helle und doch beängstigende Licht von mehr als hundert Kerzen, die in vierundzwanzig mehrarmigen Kandelabern brennen, verbreitet sich in dem Raume. Auf dem Katafalk steht der Sarg aus Goldbronze, in dem der Todte ruht. Die Hände halten ein zartes Bouquet knospender Rosen, die weiße Schleifen tragen die Inschrift „Vom kleinen Karl Anton seinem Taufpathen“. Bruckner hat nämlich vor Jahresfrist, trotzdem er schon leidend war, den Sohn seines Freundes Karl Almroth [sic] aus der Taufe gehoben. Ein Baldachin wölbt sich oberhalb des Katafalks. Auf einem rothen Kissen liegt der Franz Joseph=Orden. Hausoffiziere der Entreprise des pompes funèbres halten die Ehrenwache. Den ganzen Tag über langten Kränze und Beileidskundgebungen an. Viele Gesangvereine kamen deputativ und legten Blumenspenden am Sarge nieder. Ein besonders prachtvolles Gewinde [sic] sandten Graf und Gräfin Lamberg; ferner haben Kränze geschickt: Fürst Edmund Batthyany, Josef Werndl, Wiener Akademischer Wagner=Verein, Anton Meißner, Wiener Männergesangverein, die Professoren Löwe und Schalk des Konservatoriums, die Gesellschaft der Musikfreunde, Th. Rättig und Andere. Der „Schubertbund“ wird mit seinem Banner den Sarg vom Belvedere zur Kirche begleiten. – In der gestrigen Sitzung des Gemeinderathes hielt der Bürgermeister den Manen Bruckner’s einen Nachruf. Er theilte mit, daß nach Beschluß des Stadtrathes das Leichenbegängniß auf Kosten der Gemeinde stattfinden werde und lud die Gemeinderäthe zur regen Theilnahme am Leichenbegängnisse ein. – Die Direktion der Gesellschaft der Musikfreunde, die ihre letzte Sitzung mit einer Trauerkundgebung für ihr dahingeschiedenes Ehrenmitglied schloß, wird sich vollzählig an dem Leichenbegängnisse betheiligen. Desgleichen der Lehrkörper des Konservatoriums, dem der Verblichene durch eine lange Reihe von Jahren angehört hat. Der Singverein wird in der Kirche Schubert’s „Litanei“ zum Vortrage bringen. Die Mitglieder sind gebeten, such um ¾3 Uhr nächst dem Sakristeieingang der Karlskirche einzufinden. – Ueber Anregung des akademischen Wagner=Vereines werden Mitglieder des Hofopernkapelle unter Leitung Hans Richter’s das Adagio aus Bruckner’s siebenter Symphonie zum Vortrage bringen. – Reden werden bei der Leichenfeier nicht gehalten werden.“
Außerdem auf Seite 1 des Abendblatts:
„     * (Anton Bruckner †.) Auf Anordnung des Rector magnificus Professors Dr. Reinisch wurde die Trauerfahne an der Universität gehißt, deren Ehrendoktor bekanntlich Professor Bruckner war. Obwohl der Verstorbene nicht Mitglied des Professorenkollegiums war und sohin eine offizielle Betheiligung der Universität als solcher [sic] nicht Vorschrift ist, werden der Rektor und die Dekane der Fakultäten der Trauerfeier in der Karlskirche beiwohnen. Im Vereinslokale des Wiener akademischen Gesangvereines in der Universität fand gestern Nachmittags eine Versammlung statt, in der betreffs der Betheiligung der Studentenschaft am Leichenbegängnisse Beschlüsse gefaßt wurden. Demnach wird der Akademische Gesangverein im Sterbehause den Mittelsatz aus dem „Germanenzug“ Bruckner’s zum Vortrage bringen. Dortselbst versammeln sich ferner die Wiener Burschenschaften, die wehrhaften Vereine, das Korps „Allemannia“ und „Saxonia“ mit ihren Chargirten. Der Sarg wird von den Chargirten begleitet. Der Ausschuß des akademischen Gesangvereines hat an die Kommilitonen einen Aufruf erlassen, in welchem es unter Anderem heißt: „Der bedeutendste unter den gegenwärtigen Tondichtern, Professor Anton Bruckner, Ehrendoktor der Wiener Universität, ist verschieden. Da der Verblichene durch eine lange Reige von Jahren unserem Vereine als Ehrenmitglied angehörte, halten wir es für unsere Pflicht, an die gesammte deutsche Studentenschaft die Einladung ergehen zu lassen, dem gewaltigen deutschen Tonhelden das letzte Geleite zu geben.“ In Vertretung des durch die Theilnahme an einer gleichzeitig stattfindenden Sitzung verhinderten Unterrichtsministers Dr. Freiherrn v. Gautsch werden die Sektionschefs Graf Latour und Ritter v. Hartl bei der Leichenfeier für Bruckner erscheinen.“ (zf2).

Grazer Morgenpost Nr. 236 auf S. 1f (auf einen Artikel der Wiener Abendpost zurückgreifend [Hirschfeld am 12.10.1896?]):
"                Feuilleton.
               Anton Bruckner †.

     Am Sonntag ist in Wien der Tondichter Anton Bruckner gestorben. Einem ihm gewidmeten Nekrolog der „Wiener Abendpost“ entnehmen wir Folgendes:
     Anton Bruckner zählt zu den schlichten deutschen Männern, welche als Schulmeister begannen und als Meister endeten. Es sind, wenn wir nur an Schubert und Bruckner denken, Schollenmenschen, deren Geist hoch fliegt, deren Leben aber im engen heimatlichen Kreise sich ruhig abspielt. Was sie wirken, wird jedesmal ein Kunstereignis; doch an äußeren Ereignissen, also Geschehnissen, ist ihr Lebensweg nicht reich. Anton Bruckner ist am 4. September 1824 als der Sohn eines Dorfschulmeisters in Ansfelden (Oberösterreich) geboren. Er war der Erstgeborene, zu dem sich später noch eilf Geschwister gesellten. Den Vater, welchem er die ersten musikalischen Unterweisungen dankte, verlor der junge Bruckner schon im Jahre 1836 [sic]. Im Stifte St. Florian wurde der verwaiste Lehrerssohn mit zwölf Jahren als Sängerknabe aufgenommen.
     Nach absolviertem Präparanden=Curse erhielt der siebzehnjährige Bruckner eine Anstellung als Schulgehilfe in Windhag an der Maltsch in Oberösterreich. Hier lernte er die ganze Tonleiter von Freuden und Leiden des in einer Person vereinigten Lehrers, Musikers und Messners der vormärzlichen Zeit kennen. Sein Gehalt von zwei Gulden monatlich schnitt die Scala der Freuden früh genug ab. Der junge Musikus musste bei Bauernhochzeiten und Kirchweihfesten aufspielen, um den Lebensunterhalt zu finden.
     Von Windhag wanderte der Schulgehilfe Bruckner nach Kronsdorf [sic] bei Enns, von da zurück zum Ausgangspunkte nach St. Florian, wo er Lehrer und supplierender Stiftsorganist wurde. Im Orgelspiele, in der Composition leistete Bruckner damals schon große Stücke.
     Bruckners äußere Entwicklung war trotz der genialischen Veranlagung eine stetige, ruhige. Mit dem Jahre 1851 wurde er schon erster Stiftsorganist in St. Florian. Ein Jahresgehalt von 80 fl., zu welchem sich der Lehrersold von 36 fl. jährlich schob, gestattete dem jungen Bruckner schon manche Reise nach Wien, wo er den gelahrten Hofkapellmeistern Aßmayer, Preyer, dem Hoforganisten und Theoretiker Sechter sich nähern durfte. Proben seiner Orgelkunst brachten ihm damals schon reiche Ehren. Am 25. Jänner 1856 gieng Bruckner aber als Sieger in einer Concurrenz zur Besetzung der Dom=Organistenstelle in Linz hervor. Durch die „Königin der Instrumente“ wurde Bruckner aus den Banden der Schule gelöst. Vier Jahre hindurch, stets gegen Ostern und Weihnachten, war Bruckner regelmäßig in Wien zu finden, wo er bei Sechter strenge Studien machte. Sechters „Fundamente“ wurden das Fundament Bruckners. „Bei aller Wertschätzung seines Schülers“, sagt der Biograph Bruckners, „den er die schwierigsten Formen des Contrapunktes spielend beherrschen gelehrt hatte, schlug Sechter dennoch ein Kreuz über den kühnen Revolutionär Bruckner. Sechter musste sich vorkommen wie ein Huhn, das aus einem unterlegten Ei einen Adler ausgebrütet hat.“
     Bruckner legte alsbald vor Dessoff, Herbeck, Hellmesberger, den Schulgrößen des Conservatoriums, eine Reifeprüfung ab. Professor Sechter zeichnete vier Takte eines Themas auf, das Bruckner auf der Orgel durchführen sollte, Dessoff verlängerte das Thema um vier Takte, Herbeck verlängerte es abermals. Das grausame Thema wurde zu einer genial durchgeführten Fuge gestaltet. Die Commission konnte die Kunst Bruckners nicht genug preisen. Herbeck veranlasste die Berufung Bruckners nach Wien. So wurde Bruckner exspectierender Organist in der Hofkapelle, später Professor des Orgelspieles und des Contrapunktes am Conservatorium. Der Lehrerberuf zog Bruckner wieder in seine stillen Kreise, aber in ungleich höherer Geltung als dereinst. Wer das Glück hatte, unter Bruckners Leitung in die Geheimnisse des Contrapunktes eingeweiht zu werden, wurde dessen froh fürs ganze Leben.
     Bruckners erste schöpferische That war die Messe in D, welche im Jahre 1864 entstand. Erst in allerletzter Zeit fand sich für diese Messe, welche freilich genug Bewunderer gefunden hatte, auch ein Verleger. Im Jahre 1865 vollendete Bruckner seine erste Symphonie. Damals führten ihn die „Tristan“=Vorstellungen nach München, wo Bruckner mit Glück um die Freundschaft Wagners warb. Zwei Jahre später brachte Herbeck in der Augustiner=Kirche die Bruckner’sche D-Messe zur Aufführung. Von Bedeutung und bezeichnend für die Hochachtung, welche Wagner dem aufstrebenden Meister zollte, ist ein Concert, welches Bruckner im Jahre 1868 in Linz dirigierte. Er führte dem Linzer Publicum den Schlusschor des zweiten Actes aus den „Meistersingern“ vor, dessen bis dahin unveröffentlichte Partitur Richard Wagner an Bruckner gesendet hatte. Mit seiner ersten Symphonie holte sich Bruckner aber im Jahre 1868 bei den Linzern, zumal die Orchestermittel unzureichend waren, keinen Erfolg. Trost suchte Bruckner im Schaffen. Zu Weihnachten des Jahres 1868 war die herrliche F-moll-Messe vollendet. „Es bezeichnet so recht unseres Meisters naiv=frommen Sinn“, sagt sein Biograph, der Lehrer Brunner in Linz treffend, „dass er im Dankgefühle für die ihm von oben gewordene geistige Wiedergeburt eine der schönsten Stellen des Benedictus aus dieser Messe später in das Adagio der zweiten Symphonie aufnahm.“
     Noch in demselben Jahre war zur Einweihung der Votivkapelle des Maria Empfängnis=Domes zu Linz die zweite große Messe in E-moll mit Begleitung von Blas=Instrumenten entstanden. Als Organist trat der Meister bald darauf siegreich in einem Wettspiele in der Kathedrale von Nancy hervor. Er schlug alle seine bedeutenden Nebenbuhler. Einen noch größeren Triumph feierte Bruckner in London bei einem neuerlichen Wettstreite. Er gab nach seinem Siege acht Concerte in der Albert=Hall, fünf im Krystallpalaste. London wollte den unvergleichlichen Meister an England fesseln. Bruckner aber blieb seinem Vaterlande treu. Die Lebensgeschichte Bruckners ist fortan nur die Geschichte seines Schaffens, seiner Werke.
     Die zweite Symphonie war im Anfange der Siebziger Jahre componirt worden. Ihr folgte unmittelbar noch vor dem Weltausstellungsconcerte, in welchem die zweite zur Aufführung gelangte, die dritte, Richard Wagner gewidmete Symphonie in D-moll. Dieses grandiose Werk wanderte bis zu den Lamoureux=Concerten. Die Gesellschaft der Musikfreunde machte im Jahre 1877 zum erstenmale die Wiener mit dieser monumentalen Schöpfung bekannt. Herbeck hatte sie aufs Programm gesetzt, erlebte aber diese Aufführung nicht mehr. Der Streit um Bruckner war damals schon hell entbrannt. Der kritischen Verdienste des Dr. Helm, welcher ein begeisterter Lobsprecher Bruckners wurde, muss hier dankbar gedacht werden. Als im Jahre 1877 die dritte Symphonie zur Aufführung kam, war die vierte in Es-dur, die „Romantische“, bereits vollendet, und eine fünfte in B-dur harrte schon der Vollendung. Die romantische Symphonie wurde von den Philharmonikern unter Hans Richters Leitung im Jahre 1881 in einem Concerte zum besten des deutschen Schulvereines zum erstenmale gespielt.
     Im großen Publicum fand Bruckner nur langsam Anerkennung. Jeden neuen Schritt zu allgemeinerer Würdigung suchten die gegnerischen „Merker“ immer wieder zu vereiteln. Mit der siebenten Symphonie – ihr war im Jahre 1883 die sechste vorangegangen – errang aber Bruckner vom Jahre 1884 ab auch die nöthigen äußeren Erfolge. Leipzig und München giengen mit dem Werke voran. Den Ruhm Bruckners – natürlich immer nur in den Grenzen vorurtheilsfreier Kreise – befestigte das F-dur=Quintett, welches von Hellmesberger 1885 ans Licht gebracht wurde. Im folgenden Jahre gelangte das „Tedeum“ in einem Gesellschaftsconcerte zur Aufführung. Das Werk begeisterte die Anwesenden. Die Philharmoniker, lange zurückhaltend, führten Bruckner mit der Siebenten im Jahre 1889 [sic] in ihre Concerte ein. Einige Jahre später füllten sie allein mit der Achten zum Missvergnügen der Gegner das Programm eines ganzen Concertes. Nur die sechste Symphonie ist, wie uns die Aufzeichnungen Helms belehren, vollständig bisher nicht aufgeführt worden. Die Fünfte hat Kapellmeister Franz Schalk bereits in Graz mit außerordentlichem Erfolge zur Aufführung gebracht. Bruckners Schöpfungen gewinnen nun stetig an Boden.
     Im hohen Alter fehlte es dem Meister auch an bedeutenden Ehrungen nicht. Se. Majestät der Kaiser verlieh ihm im Jahre 1886 das Ritterkreuz des Franz Joseph=Ordens; der akademische Senat ernannte ihn zum Ehrendoctor der Universität Wien. Hofrath Exner, damals Rector der Universität, schloss seine Ansprache mit den Worten: „Ich, der Rector=Magnificus der Wiener Universität, beuge mich vor dem ehemaligen Unterlehrer von Windhag.“
     Ein jährlicher Ehrensold, welchen die Landesvertretung Ober=Oesterreichs Bruckner bewilligte, ein Ehrensold, welchen Se. Majestät und angesehene Kunstfreunde dem greisen Meister aussetzten, und schließlich die Begünstigung, im Belvedere eine behagliche, herrlich gelegene freie Wohnung zu beziehen, scheuchten von dem Meister die Sorgen des Tages. Er konnte, von Aemtern frei, ganz seinem Schaffen leben. Das Schicksal hat ihm die Vollendung der Chor=Symphonie, der neunten, nicht gegönnt. Die Kunstwelt hat einen der bedeutendsten Symphoniker, einen erhabenen Kirchen=Componisten, einen unübertrefflichen Orgelkünstler, das Vaterland hat einen seiner treuesten Söhne verloren.“
[ohne die Signatur der Originalvorlage „r. h.“] (zg1).

Grazer Volksblatt Nr. 235 auf S. 5 (Beilage S. 1), signiert "-sdl-" [Carl Seydler]:
"              Dr. Anton Bruckner.
    
Am 11. d. M. um halb 4 Uhr nachmittags starb im kaiserlichen Schlosse "Belvedere" in Wien einer der edelsten Tondichter unseres an Musikern so reich gesegneten Vaterlandes. [... Würdigung des Symphonikers ...]. Dieser seiner Natur entsprach eine gewisse Abneigung gegen alle mit dem Worte verbundene Musik; er nannte den Gesang stets scherzweise "eine verheiratete Musik" (Bruckner blieb Zeit seines Lebens ein strammer Junggeselle). [... dennoch bedeutend:  "Te deum", "Helgoland", 150. Psalm ...]
     In drei breit und groß angelegten Messen [... nur für den Konzertsaal ... kleinere Kirchenmusikwerke ...].
     Die eigentliche Größe seines Schaffens aber liegt in der Symphonie; [...] durch und durch großartige orchestrale Prophetien des musikalischen Glaubensbekenntnisses Richard Wagners.
     [... Dramen ohne Worte, nicht an Beethoven oder Brahms zu messen ... 9. Symphonie mit "Te deum" als Finale ... Entstehungs- und Aufführungsgeschichte der Symphonien, (irrig: in Graz 1. Symphonie 11.3.1895 [recte: 11.4.1896], 5. Symphonie 8.4.1894 [recte 9.4.1894]) ...].
     Bruckner ist geboren als Sohn eines Schullehrers zu Amstetten [sic] in Oberösterreich. [... Biographisches (irrig: in St. Florian bei Organist Kattnig [recte Kattinger], Nancy und London Mitte der 1860er Jahre) ... letzte Jahre ...].
     In letzterer Zeit hatte Bruckner eine Parterrewohnung im kais. Lustschlosse Belvedere in Wien bezogen, welche ihm der Allerhöchste Hof über Verwendung Ihrer k. Hoheit der Frau Erzherzogin Maria Valerie eingeräumt hatte. Dort ist er am 11. d. um halb 4 Uhr nachmittags schmerzlos und ohne Todeskampf sanft verschieden.        -sdl- " (zg2).

Grazer Tagblatt Nr. 284 auf S. 7:
"                      Anton Bruckner †.
     Wien,
13. October. Der Stadtrath beschloss, das Leichenbegängnis des Tondichters Bruckner auf Kosten der Gemeinde zu veranstalten.
     Wien, 13. October. Wie nunmehr bekannt wird, wurden über Auftrag des Kaisers Bruckners Wohnräume täglich mit frischen Blumen versehen. Dieser Herrscher war es auch, der die Drucklegung der Werke Bruckners thatkräftig förderte und aus seiner Privatschatulle namhafte Summen für die kostspielige Drucklegung entnahm.
     Wien, 13. October. Der Bürgermeister Strobach widmete in der heutigen Sitzung des Gemeinderathes dem verstorbenen Componisten Bruckner einen warmen Nachruf und theilte mit, dass der Stadtrath beschlossen habe, das Leichenbegängnis auf Kosten der Gemeinde zu veranstalten." (zg3).

Die in Montreal (Kanada) erscheinende Zeitung The Gazette Nr. 247 bringt auf S. 8 die Kurzmeldung
"                        OBITUARY.
[...]
     VIENNA, October 12.–Herr Bruckner, the celebrated musical composer, is dead." (zg4).

Illustriertes Wiener Extrablatt Nr. 283 auf S. 3:
„         Anton Bruckner †. 
            Die Aufbahrung.

     Im Sterbegemache liegt Meister Bruckner’s Leiche aufgebahrt. Es ist ein mäßig großes Gemach im Erdgeschosse des oberen Belvedere. Schwarze Tücher verkleiden Wände und Plafond, die Fenster verschwinden unter den schweren Draperien und das helle und doch beängstigende Licht von mehr als hundert Kerzen, die in 24 mehrarmigen Candelabern leuchten, verbreitet sich in dem Raume. Auf dem Katafalk steht der Sarg aus Goldbronze, in dem der Todte ruht. Die Hände halten ein zartes Bouquet knospender Rosen, dessen weiße Schleifen die Inschrift tragen: „Vom kleinen Carl Anton seinem Taufpathen.“ Bruckner hat nämlich vor Jahresfrist, trotzdem er schon leidend war, den Sohn seines Freundes Carl Almroth [sic] aus der Taufe gehoben.
     Auf einem rothen Kissen liegt der Franz Joseph=Orden, die einzige Ordensauszeichnung, die Bruckner besaß. Hausofficiere der Entreprise halten die Ehrenwache.
     Bruckner’s Schüler und Freund Anton Meißner macht bis zur Ankunft der Geschwister des Verblichenen die Honneurs. Den ganzen Tag über langten duftige Grüße und Beileidskundgebungen an. Viele Gesangsvereine kamen deputativ und legten Blumenspenden am Sarge nieder. Ein besonders prachtvolles Gewinde [sic] sandten Graf und Gräfin Lamberg; ferner haben Kränze geschickt: Fürst Edmund Batthyany („Dem großen Meister“), Joseph Werndl, Wiener Akademischer Wagner=Verein, Carl Almroth, der auch außer seinem Kranz solche für die Steierer Liedertafel und den Steierer Musikverein niederlegte, Anton Meißner („Letzter Gruß“), Wiener Männergesangverein („Seinem Ehrenmitgliede“), die Professoren Löwe und Schalk des Conservatoriums, die Gesellschaft der Musikfreunde, Th. Rättig („Ad astra per aspera“), J. Latzelsberger („Meinem geliebten Meister“), Th. Hammerle [sic] &c. &c. Condolenzen kamen u. A. von Baron Nathaniel Rothschild, Maler Beraton, vom Künstlerhaus, von vielen Gemeinderäthen, zahlreichen Gesangvereinen &c.
     Der „Schubertbund“ hat gestern Vormittags an der Bahre seines Ehrenmitgliedes Anton Bruckner durch eine Deputation einen prachtvollen Lorbeerkranz mit der Widmung; „Seinem Ehrenmitgliede – Der Schubertbund“ niedergelegt. An dem heutigen Leichenbegängnisse betheiligt sich der Bund dadurch, daß seine Mitglieder unter Vorantragung des Vereinsbanners vom Trauerhause aus dem verstorbenen Meister das Geleite geben.
      Die Direction der Gesellschaft der Musikfreunde, die ihre vorgestrige Sitzung mit einer Trauerkundgebung für ihr dahingeschiedenes  Ehrenmitglied Dr. Anton Bruckner schloß, wird sich vollzählig an dem Leichenbegängnisse betheiligen, desgleichen der Lehrkörper des Conservatoriums, dem der Verblichene durch eine lange Reihe von Jahren angehörte. Der Singverein wird in der Kirche Schubert’s „Litanei“ zum Vortrage bringen und es werden die Mitglieder gebeten, sich um ¾3 Uhr nächst dem Sacristei=Eingange der Carlskirche einzufinden. – Reden werden bei der Leichenfeier nicht gehalten werden.
                      *
     Zu Beginn der gestrigen Gemeinderathssitzung widmete der Bürgermeister dem verstorbenen Tondichter Dr. Bruckner folgenden Nachruf, der von den versammelten Stadtvätern stehend angehört wurde:
     „Geehrte Herren! Einer der größten Tondichter der Gegenwart, Dr. Anton Bruckner, ist verschieden. Still, wie sein ganzes Leben, vollzog sich auch sein Ende; schmerzlos und ohne Todeskampf entwich seine Seele. Dieser große Meister der Töne war ein strenggläubiger Katholik; Ueberzeugungstreue, eiserner Muth im Kampfe des Lebens, schlichte Einfachheit und bescheidenes Wesen zeichneten ihn aus. Kein freundliches Geschick war seiner Jugend beschieden und durch Entbehrungen aller Art führte ihn sein Genius zur Höhe jener Auserwählten, zu denen wir mit ehrfurchtsvoller Bewunderung emporblicken.     Nicht immer wurde seinem großen Können die verdiente Werthschätzung zutheil und nur langsam rangen sich seine Werke zur vollen Anerkennung durch, nicht blos in seinem Vaterlande, sondern auch im Auslande. Möge die Nachwelt dem großen Todten jene allgemeine Würdigung zutheil werden lassen, welche der großen Bedeutung des Künstlers entspricht.
     Bruckner's Name ist unzertrennbar mit unserem Kunstleben verbunden, sein künstlerisches Schaffen hat der Stadt Wien zur Ehre gereicht, wir werden ihm stets ein würdiges Andenken bewahren.
     In Anerkennung der großen Verdienste Bruckner's um die heimische Kunst hat der Stadtrath den einstimmigen Beschluß gefaßt, die Leichenfeier für den verstorbenen Meister auf Kosten der Stadt Wien zu veranstalten.
     Ich bin überzeugt, daß Sie, meine Herren, diesem Beschlusse zustimmen und durch recht zahlreiches Erscheinen bei der Leichenfeier dem Verewigten die letzte Ehre erweisen werden." “ (zi1)

und Abendausgabe S. 4:
„            Anton Bruckner †.
  
  Im Laufe des heutigen Vormittags wurde an der Bahre Anton Bruckner’s noch eine große Anzahl von Kränzen niedergelegt, so unter Anderen von Hofrath Koch Edlen v. Langentreu, Carl Bernhard Ohn [sic], Professor Dr. Guido Adler, Franz Ferdinand Pöschl, kais. Rath Ludwig Koch &c. Auch Frau Katharina Kachelmayer, welche volle 24 Jahre als Wirthschafterin im Dienste des verblichenen Meisters stand, legte einen prächtigen Kranz mit der Bandinschrift „Von seiner langjährigen, treuergebenen Kachelmayer“ auf den Sarg nieder.
    Condolenzen sandten: Frau v. Biedermann, Finanz=Obercommissär Lutz, Revident Altwirth, Prof. Wilhelm Brandter, Bureau=Souschef Adolph Placek, Friedrich König namens der Verbindung „Campiante“. Der Vicepräsident der Gesellschaft der Musikfreunde Hofrath Koch v. Langentreu und der Generalsecretär kais. Rath Ludwig Koch fanden sich persönlich im Trauerhause ein, um zu condoliren. Ein prachtvolles Blumengewinde kam vom Hof=Musikalienverleger Gutmann.
    Die Wiener Universität, deren Ehrendoctor der heimgegangene Meister war, wird sich in imposanter Weise an der heutigen Leichenfeier betheiligen.
     In Vertretung des durch die Theilnahme an einer gleichzeitig stattfindenden Sitzung verhinderten Unterrichtsministers Dr. Freiherr v. Gautsch werden die Sectionschefs Graf Latour und Ritter v. Hartl bei der Leichenfeier für Bruckner erscheinen.“ (zi2).

[Titel ohne Zuordnung der Ausgaben: "Lorbeer statt Brod!" und [recte vermutlich Arbeiterzeitung 15.10.1896] "Bruckner's Leichenbegängniß hat gestern stattgefunden" (zi2a)]

Innsbrucker Nachrichten Nr. 236 auf S. 3:
»     (Dr. Anton Bruckner †.) Die Tonkunst hat einen schweren Verlust zu beklagen. [... Biographie bis 1894, Commers] zu Ehren des Meisters, der von dieser Ovation so gerührt war, dass er kaum danken konnte.« [keine Signatur] (zi3).

Kärtner Zeitung Nr. 236 auf S. 4 [auf den Text des "Vaterlands" vom 12.10.1896 zurückgreifend]:
"                            Vermischtes.
     Professor Bruckner †.
Der Hoforganist und Lector für Harmonielehre und Contrapunkt an der Wiener Universität, Dr. Anton Bruckner, ist gestern, halb 4 Uhr nachmittags, [...] verstorben. [... über Biographie und Werke ... ], besonders aber seine sieben Symphonien, deren einige in den Achtziger=Jahren solchen Erfolg hatten, dass sein Name nun endlich in den weitesten Kreisen bekannt wurde." (zk1).

Leipziger Neueste Nachrichten (zl1).

Leipziger Tageblatt Nr. 524 auf S. 7536 (= 18):
"                      Musik.
            Anton Bruckner †.
    
Seit Monaten schon lag einer unserer edelsten und ehrlfchsten [sic] Tonmeister der Gegenwart auf dem stillen, traurigen Siechbette im alten Belvedere, dem berühmten Palast des Prinzen Eugen auf dem Rennweg in Wien. [... erwähnt [als Augenzeuge?] die Konzerte in Berlin im Januar 1894 ... Improvisationsgabe ... Biographisches (u.a. 21.11.1861, Widmung der 3. Symphonie an Wagner)... Würdigung Bruckners auch abseits der Wagnerianer oder der Hanslick-Partei möglich ...]; eine Kritik, die in bekannter Gründlichkeit künstlerische Erscheinungen mit Vorliebe zu katalogisiren pflegt, kommt immer noch früh genug.
                                 Th. Cursch-Bühren.
     Friedrich Klose ist einer der begabtesten und bedeutendsten Schüler des jetzt verstorbenen Meisters Anton Bruckner in Wien. Der Tod des letztgenannten Künstlers erinnert auch an die pädagogische Thätigkeit desselben und an die Leistungen seiner Schüler. [... zuerst bei dem Genfer A. Ruthardt (jetzt in Leipzig), dann 3½ bei Bruckner, 26.2.1896 Messe in Karlsruhe (Pressezitate, ausführliche Besprechung) ...]. –  In strenger Lehrzeit reifte er zum Künstler und Charakter unter der Leitung des am 11. October in Wien verstorbenen Anton Bruckner heran. Im Jahre 1889 durfte er, wie wir aus Nr. 17 Jahrg. 1895 des "Chorgesanges" ersehen, seine Studienzeit als beendet ansehen und, von Bruckner in Harmonielehre und Contrapunct "mit Auszeichnung" entlassen, Wien den Rücken kehren und nach Genf reisen. [... weitere Werke ...]. Hoffentlich findet der junge Meister in seinem Leben zeitiger vollste Anerkennung als sein Lehrer Anton Bruckner, dem erst in der letzten Lebenszeit die rechte Würdigung und Werthschätzung zu Theil wurde.    –m–." (zl2).

Linzer Volksblatt Nr. 237 (Artikel von Josef Bermanschläger auf S. 1 - 3, Bericht auf S. 3)
"                 Eine Erinnerung an Bruckner.
          Von Ludwig Josef Bermanschläger.
    Ein Augusttag, wie er herrlicher nicht sein kann, war für die ganze Welt, also auch für die alte Eisenstadt angebrochen. Die Steyrer schrieben freilich nicht 1896 sondern 1894. [... schildert eine Ausfahrt nach Aschach mit Bruckner, Franz Bayer und seinem Vater Bermanschläger, an der er teilnehmen durfte. Bruckner habe von seinem Besuch bei Wagner 1873 in Bayreuth erzählt, von der Besichtigung der Theater-Baustelle, der Widmung der 3. Symphonie. Bericht über spätere Äußerungen Wagners über Bruckner. Auf dem Heimweg habe Bruckner über den Tod und seine Genesung nachgedacht. ...].
     Ich drückte ihm nur stumm und innig die Hand. In dem Momente auch nur ein Wort hervorzubringen, war mir unmöglich.
      *       *       *  
     Ueber den berühmten Künstler mögen hier folgende Daten erwähnt werden. [... Biographische Hinweise, teilweise fehlerhaft ... über die bedeutendsten Werke ... Ehrungen ... Exner:] "Ich, der Rector=Magnificus der Wiener Universität, beuge mich vor dem ehemaligen Unterlehrer von Windhag."
      *       *       *   
     So schied er denn von uns, der unerreichbare Meister der Töne, [...], wahr und offen ohne jedes [sic] Falsch, mit der Geisteskraft eines Riesen und dem Gemüthe eines Kundes. Seinen Leib lässt er unter der großen Orgel von St. Florian zur letzten Ruhe betten, seine Seele aber spricht zu uns durch seine unvergänglichen Werke. Bitten wir nur unseren Herrgott, daß wir sie immer verstehen können."

Berichte auf Seite 3:
"                                 Linz, 13. October 1896.
    – Anton Bruckner †. Aus Wien, 12. d., wird berichtet: Die Leiche des Professors Anton Bruckner wurde bis gestern mittags im Sterbezimmer auf dem Todtenbette belassen. Ein ehemaliger Schüler und Mitarbeiter des verstorbenen Bildhauers Professor Tilgner, Bildhauer Sinsler [Zinsler], nahm sodann die Todtenmaske in Gips ab, welche sehr gut gelang. Nachmittags wurde die Leiche von Professor Paltauf conserviert. Hierauf wurde die Leiche im Sterbezimmer, welches von dem Verstorbenen als Arbeits=, Speise= und Schlafzimmer benützt wurde, aufgebahrt. Die in einem schwarzen Anzug gekleidete Leiche Bruckners ruht in einem großen, offenen, goldbronzierten Metallsarkophag auf einem schwarzen Katafalk. Ueber denselben wölbt sich zu Häupten ein silberdurchwirkter, schwarzer Sammtbaldachin, an dessen Hinterwand zu Häupten ein schwarzes Kreuztuch sichtbar ist. Zu Füßen des Sarges befindet sich ein Betpult mit einem vor demselben aufgestellten Crucifix und Weihwasserbehälter. Auf einem Tabouret ist der Franz Josef Orden auf einem Sammtpolster exponiert. Die Wände des Trauergemaches und ebenso das Vorzimmer sind schwarz ausspaliert. 22 hohe Silberleuchter mit brennenden Kerzen, Kerzen=Candelaber und zwei Opferflammen umgeben das Trauergerüste. Eine Fülle der herrlichsten Pflanzen und Blumen, in den Ecken des Trauergemaches und zu Häupten des Sarges aufgestellt, mildern den düsteren Anblick. 
      Am Mittwoch den 14. d., nachmittags um 3 Uhr, findet das Leichenbegängnis Bruckners statt. Die Leiche wird vom Trauerhause, 3. Bezirk, Heugasse Nr. 3 (oberes Belvedere) in die Pfarrkirche zu St. Karl Borromäus (Karlskirche, Wieden) überführt und daselbst feierlichst eingesegnet. Nach stattgehabter Einsegnung wird die Leiche sofort zum Westbahnhofe gebracht und von dort mittels des Pracht=Leichenwagens der Eisenbahn=Waggon=Gesellschaft nach St. Florian (Station Asten) in Oberösterreich überführt, woselbst dieselbe, einer letztwilligen Anordnung des Verblichenen zufolge, in der dortigen Stiftskirche nach nochmaliger feierlicher Einsegnung in der Gruft, und zwar unterhalb der berühmten großen Orgel, welche Bruckner einstens spielte, beigesetzt werden wird. Beim Einzug der Leiche in die Stiftskirche wird die obenerwähnte Orgel gespielt werden.
    Professor Bruckner war noch in den letzten Lebenstagen damit beschäftigt, den vierten Satz seiner großen Symphonie zuende zu führen, doch blieb derselbe leider unvollendet. Drei Sätze sind vollendet und wird als vierter Satz nach einer testamentarischen Anordnung sein Te Deum bei etwaigen musikalischen Aufführungen verwendet werden. In dem eben erwähnten Testamente ordnete Bruckner auch an, daß die Manuscripte seiner Compositionen der Hofbibliothek einverleibt werden.
      – Professor Dr. Anton Bruckner †. Aus Stift St. Florian, 12. October, wird uns geschrieben: "Laut telegraphischer Nachricht ist Dr. Anton Bruckner gestern in Wien gestorben. Seine irdischen Ueberreste werden Mittwoch hieher überführt und in die Leichenkapelle des Krankenhauses gebracht. Donnerstag um 3 Uhr wird er dann daselbst feierlich ausgesegnet und hierauf seiner letztwilligen Anordnung gemäß in der Gruft der Stiftskirche unterhalb der großen Orgel, auf welcher er durch sein Spiel so oftmals seine Zuhörer entzückt hatte, zur ewigen Ruhe beigesetzt werden." " (zl3).

Linzer Zeitung auf S. 1132:
„                     Dr. Anton Bruckner .
     
Anton Bruckner, dessen Hinscheiden wir gestern kurz meldeten, ist am 4. September 1824 als der Sohn eines armen Dorfschullehrers zu Ansfelden in Oberösterreich geboren. Nach einer Kindheit, die unter den ärmlichsten Verhältnissen verlief, stand der Knabe nach dem Tode seines Vaters im Alter von 12 Jahren völlig verwaist da. Das Stift St. Florian nahm ihn zu dieser Zeit als Sängerknaben auf. Im Jahre 1841, im Alter von 17 Jahren, erhielt Bruckner eine Anstellung als Schulgehilfe zu Windhag in Oberösterreich. Der üppige Monatsgehalt von zwei Gulden zwang ihn oft genug, auf Bauernhochzeiten und Kirchweihfesten um einen Zwanziger die ganze Nacht zum Tanze aufzuspielen. Sein Ruf als Organist verschaffte ihm die Chormeisterstelle der Linzer Liedertafel, und von diesem Zeitpunkte an fand auch Bruckners Schaffen als Componist die Beachtung einer beschränkten Oeffentlichkeit. Der Kreis seiner Anhänger erweitere sich auch durch die endliche Berufung Bruckners nach Wien zunächst nur sehr wenig. In seinem 44. Lebensjahre wurde er durch Hofkapellmeister Herbeck in die Hofkapelle als exspectierender Hof=Organist, endlich als Lehrer des Contrapunktes an das Conservatorium berufen. Mit den wachsenden Jahren seines Schaffens als Lehrer und Componist fand er begeisterte Anhänger in großer Zahl. Seine acht Symphonien sind im Laufe der letzten Jahre, bis auf die fünfte, sämmtlich und mit steigendem erfolge zur Aufführung gelangt. Entscheidend für die allgemeine Geltung Bruckners in Wien wurde der starke Erfolg seines Tedeums in den Concerten der Gesellschaft der Musikfreunde, welcher den Aufführungen der Symphonien durch die Philharmoniker den Boden für die Aufnahme dieser Werke urbr machte. So konnte Hans Richter es am 18. December 1892 wagen, Bruckners gigantische achte Symphonie in C-moll als einziges Programmstück eines philharmonischen Concertes, unter lebhafter Ehrung des Componisten dem Publicum vorzuführen. Bedeutende Leistungen Bruckners liegen auf dem Gebiete der Kirchenmusik. Die erste seiner beiden großen Messen in D-moll fällt noch in seine Linzer Periode. Die zweite, noch bedeutendere, in F-moll ist in Wien componiert. Mit Kleinigkeiten hat sich Anton Bruckner nur selten abgegeben. Einige Männerchöre und ein Streichquintett in F-dur dürften alles sein, was Meister Bruckner in bescheideneren Formen geschaffen. Der Meister wurde von Sr. Majestät dem Kaiser durch den Franz Joseph=Orden und von der Universität Wien, an der er die Würde eines Lectors bekleidete, durch das Ehrendoctorat ausgezeichnet. In seiner ihm von Sr. Majestät dem Kaiser zur Verfügung gestellten behaglichen Wohnung im Belvedere hat er Sonntag um halb 4 Uhr nachmittags nach schweren Leiden sein Leben geendet.
     Ueber die letzten Stunden Bruckners bringen Wiener Bnlätter Folgendes: Sonntag früh hatte Bruckner das Bett verlassen und frühstückte mit großem Appetit. Dann setzte sich der greise Meister zum Clavier und arbeitete schaffensfreudig an seiner neunten Symphonie. Er gedachte wieder den schönen Tag zu benützen, und äußerte diesen Wunsch auch gegenüber seinem Freunde, dem Med.=Dr. Sorger, der ihn um halb 1 Uhr besuchte. Doch Dr. Sorger fand den Patienten etwas schwach und rieth von dem Spaziergange ab, indem er wegen des herrschenden Windes Bruckner veranlaßte, noch ein bis zwei Tage mit dem Ausgehen zu warten. Bruckner gab sich zufrieden und blieb zu Hause. Um ihn waren die langjährige treue Wirtschafterin Frau Katharina Kachelin [sic] und deren Tochter, die ihn in den schwersten Tagen mit Aufopferung pflegten und sein langjähriger Schüler und Freund Anton Meißner. Um ¼4 Uhr ließ sich Bruckner einen Thee bereiten. Unterdessen begab er sich zu Bette und trank den Thee gegen halb 4 Uhr mit großem Behagen. Nichts deutete auf das Nahen der Katastrophe. Als Dr. Bruckner den Thee getrunken hatte, legte er sich mit Hilfe der Wirtschafterin auf die linke Seite. Kaum hatte er diese Position eingenommen, als er plötzlich zwei tiefe Athemzüge that und sanft verschieden war. Ohne Schmerz kam der Tod über den greisen Tondichter. Außer Frau Kachelin und der Tochter war nur Herr Meißner zugegen. Sofort wurde der Kaplan des Schlosses Belvedere verständigt. P. Heribert Wilsch [sic] kam eilends und betete mit Meißner am Sterbebette ein De profundis. Meister Bruckners Bruder Ignaz in St. Florian und seine Schwester Rosalia Huber in Vöcklabruck und der von dem Todten bestimmte Testaments=Executor Gemeinderath und Hof= und Gerichtsadvocat Dr. Reisch wurden sofort in Kenntnis gesetzt. Alsbald fanden sich die ersten Leidtragenden ein: Schloßinspector Heinrich, der Obmann des Richard Wagner=Vereines Dr. Schaumann, der Testaments=Executor Dr. Reisch, der Pianist August Stradal. Anton Meißner und Frau Kachelin empfiengen die Trauergäste.
     Dr. Bruckner hat im November 1893 sein Testament gemacht und in demselben seinen Bruder und seine Schwester zu Erben seines kleinen Vermögens – dasselbe soll sich auf 10.000 fl. belaufen – eingesetzt. Seiner Wirtschafterin vermachte er 700 fl. Die Original=Manuscripte seiner Compositionen testierte er der Hofbibliothek; der Firma Eberle u. Co, welche seine Werke verlegte, sprach er das Recht zu, diese Manuscripte leihweise zu entlehnen. Im Nachlasse befinden sich auch Skizzen zum vierten Satze seiner neunten Symphonie, von welcher bekanntlich nur drei Sätze festgestellt sind, für den Fall als der letzte Satz unvollendet bleiben sollte, hat der Verblichene bestimmt, daß sein Tedeum den Schluß des großen Werkes bilden möge. Die „Wiener Abendpost“ schreibt: „Die Kunstwelt hat einen der bedeutendsten Symphoniker, einen erhabenen Kirchencomponisten, einen unübertrefflichen Orgelkünstler, das Vaterland hat einen seiner treuesten Söhne verloren.“ Seine Orgel hat Dr. Bruckner schon vor einiger Zeit Herrn Hofrath Doctor v. Schrötter zum Geschenk gemacht
     Die Leiche wurde bis gestern mittags im Sterbezimmer auf dem Todtenbette belassen. Herr Bildhauer Sinsler [sic] nahm die Todtenmaske in Gips ab. Nachmittags wurde die Leiche Bruckners vom Herrn Professor Dr. Paltauf conserviert, worauf sie im Sterbezimmer aufgebahrt wurde. Mittwoch, den 14. d., nachmittags um 3 Uhr, findet das Leichenbegängnis Bruckners, zu welchem sein jüngerer Bruder in Wien eingetroffen ist, statt. Die Leiche wird vom Trauerhause in die Pfarrkirche zu Sanct Karl Borromäus überführt und daselbst feierlichst eingesegnet. nach [sic] stattgehabter Einsegnung wird die Leiche sofort nach dem Westbahnhofe gebracht und von dort nach St.-Florian in Oberösterreich überführt.
     Es heißt, der Testaments=Exekutor Dr. Reisch werde im Gemeinderathe den Antrag stellen, daß im städtischen Museum ein Bruckner=Zimmer eingerichtet werde, in welchem die zurückgelassenen interessanten Gegenstände Bruckners, so u. a. dessen gelungene, lebensgroße von Tilgner ausgeführte Büste, ein ausgezeichnetes in Oel gemaltes Porträt, der alter Bösendorfer Flügel, Ehrendiplome &c., untergebracht werden sollen.
               *        *        *
      Infolge Ablebens des Altmeisters Dr. Anton Bruckner hielt der Musikverein heute eine außerordentliche Ausschußsitzung ab, in welcher beschlossen wurde, sich an den Trauerfeierlichkeiten in Wien und St. Florian zu betheiligen und in der zweiten Hälfte December eine Bruckner=Gedenkfeier zu veranstalten. Die Liedertafel „Frohsinn“ wird bei dem morgen in Wien stattfindenden Leichenbegängnisses [sic] ihres Ehrenmitgliedes durch den Vorstand Stadtrath J. Milbeck und Chormeister W. Floderer vertreten sein und sich auch an der Beisetzung der Leiche in St. Florian betheiligen. – Auch die Gemeinde=Vertretung von Linz – Bruckner war Ehrenbürger von Linz – wird in St. Florian anwesend sein.“ (zl4).

Die Münchner Neuesten Nachrichten Nr. 477 (Vorabend-Ausgabe) würdigen auf S. 3, sich auf einen Wiener Artikel vom 12.10.1896 berufend, Bruckners Lebenswerk, signiert "Kl.":
"Theater und Musik.
[...]
     Kl.  Anton Bruckner †. Ueber den am 11. Oktober verstorbenen Komponisten schreibt man uns aus Wien, 12. Oktober: Gestern Nachmittags ist der große Musikmeister in seinem ihm vom Kaiser Franz Josef bereiteten Heim im Belvedere=Schloß sanft entschlummert. Seit Jahren war Bruckner krank an einem Herzleiden und schon vor zwei Jahren war an keine Heilung mehr zu denken. Bruckner hat am Wiener Konservatorium die Maturitätsprüfung im Kontrapunkt abgelegt. Nach einem ihm gegebenen Thema komponirte Bruckner eine genial durchgeführte Fuge für die Orgel, so zu sagen aus dem Stegreife. An Herbeck fand er einen theilnehmenden, fördernden Freund. Nach einer Probe von Bruckners c-moll=Symphonie sagte Herbeck zu Bruckner: "Ich sage Ihnen, wenn Brahms im Stande wäre, eine solche Symphonie zu schreiben, dann würde der Saal demolirt vor Applaus." Seit 1867 wirkte Bruckner in Wien als Hof=Organist und lehrte am hiesigen Konservatorium für Musik Orgel, Harmonielehrer und Kontrapunkt. Der bescheidene Mann mit dem glattrasirten Gesicht und dem ganz kurz geschnittenen Haupthaare war von äußerster Anspruchslosigkeit. Er wohnte früher im vierten Stocke einer Miethskaserne, und erst in den letzten Jahren hatte er durch die Fürsprache der Erzherzogin Marie Valerie ein behagliches Heim im Belvedere, wo er mit seiner treuen Wirthschafterin Kathi Kachelin [sic], die seit 25 Jahren seinen Haushalt führte, wohnte. In der neuen Wohnung fühlte sich Bruckner sehr wohl. Er unternahm in den Morgenstunden häufig Spaziergänge im Belvedere=Garten. Bruckner starb Nachmittags gegen halb 4 Uhr. Er hatte in der letzten Zeit oft wochenlang das Bett hüten müssen. Manchmal besserte sich sein Zustand und er konnte mehrere Stunden lang auf einer Bank im Freien sitzen. Gestern Mittag ging er mit seiner Wirthschafterin im Park spazieren. Nachmittags gegen halb 4 Uhr verlangte er eine Tasse Thee, plötzlich aber sank er in den Lehnstuhl zurück und war todt. In einem Testament, das auch Bestimmungen über den künstlerischen Nachlaß enthält, äußert Bruckner den Wunsch, in St. Florian bei Steyr begraben zu werden; dorthin wird die Leiche am Mittwoch überführt werden. Bruckner war unvermählt, nur zwei Geschwister bildeten seine Familie. Lange hat es gedauert, bis er sich zur Geltung durchrang; eine kleine treue Gemeinde hatte sich freilich längst um ihn geschaart. Seine acht Symphonien – von der neunten hatte er nur die ersten drei Sätze vollendet – sowie sein "Tedeum" und seine Messe in F sind gewaltige Tonwerke. Die zweite Symphonie (in c-moll) wurde im Jahre 1876, die dritte (d-moll) 1877 von den Wiener Philharmonikern aufgeführt. Richard Wagner hatte die Widmung der dritten Symphonie entgegengenommen. Die siebente Symphonie (E) fand bei ihrer Aufführung in München stürmische Aufnahme. Das herrliche Adagio, eine Trauermusik auf Richard Wagners Tod, erregte Bewunderung. Von jener Aufführung datirt eigentlich der Ruhm Bruckners. Die achte Symphonie wurde in Wien im Jahre 1892 vorgeführt. Bruckner hat in seinen Kompositionen eine Fülle von musikalischer Kraft entfaltet. Welch ein Gegensatz zwischen Künstler und Mensch! Jener titanenhaft, gewaltig, – dieser einfach, bescheiden, ja fast furchtsam und ängstlich. Wenn die Mitwelt auch erst spät seine Bedeutung erkannt hat, die Nachwelt wird ihn als einen gottbegnadeten Künstler ehren." (zm1).

Nachruf im Musical Courier 33 (USA [New York?]) auf S. 27 (Todestag mit "12.10.1896" angegeben, Aufführungsüberblick unvollständig) (zm2).

Mährisch-Schlesische Presse Nr. 83 (Freiwaldau) auf S. 4:
"                Kleine Chronik.
[...]
     (Todesfall.) In Wien starb am Montage [sic] der berühmte Componist Dr. Anton Bruckner im 72. [sic] Lebensjahre. Bruckners acht große Symphonien sichern seinem Namen einen unergänglichen [sic] Ruhm. Der Verstorbene war weiter ein hervorragender Kirchencomponist; auch mehrere Männerchöre componirte Bruckner, den die Wiener Universität durch das Ehrendoctorat auszeichnete, während der Kaiser ihm für seinen Lebensabend ein behagliche Wohnung im Belvedere zur Verfügung stellt." (zm3).

Kurzmeldung in der Zeitung Marietta Daily Leader Nr. 245 auf S. 4 in der 3. Spalte:
"          CONDENSED NEWS
Gathered From All Parts of the Country by Telegraph.

     [...] A cable dispatch from Vienna announces the death of Herr Anton Bruckner, the celebrated musical composer." (zm4).

Neue Freie Presse Nr. 11545 auf S. 5:
»                             Kleine Chronik.
                                           
Wien, 13. October.
[...]
     [Anton Bruckner.] Vom Giebel des Musikvereins=Gebäudes weht zum Zeichen der Trauer anläßlich des Hinscheidens des Professors Dr. Anton Bruckner eine Trauerfahne. [... Ignaz Bruckner nahm heute Beileidsbekundungen entgegen; Blumenspenden von Fürst Edmund Batthyany-Strattmann, Graf J. Lamberg, Gesellschaft der Musikfreunde, Wiener Männergesangverein, Steyrer Liedertafel, Schubertbund; Meißner, Almeroth, Adagio der 7. Symphonie als Trauermusik ...]. – Wir werden von der bekannten hiesigen Firma Joseph Eberle & Co. ersucht, mitzutheilen, daß Bruckner, welcher es durch lange Jahre nicht dsazu bringen konnte, seine Schöpfungen im Druck erscheinen zu sehen, der genannten Firma durch einen im Jahre 1892 errichteten Vertrag die Herausgabe seiner ersten, zweiten, fünften und sechsten Symphonie, seiner zweiten und dritten Messe, das 150. Psalms und sämmtlicher Männerchöre übertragen und außerdem das Vorkaufsrecht auf alle etwa noch zu componirenden Werke – also hiemit auch der unvollendeten neunten Symphonie – zugesichert habe. Bruckner bezog dafür von Joseph Eberle & Co. eine bescheidene Jahresrente. Die Firma Eberle hat sich durch die Veröffentlichung der Tondichtungen des dahingeschiedenen Meisters ein gerade in diesen Tagen nicht zu vergessendes bleibendes Verdienst erworben.« [keine Signatur] (zn1).

Bericht auf Seite 6:
"                       Wiener Gemeinderath.
                       (Sitzung vom 13. October.)
     Die Gemeinderaths=Majorität entwickelt sich. Ihr Treiben begegnet keinem Widerstande: seit Graf Badeni vor Dr. Lueger capitulirt hat, scheut sich die Regierung fast ängstlich, von den Vorgängen im Wiener Rathhause Notiz zu nehmen, [...]. – Der Verlauf der Sitzung war der folgende:
     Vorsitzender Bürgermeister Strobach hält nach Eröffnung der Sitzung dem am Sonntag den 11. d. verstorbenen Tondichter Dr. Bruckner folgenden Nachruf, der von den Versammelten stehend angehört wird:
     "Geehrte Herren! Einer der größten Tondichter der Gegenwart, Dr. Anton Bruckner, ist verschieden. [... Wortlaut identisch mit dem in der "Presse" (s. unten (zp1a)) ...].
     Ich bin überzeugt, daß Sie, meine Herren, diesem Beschlusse zustimmen und durch recht zahlreiches Erscheinen bei der Leichenfeier dem Verewigten die letzte Ehre erweisen werden." (zn1a).

Artikel in der Neuen Zeitschrift für Musik 92 (1896) Nr. 42 auf S. 463 (zn2).

Neues Wiener Abendblatt Nr. 283 auf S. 4 (= Neues Wiener Tagblatt):
"     * (Anton Bruckner.) An dem heute Nachmittags stattfindenden Leichenbegängnisse Anton Bruckner's werden sich die Universitätskreise, Professoren wie Studentenschaft rege betheiligen. Der akademische Gesangverein singt im Sterbehause den Mittelsatz aus dem "Germanenzug" des Verblichenen. Im Laufe des Vormittags traf noch eine große Anzahl Kränze ein, so von: Hofrath Koch v. Langentreu, C. B. Ohn [recte Oehn], Professor Dr. Guido Adler, Franz Ferdinand Pöschl, kais. Rath Ludwig Koch etc. In Vertretung des Ministers Freiherrn v. Gautsch werden die Sectionschefs Graf Latour und Ritter v. Hartl bei der Leichenfeier erscheinen." (zn3).

Neues Wiener Journal Nr. 1068 auf S. 4:
"                          Anton Bruckner.
Anekdotisches aus seinem Leben und Lehren.
     Ueber den Componisten Bruckner sind die Meinungen noch  nicht völlig einig, der Organist Bruckner hatte sicher keinen Feind, der Mensch Bruckner aber gewiß nur Freunde. Seine Bescheidenheit, herauswachsend aus einem, fast an Mysticismus grenzenden Gottvertrauen, seine gemüthvolle und gemüthliche Weise im Verkehr sicherten ihm Aller Herzen. Viele heimliche Thränen sind gestern geflossen von den Lidern ehemaliger Schüler des Conservatoriums, um ihn, den verehrten Meister.
     Und wenn hier einige kleine Züge aus seinem Verkehr mit seinen Schülern Platz finden, so liegt die Absicht zugrunde, ihn an der Stelle zu zeigen, an welcher er jeglichen Zwang abstreifte, im Kreise Jener, welchen er sein Erworbenes noch vor seinem Tode vererbte.
     Wärme vor Allem mochte der Asthmatiker nicht leiden, und im Lehrzimmer mußten auch im Winter stets zwei Fenster geöffnet sein.
     [... bittere Kälte; verärgert über das Fensterschließen, prüft besonders streng, der Schuldige ("E." [siehe die Anmerkung]) muss vor der Türe knien (wie seinerzeit Mottl) ...].
     Bei den Prüfungen war er der Aufgeregteste; er erschien mit einem Stückchen Kreide in der Tasche, [... korrigierte die Fehler der Schüler unter dem Vorwand, das sei nicht deutlich geschrieben gewesen, und rechtfertigt das Vorgehen auch vor der Direktion ...].
     Eines Tages trat er begeistert vor der Classe: "Liebe Kinder, heut' is nix mit'n Contrapunkt" Gestern war i in der "Burg" in "Müller und sein Kind" [siehe die Anmerkung]. Das is was Großartiges! [... erzählt nur von dem Theaterstück ...].
      Einmal, nach Schluß der Lehrstunde, plauderte er mit einem seiner Lieblinge (dem heutigen Director des Centraltheaters in Berlin [Richard Schultz, siehe die Anmerkung]) über kalte Speisen, und Letzterer rieth ihm, doch Aspic dazu zu geben, um dieselben würziger zu gestalten. [... "Das kauf' i mir!" ... nächste Stunde: Verstimmung. "So a Schmarr'n! Essen S' den Holler, wann's Ihna so schmeckt, z'haus bei der Kathi steht das G'fraßt!"
     Bei einer internen Prüfung, die er auf der kleinen Orgel im Musikvereinsgebäude hielt, patzte ein Schüler in einer schwierigen Passage einer Bach'schen Fuge. [... Wiederholung missglückt; Bruckner selbst aber patzt dreimal an derselben Stelle – Vertagung auf übermorgen (für beide) ...]
     Abends war er damals immer beim Gause oder beim Kühfuß zu treffen. [... Trink- und Tabakrituale ... "Seinen großen Zwicker links von der Tabaksdose placirend" ...].
     Einmal hatte er einen seiner Lieblinge, den späteren Pianisten und Concertsänger Söldner [siehe die Anmerkung], eingeladen, mitzukommen. [... lieber das Pilsner im Seidel als im Krügerl, da die kleineren Portionen immer frisch sind ...].
     Eine seiner glücklichsten Erinnerungen war die Episode seines Beisammenseins mit Wagner und Liszt in Bayreuth.
     [... Wagner zapft Bier, Liszt spielt einen Walzer, Wagner und Bruckner tanzen dazu ...].
     Bezeichnend für die rührende Weltfremdheit Bruckner's [...] ist eine Scene aus seiner kleinen Junggesellenhäuslichkeit.
     [... Kathi meldet, es gebe kein Geld; Bruckner erinnert sich der gestrigen Lektion und lässt das Honorargeld in seinem Rock suchen; Frau Kathi kontrolliert auch alle anderen Röcke etc. und fördert 30 bis 40 noch ungeöffnete Umschläge zu Tage.
     Wir können die Reihe dieser kleinen Züge aus Bruckner's nicht schließen, ohne eines verbürgten Wortes des Dahingeschiedenen zu gedenken, [... Bruckner lehnt eine Einladung zu einem Landaufenthalt ab ...] "Ich geh' nicht aufs Land, sehen Sie, hier" – er wohnte damals im vierten Stock eines Hauses in der Heßgasse – "wenn ich in der Früh das Fenster aufmache, da seh' ich" – er deutete bei diesen Worten auf die schlanken Thürme der Votivkirche – "meinen Herrgott gerade vor mir, da brauch ich kein Land .  .  ."
     Und dabei blieb es auch.
     Ein solch reiner Glaube, eine solche tiefe, fast skeptische Religiosität erfüllte den Mann, der als letzten Willen die Verfügung hinterließ, seine unvollendete neunte Symphonie mit den die Allmacht Gottes lobpreisenden hehren Klängen seines Tedeums abzuschließen." [keine Signatur] (zn4).

Neues Wiener Tagblatt Nr. 283 auf S. 4:
"                     Wiener Gemeinderath.
                     (Sitzung vom 13. October.)
    Die gestrige Gemeinderathsitzung stach durch ruhigen Verlauf wohlthätig ab von der letzten, die sich so stürmisch gestaltete, übrigens auch außer den schon gemeldeten Ehrenbeleidigungsklagen noch ein weiteres Nachspiel haben dürfte; [...].
     Zu Beginn der Sitzung verlas der Vorsitzende Bürgermeister Strobach einen Nachruf auf den verstorbenen Componisten Anton Bruckner, in dem es unter Anderem heißt:
     "Dieser große Meister der Töne war ein strenggläubiger Katholik; Ueberzeugungstreue, eiserner Muth im Kampfe des Lebens, schlichte Einfachheit und bescheidenes Wesen zeichneten ihn aus .  .  .   Bruckner's Name ist unzertrennbar mit unserem Kunstleben verbunden, sein künstlerisches Schaffen hat der Stadt Wien zur Ehre gereicht, wir werden ihm stets ein würdiges Andenken bewahren." (zn5).

Bericht auf Seite 5:
"     * (Anton Bruckner.) An der Bahre Bruckner's haben gestern zahlreiche Corporationen, Verehrer und Freunde prächtige Kränze niederlegen lassen. Aus Budapest ist der Director der dortigen königlichen Oper Julius Kalvy, ein Schüler des Verblichenen, hier eingetroffen, um an der Leichenfeier, welche die Stadt Wien besorgt, theilzunehmen. [... Einsegnung ...]. Unter den zahllosen Condolenzen, welche gestern im Trauerhause einliefen, befand sich auch ein Beileidsschreiben des Freiherrn Nathaniel v. Rothschild. [... WAWV plant Adagio der 7. Symphonie unter Hans Richter ...]. Die Mitglieder des akademischen Wagner-Vereins versammeln sich zur Theilnahme an der Leichenfeier um halb 3 Uhr Nachmittags bei der rückwärtigen Freitreppe des Belvedere." (zn5a).

Neuigkeits-Weltblatt Nr. 236 auf S. 4:
"     Anton Bruckner †. Gestern haben die Bildhauer Zinsler und Haberl dem entschlafenen Meister, dessen irdische Hülle bis Mittag auf dem Todtenbette belassen wurde, die Todtenmaske abgenommen. [... Ablauf der Trauerfeierlichkeiten, Karlskirche, St. Florian ...]. – In seiner letztwilligen Anordnung bestimmte Bruckner, daß die Manuskripte seiner Kompositionen der Hofbiliothek einverleibt werden. Wie verlautet, wird der Testamentsexekutor Gemeinderath Dr. Reisch im Gemeinderathe den Antrag stellen, daß im städtischen Museum ein "Bruckner=Zimmer" eingerichtet werde, in welchem die zurückgelassenen interessanten Gegenstände Bruckner's, so u. A. dessen vortrefflich gelungene lebensgroße, von Tilgner ausgeführte Büste, ein ausgezeichnetes, in Oel gemaltes Porträt, sein alter Bösendorfer=Flügel, Ehrendiplome, die Bänder der niederzulegenden Kränze (vom Sarge) u. m. A. untergebracht werden sollen." (zn6).

Österreichische Volkszeitung Nr. 283 auf S. 3 und 2-Kreuzer-Ausgabe auf S. 5:
"                 Neuigkeitsbote.
[...]
     * Anton Bruckner †. Vom Giebel des Musikvereinsgebäudes weht zum Zeichen der Trauer anläßlich des Hinscheidens des Professors Dr. Anton Bruckner eine Trauerfahne. – Im Laufe des gestrigen Tages fanden sich im Trauerhause im Oberen Belvedere sehr zahlreiche Personen, insbesondere ehemalige Schüler des Komponisten aus dem Konservatorium ein, um dem hier weilenden einzigen Bruder des Verstorbenen ihr Beileid auszusprechen. – Der Schubertbund hat an der Bahre einen prachtvollen Lorbeerkranz mit der Widmung "Seinem Ehrenmitgliede – Der Schubertbund" niederlegen lassen. – Gestern wurde die Leiche Bruckner's aufgebahrt. Das Sterbegemach ist ein mäßig großes Zimmer im Erdgeschosse des oberen Belvederes. Schwarze Tücher verkleiden Wände und Plafond, die Fenster verschwinden unter den schweren Draperien und das Licht von mehr als hundert Kerzen in 24 mehrarmigen Kandelabern verbreitet sich in dem Raume. Auf dem Katafalk steht der Sarg aus Goldbronze, in dem Todte ruht. Die Hände halten ein zartes Bouquet knospender Rosen, dessen weiße Schleifen die Inschrift tragen: "Vom kleinen Karl Anton seinem Taufpathen." Bruckner hat nämlich vor Jahresfrist, trotzdem er schon leidend war, den Sohn seines Freundes Karl Almeroth aus der Taufe gehoben [25.11.1895]. – Ein Baldachin wölbt sich oberhalb. Auf einem rothen Kissen liegt der Franz=Josef=Orden, die einzige Auszeichnung, die von gekrönten Häuptern dem Altmeister wurde. Hausoffiziere der Entreprise halten die Ehrenwache." (zo1).

Ostdeutsche Rundschau Nr. 283 auf S. 4:
"                        Wiener Gemeinderath.
     Die gestrige Sitzung verlief ohne jedwede Aufregung. [...] Dem verstorbenen Tondichter Bruckner hielt Bürgermeister Strobach einen Nachruf, den wir nachstehend im Wortlaute wiedergeben.
     Vorsitzender Bürgermeister Strobach hält nach Eröffnung der Sitzung dem am Sonntag den 11. d. M. verstorbenen Tondichter Dr. Bruckner folgenden Nachruf, der von den Versammelten stehend angehört wird:
     "Geehrte Herren! Einer der größten Tondichter der Gegenwart, Dr. Anton Bruckner, ist verschieden. [... Wortlaut identisch mit dem in der "Presse" (s. unten (zp1a)) ...].
     Ich bin überzeugt, daß Sie, meine Herren, diesem Beschlusse zustimmen und durch recht zahlreiches Erscheinen bei der Leichenfeier dem Verewigten die letzte Ehre erweisen werden." (zo2)

auf Seite 6:
"                       Aus den Vereinen.
     Neuer Richard Wagner-Verein in Wien.
 Der Vorstand ersucht die Vereinsgenossen, ihrem Ehrenmitgliede Anton Bruckner durch zahlreiche Betheiligung bei dem heute Mittwoch um 3 Uhr Nachmittags in der Karlskirche stattfindenden Leichenbegängnisse die letzte Ehre zu erweisen." (zo2a).

Bericht in der »Presse« Nr. 283 auf S. 4:
   »(Professor Dr. Anton Bruckner †.) Vom Giebel des Musikvereins=Gebäudes weht aus Anlaß des Ablebens Professors Dr. Anton Bruckner's eine Trauerfahne. [... Condolenzen von: u. a. Baron Nathaniel Rothschild, dem Hofoperndirektor in Budapest und Bruckner-Schüler [= Julius Kalvy], Gemeinderäten, Professoren des Konservatoriums, Schule in der Burggasse. Kränze u. a. von: Edmund Batthyany-Strattmann, Graf und Gräfin J. Lamberg ("In treuer Freundschaft und Verehrung dem unvergeßlichen Meister"), Gesellschaft der Musikfreunde ("Ihrem verehrten Mitgliede"), Wiener Männergesangverein ("Seinem Ehrenmitgliede"), Wiener Akademischer Wagner-Verein ("Non confundar in aeternum! – Dem Meister Dr. Anton Bruckner"), Steyrer Liedertafel ("Ihrem Ehrenmitglied"), Almroth [sic] (Dem unvergeßlichen Meister"), Raettig ("Ad astra per aspera"), Schubertbund ("Seinem berühmten Ehrenmitgliede"), Th. Haymerle [sic] ("Dem hochverehrten Meister"), Familie Helm ("Dem unvergeßlichen Meister"), R. W. ("Letzter Gruß"), Ferdinand Löwe ("Seinem verehrten geliebten Meister"), Victor Boller, Josef Schalk, Dlauhy, Gutmann ("Dem unsterblichen Meister") ... Aufbahrung (Rosenbouquet "Vom kleinen Karl Anton seinem Taufpathen" von Almeroth) ... Gemälde von Kaulbach, Beraton ... ]; eine Skizze zu diesem Bilde besitzt ein Freund des Verstorbenen, Herr Almroth in Wien.« [keine Signatur] (zp1),

auf Seite 3 ein Bericht über die Stadtratssitzung vom 13.10.1896:
"    Wiener Gemeinderath.
     (Sitzung vom 13. October.)
     Die gestrige Sitzung verlief ruhig. [...]
     Bürgermeister Strobach führt den Vorsitz und widmet dem verstorbenen Tonkünstler Anton Bruckner folgenden Nachruf: "Einer der größten Tondichter der Gegenwart, Anton Bruckner, ist verschieden. Still, wie sein ganzes Leben, vollzog sich auch sein Ende; schmerzlos und ohne Todeskampf entwich seine Seele. Dieser große Meister der Töne war ein strenggläubiger Katholik; Ueberzeugungstreue, eiserner Muth im Kampfe des Lebens, schlichte Einfachheit und bescheidenes Wesen zeichneten ihn aus. Kein freundliches Geschick war seiner Jugend beschieden und durch Entbehrungen aller Art führte ihn sein Genius zur Höhe jener Auserwählten, zu denen wir mit ehrfurchtsvoller Bewunderung emporblicken. Nicht immer wurde seinem großen Können die verdiente Werthschätzung zu Theil und nur langsam rangen sich seine Werke zur vollen Anerkennung durch nicht blos in seinem Vaterlande, sondern auch im Auslande. Möge die Nachwelt dem großen Todten jene allgemeine Würdigung zu Theil werden lassen, welche der großen Bedeutung des Künstlers entspricht. Bruckner's Name ist unzertrennbar mit unserem Kunstleben verbunden, sein künstlerisches Schaffen hat der Stadt Wien zur Ehre gereicht, wir werden ihm stets ein würdiges Andenken bewahren. In Anerkennung der großen Verdienste Bruckner's um die heimische Kunst hat der Stadtrath den einstimmigen Beschluss gefaßt, die Leichenfeier für den verstorbenen Meister auf Kosten der Stadt Wien zu veranstalten. Ich bin überzeugt, daß Sie, meine Herren, diesem Beschlusse zustimmen und durch recht zahlreiches Erscheinen bei der Leichenfeier dem Verewigten die letzte Ehre erweisen werden." [... weitere Mitteilungen und Anträge ...]" (zp1a)

und im Abendblatt auf Seite 2:
»     (Professor Dr. Anton Bruckner †.) Um halb 10 Uhr Vormittags wurde der Sarg bis zum Antlitz bedeckt [... über die Ereignisse des Vormittags und die gestrige Versammlung des Wiener Akademischen Gesangvereins ... Kränze von: Koch von Langentreu, Karl Bernhard Oehn, Guido Adler, Franz Ferdinand Pöschl, Ludwig Koch; Kondolenzen: Frau v. Biedermann, Finanzoberkommissär Lutz, Revident Altwirth, Wilhelm Brandtner, Adolph Placek, Friedrich König (Verbindung »Campia«) ... Minister v. Gautsch verhindert, Latour, Hartl ... Universität ... Aufruf des Wiener Akademischen Gesangvereins: ]. "Der bedeutendste unter den gegenwärtigen Tondichtern, Professor Anton Bruckner, Ehrendoctor der Wiener Universität, ist verschieden. Da der Verblichene durch eine lange Reihe von Jahren unserem Vereine als Ehrenmitglied angehörte, halten wir es für unsere Pflicht, an die gesammte deutsche Studentenschaft die Einladung ergehen zu lassen, dem gewaltigen deutschen Tonhelden das letzte Geleite zu geben." « [keine Signatur] (zp2).

Prager Tagblatt Nr. 283 auf S. 6:
"     * [Anton Bruckner †.] Der Wiener Stadtrath beschloß, das Leichenbegängniß des verstorbenen Componisten Bruckner auf Kosten der Wiener Gemeinde zu veranstalten. – In der gestrigen Sitzung des Wiener Gemeinderathes widmete Bürgermeister Strobach dem verstorbenen Componisten einen Nachruf, in welchem er hervorhob, daß derselbe ein überzeugungstreuer, streng gläubiger Katholik gewesen sei, der sich um die Musik große Verdienste erworben habe. Deshalb habe der Stadtrath einstimmig beschlossen, das Leichenbegängniß auf Kosten der Stadt Wien zu veranstalten." (zp3).

The Public Ledger (Maysville/Kentucky) variiert auf S. 4 in der 4. Spalte die gestrige Meldung:
"          CONDENSED NEWS
Gathered From All Parts of the Country by Telegraph.

[...]
     A cable dispatch from Vienna announces the death of Herr Anton Bruckner, the celebrated musical composer." (zp4).

Der "Provinciale Overijsselsche en Zwolsche courant" Nr. 242 (Zwolle) auf S. 1:
"     Te Weenen is op 73jarigen leefdtijd de componist Anton Brückner gestorven. Hij bezat een zeldzamen muzikalen aanleg, maar is nooit populair geworden. In zijn werken is zekere teugelloosheid, hij overstelpt en vermoeit den hoorder en laat hem schier nooit tot rust komen. Het is jammer dat deze kunstenaar niet meer zelfbeheersching geleerd heeft, want zijn fantazie was een mild vloeiende bron, waaruit zeer veel schoons had kunnen opwellen. Van zijn 7 symfonieën is alleen de 7e beroemd geworden, zij staat volgens kenners zoo hoog, dat haar maker naast de grootste meesters een plaats verdient. Hij heeft ook oratorien, missen en koorwerken geschreven, waarin de parelen en edelgesteenten niet zeldzaam zijn. Jammer alleen, dat het geheel zijner werken vaak onverstaanbaar en daardoor ongenietbaar is. Keizer Frans Jozef had den kunstenaar in de laatste jaren een woning in zijn lustslot Belvedère bij Weenen verschaft." (zp5).

Reichspost Nr. 251 auf S. 2f:
"             Unser Altmeister Dr. Anton Bruckner †.
Eine Skizze seines Lebensganges von Carl Jos. Fromm.
     Mit Stolz schicken wir das Wort "Unser Altmeister" als Herold voraus, bevor wir sein Leben in kurzen Strichen zu skizziren versuchen. [... in seinen Werken, in seinem Denken, "überall tritt uns Bruckner als strenggläubiger Katholik entgegen" (deswegen angefeindet?) ... "religiöses Gemüth" ... weiteres Indiz: "Te deum" als Finale der 9. Symphonie ...]
     Als Sohn eines Dorfschulmeisters zu Ansfelden in Oberösterreich am 24. [sic] September 1824 geboren, [... Biographisches (irrig: 6 Jahre fast jede Woche zu Sechter gefahren) ... Finale der 9. Symphonie "ungefähr in der Mitte" unfertig ...].
     Bruckner's Werke allein sind uns geblieben, aber sie sind unvergänglich in ihrer Größe und Erhabenheit. Jetzt, nachdem ihr Schöpfer todt, werden sie auferstehen und die kommenden Geschlechter an ihre Pflicht mahnen, das Andenken Bruckner's sowohl als gläubigen Patrioten sowie als großen Tondichter stets in Ehren hochzuhalten." (zr1)

Bericht auf Seite 3 (auf den Text der Wiener Zeitung vom Vortag zurückgreifend):
"     * Anton Bruckner †. Die Leiche des vorgestern verstorbenen Componisten Anton Bruckner wurde bis gestern Mittags im Sterbezimmer auf dem Todtenbette belassen. Herr Bildhauer Zinsler nahm die Todtenmaske in Gips ab. Nachmittags wurde die Leiche Bruckners vom Herrn Professor Dr. Paltauf conservirt, worauf sie im Sterbezimmer aufgebahrt wurde. Mittwoch, den 14. d. M., Nachmittags um 3 Uhr findet das Leichenbegängniß Bruckner's statt. Die Leiche wird vom Trauerhause in die Pfarrkirche zu St.=Carl Borromäus überführt und daselbst eingesegnet. Nach der Einsegnung wird die Leiche nach dem Westbahnhofe gebracht und nach St.-Florian in Oberösterreich überführt. – Zu Erben seines kleinen, etwa 10.000 fl. betragenden Vermögens [... Testament ...]. Seinem Wunsche gemäß wird Bruckner in der Stiftskirche zu St. Florian unter der großen Orgel, die er so oft zum Erklingen brachte, bestattet werden." (zr1a).

Notiz auf Seite 5:
"     Das Leichenbegängniß des vorgestern verstorbenen Tondichters Dr. Anton Bruckner wird nach einem über Antrag des Bürgermeisters Strobach gefaßten Stadtrathsbeschluß auf Kosten der Gemeinde Wien veranstaltet werden." (zr1b).

Ein weiterer Bericht auf Seite 6f:
"    – Dr. Anton Bruckner's Sterbestunde. Schon vor 1½ Jahren, als Bruckner noch seine frühere Wohnung in der Heßgase Nr. 7 inne hatte – litt er an einem Herzleiden. [... Katharina Kachelin [sic], Dr. Sorger [sic], Anton Meißner ... im Sessel sitzend gestorben ..., Herbert Witsch [sic] ...]. Bruckner war bis zu seiner Todesstunde geistig frisch und regsam. An allen künstlerischen und Tagesfragen nahm er regsten Antheil. [... Testament ... in der Karlskirche Einsegnung,] worauf die Leiche nach St. Florian überführt wird." (zr1c).

Das "Rotterdamsch nieuwsblad" Nr. 5701 (Rotterdam) auf S. 2:
"     *** Zondag is te Weenen Anton Bruckner, na Verdi de nestor der groote componisten, in den ouderdom van 72 jaren overleden. Anton Bruckner was de oudste uit het gezin met twaalf kinderen van een dorpschoolmeester te Ausfelden in Boven-Oostenrijk. Na bij zijn vader pianospelen en later viool, bas en orgelspel beoefend te hebben, wijdde hij zich als zijn vader aan 't beroep van onderwijzer, dat hem in den beginne twee gulden per maand opbracht, zoodat Bruckner om niet te verhongeren, op boerenbruiloften en kermissen moest spelen. Eerst in 1870 trokken zijne symphonische composities en missen de aandacht. Bruckner was toen organist aan de hofkapel te Weenen en leeraar aan het Conservatoire aldaar. Op kunstreizen in Frankrijk en Engeland behaalde hij vervolgens groot succès, ook in Duitschland, vooral met zijn 7de symphonie. In 1891 werd Bruckner doctor honoris causa van de Universiteit te Weenen. Sedert eeuige jaren was de componist zeer lijdend, doch hij bleef aan 't werk. Het laatste hield hij zich bezig met zijn 9de symphonie in D-mol. Of hij deze heeft kunnen afmaken, is nog niet bekend." (zr2).

The Salt Lake Herald Nr. 325 variiert auf S. 1 in der 5. und 6. Spalte die gestrige Kurzmeldung und ergänzt sie durch biographische Angaben [vgl. Buffalo Courier 13.10.1896]:
"          THE DEATH OF BRUCKNER.
     NEW YORK, Oct. 13.–A cable dispatch from Vienna announces the death of Herr Anton Bruckner, the celebrated musical composer. He was born September 4, 1824, at Ausfelder [sic], Austria, and received his earliest musical instruction from his father, a village school master. He joined the choir of the institute of St. Florian, where he afterward became organist. From there he went to the Linz cathedral, in the same capacity, making frequent visits to Vienna to study under Sechter and Otto Kinzler [sic]. At Sechter's death he was chosen to succeed him as organist at the Hofkapelle, and at the same time became professor in the conservatory. Though he wrote several grand masses und choruses his fame rests upon his seven symphonies. He was a strong adherent of Wagner and his style was distinguished by great earnestness and considerable originality." (zs1).

[Tagespost]
Artikel [eines Redaktionsmitglieds] in der Linzer Tages-Post Nr. 237 auf S. 3f (u.a. mit Brief vom 20.4.1886):
"               Linz, am 13. October.
                Dr. Anton Bruckner †.
     
Wir haben bereits in der gestrigen Nummer über den dahingeschiedenen Meister Dr. Anton Bruckner biographische Daten gebracht, die wir heute in einigem ergänzen.
     Dr. Bruckner kam häufig nach Oberösterreich [... St. Florian, Steyr und jedesmal auch in Linz ... Aktivitäten in Linz: "Frohsinn", Festkonzert 15.4.1886 (ausführlich, mit Bruckners Dankesworten und -brief 20.4.1886), Gedenktafel in Ansfelden 21.4.1895 (recte 12.5.1895) ...]
     [... viele Kontakte mit Linzern ...]. Auch wir hatten das große Vergnügen, den Meister fast jedes Jahr, wenn er sich auf der Durchreise in Linz befand, in unserer Redaction begrüßen zu können, woselbst er gern ein halbes Stündchen verplauderte.
     Die Trauerbotschaft von dem Ableben Dr. Bruckners, welche in Linz erst gestern abends bekannt wurde, hat hier tiefen Eindruck gemacht
     Aus Steyr erhielten wir folgende Meldung: Der in St. Florian lebende Bruder Bruckners [Ignaz Bruckner] wurde am Sonntag telegraphisch nach Wien berufen. Bruckner hinterließ ein Codicill zu seinem Testamente, in welchem er den Wunsch ausdrückt, entweder in der Prälatengruft zu St. Florian oder, falls dieses nicht bewilligt würde, in einer eigenen Gruft in Steyr beerdigt zu werden. Heute gieng das Codicill nach Wien an den Vertreter Bruckners, Dr. Reisch, ab. Es war bisher in Steyr verwahrt
     [... Bischof Rudigier zu Bruckner nach dessen Orgelspiel (vgl. Grazer Tagblatt 13.10.1896):] "Lieber Bruckner, Sie haben mir wieder, wie schon so oft, sehr wohlgethan, aber auch ich habe an Sie gedacht. Womit könnte ich Ihnen meinen dank besser abtragen? Hier, dieses Plätzchen im heiligen Boden gehört Ihnen; ich habe es Ihnen als Grabstätte gewidmet." In frommer Rührung dankte der Künstler, der die Meinung des Bischofs wohl verstand.
     [... heute Sitzung des Linzer Musikvereins (Göllerich nach Wien, Gedenkfeier 2. Dezemberhälfte), "Frohsinn" entsendet J. Milbeck und W. Floderer ... Telegramm des Steyrer Bürgermeisters an die Wiener Hofkapelle ...]
     Ueber das Ableben Dr. Bruckners wird aus Wien noch gemeldet: [... die letzten Wochen und der Todestag (Schrötter, Anton Meißner, Kathi Kachelmayr, Heribert Witsch) ... Testament (Geschwister, Frau Kathi, Hofbibliothek, Firma Eberle, Dr. Reisch), Orgel (Schrötter), "Te deum" als Finale der 9. Symphonie ...]
     Die Leiche Bruckners wurde bis gesten mittags im Sterbezimmer auf dem Todtenbette belassen. [... Sinsler (recte Zinsler), Prof. Paltauf, Beschreibung des Trauerzimmers ...].
     Wie bereits mitgetheilt, wird am Mittwoch [... Ablauf der Trauerfeierlichkeiten (Karlskirche, Westbahnhof, St. Florian, Gruft unter der Orgel) ...]
     [... Dr. Reisch: Antrag Bruckner-Zimmer ...], in welchem die zurückgelassenen interessanten Gegenstände Bruckners, so unter anderem dessen vortrefflich gelungene lebensgroße, von Tilgner ausgeführte Büste, ein ausgezeichnetes, in Oel gemaltes Porträt, der alte Bösendorfer=Flügel, Ehrendiplome u. s. w. untergebracht werden sollen.
     Aus Wien erhalten wir heute folgende Drahtmeldung: [... Kränze, Maler Beraton, Gaslaternen säumen den Trauerzug ...]. Der Stadtrath hat heute beschlossen, das Leichenbegängnis Bruckners auf Kosten der Gemeinde Wien zu veranstalten." [keine Signatur] (zt1).

[Tages-Post Linz]
Inserat für Franz Brunners »Lebensbild« von Bruckner auf Seite 8:
Dr. Anton Bruckner.
       Ein Lebensbild
               von
Franz Brunner, k. k. Uebungsschullehrer in Linz.
      Preis 30 kr., mit Franco-Zusendung 33 kr.

Zu haben bei J. Wimmer, Buchdrucker, Linz." (zt2).

Das Vaterland Nr. 283 auf S. 1:
»                     Anton Bruckner.
    Von einer Studienfahrt zurückkehrend, die der Beuroner Kunst zu Emaus und St. Gabriel in Prag galt, trifft mich als erste Kunde in Wien das Wort: Bruckner ist todt. [... Kirchenmusik spannt sich von der Gregorianik bis zu Bruckner ... allgemeine Wertung, nichts Biographisches ... Grabstätte in St. Florian ...] Sie verwahre seinen Staub. Seine Gestalt lebt ja uns und allen kommenden Generationen im verklärenden Kunstwerke Tilgner's fort. Seine Werke sind unser Erbe, das wir nicht verkümmern lassen sollen. Sein Geist war schon längst an einem schöneren Ort als wir ihm biten konnte, entrückt der Gunst und Abgunst der Welt.
Richard Kralik.« (zv1).

Auf Seite 4 ist zu lesen:
"      * [Anton Bruckner †.] Der "Schubertbund" hat heute Vormittags an der Bahre seines Ehrenmitgliedes Anton Bruckner durch eine Deputation einen Lorbeerkranz niedergelegt. Die Direction der Gesellschaft der Musikfreunde, welche ihre gestrige Sitzung mit einer Trauerkundgebung für ihr dahingeschiedenes Ehrenmitglied Dr. Anton Bruckner schloß, wird sich wie der "Schubertbund" vollzählig an dem Leichenbegängnisse betheiligen. Desgleichen der Lehrkörper des Conservatoriums, dem der Verblichene durch eine Reihe von Jahren angehörte. Der Singverein wird in der Kirche Schubert's "Litanei" zum Vortrage bringen. Reden werden bei der Leichenfeier nicht gehalten werden." (zv2).

Das Abendblatt bringt auf Seite 3 eine weitere Kurzmeldung:
"     * [Anton Bruckner †.] In Vertretung des durch die Theilnahme an einer gleichzeitig stattfindenden Sitzung verhinderten Unterrichtsministers Dr. Frhrn. von Gautsch werden die Sectionschefs Graf Latour und Ritter v. Hartl bei der Leichenfeier für Bruckner erscheinen. – Die Wiener Singakademie hat in ihrer gestrigen Plenarversammlung der Trauer über das Hinscheiden Bruckner's lebhaften Ausdruck gegeben und eine Deputation zur Betheiligung an den Leichenfeierlichkeiten delegirt." (zv3).

Das Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands, "Vorwärts | Berliner Volksblatt" Nr. 241, schreibt auf S. 14 (= S. 2 der 3. Beilage):
"     Der Komponist Anton Bruckner in Wien ist am 11. Oktober nach kürzlich vollendetem 72. Lebensjahre gestorben. Er war am 4. September 1824 in Ansfelden (Oberösterreich) geboren, bildete sich als Schulgehilfe selbst zu einem tüchtigen Musiker aus und wurde 1855 Domorganist in Linz. Später machte er unter der Leitung Simson [sic] Sechters in Wien noch gründliche Kontrapunktstudien und wurde 1868 als dessen Nachfolger im Amte des Hofkapellorganisten nach Wien berufen. Daneben wurde er auch Lehrer für Orgelspiel und Komposition am Wiener Konservatorium und Lektor für Musik an der dortigen Universität. Unter seinen Kompositionen sind mehrere Messen, ein Tedeum, besonders aber seine sieben Symphonien hervorzuheben. Seine Instrumentalmusik steht sehr unter dem Einflusse Richard Wagner's." (zv4).

"Het vaderland" Nr. 243 ('s-Gravenhage) schreibt auf S. 2:
"                 Kunst- en Letternieuws.
[...]
     Anton Bruckner is eergisteren, des namiddags, op .72-jarigen leeftijd te Weenen gestorven. Zijn Symphonieëii en Te Deum geven hem aanspraak op eep plaats niet alleen onder de begaafde, maar ook de eigendommeilijke componisten. Eerst toen hij 61 jaar werd, maakte de bescheiden organist naam. Men denkt, dat hij nog veel moois nalaat.
     Bruckner was in 1824 te Ausfelden [sic] (Opper-Oostenrijk) geboren, werd in 1855;Dom-organist te Linz en volgde zijn leermeester Sechter te Weenen als zoodanig op in 1868. Tevens was hij leeraar in het orgelspel en de compositie aan het Conservatorium te Weenen en lector in de muziek aan de Universiteit aldaar. In het Belvedère, had de Keizer hem, tot verlichting van zijn ouderdom, een woning aangewezen." (zv5).

Welser Anzeiger Nr. 42 auf S. 2:
"       Auswärtige Berichte.
        Dr. Anton Bruckner †.
     
Ein edles Herz hat aufgehört zu schlagen. Der weltberühmte, greise Tondichter Dr. Anton Bruckner ist am Sonntag, um 4 Uhr Nachmittags, in seiner ihm vom Kaiser eingeräumten Wohnung im Belvedere in Wien im 72. Lebensjahre gestorben. Bruckner, welcher gegen Mittag noch das Zimmer verlassen konnte, mußte Nachmittags das Bett aufsuchen. Gegen halb 4 Uhr ließ er sich eine Tasse Thee geben; während des Trinkens gab er plötzlich die Tasse weg, sein Kopf sank in die Kissen zurück und mit einem leisen Seufzer gab Bruckner seinen Geist auf. Das Leichenbegängniß findet am Mittwoch in Wien statt. Nach der Einsegnung wird die Leiche in das Stift St. Florian in Oberösterreich überführt und daselbst in der Chorherrengruft beigesetzt.
      Ueber das Ableben der großen Tondichters Dr. Anton Bruckner wird uns noch mitgetheilt, daß derselbe in den letzten Tagen schwer litt, doch das Ende nicht so rasch erwartet wurde. Sein in St. Florian lebender Bruder wurde Sonntag telegraphisch nach Wien berufen. Die sterbliche Hülle wird nach Oberöstereich gebracht werden. Bruckner hat in seinem letzten Willen den Wunsch ausgedrückt, entweder in der Prälatengruft in St. Florian oder in Steyr in eigener Gruft beigesetzt zu werden. Es ist wohl nicht zu zweifeln, daß das Stift St. Florian die Bewilligung zur Beisetzung Bruckners in der dortigen Gruft geben wird, da doch das Stift St. Florian Bruckner stets zu den Seinen zählte. Das Codicill zu dem Testamente, worin der Wunsch bezüglich der Beisetzung ausgesprochen erscheint, war in Steyr in Verwahrung und ging bereits nach Wien an den Rechtsfreund Bruckners [Reisch] ab. Anderseits erzählen die Biographen Bruckners, daß der selige Bischof Rudigier, der ein begeisterter Anhänger Bruckners war, Bruckner einmal im neuen Dome nach einem Orgelconcert in die Gruft führte und ihm das Plätzchen zeigte, das er für ihn bestimmt habe.
     Dr. Bruckner war in Linz eine Reihe von Jahren thätig. Er war zweiter Archivar der Liedertafel im Jahre 1856/57, da er in diesem Jahre in Linz als Domorganist  thätig war und damals auch Clavierunterricht ertheilte. Ferner war er bei der Liedertafel 1860/61 und 1868 Chormeister. Im Jahre 1886 gab die Liedertafel "Frohsinn" ein Bruckner=Concert, wobei nur dessen Compositionen aufgeführt wurden; Bruckner war selbst anwesend und hielt damals eine Ansprache, in welcher er der Anfeindungen gedachte, die er in Wien erfahren mußte. In einem Dankschreiben, welches er damals an den "Frohsinn" richtete, schrieb der große Sohn unserer Heimat zum Schluße: "Freundschaft und Liebe erflehe ich von allen meinen innigstgeliebten Oberösterreichern! Die Liedertafel "Frohsinn" und ganz Oberösterreich lebe hoch, hoch, hoch!" Dr. Bruckner war auch Ehrenbürger der Stadt Linz und bezog vom Lande Oberösterreich einen Ehrensold." (zw1).

Wiener Allgemeine Zeitung Nr. 5588 auf S. 2 (signiert »-pp-«):
"        Feuilleton.
          Bruckneriana.

(Original=Feuilleton der "Wr. Allg. Zeitung".)
    Vor einigen Jahren erschien durch längere Zeit täglich ein alter Herr auf dem Stephansplatze, der durch seine originelle Erscheinung und durch die Art seines Gehabens allgemeine Aufmerksamkeit erregte. [... Studium des Stephansdoms für die 9. Symphonie, die als letzte Symphonie geplant war ...] "Neun Symphonien hat Beethoven geschrieben, da darf ich doch nicht mehr machen," sagte er.    Dieses Selbstbescheiden vor Anderen, die er als Größere erkannte, bildete einen der hervorstechendsten Charakterzüge des greisen Meisters [...].
     Anton Bruckner hat keine Schule gemacht, er steht in einsamer Originalität da. [... Schüler sollten ihre Eigenart bewahren ...]. "Wozu hat man den eigenen Schnabel? Um fremdes Zeug nachzupfeifen? Componir'. wie Dir's um's Herz ist und wenn man d'rüber schimpft, macht nichts, es ist doch ein Stück von Dir." Dagegen brachte er es nicht über's Herz, schlechte Sachen nach Gebühr zu tadeln. "Wissens," sagte er einmal, "es ist gar eine eigene Sach' mit dem Tadel. Wenn der Anfänger eine Composition ungeschickt ausführt, hat er doch beiläufig dasselbe Gefühl wie der Fertige, der ein Kunstwerk geschrieben hat. und ich weiß am besten, wie einem zu Muthe ist, dem ein neues Stück, sagen wir eine Symphonie, in der Luft zerrissen wird. Durch's Schimpfen werden gerade die denkenden Schüler wankend gemacht und verlieren den Glauben an ihr Talent. Und ein Künstler, der nicht an sich glaubt, soll lieber gleich Greißler werden."
     So kam es, daß alle Jene, die Bruckner in die Geheimnisse der Harmonielehre und der Contrapunktes eingeweiht hat, auf weit auseinandergelegenen Wegen wandeln. Wie groß ist zum Beispiel der Unterschied zwischen Julius Stern, dem derb zugreifenden, schneidigen, volksthümlichen Mann der Operette, und Heinrich Reinhardt, dem vornehmen, lyrisch=verträumten Liedercomponisten!
     Von fesselnder Originalität [... Persönlichkeit und Benehmen, Kleidung, gesellige Unterhaltung, Scherze im Gasthaus ... Selbstironie:] "Sehen Sie, lieber Herr, der Eine hat Kanarienvögel gern, der Andere hat Balletmädel gern und ich – ich hab' halt Symphonien gern."
     Für die Vorgänge um ihn her hatte er manches scharfgespitzte Spottwort zur Verfügung, nur über Musik sprach er außerhalb seiner Berufsthätigkeit nicht gerne, "weil die Leut' Alles verdrehen". Von den lebenden Componisten stand ihm Goldmark am höchsten [... absolute Musik hat Vorrang vor der  wortabhängigen, "verheirateten" Musik ...].     Ueber die Art seines künstlerischen Schaffens gab der Meister in einer gesprächigen Stunde einmal selbst Aufschluß. "Hier ist ein Weg, sagte er, und rechts und links sind Wiesen, auf dem Weg ist nichts zu holen, da ist Alles glatt getreten, aber auf den Wiesen, ah, da gibt es Gras und Blumen. Die Anderen bleiben hübsch auf dem Wege, ich aber marschire in die Wiese hinein und hole die Blumen. Sollen sie schimpfen, die Grasbauern, man merkt doch, daß hier der alte Bruckner gegangen ist. Und zum Schluß – setzt er mit feinem Schmunzeln hinzu – wir kommen doch an ein Ziel, ich und die Andern."     Er ist an's Ziel gekommen, denn er ist der Größten Einer geworden im Reiche der Musik, den man ehren und schätzen wird, so lange das Edle und Hohe Geltung hat.     –pp–" (zw2).

Wiener Abendblatt Nr. 283 auf S. 3:
„       Wiener Tagesbericht.
[…]
    * (Anton Bruckner.) Um halb 10 Uhr Vormittags wurde der Sarg bis zum Antlitz bedeckt; um 2 Uhr Nachmittags wird er ganz geschlossen und verlöthet. Im Laufe des Vormittags traf noch eine große Anzahl von Kränzen ein. Auch Frau Katharina Kachelmayer, die volle vierundzwanzig Jahre als Wirthschafterin im Dienste des verblichenen Meisters stand, legte einen prächtigen Kranz mit der Band=Inschrift: „Von seiner langjährigen, treuergebenen Kachelmayer“ auf den Sarg. Auf Anordnung des Rektors wurde die Trauerfahne an der Universität gehißt. Obwohl der Verstorbene nicht Mitglied des Professoren=Kollegiums war, werden der Rektor, die Senatoren und Mitglieder aller Fakultäten der kirchlichen Trauerfeier in der Karlskirche beiwohnen. Der akademische Gesangverein wird im Sterbehause nach Einsegnung der Leiche den Mittelsatz aus dem „Germanenzug“ des todten Meisters zum Vortrage bringen und werden sich die Studenten gleichfalls am Leichenbegängnisse betheiligen.“ (zw3).

Wiener Tagblatt Nr. 283 auf S. 5f:
„     * (Anton Bruckner.) Im Sterbegemache liegt Meister Bruckner’s Leiche aufgebahrt. Es ist ein mäßig großes Gemach im Erdgeschoß des Oberen Belvederes. Schwarze Tücher verkleiden Wände und Plafond, die Fenster verschwinden unter den schweren Draperien und das helle und doch beängstigende Licht von mehr als hundert Kerzen, die in vierundzwanzig mehrarmigen Kandelabern leuchtet, verbreitet sich in dem Raume. Auf dem Katafalk steht der Sarg aus Goldbronze, in dem der Todte ruht. Die Hände halten ein zartes Bouquet knospender Rosen, dessen weiße Schleifen die Inschrift tragen: „Vom kleinen Karl Anton seinem Taufpathen.“ Bruckner hat nämlich vor Jahresfrist, trotzdem er schon leidend war, den Sohn seines Freundes Karl Almroth [sic] aus der Taufe gehoben. Auf einem rothen Kissen liegt der Franz Josef=Orden, die einzige Auszeichnung, die dem Altmeister verliehen wurde. Hausoffiziere der „Entreprise“ halten die Ehrenwache. Bruckner’s Schüler und Freund Anton Meißner macht bis zur Ankunft der Geschwister des Verblichenen die Honneurs. Er empfängt die Deputationen, nimmt   Kränze und Kondolenzen entgegen. Den ganzen Tag über langten Beileidskundgebungen an. Die Direktion der Gesellschaft der Musikfreunde wird sich vollzählig an dem Leichenbegängnisse betheiligen. Desgleichen der Lehrkörper des Konservatoriums, dem der Verblichene durch eine lange Reihe von Jahren angehörte. Reden werden bei der Leichenfeier nicht gehalten werden. – Ueber Anregung des Wiener akademischen Wagner=Vereins wird bei dem Leichenbegängnisse Anton Bruckner’s in der Karlskirche vom Hofopernorchester unter der Leitung Hans Richter’s die Trauermusik aus der siebenten Symphonie Bruckner’s aufgeführt werden. Die Mitglieder des Akademischen Wagner=Vereins versammeln sich zum Leichenbegängnisse Anton Bruckner’s heute Nachmittags um halb 3 Uhr bei der rückwärtigen Freitreppe des Belvedere. – Eine Geschichte, eine wahre Geschichte, wie wir versichern müssen, aus Bruckner’s Leben, mag die merkwürdige Naivetät illustriren, die ihn sein ganzes Leben hindurch nicht verließ. Johann Herbeck hatte in der That die außerordentliche Begabung Bruckner’s als Orgelspieler und Komponist erkannt und dem armen Chordirigenten der Linzer Liedertafel den Weg des Ruhmes geöffnet und die Mittel zu einer bürgerlichen Existenz geboten. Er hatte sich in jedem Sinne als echter Gönner Bruckner gegenüber erwiesen, ihn zum Hoforganisten und Professor am Konservatorium befördert. Meister Bruckner war glücklich. Er wollte seinem Dankbarkeitsgefühl einen nicht mißzuverstehenden Ausdruck geben – umso mehr, als auch Andere, sei es in harmloser oder boshafter Absicht, ihn aufmerksam gemacht hatten, er müsse sich seinem hochmögenden Wohlthäter gegenüber erkenntlich erweisen. Bruckner warf sich also in Frack und weiße Kravatte und machte Herbeck einen Besuch in seiner Wohnung. Er traf ihn nicht zu Hause, wohl aber hatte Frau Herbeck von seiner Anwesenheit erfahren und rief Bruckner, von dessen originellen Eigenschaften der Gatte ihr viel erzählt hatte, zu sich in den Salon, um ihn kennen zu lernen. Bruckner erstarb natürlich in Devotion, stammelte Einiges von ewiger Dankbarkeit und stellte die Weltläufigkeit der Dame auf eine harte Probe. Als Bruckner sich empfahl, reichte ihm Frau Herbeck sehr freundlich die Hand. Der Händedruck, mit dem Bruckner diese Artigkeit erwiderte, ließ bei Frau Herbeck die Empfindung zurück, als wäre in ihrer Hand etwas zurückgeblieben. In einem eigenthümlichen Dilemma befangen, wollte sie das Ding in Anwesenheit Bruckner’s nicht näher besichtigen. Als dieser aber die Hausthür geschlossen hatte, bemerkte Frau Herbeck zu ihrem Entsetzen, daß ihr Bruckner zehn Gulden in die Hand gedrückt hatte. Herbeck, dem die betroffene Gattin den Vorfall in lebhaftester Erregung mittheilte, war genial genug, dem weltentrückten Genie den Betrag mit einigen humoristischen Zeilen zu retourniren und daraus keinerlei ernste Konsequenzen zu ziehen.“ (zw4).

Wiener Zeitung Nr. 238 auf S. 4 (die Rubrik ist datiert "13. October"):
"     (Anton Bruckner †.) Der "Schubert-Bund" hat heute Vormittags an der Bahre seines Ehrenmitgliedes Anton Bruckner einen Lorbeerkranz niederlegen lassen. – Die Direction der Gesellschaft der Musikfreunde, die ihre gestrige Sitzung mit einer Trauerkundgebung für ihr dahingeschiedenes Ehrenmitglied Anton Bruckner schloß, wird sich morgen vollzählig an dem Leichenbegängnisse betheilgen; desgleichen er Lehrkörper des Conservatoriums, dem der Verblichene durch eine lange Reihe von Jahren angehört hatte. Der Singverein wird in der Kirche einen Trauerchor von Schubert zum Vortrage bringen. Reden werden bei der Leichenfeier nicht gehalten werden. Vom Giebel des Musikvereins=Gebäudes weht eine mächtige Trauerfahne. – Im Laufe des Nachmittags wurden zahlreiche Blumenspenden am Sarge Bruckners niedergelegt. Ein prachtvolles Gewinde sendeten Graf und Gräfin Lamberg; ferner haben Kränze geschickt: Se. Durchlaucht Fürst Edmund Batthyany, der Wiener akademische Wagner=Verein, die Steyrer Liedertafel, der Steyrer Musikverein, der Wiener Männergesangverein, die Gesellschaft der Musikfreunde." (zw5).

Außerdem ein Bericht auf Seite 5:
"                    Wiener Gemeinderath.
            (Oeffentliche Sitzung vom 13. October.)
     Der Vorsitzende Bürgermeister Strobach eröffnet die Sitzung mit folgenden Worten:
     Geehrte Herren! Einer der größten Tondichter der Gegenwart, Anton Bruckner, ist verschieden (Die Versammlung erhebt sich von den Sitzen); still wie sein ganzes Leben vollzog sich auch sein Ende, schmerzlos und ohne Todeskampf entwich seine Seele.
     Dieser große Meister der Töne war ein strenggläubiger Katholik. Ueberzeugungstreue, eiserner Muth im Kampfe des Lebens, schlichte Einfachheit und bescheidenes Wesen zeichneten ihn aus. Kein freundliches Geschick war seiner Jugend beschieden, und durch Entbehrungen aller Art führte ihn sein Genius zur Höhe jener Auserwählten, zu denen wir mit ehrfurchtsvoller Bewunderung emporblicken.
     Nicht immer wurde seinem großen Können die verdiente Werthschätzung zu Theil, und nur langsam rangen sich seine Werke zur vollen Anerkennung durch, nicht bloß in seinem Vaterlande, sondern auch im Auslande.
     Möge die Nachwelt dem großen Todten jene allgemeine Würdigung zu Theil werden lassen, welche der großen Bedeutung des Künstlers entspricht.
     Bruckners Name ist unzertrennlich mit unserem Kunstleben verbunden, sein künstlerisches Schaffen hat der Stadt Wien zur Ehre gereicht, wir werden ihm stets ein würdiges Andenken bewahren!
     In Anerkennung der großen Verdienste Bruckners um die heimische Kunst hat der Stadtrath den einstimmigen Beschluß gefaßt, die Leichenfeier für den verstorbenen Meister auf Kosten der Stadt Wien zu veranstalten.
     Ich bin überzeugt, daß Sie, meine geehrten Herren, Alle diesem Beschlusse zustimmen und durch recht zahlreiches Erscheinen bei der Leichenfeier dem Verewigten die letzte Ehre erweisen werden. (Zustimmung.)"  (zw6).

 

D. Kränze und Fahnenschleifen
[Eine genaue Zuordnung zu 13., 14., 15.10.1896 oder später und zu Wien (Belvedere oder St. Karl) oder St. Florian ist meist nicht möglich; möglicherweise sind hier auch Fahnenschleifen erfasst, die einem anderen Anlass zu verdanken sind.]

Lorbeerkränze:
"Die k. u. k. DIREKTION des k. k. Hofoperntheaters | Dem Andenken des grossen Meisters" (gelb-schwarz)
"Der Deutsche Club | Dem großen deutschen Meister" (schwarz-rot-gold) [vgl. 18.10.1896]
"Von Schwester, Schwager u. Neffen | Die letzten Grüsse" (schwarz)
"Die Wacht am Rhein" [?] (rot-weiß)
"Dem Meister Anton Bruckner | Die k. k. Hofmusikkapelle" (schwarz-gelb)
"Ihrem hochverdienten Ehrenmitglieder | Die Liedertafel "Frohsinn" Linz" (rot-weiß).

Fahnenschleifen:
"DIE DEUTSCHE STUDENTENSCHAFT | Dem grossen Künstler" (rot-schwarz)
"Dem hochverehrten Meister | Theodor Hämmerle" (schwarz)
"Sängerbund Gutenberg | Linzer Buchdrucker" (rot-weiß)
"Der ORCHESTERVEREIN für classische Musick | Dem grossen Meister" (schwarz)
"Die k. k. Reichshaupt- und | Residenzstadt Wien"
[ohne Text] (violett-schwarz)
"Rudolf Dittrich | Meinem unvergesslichen Lehrer" (schwarz)
"Ihrem berühmten Ehrenbürger | [Stadt?] Gemeinde Linz" (rot-weiß)
"In Liebe und Verehrung | Hermann Levi" (violett-silber)
"Fürst Edmund Battyány-Strattmann" (violett)
"Der. S. C. der Wiener Corps | dem deutschen Tondichter" (schwarz)
"Der Wiener Akademische GESANGVEREIN | seinem unvergeßlichen Ehrenmitgliede Dr ANTON BRUCKNER" (rosa)
"Seinem Ehrenmitgliede | der Wiener Männer-Gesangverein" (rot-weiß)
"Dem Meister Dr Anton Bruckner vom Wiener akademischen Wagnerverein | "Non confundar in aeternum" " (schwarz)
"Das Bundes Realgymnasium in Steyr | Dem grossen Tondichter Oberösterreichs" (weiß-rot)
"Der Männergesangverein "Kränzchen" | seinem unvergesslichen Ehrenmitgliede" (weiß)
"Die Gesellschaft der Musikfreunde | IHREM EHRENMITGLIEDE dem grossen vaterländischen Tondichter" (schwarz)
"Der Wiener Schubertbund | Seinem unsterblichen Ehrenmitglied" (rot-weiß)
"Franz Schalk | Seinem geliebten Meister" (schwarz)
"Die Familie Helm | Dem unvergeßlichen, großen Meister" (schwarz)
"Der neue Richard Wagner-Verein in Wien | Seinem Ehrenmitgliede, dem großen Meister" (schwarz)
"Vom Wr. M. G. V. Breitensee | Dem Meister Bruckner in Verehrung" (grün-weiß)
"Der Director und der Lehrkörper des Conservatoriums | Dem großen Meister Anton Bruckner" (schwarz)
"Die Burschenschaften WIENS | dem deutschen Meister" (schwarz-rot-weiß)
"In treuer Liebe und Verehrung | Die Familie Dlauhy" (schwarz)
"Dem unsterblichen Bruckner | Die Kernstockrunde in der Wiener Liedertafel" (schwarz-rot-weiß) [weder die Wiener Liedertafel noch der Name Kernstock sind bis dato in Beziehung zu Bruckner nachweisbar (Stand 5.9.2020)]
"Aus Hochachtung und Verehrung | Männergesangsverein "Sängerbund" Linz a. Donau" (rot-weiß)
"Professor Guido Adler | In treuer Anhänglichkeit" (schwarz)
"Berliner Lehrer Gesangverein" (blau-weiß-schwarz) [(1894 bis 1937 kontrolliert) es waren keine Besuche des Vereines in Österreich nachweisbar]
"Dem grossen Meister | Sein getreuer Schüler AUGUST STRADAL" (schwarz)
"Die Steyrer Liedertafel | Ihrem Ehrenmitgliede" (grün-weiß)    (zz).


Zitierhinweis:

Franz Scheder, Anton Bruckner Chronologie Datenbank, Eintrag Nr.: 189610145, URL: www.bruckner-online.at/ABCD-189610145
letzte Änderung: Mai 14, 2024, 8:08